Lexikon der Sonderlinge
Fernand Fleuret hatte Ohren an den Fußsohlen, mit denen er Botschaften seiner verblichenen Mutter empfing. Joseph Pujol widmete sich am Moulin Rouge dem Amüsement via Kunstfurz... Diese und andere Sonderlinge, hinreißende Kauze, Macken, Marotten und...
Leider schon ausverkauft
Buch
Produktdetails
Produktinformationen zu „Lexikon der Sonderlinge “
Fernand Fleuret hatte Ohren an den Fußsohlen, mit denen er Botschaften seiner verblichenen Mutter empfing. Joseph Pujol widmete sich am Moulin Rouge dem Amüsement via Kunstfurz... Diese und andere Sonderlinge, hinreißende Kauze, Macken, Marotten und Obsessionen finden Sie in
diesem liebevoll zusammengestellten Lexikon. Ob prominent wie Michael Jackson, Dalì oder eher moderate Spinner sie alle finden hier ihr Plätzchen. Allemal zum Vergnügen des Lesers, der wieder feststellt: »Allahs Tiergarten ist groß!«
diesem liebevoll zusammengestellten Lexikon. Ob prominent wie Michael Jackson, Dalì oder eher moderate Spinner sie alle finden hier ihr Plätzchen. Allemal zum Vergnügen des Lesers, der wieder feststellt: »Allahs Tiergarten ist groß!«
Lese-Probe zu „Lexikon der Sonderlinge “
FußballSeit den Wagenrennen im Hippodrom von Byzanz, bei denen die Rivalität zwischen den Rennställen so weit ging, daß sie einen richtigen Bürgerkrieg entfesselte, ist die Geschichte des Sports reich an Verrücktheiten. Auch hier haben Fanatismus und Gewalt wahre Verwüstungen angerichtet. In der Neuzeit scheint jedoch kein anderer Sport zu solchen Exzessen geführt zu haben wie der Fußball. Schlägereien zwischen Fans enden manchmal tödlich, die Schiedsrichter üben einen gefährlichen Job aus, und die Spieler müssen in manchen Ländern durch hohe Drahtgitter vor dem Publikum beschützt werden. Die Enttäuschung der Anhänger kann zu sämtlichen Reaktionen führen, hauptsächlich zu Selbstmorden. Als man ihr eine Niederlage der Nationalmannschaft verkündete, stürzte sich im Jahre 1971 eine junge Brasilianerin von einem Schiff ins Meer und schrie dabei: "Ich hasse Pele!" Auch während der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien verzeichnete man mehrere Selbstmorde, ein Verbrechen in einer Bar, das die Folge einer leidenschaftlichen Diskussion war, sowie den Tod eines Babys. Sein Vater hatte es in die Luft geworfen, als Brasilien ein Tor geschossen hatte, vor lauter Freude jedoch vergessen, es auch wieder aufzufangen. Ein gewisser Juan Yarkovich, der polnischer Abstammung war, setzte seine Boutique in Brand, nachdem Polen gegen Brasilien verloren hatte. In Mexiko hatte man während einer früheren Weltmeisterschaft miterleben können, wie nach einem Sieg der mexikanischen Mannschaft vor Freude Geschäfte zertrümmert, Passanten geschlagen und Frauen vergewaltigt wurden. In Frankreich erschoß Claude Trichard, Mutter von fünf Kindern, ihren Gatten Raymond mit einem Gewehr, weil er sich lieber die Fußballübertragung anschaute, statt Erbsen auszupulen.
