Leonie
Das Leben einer Doppelspionin
Das Leben der Doppelspionin. Sie spielte mit dem Feuer, wollte alle ausboten und gegeneinander ausspielen. Leonie Reiman (1901 - 1978) war eine Spionin von besonderem Kaliber. Sie arbeitete neben dem deutschen auch für den niederländischen, britischen und...
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Produktinformationen zu „Leonie “
Das Leben der Doppelspionin. Sie spielte mit dem Feuer, wollte alle ausboten und gegeneinander ausspielen. Leonie Reiman (1901 - 1978) war eine Spionin von besonderem Kaliber. Sie arbeitete neben dem deutschen auch für den niederländischen, britischen und französischen Geheimdienst. Als Schauspielerin fiel der Niederländerin das Spiel mit verschiedenen Rollen nicht schwer. Sie ließ sich nicht in die Karten blicken. Niemand durchschaute sie, niemand konnte sagen, wer ihre Auftraggeber waren oder arbeitete sie nur für sich? »Leonie war eine Spionin, die Mata Hari verblassen lässt.« (Dedemvaartse Courant)
Eine Jugend in Bissen
Amsterdam 1925-1935
Die wilden Zwanziger
Die Wirtschaftskrise
Aufkommender Nationalsozialismus
Die niederländischen Nachrichten- und Sicherheitsdienste
Leonie und der Nationalsozialismus
Leonie und Kriminalkommissar Grondel
Verbindungen zu deutschen Geheimdiensten
Eine Notlandung in Belgien
Kontakte auf hoher Ebene
General Wagner
Die Doppelagentin
Der Paneelclub
Verhaftung in Aachen
Zwischenspiel in Amsterdam
Kodierte Hörspiele
General Wagner, der deutsche Widerstand und der geheime Kode
Als Spionin nach England
In den Händen des SD
Scheveningen, Oranjehotel
Hilversum
Ravensbrück
Das Lager
Leonies erste Monate in Ravensbrück
Die Effektenkammer
Die Pelzbaracke
Blockälteste bei den Französinnen
Krankenschwester im Revier
Außenlager Grüneberg
Überlegungen zur Rolle von Leonie Brandt in Ravensbrück
Der \"Statthalterbrief\" des Prinzen Bernhard an Hitler
Mutter, Ehefrau, Witwe (1945-1950)
Der Kriegsverbrechen und Spionage beschuldigt
Limburg
Die letzten Jahre
Amsterdam 1925-1935
Die wilden Zwanziger
Die Wirtschaftskrise
Aufkommender Nationalsozialismus
Die niederländischen Nachrichten- und Sicherheitsdienste
Leonie und der Nationalsozialismus
Leonie und Kriminalkommissar Grondel
Verbindungen zu deutschen Geheimdiensten
Eine Notlandung in Belgien
Kontakte auf hoher Ebene
General Wagner
Die Doppelagentin
Der Paneelclub
Verhaftung in Aachen
Zwischenspiel in Amsterdam
Kodierte Hörspiele
General Wagner, der deutsche Widerstand und der geheime Kode
Als Spionin nach England
In den Händen des SD
Scheveningen, Oranjehotel
Hilversum
Ravensbrück
Das Lager
Leonies erste Monate in Ravensbrück
Die Effektenkammer
Die Pelzbaracke
Blockälteste bei den Französinnen
Krankenschwester im Revier
Außenlager Grüneberg
Überlegungen zur Rolle von Leonie Brandt in Ravensbrück
Der \"Statthalterbrief\" des Prinzen Bernhard an Hitler
Mutter, Ehefrau, Witwe (1945-1950)
Der Kriegsverbrechen und Spionage beschuldigt
Limburg
Die letzten Jahre
Lese-Probe zu „Leonie “
Amsterdam 1925-1935Die wilden Zwanziger
Es war das Amsterdam der Roaring Twenties , in dem Leonie sich niederließ. Der Wechsel vom bäuerlichen Bissen in die niederländische Hauptstadt dürfte ihr gewaltig erschienen sein. Der April des Jahre 1925 war ein Monat voller historischer Ereignisse: Adolf Hitler gründete die SS, die zur größten Mordmaschinerie aller Zeiten werden sollte, und in den USA erschien F. Scott Fitzgeralds berühmter Roman Der große Gatsby , der ungeachtet des Jubels der Kritiker anfänglich nur eine kleine Leserschaft fand. Scott Fitzgerald schildert darin die - mit Ausnahme ihrer Bankkonten - vollkommen leere Glamourwelt der Reichen. Eine sinnentleerte Welt war das letzte, was Leonie anstrebte, doch gegen Geld und die mit seinem Besitz verbundenen Freiheiten und Möglichkeiten hatte das Mädchen aus bescheidenen Bissener Verhältnissen nichts einzuwenden. Das Leben, das der Amerikaner Fitzgerald im Großen Gatsby beschrieb, lag jenseits von Leonies Vorstellungsvermögen. Sie träumte von Theater, Kunst und Kultur.
