Liebe und andere Krankheiten
»Das literarische Talent Yovells ist nicht weniger bemerkenswert als das von Irvin D. Yalom.« (Ha'aretz, Daily Newspapest)
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja: Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des...
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja: Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des...
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Produktinformationen zu „Liebe und andere Krankheiten “
»Das literarische Talent Yovells ist nicht weniger bemerkenswert als das von Irvin D. Yalom.« (Ha'aretz, Daily Newspapest)
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja: Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des berühmten israelischen Psychotherapeuten.
Jeder glaubt, die Liebe zu kennen. Jeder hat sie oder ihr Ausbleiben schon einmal erfahren dürfen oder müssen. Aber kann man die Liebe objektivieren und zum Gegenstand einer Wissenschaft machen? Yovell hat darauf eine ganz klare Antwort: Nein! Anstatt eine Definition zu geben, erzählt der renommierte Psychotherapeut die Liebesgeschichten von acht seiner Klienten. Am Ende wird deutlich: Was die Psychologie und Psychoanalyse auch alles aufgeboten haben, um dem irrlichternden Gefühl der Liebe auf die Schliche zu kommen: Jeder einzelne Klient definiert die Liebe und ihre Abgründe aufs Neue.
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja: Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des berühmten israelischen Psychotherapeuten.
Jeder glaubt, die Liebe zu kennen. Jeder hat sie oder ihr Ausbleiben schon einmal erfahren dürfen oder müssen. Aber kann man die Liebe objektivieren und zum Gegenstand einer Wissenschaft machen? Yovell hat darauf eine ganz klare Antwort: Nein! Anstatt eine Definition zu geben, erzählt der renommierte Psychotherapeut die Liebesgeschichten von acht seiner Klienten. Am Ende wird deutlich: Was die Psychologie und Psychoanalyse auch alles aufgeboten haben, um dem irrlichternden Gefühl der Liebe auf die Schliche zu kommen: Jeder einzelne Klient definiert die Liebe und ihre Abgründe aufs Neue.
Klappentext zu „Liebe und andere Krankheiten “
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja:Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des berühmten israelischen Psychotherapeuten und Bestsellerautors.Jeder glaubt zu wissen, was das ist: die Liebe. Jeder hat sie oder ihr Ausbleiben schon einmal erfahren dürfen oder müssen. Aber was ist denn die Liebe nun eigentlich genau? Kann man sie objektivieren und zum Gegenstand einer Wissenschaft machen? Yovell hat darauf eine ganz klare Antwort: Nein! Anstatt eine Definition zu geben, erzählt der renommierte Psychotherapeut die Liebesgeschichten von acht seiner Klienten: Ja el zum Beispiel möchte herausfinden, woran es liegt, dass sie nach 32 Blind Dates immer noch keinen Mann fürs Leben gefunden hat. Oder Noa: Sie wagt es, ihren geheimnisvollen Partner aus dem Sado-Maso-Chatroom in der sicheren Dunkelheit eines Kinos zu treffen. Doch als das Licht angeht, erwartet sie eine böse Überraschung. Am Ende wird deutlich: Was die Psychologie und Psychoanalyse auch alles aufgeboten haben, um dem irrlichternden Gefühl der Liebe auf die Schliche zu kommen jeder einzelne Klient definiert die Liebe und ihre Abgründe aufs Neue.
Ist die Liebe eine Krankheit? Und wenn ja: Will man überhaupt, dass sie geheilt wird? Acht Fallgeschichten aus der Praxis des berühmten israelischen Psychotherapeuten und Bestsellerautors.
Jeder glaubt zu wissen, was das ist: die Liebe. Jeder hat sie oder ihr Ausbleiben schon einmal erfahren dürfen oder müssen. Aber was ist denn die Liebe nun eigentlich genau? Kann man sie objektivieren und zum Gegenstand einer Wissenschaft machen? Yovell hat darauf eine ganz klare Antwort: Nein! Anstatt eine Definition zu geben, erzählt der renommierte Psychotherapeut die Liebesgeschichten von acht seiner Klienten: Ja'el zum Beispiel möchte herausfinden, woran es liegt, dass sie nach 32 Blind Dates immer noch keinen Mann fürs Leben gefunden hat. Oder Noa: Sie wagt es, ihren geheimnisvollen Partner aus dem Sado-Maso-Chatroom in der sicheren Dunkelheit eines Kinos zu treffen. Doch als das Licht angeht, erwartet sie eine böse Überraschung. Am Ende wird deutlich: Was die Psychologie und Psychoanalyse auch alles aufgeboten haben, um dem irrlichternden Gefühl der Liebe auf die Schliche zu kommen - jeder einzelne Klient definiert die Liebe und ihre Abgründe aufs Neue.
"Das literarische Talent Yovells ist nicht weniger bemerkenswert als das von Irvin D. Yalom." - Ha'aretz, Daily Newspaper
"Spannend wie ein Krimi." - Berliner Zeitung zu "Der Feind"
Jeder glaubt zu wissen, was das ist: die Liebe. Jeder hat sie oder ihr Ausbleiben schon einmal erfahren dürfen oder müssen. Aber was ist denn die Liebe nun eigentlich genau? Kann man sie objektivieren und zum Gegenstand einer Wissenschaft machen? Yovell hat darauf eine ganz klare Antwort: Nein! Anstatt eine Definition zu geben, erzählt der renommierte Psychotherapeut die Liebesgeschichten von acht seiner Klienten: Ja'el zum Beispiel möchte herausfinden, woran es liegt, dass sie nach 32 Blind Dates immer noch keinen Mann fürs Leben gefunden hat. Oder Noa: Sie wagt es, ihren geheimnisvollen Partner aus dem Sado-Maso-Chatroom in der sicheren Dunkelheit eines Kinos zu treffen. Doch als das Licht angeht, erwartet sie eine böse Überraschung. Am Ende wird deutlich: Was die Psychologie und Psychoanalyse auch alles aufgeboten haben, um dem irrlichternden Gefühl der Liebe auf die Schliche zu kommen - jeder einzelne Klient definiert die Liebe und ihre Abgründe aufs Neue.
"Das literarische Talent Yovells ist nicht weniger bemerkenswert als das von Irvin D. Yalom." - Ha'aretz, Daily Newspaper
"Spannend wie ein Krimi." - Berliner Zeitung zu "Der Feind"
Lese-Probe zu „Liebe und andere Krankheiten “
Dichter, Schriftsteller und Philosophen, religiöse Denker, Psychologen und Psychoanalytiker - alle haben sich mit der Liebe beschäftigt. Es existieren Dutzende, vielleicht auch Hunderte verschiedene Definitionen von ihr. Tausende Bücher wurden in allen Epochen über sie geschrieben. Über sie zu reden bedeutet, von der Lage der Menschheit zu sprechen, und das ist ein unerschöpfliches Thema. Ein weiteres psychologisches und wissenschaftliches Buch über sie zu verfassen ist also ein heikles Unterfangen - dennoch habe ich mich entschlossen, über die Liebe zu schreiben.Es gibt viele Arten von Liebe: die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern, die offenbar die erste und stärkste Liebe auf der Welt ist, die Liebe zur Heimat, Gottesliebe, die Liebe zum Schönen und Wahren, Bruderliebe und mehr. Dieses Buch befasst sich nicht mit allen Ausdrucksformen der Liebe, sondern thematisiert die romantische Liebe - die Liebe mit erotischer Komponente. Statt des müßigen Versuchs, dieses unendliche Thema auch nur annähernd zu erfassen, werde ich hier die Liebesgeschichten einiger Menschen anführen und jede Geschichte mit einer theoretischen Debatte versehen. So wie es aussieht, beleuchten die Psychoanalyse, die kognitive Psychologie und die Gehirnforschung aus verschiedenen und überraschenden Blickwinkeln die prinzipielle Frage, die uns durch das Buch hindurch begleiten wird: Was ist in der romantischen Liebe normal und pathologisch, und wo verläuft die Grenze zwischen dem Besonderen und dem Regelwidrigen, zwischen dem Erlaubten und dem Verbotenen?
