Liebe als Weg

Meine Tochter Shelley und ich stiegen in Phoenix ins Flugzeug und wähnten uns glücklich, in die erste Klasse befördert worden zu sein. Allerdings bekamen wir die beiden Fensterplätze 4A und 7A zugewiesen. Die 28 Plätze der ersten Klasse waren alle besetzt, wir hofften aber, jemand werde sich zum Platzwechsel bereiterklären, damit wir für den vierstündigen Flug nebeneinander sitzen konnten.
Shelley fragte den Mann auf dem Gangsitz neben ihr: "Wären Sie bereit, den Platz zu wechseln, damit ich neben meinem Vater sitzen kann?"
"Ist der Sitz am Gang?" wollte der Mann wissen.
"Nein, es ist ein Fensterplatz."
"Das geht nicht", meinte er, "ich klettere nicht gerne über jemanden hinweg, wenn ich hinauswill."
"Das kann ich verstehen", erwiderte Shelley, und setzte sich.
Etwas später kam der Passagier, der den Gangplatz neben mir hatte. Ich fragte ihn: "Würde es Ihnen etwas ausmachen, auf Platz 7A zu wechseln, damit meine Tochter und ich nebeneinander sitzen können?"
Er sah sich nach 7A umund sagte: "Gerne."
"Das ist wirklich sehr freundlich", sagte ich.
"Kein Problem", antwortete er lächelnd, nahm seine Zeitung und wechselte zu 7A.
Später dachte ich über den Vorfall nach. Wie sollte man sich die verschiedenen Reaktionen wohl erklären? Die beiden Männer waren etwa gleich alt - ich schätzte sie auf Ende fünfzig oder Anfang sechzig. Beide trugen Geschäftsanzüge. Doch der eine hielt zäh an seinem Gangplatz fest, während der andere den seinen gerne aufgab, um uns einen Gefallen zu tun.
War es möglich, dass einer eine Tochter hatte, der andere aber nicht? Oder saß der Mann, der seinen Gangplatz problemlos aufgab, eigentlich lieber am Fenster? Waren sie einfach in verschiedene Kindergärten gegangen? Unterschieden sich ihre Mütter voneinander? Hatte der eine gelernt, mit anderen zu teilen und ihnen zu helfen, der andere hingegen, sich nur um sich selbst zu kümmern? Besaß der eine ein liebevolles Gen, das der andere nicht mitbekommen hatte?
Jahrzehntelang habe ich

Dr. Gary Chapman ist Anthropologe und neben seiner internationalen Dozententätigkeit als Pastor der Calvary Baptist Church aktiv. Einem breiten Publikum ist Chapman durch seinen Bestseller "Die fünf Sprachen der Liebe" bekannt. Als erfahrener Eheberater begleitet er Paare und leitet Seminare. Gary Chapman ist seit 45 Jahren glücklich verheiratet.