In Amerika wurden, wie Scott Fitzgerald bemerkte, die Feste größer, die Shows grandioser, die Gebäude höher und die Moral lockerer. In allen Bereichen des Lebens - von der Architektur bis zur Mode, vom Film (verkörpert durch Charlie Chaplin, Buster Keaton und den Russen Sergej Eisenstein) bis zur Malerei und von der Musik bis zur Moral - entwickelten sich neue Trends, die sich gegenseitig zu übertreffen suchten. Mitte der zwanziger Jahre war dann auch der Rock von den Knöcheln zu den Knien hochgerutscht, was nur wenige Jahre zuvor noch als Prostitution angesehen worden war. Der Ruhm der Modedesignerin Chanel, mit bürgerlichem Namen Gabrielle Chasuel, wurzelt in dieser Zeit. Kleidung betonte nunmehr die Formen. Man entledigte sich des Korsetts. Frauen legten Make-up auf, das bisher nur in Bordellen zu sehen gewesen war, und das Straßenbild wurde beherrscht von Cloches, den für die zwanziger Jahre typischen
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glockenförmigen Hüten, die kurze Haarschnitte über Dekolletés mit üppigen Perlenketten bedeckten. Das Rauchen kam auch bei Frauen in Mode. Man tanzte Charleston, nicht selten zu Walter Donaldsons bekanntem Song "Yes, Sir, That's My Baby". In Paris und Berlin erregte Josephine Baker mit ihren Oben-ohne-Shows Aufsehen, und Mae West glänzte in ihrer Revue Sex. Allein dieser Titel wäre noch wenige Jahre zuvor undenkbar gewesen. Die zwanziger Jahre waren auch die Zeit der aufkommenden Massenproduktion, der kürzer werdenden Arbeitswochen und - nicht zu vergessen - der ersten Tonfilme, die das Schicksal des Stummfilms besiegelten. In der Literatur konnten sich Ernest Hemingway, Franz Kafka, Marcel Proust, James Joyce und Thomas Mann endgültig etablieren. Die Welt des Theaters machte Bekanntschaft mit den Marx Brothers, Bertolt Brecht und Irving Berlin. Louis Armstrong, Duke Ellington, Bessie Smith und George Gershwin sorgten musikalisch für Furore und legten in diesen Jahren das Fundament für ihren noch heute anhaltenden Ruhm. In Europa erregten Komponisten wie Alban Berg, Igor Stravinsky und Arnold Schönberg Aufsehen, während Strömungen wie Art Deco, Kubismus, Dadaismus und Surrealismus durch Künstler wie Marc Chagall, Salvador Dali und Pablo Picasso der bildenden Kunst neue Wege wiesen.