Wir sind gewohnt, Liebe als einen seelischen Zustand der besonderen Art anzusehen, eine Form von Exaltation, ja heiligem Wahnsinn. Wer sich in diesem Zustand befindet, kann extreme Taten vollbringen, kann erstaunliche und zerstörerische Entscheidungen treffen, auf die wir mit Verständnis und gewisser Nachsicht reagieren. Deckt Liebe wirklich alle Übertretungen zu, wie es in den Sprüchen Salomos (10,12) steht, oder gibt es auch in der Liebe
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rote Linien, die man nicht überschreiten darf? Und wenn ja, wer bestimmt sie, und auf welcher Grundlage? Ist die Geliebte eines verheirateten Mannes, die schon fünfzehn Jahre darauf wartet, dass er sich wie versprochen von seiner Frau trennt, eine naive Frau, die ihr Leben nutzlos vergeudet? Oder verleiht sie ihrem Leben durch ihre Liebe Sinn und Bedeutung? Wenn sich ein Mann in einen anderen Mann verliebt und mit ihm eine sexuelle Beziehung eingeht, tut er das aus freien Stücken oder hat er keine Wahl? "Er erquickt mich mit Traubenkuchen und labt mich mit Äpfeln, denn ich bin krank vor Liebe", singt Sulamith im Hohelied Salomos (2,5). Ist sie tatsächlich krank, braucht sie einen Arzt? Und was soll der Arzt tun? Sigmund Freud, der Vater der Psychoanalyse und der Psychotherapie, dachte - wie viele andere vor und nach ihm -, dass Verliebtheit mehr an ein abnormales seelisches Phänomen erinnert als an ein normales. Braucht also jeder, der sich verliebt hat, eine psychologische Behandlung? Und ist der Therapeut immer der "Henker der Liebe", wie Irvin Yalom dachte? Diese Fragen werden im Laufe des Buches immer wieder auftauchen, und oft wird sich keine Antwort auf sie finden lassen.
Die Liebe verleiht dem Leben der meisten Menschen nicht nur Sinn und Farbe, sondern auch - und vielleicht hauptsächlich - Motivation. Gewöhnliche Frauen und Männer sind bereit, nahezu alles zu tun, heldenhaft schreckliche Leiden auszuhalten und manchmal sogar ihr Leben zu opfern aus Liebe, der Liebe zu einem Kind, zu einer Partnerin oder einem Partner, zu Gott. Liebe kann Menschen nicht nur dazu bringen, schwere Leiden durchzustehen, sondern auch, sie anderen anzutun, gnadenlos, bisweilen bis zum Mord. Auch damit werden wir uns in diesem Buch befassen.
Die Helden des Buches sind Frauen und Männer, die versuchen - manchmal auch wider Willen gezwungen sind - zu lieben. Das Buch ähnelt mehr einem Gedicht- oder Geschichtenband als einem fachbezogenen Werk, und das nicht aus Zufall. "An jedem Ort, an den ich kam, fand ich, dass ein Dichter vor mir da war" - dieser Ausspruch, der Freud zugeschrieben wird, bringt meiner Meinung nach die Beziehung zwischen den psychologischen und den künstlerischen Herangehensweisen an die Liebe treffend zum Ausdruck. Wer in diesem Buch Definitionen von Liebe, Hinweise auf den Weg, auf dem man sie erreicht, oder gute Ratschläge, wie man sie bewahren kann, zu finden hofft, wird enttäuscht werden: Die Antworten auf diese existentiellen Fragen sind mir unbekannt und tauchen daher in dem Buch auch nicht auf. Wie den meisten Menschen ist mir die romantische Liebe nicht fremd. Sie bescherte mir großes Glück und half mir, zum Glück anderer beizutragen, verursachte mir jedoch auch Kummer und Leid und brachte mich dazu, Verletzungen und Schmerz zuzufügen. Ich höre tagtäglich in meiner Praxis von ihr, und wie die meisten Therapeuten verfolge ich aus nächster Nähe die Lebensgeschichte von Menschen, die sie suchen, die das mit ihr verbundene Glück und Hochgefühl erleben, an den mit ihr einhergehenden Zweifeln leiden, und die mit der Krise und dem Schmerz konfrontiert sind, die so häufig am Ende der Liebe stehen.
Seit hundert Jahren beschäftigen sich die Psychoanalytiker mit der Liebe. Viele von ihnen gelangten zu tief schürfenden, weit reichenden und umstrittenen Einsichten, was die Quellen der Liebe angeht, ihre Aufgabe in unserem Leben und die Faktoren, die unsere Liebesfähigkeit begrenzen. Die Psychoanalyse erforscht die subjektive Seite der menschlichen Existenz, wobei sie dies mit Methoden und Mitteln tut, die nicht immer streng "wissenschaftlich" sind. Infolgedessen haben die psychoanalytischen Einsichten in die Liebe und die Seele des liebenden Menschen, obwohl sie häufig in der breiten Öffentlichkeit Wurzeln schlugen, nie den Rang wissenschaftlicher Wahrheiten erlangt.
Die Menschen lieben. Die Menschen lieben es zu lieben. Die meisten Menschen können über längere Zeit hinweg nicht glücklich sein, wenn es in ihrem Leben keine Liebe gibt. Ein kleiner Teil kann ohne Liebe buchstäblich nicht leben. Andere können nicht zu lieben aufhören, obwohl ihnen klar ist, dass ihre Liebe hoffnungslos ist und ihnen schreckliches Leid verursacht. Angesichts all dessen wäre zu erwarten, dass ein so zentraler, wichtiger Bereich der menschlichen Existenz das bevorzugte Ziel für eine objektiv wissenschaftliche, psychologische und biologische Forschung darstellen würde. Doch Gefühle generell und speziell die Liebe sind Themen, die in der Welt der Gehirnforschung und akademischen psychologischen Studien bis vor wenigen Jahren kaum Erwähnung fanden. Mit anderen Worten, die Wissenschaft ignoriert die Liebe.
Warum?