Geizhälse
Durch Sturheit und Erfindungsgabe wird so mancher Geizkragen zu einer bemerkenswerten Persönlichkeit, die es verdient, durch die Ehrenpforte in unsere Galerie der Sonderlinge einzutreten. Die Liste dieser Personen - sie
... mehr
treten besonders seit dem 17. Jahrhundert zahlreich auf - könnte eine ausufernde Länge annehmen. Wir wollen daher nur ein paar Beispiele aufführen. Reverend Jones hielt den Gottesdienst in Blewberry (Berkshire) ab. Er trug dreiundvierzig Jahre lang denselben Cutaway und denselben Hut. Als der Hutrand nach fünfunddreißig Jahren völlig verschlissen war, stahl Jones in den Wiesen einer Vogelscheuche den Hut und klebte dessen Rand mit Teer an seinen eigenen. Für den Rest seiner Tage spazierte er mit dieser Kopfbedeckung umher, die sich dadurch auszeichnete, daß sie oben braun war und um den Rand herum schwarz. Ein anderer britischer Geistlicher, der Reverend Trueman aus Daventry, hinterließ bei seinem Tod 50 000 Pfund. Zu Lebzeiten hatte er auf den Farmen Steckrüben gestohlen. Es kam vor, daß er die Bäuerin um eine Scheibe Schinken bat und ihr, wenn sie wegschaute, noch eine zweite stibitzte. Wenn seine Kleidung unbrauchbar wurde, bat er eines seiner wohlhabenden Gemeindemitglieder um Quartier für eine Nacht und riß dann aus der Bettdecke einige Ecken heraus, mit denen er Kleider und Strümpfe notdürftig flickte. John Elwes ist wohl der berühmteste aller englischen Geizhälse. Seine Mutter besaß mehr als 100000 Pfund, hatte sich aber so wenig Nahrung gegönnt, daß sie vor Hunger starb. John Elwes schien die Obsession des Sparens ebenso weit zu treiben. Er aß kaum etwas und kaufte nichts. Wenn es kalt war, lief er in seinem Haus treppauf und treppab, um warm zu werden und kein Feuer anzünden zu müssen. Und machte er doch einmal Feuer in seinem Kamin, dann mit einem einzigen kleinen Holzscheit. In seinem Haus krabbelten Scharen von Insekten umher. Der Regen lief durch das löchrige Dach. John Elwes durchquerte ganz London lieber zu Fuß, als daß er einen Shilling für die Kutsche ausgegeben hätte. Er aß verdorbenes Fleisch und behielt nasse Kleidung lieber auf dem Leib, als ein Feuer zu machen, um sie zu trocknen. Seine Perücke war die eines Landstreichers. Er hatte sie in irgendeinem Straßengraben aufgelesen. Als seine wenigen Kleider völlig verschlissen waren, zog er einen Schlafrock über, der einem Vorfahren gehört hatte und in Fetzen hing. Diesen Rock zog er bis zum Tod nicht mehr aus. Auch Frankreich hat große Geizhälse gekannt. Einer der berühmtesten hieß Vaudille und lebte im 17. Jahrhundert. Eines Tages rief er den Barbier herbei, der ihn zur Ader lassen sollte. Der Barbier erklärte, daß er nacheinander drei kleine Aderlasse machen müsse, von denen jeder drei Sous koste. Um sechs Sous zu sparen, bestand Vaudille darauf, den Aderlaß in einem Ritt durchzuziehen. Der Barbier ließ sich überreden, und Vaudille ging an einem zu großen Blutverlust zugrunde. Ein anderer Franzose namens Foscue war im 18. Jahrhundert Generalsteuereinnehmer im Languedoc. Er stieg immer mit einer Leiter in den Keller hinab, wo er sein Geld sicher vor den Blicken der anderen verborgen hatte. Eines Tages schlug eine versteckte Kellerluke zu, und Foscue war gefangen. Man suchte vergebens nach ihm, und schließlich wurde sein Schloß verkauft. Jahre später wollte der neue Eigentümer Bauarbeiten im Kellergeschoß ausführen lassen. Dazu ließ er die tiefsten Kellergewölbe untersuchen. Man fand die Luke, kletterte hinab und erblickte den Generalsteuereinnehmer als mumifizierte Leiche inmitten seiner Schätze. Neben ihm stand ein Kerzenleuchter, die Kerzen waren aufgegessen. Auch einen Teil seiner Hände und Arme hatte Foscue verzehrt.
Hell Camp
Das Nachrichtenmagazin Stern veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 19. Oktober 1989 eine mit Fotos untermauerte Reportage über ein seltsames Freizeitlager, das man in den kalifornischen Bergen eingerichtet und auf den Namen "Hell Camp" getauft hatte. Die ausschließlich männlichen Kunden -Architekten, Professoren und Juristen - zahlen 425 Dollar pro Tag, um das Leben von schwer mißhandelten Kriegsgefangenen zu führen. Echten Folterungen und sogar Elektroschocks ausgesetzt, begeben sich diese Amateurgefangenen in ein imaginäres Spiel: Sie kennen ein militärisches Geheimnis, das sie unter keinen Umständen preisgeben dürfen. Man zieht sie in sengender Hitze nackt aus, fesselt sie mit Eisendrähten an Pfähle oder hängt sie an den Füßen auf. Dann werden sie von brutalen Maskierten erbarmungslos verhört. Meist schlüpfen sie in die Rolle eines Russen oder Kubaners. Man zwingt sie unter anderem dazu, mit den Zähnen einem lebenden Huhn den Kopf abzureißen. Dann machen sie sich diesen blutigen Kopf mit einem Gummiband an der Stirn fest. Manche müssen in voller Sonne einen sehr schweren Stein angehoben halten. Dieser Stein ist ihr "Baby", und sie dürfen ihn unter keinen Umständen fallen lassen. Das Lager wird von William S. Ungerman geleitet, einem ehemaligen Marineoffizier, der eine Uniform des deutschen Afrikakorps mit Hakenkreuzen trägt und sich niemals von seiner deutschen Waffe trennt. Eine ähnliche Einrichtung existierte in den siebziger Jahren in England. Auch dort waren es Liebhaber seltsamer Freizeitvergnügungen, die in Weyhill ein früheres Krankenhaus kauften und in eine getreue Nachbildung eines Gefangenenlagers verwandelten, wie sie es während des Krieges in Deutschland kennengelernt hatten. Jedes Wochenende verbrachten die geladenen Gäste 48 Stunden an diesem bemerkenswert ungastlichen Ort. Die einen kleideten sich als Gefangene, die anderen als deutsche Soldaten. Das Essen soll ebenso mies gewesen sein wie einst in den deutschen Lagern. Geheizt wurde selbstverständlich nicht, und es herrschte eine rigorose Disziplin.