Amsterdam konnte sich in dieser Zeit natürlich nicht mit Städten wie Berlin, Paris oder London messen, doch auch an der niederländischen Metropole ging der Zeitgeist der zwanziger Jahre nicht spurlos vorüber. Die Stadt an der Amstel war nicht nur Hauptstadt der Niederlande, sondern auch kulturelles Zentrum des Landes. Wer in Amsterdam ausgehen wollte, besuchte den "Paleis voor Volksvlijt", der als wahres Wunder galt, 1929 allerdings abbrannte. Mit seinen byzantinischen Giebeln, Verzierungen und Hunderten von Bogenfenstern war er pompös, für niederländische Begriffe nahezu verschwenderisch ausgestattet, ganz zu schweigen von der den großen Saal überwölbenden immensen Kuppel. An den Abenden glich das von tausenden Gasflammen hell erleuchtete Gebäude einem gläsernen Märchenpalast. Beliebt war auch das "La Gaîté" in der Reguliersbreestraat. Es gehörte zum berühmten Tuschinsky-Theater, das 1921 seine Pforten geöffnet hatte. Amsterdam verfügte in dieser Zeit über viele kleine Theater, die sich auf Tanz, Revue, Gesang, Kabaret, Varieté oder Theater spezialisiert hatten. Um die großen Klassiker zu sehen, ging man in die "Stadsschouwburg" am Leidseplein.
Leonie ließ sich in Amsterdam-Süd nieder, einem angesehenen, ruhigen Stadtteil. Hier sollte sie mit einigen Unterbrechungen bis etwa 1952 wohnen. Wahrscheinlich arbeitete sie anfangs als Krankenschwester. Leonie waren die Niederlande und damit auch die niederländische Sprache von Jugend an vertraut. Ihr deutscher Akzent dürfte nicht sehr stark gewesen sein, andernfalls hätte sie in den Niederlanden kaum als Schauspielerin Karriere machen können. Ihre (späteren) Briefe zeigen, dass sie sich auch in der niederländischen Schriftsprache gut ausdrücken konnte.
Verwunderlich bleibt, dass Leonie, die nie eine Schauspielschule besucht hatte, bereits ein Jahr nach ihrer Ankunft in Amsterdam zum Schouwtooneel von Adriaan van der Horst und Jan Musch gehörte, einem Theaterensemble, das vor allem klassische Stücke aufführte, sich hin und wieder aber auch an modernere Stücke wagte. Neben Überzeugungskraft, Charme und Ausstrahlung wird ihr Aussehen großen Einfluss auf ihre beginnende Karriere gehabt haben. Den eigentlichen Anstoß werden allerdings Beziehungen zur Welt des Theaters gegeben haben. Wahrscheinlich bat ein Bekannter sie, für eine kranke Kollegin einzuspringen. Jedenfalls erhielt Leonie drei Wochen vor der Premiere beim Schouwtooneel die Rolle der Bertha Lund in Mein Vater und ich von G.Esmann. Ein Jahr später stand sie in einer Komödie von Ludwig Fulda unter der Regie von Adriaan van der Horst auf der Bühne.
Die Rezensionen in der niederländischen Presse erwähnten wohl ihren deutschen Akzent (den sie im Interesse des Lokalkolorits womöglich absichtlich ein wenig verstärkte), priesen aber gleichzeitig ihren "angeborenen Wagemut", charakterisierten das Spiel dieser "gefährlichen Frau" als "äußerst raffiniert" und bemerkten, dass sie - obgleich sie "im Sprechen sicherlich noch viel zu lernen habe" - über den "nötigen äußeren Charme" verfüge. Zum ersten Mal begegnen wir Leonie hier unter ihrem Pseudonym Leonie Reiman.