Der französische Mathematiker und Theologe Blaise Pascal sagte vor über dreihundert Jahren, dass das Herz seine eigene Logik hat, von der die Logik nichts weiß. Die scharfe Teilung zwischen der Welt der Tatsachen und der der Gefühle und die Festlegung, dass die Gefühlswelt außerhalb des Bereichs wissenschaftlicher Forschung liegt, sind Standpunkte, deren historische Wurzeln bis zum Beginn der wissenschaftlichen Revolution in der Renaissance zurückreichen. Gemäß dem Prinzip, das Galileo Galilei, der Physiker und Astronom des 16. Jahrhunderts und einer der Väter der modernen Wissenschaft, aufstellte, sollte sich die Wissenschaft nur mit jenen Eigenschaften der Dinge befassen, die sich einer objektiven Prüfung und Quantifizierung unterziehen lassen - wie zum Beispiel Gewicht, Volumen und chemische Zusammensetzung. Sie werden Primäreigenschaften genannt, im Unterschied zu den Sekundäreigenschaften wie Liebe, Glaube oder Bedeutung, subjektive Eigenschaften, die die Wissenschaft nicht anerkennen kann. So wurde die Liebe über etliche hunderte Jahre aus dem wissenschaftlichen Weltbild in eine Verbannung geschickt, die erst in unseren Tagen ihr Ende zu finden scheint.
Einhergehend mit der Revolution auf dem Gebiet der Gehirnforschung und kognitiven Psychologie, begann man in den letzten Jahren mit der Erschließung wissenschaftlicher Kenntnisse über Gefühle generell und Liebe im Besonderen. Es sind erste, zögernde Einblicke in Themen, die bis vor kurzem in der Welt der Wissenschaft noch tabuisiert waren. Ihre Bedeutung ist immens, nicht weil sie ein für alle Mal die Palette der psychischen Phänomene erklären könnten, die mit der Liebe verbunden sind - davon ist die Wissenschaft meilenweit entfernt -, sondern weil sie uns einen neuen und faszinierenden Blick auf einen Bereich in unserer Seele eröffnen, der uns bis vor kurzem nur von seiner subjektiven Seite her bekannt war. Die neuen wissenschaftlichen Axiome über die Liebe sind überraschend und aufregend, spannend und komplex, und manchmal bringen sie uns auch dazu - genau wie die Liebe selbst -, uns lächerlich und betrogen zu fühlen.
Dieses Buch erzählt nicht nur von Menschen, die lieben. Es ist auch die Geschichte eines bestimmten Ortes und einer bestimmten Zeit: Israel, Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Normalerweise taucht Israel mit Krieg, Hass und Tod in den Schlagzeilen auf, doch auch in Zeiten, in denen sich die Existenz der Menschen in Gefahr befindet - und vielleicht gerade dann -, blüht die Liebe.
Das Buch schildert die Liebesgeschichten von acht Patientinnen und Patienten, darunter einer arabischen.
Jeder Mensch, der liebt, und jede Liebesgeschichte sind eine Welt für sich, und man kann die Helden des Buches nicht als Vertreter bestimmter Kategorien von Liebe betrachten. Im Gegensatz zu den theoretischen Abhandlungen, die eine breite Geltung haben müssen, repräsentieren die Patienten, deren Geschichten hier angeführt werden, allein sich selbst. Um genau zu sein - die Patienten zeigen die Art, in der ich, als Therapeut oder Gesprächspartner, ihnen zuhörte und sie verstand. Es ist ein persönlicher und subjektiver Eindruck, und trotz meiner Versuche zu verstehen, ohne zu urteilen, spiegelt er zwangsläufig meine Neigungen und Vorurteile, Phantasien und Ängste wider. Bei einem Teil der Geschichten habe ich eine aktive Rolle, bei den meisten jedoch bin ich reiner Zuhörer. Mein Dank gilt den Patienten, die mir großmütig ihr Einverständnis gaben, über sie und ihre Liebesgeschichte zu schreiben. Um ihre Privatsphäre zu wahren, habe ich selbstverständlich die biographischen Details sowie die Fallumstände verändert. Manchmal habe ich auch Behandlungsabschnitte zweier Patienten kombiniert und daraus eine Figur geschaffen. Doch jede, auch die allerkleinste Offenlegung einer Behandlung stellt zwangsläufig eine Verletzung der Intimsphäre der Patienten dar. Sie hat Auswirkungen, die zum Teil schwer oder zumindest nicht von vorneherein einschätzbar sind. Ich bewundere die Bereitschaft jener Frauen und Männer, die hier beschrieben werden, sich dem Risiko auszusetzen und eine solche Enthüllung zu ermöglichen.
Dies ist mein zweites Buch über die Begegnungen zwischen Gefühl, Psychologie und Gehirn, und es ist größtenteils nach dem Vorbild des ersten geschrieben - "Der Feind in meinem Zimmer". Zugleich jedoch hat die Notwendigkeit, die theoretischen Abhandlungen auf die Fallbeschreibungen im Buch abzustimmen, dazu geführt, dass verschiedene Themen in mehr als einem Kapitel vorkommen. So ist zum Beispiel das Phänomen des Sichverliebens Diskussionsgegenstand sowohl in Kapitel zwei als auch drei, Homosexualität taucht in den Kapiteln fünf und sechs auf, und das Thema von Verrat und Betrug wird in den Kapiteln vier, fünf und acht behandelt. Das Buch befasst sich auch mit Themen, die nicht direkt mit der Liebe zusammenhängen: Behandlung von Depression (1. Kapitel), Psychose nach der Geburt (2. Kapitel), therapeutische Schweigepflicht (3. und 6. Kapitel), Therapie von Angstzuständen (5. Kapitel) und anderes mehr. Die Hauptkritik, die ich von meinen Kollegen zu meinem letzten Buch, "Der Feind in meinem Zimmer", erhielt, betraf den darin entstandenen Eindruck über den Erfolg psychischer und medikamentöser Therapien. Einige meiner Berufsgenossen hatten das Gefühl, das Bild, das ich präsentierte, sei zu rosig und das Maß an Fehlschlägen und Enttäuschungen bei der Behandlung psychischer Probleme größer, als dem Buch zu entnehmen ist. Möglicherweise haben sie Recht. In diesem Buch nun habe ich mich bemüht, mehr von der dunklen Seite zu zeigen - der dunklen Seite der Therapie, der menschlichen Existenz und der Liebe.
Wie in dem Buch ersichtlich wird und wie die meisten Menschen aus ihrer Erfahrung wissen, ist die Liebe ein starker, sensibler, häufig jedoch auch ein ungenauer und irreführender Kompass. Trotzdem benutzen ihn viele von uns, bewusst oder unbewusst, dazu, um ihren Weg durch die Stürme des Lebens zu steuern und zu finden. Die Liebe bringt uns dazu, das Schöne und Erhabene hinter der Farblosigkeit der alltäglichen Existenz zu sehen, doch ist sie auch Quelle von Illusionen und Frustration. Die Liebe ist mit der menschlichen Fähigkeit verknüpft, die Wahrheit zu sehen und dem Licht näher zu kommen, doch oft auch mit der nicht minder menschlichen Fähigkeit des Selbstbetrugs und der Selbstzerstörung. Daher ist ein Buch über die Liebe im Grunde ein Buch über die Menschen, ihr Leben, ihre Träume und ihre Enttäuschungen.
Um etwas von Liebe zu wissen, muss man Menschen kennen lernen und vor allem zu verstehen versuchen, was sie wollen. Die Psychoanalyse, ebenso wie die neuen biologischen Erkenntnisse über Liebe und Leidenschaft, sind nichts als der Versuch, die Wünsche der Menschen zu verstehen. Doch wie weit verstehen wir in Wahrheit? In welchem Maße kennen wir uns selbst und den anderen? Gegen Ende seiner Tage sagte Freud zu Marie Bonaparte, seiner Expatientin und treuen Freundin, dass er sich nach über dreißig Jahren Tiefenerforschung "der weiblichen Seele" immer noch frage: "Was will das Weib?" Diese Frage sagt wie jede viel über die Seele des Fragestellers aus. In der Liebe sind unsere Wünsche die Hauptsache, auch wenn wir sie nicht immer genau kennen und verstehen.