Hell Camp
Das Nachrichtenmagazin Stern veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 19. Oktober 1989 eine mit Fotos untermauerte Reportage über ein seltsames Freizeitlager, das man in den kalifornischen Bergen eingerichtet und auf den Namen "Hell Camp" getauft hatte. Die ausschließlich männlichen Kunden -Architekten, Professoren und Juristen - zahlen 425 Dollar pro Tag, um das Leben von schwer mißhandelten Kriegsgefangenen zu führen. Echten Folterungen und sogar Elektroschocks ausgesetzt, begeben sich diese Amateurgefangenen in ein imaginäres Spiel: Sie kennen ein militärisches Geheimnis, das sie unter keinen Umständen preisgeben dürfen. Man zieht sie in sengender Hitze nackt aus, fesselt sie mit Eisendrähten an Pfähle oder hängt sie an den Füßen auf. Dann werden sie von brutalen Maskierten erbarmungslos verhört. Meist schlüpfen sie in die Rolle eines Russen oder Kubaners. Man zwingt sie unter anderem dazu, mit den Zähnen einem lebenden Huhn den Kopf abzureißen. Dann machen sie sich diesen blutigen Kopf mit einem Gummiband an der Stirn fest. Manche müssen in voller Sonne einen sehr schweren Stein angehoben halten. Dieser Stein ist ihr "Baby", und sie dürfen ihn unter keinen Umständen fallen lassen. Das Lager wird von William S. Ungerman geleitet, einem ehemaligen Marineoffizier, der eine Uniform des deutschen Afrikakorps mit Hakenkreuzen trägt und sich niemals von seiner deutschen Waffe trennt. Eine ähnliche Einrichtung existierte in den siebziger Jahren in England. Auch dort waren es Liebhaber seltsamer Freizeitvergnügungen, die in Weyhill ein früheres Krankenhaus kauften und in eine getreue Nachbildung eines Gefangenenlagers verwandelten, wie sie es während des Krieges in Deutschland kennengelernt hatten. Jedes Wochenende verbrachten die geladenen Gäste 48 Stunden an diesem bemerkenswert ungastlichen Ort. Die einen kleideten sich als Gefangene, die anderen als deutsche Soldaten. Das Essen soll ebenso mies gewesen sein wie einst in den deutschen Lagern. Geheizt wurde selbstverständlich nicht, und es herrschte eine rigorose Disziplin.
... weniger
Autoren-Porträt von Guy Bechtel, Jean-Claude Carrière
Jean-Claude Carrière, 1931 in Colombières-sur-Orb/Südfrankreich geboren, ist Schriftsteller, Dramatiker und Drehbuchautor. 1963 wurde er mit einem Oscar ausgezeichnet und arbeitete unter anderem mit Jacques Tati, Volker Schlöndorff, Peter Brook und Jean-Luc Godard zusammen. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter die Romanfassung zum Filmerfolg »Die Ferien des Monsieur Hulot« und Gespräche mit dem Dalai Lama. »Relativität zum Tee« wurde in 18 Sprachen übersetzt und ist ein großer internationaler Erfolg.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Guy Bechtel , Jean-Claude Carrière
- 2001, 1, 320 Seiten, Maße: 12,5 x 21,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer
- ISBN-10: 3378010533
- ISBN-13: 9783378010536
Kommentar zu "Lexikon der Sonderlinge"
0 Gebrauchte Artikel zu „Lexikon der Sonderlinge“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Lexikon der Sonderlinge".
Kommentar verfassen