Auch in ihrem Privatleben traten Veränderungen ein. Nach der gescheiterten Ehe mit Reuber hatte Leonie eine neue Romanze, auch wenn dieses Wort die Beziehung zu ihrem künftigen Ehemann Carl Ludwig Wilhelm Brandt kaum zutreffend zu charakterisieren vermag. Wo und wann sich die beiden einander zum ersten Mal begegneten, wissen wir nicht. Carl Brandt wurde 1884 geboren und war siebzehn Jahre älter als Leonie. Er betrieb eine einträgliche Bäckerei, die er von seinem Vater geerbt hatte. Brandt hatte sein Leben lang hart gearbeitet und war ein recht wohlhabender, angesehener Mann. Als er Leonie kennen lernte, besaß er diverse Geschäftsfilialen und einige Häuser. Die Wurzeln der Familie Brandt lagen im hessischen Rosenthal, in der Nähe von Marburg. Das einzige, was Carl Brandt noch zu seinem Glück fehlte, war eine Frau. Im Kreise der Familie erzählte man sich, dass Carl, der bei Frauen nicht gerade beliebt war, seine angehende Ehefrau als "gehobene Bardame" kennen gelernt habe. Und dass er nach langer Suche das Glück gar nicht habe fassen können, sich eine so attraktive Frau wie Leonie "geangelt" zu haben. Carl war überaus stolz auf seine Eroberung und kümmerte sich nicht weiter um die Ablehnung seiner Familie, die fest davon überzeugt war, Leonie habe ihn nur seines Geldes wegen geheiratet. Leonie war in der Familie nicht wohl gelitten, obgleich alle sich einig waren, dass sie eine außerordentliche Schönheit war.
Leonie selbst erklärte einmal, sie habe Carl aus Mitleid geheiratet. Auch nach Auskunft ihrer langjährigen Haushälterin Liesje beruhte die Liebe der beiden nicht auf Gegenseitigkeit: Carl sei verrückt nach seiner Frau gewesen, während Leonie ihrem Mann lediglich Wohlwollen entgegengebracht habe. Von Liebe ihrerseits keine Spur, und auch das eheliche Bett hätten sie nur selten geteilt. Liesje beschreibt Carl als gemütlichen Mann und Seele von Mensch, dem jede Form von Herrschsucht fremd gewesen sei. Für Leonie war er der ideale Ehemann. Sicherlich hätte sie keinen dominanten Partner neben sich geduldet.
Die Ehe sorgte für eine kurze Unterbrechung von Leonies Theaterkarriere. Wegen Personalmangels war sie gezwungen, vorübergehend selbst als Verkäuferin in einer der Bäckereifilialen ihres Mannes auszuhelfen.
Obgleich das Kochen zu den Aufgaben der Haushälterin zählte, übernahm Leonie regelmäßig diese Tätigkeit. Sie kochte gern, vor allem "besondere Dinge", auch wenn sie selbst am liebsten Sauerkraut aß. Manchmal ließ sie Essen von dem berühmten Restaurant "Dikker & Thijs" kommen.Fienchen Pütz besuchte ihre Schwester Leonie in Amsterdam, als diese ungefähr ein Jahr verheiratet war. Auch ihr fiel auf, dass die Ehe ihrer Schwester nicht gerade leidenschaftlich war. Fienchen vermutete, Leonie habe ein Verhältnis mit dem Staatsanwalt Jan van Thiel, der sie fast täglich besuchte. Er war im gleichen Alter wie Leonies Ehemann - womöglich bevorzugte sie ältere Männer.
Amsterdam konnte sich in dieser Zeit natürlich nicht mit Städten wie Berlin, Paris oder London messen, doch auch an der niederländischen Metropole ging der Zeitgeist der zwanziger Jahre nicht spurlos vorüber. Die Stadt an der Amstel war nicht nur Hauptstadt der Niederlande, sondern auch kulturelles Zentrum des Landes. Wer in Amsterdam ausgehen wollte, besuchte den "Paleis voor Volksvlijt", der als wahres Wunder galt, 1929 allerdings abbrannte. Mit seinen byzantinischen Giebeln, Verzierungen und Hunderten von Bogenfenstern war er pompös, für niederländische Begriffe nahezu verschwenderisch ausgestattet, ganz zu schweigen von der den großen Saal überwölbenden immensen Kuppel. An den Abenden glich das von tausenden Gasflammen hell erleuchtete Gebäude einem gläsernen Märchenpalast. Beliebt war auch das "La Gaîté" in der Reguliersbreestraat. Es gehörte zum berühmten Tuschinsky-Theater, das 1921 seine Pforten geöffnet hatte. Amsterdam verfügte in dieser Zeit über viele kleine Theater, die sich auf Tanz, Revue, Gesang, Kabaret, Varieté oder Theater spezialisiert hatten. Um die großen Klassiker zu sehen, ging man in die "Stadsschouwburg" am Leidseplein.