Dieses Buch gibt einige Antworten, alte wie neue, zum Thema Liebe. Doch unsere großen Fragen werden, wie es scheint, immer offen bleiben.
Blind Date
- Du wirst ihn lieben, hatte Chagit am Telefon zu ihr gesagt. Ja'el hatte das skeptische, bittere Lächeln, das auf ihrem Gesicht und vielleicht auch in ihrer Stimme aufsteigen wollte, unterdrückt und ja, in Ordnung, gesagt, man könne ihm ihre Telefonnummer geben. Das war vor über einer Woche gewesen, und die Dinge hatten ihren üblichen Lauf genommen. Genau so, wie sie es von vornherein gewusst hatte, so wie es bereits Dutzende Male in der Vergangenheit passiert war. Sein Anruf nach drei Tagen. Die zögernde Stimme, als er sich vorstellte. Der übliche Vorschlag, sich am Schabbatende im "Vorgestern" zu treffen. Es gibt in Jerusalem nicht viele Orte, an denen sich ein religiöses Paar zu einem Blind Date treffen kann. Das "Vorgestern" war Restaurant, Bibliothek, Café und Buchladen zugleich, im ersten Stock eines freundlichen alten Steingebäudes. Die ersten Male, als Ja'el den Ort aufgesucht hatte, hatte er ihr gefallen. Eine warme Atmosphäre, gutes Essen und Regale über Regale mit Büchern, in die man sich versenken konnte, um die Schweigepausen abzumildern, um an andere Orte und zu anderen Zeiten zu schweifen. Doch in den letzten Wochen war sie zu oft dort gewesen, jedes Mal mit jemand anderem, zu Treffen, die ergebnislos endeten, genau so wie diese Verabredung ausgehen würde. Sie senkte den Kopf und hoffte, die Bedienung würde sich nicht an sie erinnern.
Das Date näherte sich dem Ende. Wieder, mit unentrinnbarer Exaktheit, trat jener peinliche Augenblick ein, der Moment, den sie so sehr hasste. Die letzten Kuchenkrümel rollten verwaist auf ihren Tellern herum, Minzeblätter klebten am Boden der Glastassen, aus denen der Tee ausgetrunken war. Der Lärm ringsherum konnte nicht von dem Schweigen ablenken, das zwischen ihnen herrschte. Mit gesenktem Kopf, ohne ihn anzusehen, fühlte Ja'el, wie seine Blicke ihr Gesicht, ihren Körper musterten. Sie wusste, dass er sich fragte, was er jetzt tun sollte, dass er zu entscheiden versuchte, ob sich ein weiteres Treffen lohnte, ob er sie wollte, ob es eine Chance gäbe, dass er sie irgendwann je wollen würde. Du kannst dir deine Überlegungen sparen, sagte sie stumm zu ihm, es wird ohnehin nichts daraus. Ich bin nicht die Frau deiner Träume. Und was dich angeht, ist es besser, du entfernst dich von mir, denn ich fühle wieder nichts. Wie immer. Auch für dich nicht. Und wir sind beide müde. Komm, lass uns zahlen und gehen, sagen wir nett Schalom und trennen uns. Wieder diese idiotische Zeremonie am Abschluss des Abends. Lass uns hoffen, dass wir uns nie mehr begegnen, du und ich, weder in der Universität noch bei Freunden. Auch nicht bei Chagit und Jonathan, die dachten, "es wäre herrlich", wenn wir uns träfen, wir würden uns ganz sicher gefallen, und dass sie so zwei Alleinstehende in ihrer Umgebung loswerden und auch noch eine gute Tat für die arme Ja'el leisten würden, die noch nie einen Freund hatte. Wie ich dieses bevormundende Mitleid von meinen Freundinnen und ihren Müttern hasse. "Ja'el ist so ein prächtiges Mädchen, ich verstehe gar nicht, dass sie noch niemanden gefunden hat..."
In Wahrheit wollte Ja'el keinen Freund. Nicht wirklich. Zwischen ihren diffusen Phantasien von jemandem, der kommen und sie lieben würde, sie wie ein Küken aus der Schale befreien würde, die sich in den letzten Jahren um sie herum verhärtet hatte, und der Realität klebriger, peinlicher Blind Dates klaffte ein Abgrund, den sie nicht überbrücken konnte oder vielleicht auch nicht wollte. Sie lauschte der Unterhaltung, die das Paar am Nebentisch führte. Der Mann erzählte mit überfröhlicher Stimme von seiner letzten Parisreise. Ja'el versuchte mitzuzählen, wie oft er "ich" sagte, und gab es auf. Die Frau reagierte an allen richtigen Stellen mit "ja" und "was, wirklich?" Ob sie einander liebten? Sah so Liebe aus, hörte sie sich so an? Was würde er zu ihr sagen und sie zu ihm, wenn sie nackt im Bett lägen? Es gelang ihr nicht, sich ihr erstes Mal, wenn sie mit jemandem schliefe, vorzustellen. Sie konnte sich ein Paar ausmalen, das Sex miteinander hatte, aber sich selbst sah sie nie in der ersten Person dort, nackt dem Körper eines anderen gegenüber. Der Gedanke an das schweißtreibende, zu nahe Spiel, bei dem Mann und Frau wechselseitigen Genuss aus ihren Körpern schöpften, verursachte ihr Schwindel und ein leichtes Ekelgefühl.
Wie die Tiere, dachte sie. Gefangen wie Tiere in einem Kreislauf von Paarung, Geburt und Tod, und wieder die Paarung der nächsten Generation und wieder Geburt und Tod. Eine bekannte und abgedroschene Vorstellung, bei der nur die Schauspieler ununterbrochen wechseln. Jetzt war sie an der Reihe, sich diesem Kreis anzuschließen, ein Glied in der Kette der Generationen zu werden. Das war, was alle von ihr erwarteten und was nun geschehen musste. Nur gelang ihr nicht, die Begeisterung dafür zu mobilisieren, den Willen aufzubringen, der dieses ganze Melodrama in eine Geschichte aus dem Leben, eine echte Geschichte verwandeln würde.
Sie erinnerte sich an den Abend, den sie vor einigen Wochen auf dem Sofa in Chagits und Jonathans Wohnung verbracht hatte. Chagit, ihre beste Freundin aus der Zeit des Zivildienstes, hatte Jonathan geheiratet und war mit ihm nach Tel Aviv gezogen, wo sie beide an der Universität studierten. Die Verbindung zwischen Ja'el und Chagit war, seit sie geheiratet hatte, fast abgerissen. Daher war Ja'el überrascht, als Chagit sie plötzlich anrief und einlud, den Schabbat bei ihnen zu Hause zu verbringen. Später begriff sie, dass die Einladung nicht ganz ohne Hintergedanken war. Chagit und Jonathan versuchten, sie mit einem Freund Jonathans aus der Universität zu verkuppeln, ein dicklicher Amerikaner, der zu laut redete und ihr überhaupt nicht gefiel. Wie sie war er zum Freitagabendessen bei ihnen eingeladen worden. Ja'el schien, als hätte sie die drei Anwesenden und auch sich selbst am Ende des Abends ein bisschen enttäuscht, als der junge Mann seinen Mantel anzog und an der Tür sagte, dass er sich freuen würde, sie wieder zu sehen. Sie schrak zurück, senkte den Blick, murmelte etwas und zog sich ins Innere der Wohnung zurück, suchte Zuflucht in der Küche, die bereits sauber und aufgeräumt war und in der es eigentlich nichts mehr zu tun gab.
