Liebe an der Macht
Hillary und Bill Clinton, Raissa und Michail Gorbatschow, Marianne und Franz Josef Strauß u.v.a.m. - Paare, die Geschichte schrieben, Liebespaare, die Politik machten. Buch und Serie blicken hinter die Kulissen.
''Die intime Seite des Regierens - gute...
Hillary und Bill Clinton, Raissa und Michail Gorbatschow, Marianne und Franz Josef Strauß u.v.a.m. - Paare, die Geschichte schrieben, Liebespaare, die Politik machten. Buch und Serie blicken hinter die Kulissen.
''Die intime Seite des Regierens - gute und wichtige Portraits.''
Frankfurter Rundschau
Das Buch erzählt diese und vier weitere Geschichten vom Leben hinter den Kulissen der politischen Bühne. Nancy und Ronald Reagan, Marianne und Franz Josef Strauß, Denis und Margaret Thatcher, Margot und Erich Honecker: Wie sahen ihre Beziehungen genau aus, welche Bedeutung hatten sie für politische Entscheidungen - und umgekehrt: Wie haben Zeitgeschehen, politische Umstände oder Ereignisse diese Paare beeinflusst?
Ein ungewöhnlicher Blick auf das Private in der Politik - und eine faszinierende Innenschau der Macht. Ein Team der ARD, bestehend aus sechs Filmautorinnen und -autoren, hat parallel zur Fernsehserie dieses Buch verfasst, das zahlreiche Fotos sowie bisher unveröffentlichtes Material enthält.
LESEPROBE
Die Familie als Bollwerk
MARIANNE UND FRANZ JOSEF STRAUSS
Dervenezianische Troubadour lächelt glücklich. Inmitten der tanzenden Paare aufdem Maskenball hält er seine Partnerin fest, als wolle er sie nie wiederloslassen. Er neigt zur Fülle, muss deshalb immer mal den Schweiß aus derStirn tupfen, bewegt sich aber flink und geschmeidig. Es ist der 4. März 1957,Rosenmontag, und der Maskenball im Foyer des Deutschen Theaters in München stehtdieses Mal unter dem Motto «Kulissenzauber». Vor einigen Wochen sah man dasGesicht des Mannes auf dem Titel eines Hamburger Nachrichtenmagazins, und auchda lächelte er, sympathisch und siegesgewiss unter einem bayerischenSeppl-Hut, der sich gerade in einen Stahlhelm verwandelt. Es ist derVerteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland, Franz Josef Strauß, 41Jahre alt. Nie wieder wird ihn der «Spiegel» so sympathisch zeigen.
Die jungeFrau in seinen Armen ist groß, ein bisschen größer als er, mit schlanker Tailleund ausdrucksstarken Augen. Ihr Gesicht drückt nicht weniger Selbstbewusstseinund Siegessicherheit aus als das Gesicht ihres Tanzpartners. Sie heißt MarianneZwicknagl, ist knapp 27 Jahre alt, eine Volkswirtschaftlerin aus Rott am Inn,die ihre Diplome in Cambridge und an der Sorbonne erworben hat. Keine Frau, dieerst einen Mann fragen muss, wenn sie eine Meinung äußern will. Ihre Familieist reich, und der Vater, Dr. Max Zwicknagl, ist der lokale Fürst in Rott, alsArbeitgeber, CSU-Politiker, Land- und Immobilienbesitzer. Die junge Frau, sein«Mariandl», träumt von einer eigenen Karriere, in einer der europäischen Institutionenvielleicht, die gerade entstehen.
Von diesenTräumen wird sich keiner erfüllen. Denn in den Tagen und Wochen nach demMünchner «Kulissenzauber» wird sie, wie sie sagt, «in die zweite Reihe»zurücktreten, hinter ihren künftigen Mann, der gerade seine Laufbahn als einerder profiliertesten und umstrittensten Politiker der Nachkriegszeit beginnt.Was sie ihm zu geben bereit ist, wird für ihn so einzigartig wie unverzichtbar sein:ihre uneingeschränkte Loyalität. Sie wird auf ihre eigene Karriere verzichten,und später wird sie ihre Träume sogar verleugnen: «Ich bin nicht der Ansicht,dass eine Frau das Abziehbild eines Mannes darstellen soll.»