Leonie ließ sich in Amsterdam-Süd nieder, einem angesehenen, ruhigen Stadtteil. Hier sollte sie mit einigen Unterbrechungen bis etwa 1952 wohnen. Wahrscheinlich arbeitete sie anfangs als Krankenschwester. Leonie waren die Niederlande und damit auch die niederländische Sprache von Jugend an vertraut. Ihr deutscher Akzent dürfte nicht sehr stark gewesen sein, andernfalls hätte sie in den Niederlanden kaum als Schauspielerin Karriere machen können. Ihre (späteren) Briefe zeigen, dass sie sich auch in der niederländischen Schriftsprache gut ausdrücken konnte.
Verwunderlich bleibt, dass Leonie, die nie eine Schauspielschule besucht hatte, bereits ein Jahr nach ihrer Ankunft in Amsterdam zum Schouwtooneel von Adriaan van der Horst und Jan Musch gehörte, einem Theaterensemble, das vor allem klassische Stücke aufführte, sich hin und wieder aber auch an modernere Stücke wagte. Neben Überzeugungskraft, Charme und Ausstrahlung wird ihr Aussehen großen Einfluss auf ihre beginnende Karriere gehabt haben. Den eigentlichen Anstoß werden allerdings Beziehungen zur Welt des Theaters gegeben haben. Wahrscheinlich bat ein Bekannter sie, für eine kranke Kollegin einzuspringen. Jedenfalls erhielt Leonie drei Wochen vor der Premiere beim Schouwtooneel die Rolle der Bertha Lund in Mein Vater und ich von G.Esmann. Ein Jahr später stand sie in einer Komödie von Ludwig Fulda unter der Regie von Adriaan van der Horst auf der Bühne.
Die Rezensionen in der niederländischen Presse erwähnten wohl ihren deutschen Akzent (den sie im Interesse des Lokalkolorits womöglich absichtlich ein wenig verstärkte), priesen aber gleichzeitig ihren "angeborenen Wagemut", charakterisierten das Spiel dieser "gefährlichen Frau" als "äußerst raffiniert" und bemerkten, dass sie - obgleich sie "im Sprechen sicherlich noch viel zu lernen habe" - über den "nötigen äußeren Charme" verfüge. Zum ersten Mal begegnen wir Leonie hier unter ihrem Pseudonym Leonie Reiman.
Auch in ihrem Privatleben traten Veränderungen ein. Nach der gescheiterten Ehe mit Reuber hatte Leonie eine neue Romanze, auch wenn dieses Wort die Beziehung zu ihrem künftigen Ehemann Carl Ludwig Wilhelm Brandt kaum zutreffend zu charakterisieren vermag. Wo und wann sich die beiden einander zum ersten Mal begegneten, wissen wir nicht. Carl Brandt wurde 1884 geboren und war siebzehn Jahre älter als Leonie. Er betrieb eine einträgliche Bäckerei, die er von seinem Vater geerbt hatte. Brandt hatte sein Leben lang hart gearbeitet und war ein recht wohlhabender, angesehener Mann. Als er Leonie kennen lernte, besaß er diverse Geschäftsfilialen und einige Häuser. Die Wurzeln der Familie Brandt lagen im hessischen Rosenthal, in der Nähe von Marburg. Das einzige, was Carl Brandt noch zu seinem Glück fehlte, war eine Frau. Im Kreise der Familie erzählte man sich, dass Carl, der bei Frauen nicht gerade beliebt war, seine angehende Ehefrau als "gehobene Bardame" kennen gelernt habe. Und dass er nach langer Suche das Glück gar nicht habe fassen können, sich eine so attraktive Frau wie Leonie "geangelt" zu haben. Carl war überaus stolz auf seine Eroberung und kümmerte sich nicht weiter um die Ablehnung seiner Familie, die fest davon überzeugt war, Leonie habe ihn nur seines Geldes wegen geheiratet. Leonie war in der Familie nicht wohl gelitten, obgleich alle sich einig waren, dass sie eine außerordentliche Schönheit war.