Die Atmosphäre des Abends hatte sich irgendwie getrübt, nachdem der junge Mann gegangen war. Sie saßen im Wohnzimmer, tranken Tee und wärmten Erinnerungen aus ihrer Zivildienstzeit auf, redeten über die Lage im Lande und ihr Studium, doch es klang alles bemüht und holprig. Ja'el schien es, als sei sie nicht die Einzige, die erleichtert war, als die automatische Zeitschaltung der Schabbatuhr die meisten Lichter in der Wohnung abschaltete und Chagit und Jonathan sie in das Zimmer entließen, das für sie hergerichtet worden war, das Zimmer, das für das erste Kind des glücklichen Paares vorgesehen war, ein Baby, das nicht lange auf sich warten lassen würde, das vielleicht sogar schon unterwegs war. Sie zog sich im Dunkeln aus und schlüpfte zwischen die Laken, bemüht, an nichts zu denken. Es fiel ihr immer schwer, an fremden Orten einzuschlafen, und so kam es, dass sie auch in jener Nacht mit offenen Augen dalag und auf die Schatten und Lichtstreifen an der Wand starrte, wenn vereinzelte Autos auf der stillen Straße vorbeifuhren.
Und dann geschah es. Jenseits der Wand hörte sie ein unterdrücktes Kichern, Chagits Stimme, die sie genau kannte, danach einen Seufzer und noch einen, als ob Chagit und auch Jonathan dort drüben etwas wehtun würde. Ja'el spannte sich, und nach kurzem Zögern stand sie leise auf, hüllte ihren Körper in die Bettdecke und trat auf Zehenspitzen in den Gang hinaus. Sie fühlte sich wie ausgesetzt in dem schwachen Licht, das durch das Fenster in der Badezimmertür hereinsickerte. Die Schlafzimmertür war geschlossen, doch die Stille in der Wohnung und der Aufruhr der Gefühle in ihr ließen die Stimmen der beiden schmerzhaft in ihren Ohren schrillen. Ja'el stockte der Atem. Es war etwas Animalisches an den Seufzern und dem Keuchen der zwei Menschen, die bis vor kurzem noch mit ihr im Wohnzimmer gesessen und leise und höflich über Dinge geredet hatten, an denen sie alle drei kein Interesse hatten. Jetzt, hinter der Tür, traf Körper auf Körper, öffneten sich Schenkel, etwas drang ein, und Becken schlug gegen Becken. Mit geschlossenen Augen lauschte Ja'el, wie Chagit und Jonathan mit fliegendem Atem, offenem Mund und kehligen Lauten der Entladung entgegengaloppierten, und der Stille danach. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis die Stimmen hinter der Tür verstummten und sie behutsam auf Zehenspitzen in ihr Zimmer zurückkehrte, um sich vor den üblen Gedanken, die im Dunkeln in ihr wuchsen, in den Schlaf zu retten.
- Ja'el, ich habe schon gezahlt. Sollen wir gehen?
Seine Worte holten sie ins Hier und Jetzt zurück. Sie hob den Blick und sah den jungen Mann, der ihr gegenüber saß, flüchtig an, ihr zweiunddreißigstes Blind Date. Sie hatte diese Verabredungen mit grausamer Genauigkeit mitgezählt. Zweiunddreißig junge Männer. Mit den meisten hatte sie sich nur einmal getroffen. Mit einigen zweimal. Mit keinem von ihnen öfter als viermal. Wie hieß er? Schaul? Avi? Die Namen verschwammen in ihrem Kopf. Er war ungefähr in ihrem Alter, fünfundzwanzig, und sein Gesicht hatte etwas Unschuldiges, Verletzliches. Er war keiner von diesen älteren Junggesellen oder Geschiedenen, die sich am Rande des Bekanntschaftsmarktes junger Religiöser tummelten. Gerade mit ihnen war es für sie allerdings viel einfacher. Das Wissen, dass der Mann, der ihr gegenübersaß, Erfahrung hatte, dass er ihr Treffen wie einen kurzen, zweckmäßigen Geschäftstermin behandelte, barg eine gewisse Erleichterung. Falls ja, dann ja, und falls nicht - musste er schnell wieder gehen, um noch am gleichen Abend die Nächste auf seiner Liste zu kontaktieren, wenn er sie nicht schon in der vergangenen Woche angerufen und mit ihr eine Verabredung für den folgenden Abend getroffen hatte. Wie scheinheilig dieses Geschäft mit den Bekanntschaften war.
Dann standen sie draußen, über ihnen der hohe, kalte Himmel einer wolkenlosen Jerusalemer Winternacht.
Ist dir kalt?
Seine Stimme war an sie gerichtet, erreichte sie jedoch nicht.- Nein, sagte sie und schwieg. Doch in ihrem Inneren schrie eine andere Antwort, die keiner je hören würde. Ja, Avi oder Schaul, mir ist sehr kalt. Mir ist schon lange kalt, und dir wird es nicht gelingen, mich zu erwärmen. Das gelingt niemandem. Mir kommt vor, als spräche ich die Sprache der Menschen nicht, als würde ich etwas nicht verstehen, das ihr versteht, etwas nicht fühlen, das alle fühlen. Du kannst nichts dafür, du bist ein guter Junge, aber du ziehst mich nicht an. Niemand ist anziehend für mich. Nichts zieht mich an. Aber vielleicht gibt
Die Liebe verleiht dem Leben der meisten Menschen nicht nur Sinn und Farbe, sondern auch - und vielleicht hauptsächlich - Motivation. Gewöhnliche Frauen und Männer sind bereit, nahezu alles zu tun, heldenhaft schreckliche Leiden auszuhalten und manchmal sogar ihr Leben zu opfern aus Liebe, der Liebe zu einem Kind, zu einer Partnerin oder einem Partner, zu Gott. Liebe kann Menschen nicht nur dazu bringen, schwere Leiden durchzustehen, sondern auch, sie anderen anzutun, gnadenlos, bisweilen bis zum Mord. Auch damit werden wir uns in diesem Buch befassen.
Die Helden des Buches sind Frauen und Männer, die versuchen - manchmal auch wider Willen gezwungen sind - zu lieben. Das Buch ähnelt mehr einem Gedicht- oder Geschichtenband als einem fachbezogenen Werk, und das nicht aus Zufall. "An jedem Ort, an den ich kam, fand ich, dass ein Dichter vor mir da war" - dieser Ausspruch, der Freud zugeschrieben wird, bringt meiner Meinung nach die Beziehung zwischen den psychologischen und den künstlerischen Herangehensweisen an die Liebe treffend zum Ausdruck. Wer in diesem Buch Definitionen von Liebe, Hinweise auf den Weg, auf dem man sie erreicht, oder gute Ratschläge, wie man sie bewahren kann, zu finden hofft, wird enttäuscht werden: Die Antworten auf diese existentiellen Fragen sind mir unbekannt und tauchen daher in dem Buch auch nicht auf. Wie den meisten Menschen ist mir die romantische Liebe nicht fremd. Sie bescherte mir großes Glück und half mir, zum Glück anderer beizutragen, verursachte mir jedoch auch Kummer und Leid und brachte mich dazu, Verletzungen und Schmerz zuzufügen. Ich höre tagtäglich in meiner Praxis von ihr, und wie die meisten Therapeuten verfolge ich aus nächster Nähe die Lebensgeschichte von Menschen, die sie suchen, die das mit ihr verbundene Glück und Hochgefühl erleben, an den mit ihr einhergehenden Zweifeln leiden, und die mit der Krise und dem Schmerz konfrontiert sind, die so häufig am Ende der Liebe stehen.