Ein BonnerKorrespondent hatte über Strauß geschrieben: «Er ist wie ein Panzer, der ausdem Unterholz hervorbricht und alles, was sich ihm in den Weg stellt, überrollt.»Das war aber nur das eine Gesicht. Strauß hatte auch sehr liebenswürdige Züge,er hatte Charme, Bildung, ein jungenhaftes Lächeln - und eine verführerische,mitreißende Redekunst. 1952, nach drei Jahren Hinterbänklerei im Bundestag,hatte seine erste große Rede ihn «aus dem Nichts» (wie die «Zeit» schrieb)gleich in die vorderste Reihe der Politik befördert.
Denn Konrad Adenauer, der Kanzler, hatte an jenem 7.Februar 1952 einen ausgesprochen schlechten Tag, stand müde und endlos lange inseinen Zetteln kramend am Rednerpult. Dabei hätte er gerade an diesem Tagbesonders überzeugend sein müssen, denn bei der ersten großen Wehrdebatte ginges darum, einer immer noch kriegsmüden Bevölkerung die deutscheWiederbewaffnung schmackhaft zu machen. Adenauers matte Lustlosigkeit löste beiseinen eigenen Leuten Entsetzen aus. Ein beinahe peinlicher Abgang in eisigemSchweigen.
Doch dannkam Strauß. Es wurde seine Stunde, die Geburtsstunde eines großen Redners.Sachlich fing er an, mit Zahlen und Fakten, aber nicht ohne Humor, dann steigerteer sich in die Emotion und riss seine Zuhörer mit. Das hatte der AltphilologeStrauß bei den alten Lateinern gelernt. Besorgt rief SPD-Chef Kurt Schumacherdazwischen: «Strauß, das dröhnende Nichts!» Aber nach siebzig Minuten erhobensich die Abgeordneten der Regierungskoalition wie im Taumel und spendetenminutenlang frenetischen Beifall. Und der CSU-Abgeordnete Bruno Heck sagte:«Jetzt wirst du Minister.»
Genau dasgeschah, wenn auch nicht sofort. Aber Adenauer hatte erkannt, dass dieserbullige CSU-Abgeordnete «die Schallmauer des Widerstands durchbrechen kann, diewir im Parlament und in der Öffentlichkeit haben». Nur Strauß habe «die nötigeRücksichtslosigkeit». Denn er habe verstanden, um was es gehe: um «Sklaverei oderFreiheit». Man müsse stark genug sein, tönte Strauß, um notfalls «das Reichder Sowjetunion von der Landkarte verschwinden zu lassen». Eine Zeitung schriebhöhnisch, «Strauß rasselt mit einem Säbel, den er nicht besitzt». Richtig, abergenau den wollte er ja haben: nämlich Atomwaffen.
Im Oktober1956 machte Adenauer diesen Mann, den er persönlich gar nicht mochte, zumVerteidigungsminister. Strauß, der Junge aus dem Schwabinger Metzgerladen, warauf seinem Weg nach oben ein großes Stück vorangekommen. Und jetzt halfen ihmauch noch die Liebe und die Loyalität einer starken Frau, die ihm ebenbürtig war- und die sich ihm und seinen hochfliegenden Zielen trotzdem unterordnete. Fürihn die Traumfrau.
Nur fünfTage nach der Münchner Balinacht, am Samstag, 9. März 1957, hatte Franz JosefStrauß eine zweite Begegnung, die für sein Leben von schicksalhafter Bedeutungwerden sollte, er traf Rudolf Augstein. Der junge «Spiegel»-Chef wollte denaufsteigenden Politiker aus Bayern, der seit einigen MonatenVerteidigungsminister war, näher kennen lernen. In Augsteins Haus am HamburgerMaienweg, der ehemaligen Villa von Max Schmeling, war alles vorbereitet füreine lange trink- Lind diskussionsfreudige Nacht, einschließlich einesBrathendls im Eisschrank für den Fall, dass Strauß tief in der Nacht Hungerbekäme. Strauß, der Frischverliebte, hatte zunächst gar keine Lust zupolitisieren, aber dann brach die Streitlust doch hervor. (...)
© 2005Rowohlt Verlag GmbH, Berlin
- Autor: Div.
- 2005, 224 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 14,5 x 21,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Von Werner Biermann, Ulrike Brincker, Marcel Kolvenbach u. a.
- Verlag: Rowohlt, Berlin
- ISBN-10: 3871345288
- ISBN-13: 9783871345289
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