Leonie selbst erklärte einmal, sie habe Carl aus Mitleid geheiratet. Auch nach Auskunft ihrer langjährigen Haushälterin Liesje beruhte die Liebe der beiden nicht auf Gegenseitigkeit: Carl sei verrückt nach seiner Frau gewesen, während Leonie ihrem Mann lediglich Wohlwollen entgegengebracht habe. Von Liebe ihrerseits keine Spur, und auch das eheliche Bett hätten sie nur selten geteilt. Liesje beschreibt Carl als gemütlichen Mann und Seele von Mensch, dem jede Form von Herrschsucht fremd gewesen sei. Für Leonie war er der ideale Ehemann. Sicherlich hätte sie keinen dominanten Partner neben sich geduldet.
Die Ehe sorgte für eine kurze Unterbrechung von Leonies Theaterkarriere. Wegen Personalmangels war sie gezwungen, vorübergehend selbst als Verkäuferin in einer der Bäckereifilialen ihres Mannes auszuhelfen.
Obgleich das Kochen zu den Aufgaben der Haushälterin zählte, übernahm Leonie regelmäßig diese Tätigkeit. Sie kochte gern, vor allem "besondere Dinge", auch wenn sie selbst am liebsten Sauerkraut aß. Manchmal ließ sie Essen von dem berühmten Restaurant "Dikker & Thijs" kommen.Fienchen Pütz besuchte ihre Schwester Leonie in Amsterdam, als diese ungefähr ein Jahr verheiratet war. Auch ihr fiel auf, dass die Ehe ihrer Schwester nicht gerade leidenschaftlich war. Fienchen vermutete, Leonie habe ein Verhältnis mit dem Staatsanwalt Jan van Thiel, der sie fast täglich besuchte. Er war im gleichen Alter wie Leonies Ehemann - womöglich bevorzugte sie ältere Männer.
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Inhaltsverzeichnis zu „Leonie “
Eine Jugend in BissenAmsterdam 1925-1935
Die wilden Zwanziger
Die Wirtschaftskrise
Aufkommender Nationalsozialismus
Die niederländischen Nachrichten- und Sicherheitsdienste
Leonie und der Nationalsozialismus
Leonie und Kriminalkommissar Grondel
Verbindungen zu deutschen Geheimdiensten
Eine Notlandung in Belgien
Kontakte auf hoher Ebene
General Wagner
Die Doppelagentin
Der Paneelclub
Verhaftung in Aachen
Zwischenspiel in Amsterdam
Kodierte Hörspiele
General Wagner, der deutsche Widerstand und der geheime Kode
Als Spionin nach England
In den Händen des SD
Scheveningen, Oranjehotel
Hilversum
Ravensbrück
Das Lager
Leonies erste Monate in Ravensbrück
Die Effektenkammer
Die Pelzbaracke
Blockälteste bei den Französinnen
Krankenschwester im Revier
Außenlager Grüneberg
Überlegungen zur Rolle von Leonie Brandt in Ravensbrück
Der "Statthalterbrief" des Prinzen Bernhard an Hitler
Mutter, Ehefrau, Witwe (1945-1950)
Der Kriegsverbrechen und Spionage beschuldigt
Limburg
Die letzten Jahre
Autoren-Porträt von Gerard Aalders
Gerard Aalders, geboren 1946, ist Forscher am Niederländischen Institut für Kriegsgeschichte. Seine Bücher zu Themen wie die geheime Kollaboration mit Deutschland während des zweiten Weltkrieges und Spionage wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gerard Aalders
- 2005, 1, 269 Seiten, teilweise Schwarz-Weiß-Abbildungen, mit Abbildungen, Maße: 12,7 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Reclam, Leipzig
- ISBN-10: 3379008370
- ISBN-13: 9783379008372
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