Seit hundert Jahren beschäftigen sich die Psychoanalytiker mit der Liebe. Viele von ihnen gelangten zu tief schürfenden, weit reichenden und umstrittenen Einsichten, was die Quellen der Liebe angeht, ihre Aufgabe in unserem Leben und die Faktoren, die unsere Liebesfähigkeit begrenzen. Die Psychoanalyse erforscht die subjektive Seite der menschlichen Existenz, wobei sie dies mit Methoden und Mitteln tut, die nicht immer streng "wissenschaftlich" sind. Infolgedessen haben die psychoanalytischen Einsichten in die Liebe und die Seele des liebenden Menschen, obwohl sie häufig in der breiten Öffentlichkeit Wurzeln schlugen, nie den Rang wissenschaftlicher Wahrheiten erlangt.
Die Menschen lieben. Die Menschen lieben es zu lieben. Die meisten Menschen können über längere Zeit hinweg nicht glücklich sein, wenn es in ihrem Leben keine Liebe gibt. Ein kleiner Teil kann ohne Liebe buchstäblich nicht leben. Andere können nicht zu lieben aufhören, obwohl ihnen klar ist, dass ihre Liebe hoffnungslos ist und ihnen schreckliches Leid verursacht. Angesichts all dessen wäre zu erwarten, dass ein so zentraler, wichtiger Bereich der menschlichen Existenz das bevorzugte Ziel für eine objektiv wissenschaftliche, psychologische und biologische Forschung darstellen würde. Doch Gefühle generell und speziell die Liebe sind Themen, die in der Welt der Gehirnforschung und akademischen psychologischen Studien bis vor wenigen Jahren kaum Erwähnung fanden. Mit anderen Worten, die Wissenschaft ignoriert die Liebe.
Warum?
Der französische Mathematiker und Theologe Blaise Pascal sagte vor über dreihundert Jahren, dass das Herz seine eigene Logik hat, von der die Logik nichts weiß. Die scharfe Teilung zwischen der Welt der Tatsachen und der der Gefühle und die Festlegung, dass die Gefühlswelt außerhalb des Bereichs wissenschaftlicher Forschung liegt, sind Standpunkte, deren historische Wurzeln bis zum Beginn der wissenschaftlichen Revolution in der Renaissance zurückreichen. Gemäß dem Prinzip, das Galileo Galilei, der Physiker und Astronom des 16. Jahrhunderts und einer der Väter der modernen Wissenschaft, aufstellte, sollte sich die Wissenschaft nur mit jenen Eigenschaften der Dinge befassen, die sich einer objektiven Prüfung und Quantifizierung unterziehen lassen - wie zum Beispiel Gewicht, Volumen und chemische Zusammensetzung. Sie werden Primäreigenschaften genannt, im Unterschied zu den Sekundäreigenschaften wie Liebe, Glaube oder Bedeutung, subjektive Eigenschaften, die die Wissenschaft nicht anerkennen kann. So wurde die Liebe über etliche hunderte Jahre aus dem wissenschaftlichen Weltbild in eine Verbannung geschickt, die erst in unseren Tagen ihr Ende zu finden scheint.
Einhergehend mit der Revolution auf dem Gebiet der Gehirnforschung und kognitiven Psychologie, begann man in den letzten Jahren mit der Erschließung wissenschaftlicher Kenntnisse über Gefühle generell und Liebe im Besonderen. Es sind erste, zögernde Einblicke in Themen, die bis vor kurzem in der Welt der Wissenschaft noch tabuisiert waren. Ihre Bedeutung ist immens, nicht weil sie ein für alle Mal die Palette der psychischen Phänomene erklären könnten, die mit der Liebe verbunden sind - davon ist die Wissenschaft meilenweit entfernt -, sondern weil sie uns einen neuen und faszinierenden Blick auf einen Bereich in unserer Seele eröffnen, der uns bis vor kurzem nur von seiner subjektiven Seite her bekannt war. Die neuen wissenschaftlichen Axiome über die Liebe sind überraschend und aufregend, spannend und komplex, und manchmal bringen sie uns auch dazu - genau wie die Liebe selbst -, uns lächerlich und betrogen zu fühlen.
Dieses Buch erzählt nicht nur von Menschen, die lieben. Es ist auch die Geschichte eines bestimmten Ortes und einer bestimmten Zeit: Israel, Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Normalerweise taucht Israel mit Krieg, Hass und Tod in den Schlagzeilen auf, doch auch in Zeiten, in denen sich die Existenz der Menschen in Gefahr befindet - und vielleicht gerade dann -, blüht die Liebe.
Das Buch schildert die Liebesgeschichten von acht Patientinnen und Patienten, darunter einer arabischen.
Jeder Mensch, der liebt, und jede Liebesgeschichte sind eine Welt für sich, und man kann die Helden des Buches nicht als Vertreter bestimmter Kategorien von Liebe betrachten. Im Gegensatz zu den theoretischen Abhandlungen, die eine breite Geltung haben müssen, repräsentieren die Patienten, deren Geschichten hier angeführt werden, allein sich selbst. Um genau zu sein - die Patienten zeigen die Art, in der ich, als Therapeut oder Gesprächspartner, ihnen zuhörte und sie verstand. Es ist ein persönlicher und subjektiver Eindruck, und trotz meiner Versuche zu verstehen, ohne zu urteilen, spiegelt er zwangsläufig meine Neigungen und Vorurteile, Phantasien und Ängste wider. Bei einem Teil der Geschichten habe ich eine aktive Rolle, bei den meisten jedoch bin ich reiner Zuhörer. Mein Dank gilt den Patienten, die mir großmütig ihr Einverständnis gaben, über sie und ihre Liebesgeschichte zu schreiben. Um ihre Privatsphäre zu wahren, habe ich selbstverständlich die biographischen Details sowie die Fallumstände verändert. Manchmal habe ich auch Behandlungsabschnitte zweier Patienten kombiniert und daraus eine Figur geschaffen. Doch jede, auch die allerkleinste Offenlegung einer Behandlung stellt zwangsläufig eine Verletzung der Intimsphäre der Patienten dar. Sie hat Auswirkungen, die zum Teil schwer oder zumindest nicht von vorneherein einschätzbar sind. Ich bewundere die Bereitschaft jener Frauen und Männer, die hier beschrieben werden, sich dem Risiko auszusetzen und eine solche Enthüllung zu ermöglichen.
Dies ist mein zweites Buch über die Begegnungen zwischen Gefühl, Psychologie und Gehirn, und es ist größtenteils nach dem Vorbild des ersten geschrieben - "Der Feind in meinem Zimmer". Zugleich jedoch hat die Notwendigkeit, die theoretischen Abhandlungen auf die Fallbeschreibungen im Buch abzustimmen, dazu geführt, dass verschiedene Themen in mehr als einem Kapitel vorkommen. So ist zum Beispiel das Phänomen des Sichverliebens Diskussionsgegenstand sowohl in Kapitel zwei als auch drei, Homosexualität taucht in den Kapiteln fünf und sechs auf, und das Thema von Verrat und Betrug wird in den Kapiteln vier, fünf und acht behandelt. Das Buch befasst sich auch mit Themen, die nicht direkt mit der Liebe zusammenhängen: Behandlung von Depression (1. Kapitel), Psychose nach der Geburt (2. Kapitel), therapeutische Schweigepflicht (3. und 6. Kapitel), Therapie von Angstzuständen (5. Kapitel) und anderes mehr. Die Hauptkritik, die ich von meinen Kollegen zu meinem letzten Buch, "Der Feind in meinem Zimmer", erhielt, betraf den darin entstandenen Eindruck über den Erfolg psychischer und medikamentöser Therapien. Einige meiner Berufsgenossen hatten das Gefühl, das Bild, das ich präsentierte, sei zu rosig und das Maß an Fehlschlägen und Enttäuschungen bei der Behandlung psychischer Probleme größer, als dem Buch zu entnehmen ist. Möglicherweise haben sie Recht. In diesem Buch nun habe ich mich bemüht, mehr von der dunklen Seite zu zeigen - der dunklen Seite der Therapie, der menschlichen Existenz und der Liebe.
Wie in dem Buch ersichtlich wird und wie die meisten Menschen aus ihrer Erfahrung wissen, ist die Liebe ein starker, sensibler, häufig jedoch auch ein ungenauer und irreführender Kompass. Trotzdem benutzen ihn viele von uns, bewusst oder unbewusst, dazu, um ihren Weg durch die Stürme des Lebens zu steuern und zu finden. Die Liebe bringt uns dazu, das Schöne und Erhabene hinter der Farblosigkeit der alltäglichen Existenz zu sehen, doch ist sie auch Quelle von Illusionen und Frustration. Die Liebe ist mit der menschlichen Fähigkeit verknüpft, die Wahrheit zu sehen und dem Licht näher zu kommen, doch oft auch mit der nicht minder menschlichen Fähigkeit des Selbstbetrugs und der Selbstzerstörung. Daher ist ein Buch über die Liebe im Grunde ein Buch über die Menschen, ihr Leben, ihre Träume und ihre Enttäuschungen.
Um etwas von Liebe zu wissen, muss man Menschen kennen lernen und vor allem zu verstehen versuchen, was sie wollen. Die Psychoanalyse, ebenso wie die neuen biologischen Erkenntnisse über Liebe und Leidenschaft, sind nichts als der Versuch, die Wünsche der Menschen zu verstehen. Doch wie weit verstehen wir in Wahrheit? In welchem Maße kennen wir uns selbst und den anderen? Gegen Ende seiner Tage sagte Freud zu Marie Bonaparte, seiner Expatientin und treuen Freundin, dass er sich nach über dreißig Jahren Tiefenerforschung "der weiblichen Seele" immer noch frage: "Was will das Weib?" Diese Frage sagt wie jede viel über die Seele des Fragestellers aus. In der Liebe sind unsere Wünsche die Hauptsache, auch wenn wir sie nicht immer genau kennen und verstehen.
Dieses Buch gibt einige Antworten, alte wie neue, zum Thema Liebe. Doch unsere großen Fragen werden, wie es scheint, immer offen bleiben.
Blind Date
- Du wirst ihn lieben, hatte Chagit am Telefon zu ihr gesagt. Ja'el hatte das skeptische, bittere Lächeln, das auf ihrem Gesicht und vielleicht auch in ihrer Stimme aufsteigen wollte, unterdrückt und ja, in Ordnung, gesagt, man könne ihm ihre Telefonnummer geben. Das war vor über einer Woche gewesen, und die Dinge hatten ihren üblichen Lauf genommen. Genau so, wie sie es von vornherein gewusst hatte, so wie es bereits Dutzende Male in der Vergangenheit passiert war. Sein Anruf nach drei Tagen. Die zögernde Stimme, als er sich vorstellte. Der übliche Vorschlag, sich am Schabbatende im "Vorgestern" zu treffen. Es gibt in Jerusalem nicht viele Orte, an denen sich ein religiöses Paar zu einem Blind Date treffen kann. Das "Vorgestern" war Restaurant, Bibliothek, Café und Buchladen zugleich, im ersten Stock eines freundlichen alten Steingebäudes. Die ersten Male, als Ja'el den Ort aufgesucht hatte, hatte er ihr gefallen. Eine warme Atmosphäre, gutes Essen und Regale über Regale mit Büchern, in die man sich versenken konnte, um die Schweigepausen abzumildern, um an andere Orte und zu anderen Zeiten zu schweifen. Doch in den letzten Wochen war sie zu oft dort gewesen, jedes Mal mit jemand anderem, zu Treffen, die ergebnislos endeten, genau so wie diese Verabredung ausgehen würde. Sie senkte den Kopf und hoffte, die Bedienung würde sich nicht an sie erinnern.
Das Date näherte sich dem Ende. Wieder, mit unentrinnbarer Exaktheit, trat jener peinliche Augenblick ein, der Moment, den sie so sehr hasste. Die letzten Kuchenkrümel rollten verwaist auf ihren Tellern herum, Minzeblätter klebten am Boden der Glastassen, aus denen der Tee ausgetrunken war. Der Lärm ringsherum konnte nicht von dem Schweigen ablenken, das zwischen ihnen herrschte. Mit gesenktem Kopf, ohne ihn anzusehen, fühlte Ja'el, wie seine Blicke ihr Gesicht, ihren Körper musterten. Sie wusste, dass er sich fragte, was er jetzt tun sollte, dass er zu entscheiden versuchte, ob sich ein weiteres Treffen lohnte, ob er sie wollte, ob es eine Chance gäbe, dass er sie irgendwann je wollen würde. Du kannst dir deine Überlegungen sparen, sagte sie stumm zu ihm, es wird ohnehin nichts daraus. Ich bin nicht die Frau deiner Träume. Und was dich angeht, ist es besser, du entfernst dich von mir, denn ich fühle wieder nichts. Wie immer. Auch für dich nicht. Und wir sind beide müde. Komm, lass uns zahlen und gehen, sagen wir nett Schalom und trennen uns. Wieder diese idiotische Zeremonie am Abschluss des Abends. Lass uns hoffen, dass wir uns nie mehr begegnen, du und ich, weder in der Universität noch bei Freunden. Auch nicht bei Chagit und Jonathan, die dachten, "es wäre herrlich", wenn wir uns träfen, wir würden uns ganz sicher gefallen, und dass sie so zwei Alleinstehende in ihrer Umgebung loswerden und auch noch eine gute Tat für die arme Ja'el leisten würden, die noch nie einen Freund hatte. Wie ich dieses bevormundende Mitleid von meinen Freundinnen und ihren Müttern hasse. "Ja'el ist so ein prächtiges Mädchen, ich verstehe gar nicht, dass sie noch niemanden gefunden hat..."
In Wahrheit wollte Ja'el keinen Freund. Nicht wirklich. Zwischen ihren diffusen Phantasien von jemandem, der kommen und sie lieben würde, sie wie ein Küken aus der Schale befreien würde, die sich in den letzten Jahren um sie herum verhärtet hatte, und der Realität klebriger, peinlicher Blind Dates klaffte ein Abgrund, den sie nicht überbrücken konnte oder vielleicht auch nicht wollte. Sie lauschte der Unterhaltung, die das Paar am Nebentisch führte. Der Mann erzählte mit überfröhlicher Stimme von seiner letzten Parisreise. Ja'el versuchte mitzuzählen, wie oft er "ich" sagte, und gab es auf. Die Frau reagierte an allen richtigen Stellen mit "ja" und "was, wirklich?" Ob sie einander liebten? Sah so Liebe aus, hörte sie sich so an? Was würde er zu ihr sagen und sie zu ihm, wenn sie nackt im Bett lägen? Es gelang ihr nicht, sich ihr erstes Mal, wenn sie mit jemandem schliefe, vorzustellen. Sie konnte sich ein Paar ausmalen, das Sex miteinander hatte, aber sich selbst sah sie nie in der ersten Person dort, nackt dem Körper eines anderen gegenüber. Der Gedanke an das schweißtreibende, zu nahe Spiel, bei dem Mann und Frau wechselseitigen Genuss aus ihren Körpern schöpften, verursachte ihr Schwindel und ein leichtes Ekelgefühl.
Wie die Tiere, dachte sie. Gefangen wie Tiere in einem Kreislauf von Paarung, Geburt und Tod, und wieder die Paarung der nächsten Generation und wieder Geburt und Tod. Eine bekannte und abgedroschene Vorstellung, bei der nur die Schauspieler ununterbrochen wechseln. Jetzt war sie an der Reihe, sich diesem Kreis anzuschließen, ein Glied in der Kette der Generationen zu werden. Das war, was alle von ihr erwarteten und was nun geschehen musste. Nur gelang ihr nicht, die Begeisterung dafür zu mobilisieren, den Willen aufzubringen, der dieses ganze Melodrama in eine Geschichte aus dem Leben, eine echte Geschichte verwandeln würde.
Sie erinnerte sich an den Abend, den sie vor einigen Wochen auf dem Sofa in Chagits und Jonathans Wohnung verbracht hatte. Chagit, ihre beste Freundin aus der Zeit des Zivildienstes, hatte Jonathan geheiratet und war mit ihm nach Tel Aviv gezogen, wo sie beide an der Universität studierten. Die Verbindung zwischen Ja'el und Chagit war, seit sie geheiratet hatte, fast abgerissen. Daher war Ja'el überrascht, als Chagit sie plötzlich anrief und einlud, den Schabbat bei ihnen zu Hause zu verbringen. Später begriff sie, dass die Einladung nicht ganz ohne Hintergedanken war. Chagit und Jonathan versuchten, sie mit einem Freund Jonathans aus der Universität zu verkuppeln, ein dicklicher Amerikaner, der zu laut redete und ihr überhaupt nicht gefiel. Wie sie war er zum Freitagabendessen bei ihnen eingeladen worden. Ja'el schien, als hätte sie die drei Anwesenden und auch sich selbst am Ende des Abends ein bisschen enttäuscht, als der junge Mann seinen Mantel anzog und an der Tür sagte, dass er sich freuen würde, sie wieder zu sehen. Sie schrak zurück, senkte den Blick, murmelte etwas und zog sich ins Innere der Wohnung zurück, suchte Zuflucht in der Küche, die bereits sauber und aufgeräumt war und in der es eigentlich nichts mehr zu tun gab.
Die Atmosphäre des Abends hatte sich irgendwie getrübt, nachdem der junge Mann gegangen war. Sie saßen im Wohnzimmer, tranken Tee und wärmten Erinnerungen aus ihrer Zivildienstzeit auf, redeten über die Lage im Lande und ihr Studium, doch es klang alles bemüht und holprig. Ja'el schien es, als sei sie nicht die Einzige, die erleichtert war, als die automatische Zeitschaltung der Schabbatuhr die meisten Lichter in der Wohnung abschaltete und Chagit und Jonathan sie in das Zimmer entließen, das für sie hergerichtet worden war, das Zimmer, das für das erste Kind des glücklichen Paares vorgesehen war, ein Baby, das nicht lange auf sich warten lassen würde, das vielleicht sogar schon unterwegs war. Sie zog sich im Dunkeln aus und schlüpfte zwischen die Laken, bemüht, an nichts zu denken. Es fiel ihr immer schwer, an fremden Orten einzuschlafen, und so kam es, dass sie auch in jener Nacht mit offenen Augen dalag und auf die Schatten und Lichtstreifen an der Wand starrte, wenn vereinzelte Autos auf der stillen Straße vorbeifuhren.
Und dann geschah es. Jenseits der Wand hörte sie ein unterdrücktes Kichern, Chagits Stimme, die sie genau kannte, danach einen Seufzer und noch einen, als ob Chagit und auch Jonathan dort drüben etwas wehtun würde. Ja'el spannte sich, und nach kurzem Zögern stand sie leise auf, hüllte ihren Körper in die Bettdecke und trat auf Zehenspitzen in den Gang hinaus. Sie fühlte sich wie ausgesetzt in dem schwachen Licht, das durch das Fenster in der Badezimmertür hereinsickerte. Die Schlafzimmertür war geschlossen, doch die Stille in der Wohnung und der Aufruhr der Gefühle in ihr ließen die Stimmen der beiden schmerzhaft in ihren Ohren schrillen. Ja'el stockte der Atem. Es war etwas Animalisches an den Seufzern und dem Keuchen der zwei Menschen, die bis vor kurzem noch mit ihr im Wohnzimmer gesessen und leise und höflich über Dinge geredet hatten, an denen sie alle drei kein Interesse hatten. Jetzt, hinter der Tür, traf Körper auf Körper, öffneten sich Schenkel, etwas drang ein, und Becken schlug gegen Becken. Mit geschlossenen Augen lauschte Ja'el, wie Chagit und Jonathan mit fliegendem Atem, offenem Mund und kehligen Lauten der Entladung entgegengaloppierten, und der Stille danach. Sie wusste nicht, wie viel Zeit verging, bis die Stimmen hinter der Tür verstummten und sie behutsam auf Zehenspitzen in ihr Zimmer zurückkehrte, um sich vor den üblen Gedanken, die im Dunkeln in ihr wuchsen, in den Schlaf zu retten.
- Ja'el, ich habe schon gezahlt. Sollen wir gehen?
Seine Worte holten sie ins Hier und Jetzt zurück. Sie hob den Blick und sah den jungen Mann, der ihr gegenüber saß, flüchtig an, ihr zweiunddreißigstes Blind Date. Sie hatte diese Verabredungen mit grausamer Genauigkeit mitgezählt. Zweiunddreißig junge Männer. Mit den meisten hatte sie sich nur einmal getroffen. Mit einigen zweimal. Mit keinem von ihnen öfter als viermal. Wie hieß er? Schaul? Avi? Die Namen verschwammen in ihrem Kopf. Er war ungefähr in ihrem Alter, fünfundzwanzig, und sein Gesicht hatte etwas Unschuldiges, Verletzliches. Er war keiner von diesen älteren Junggesellen oder Geschiedenen, die sich am Rande des Bekanntschaftsmarktes junger Religiöser tummelten. Gerade mit ihnen war es für sie allerdings viel einfacher. Das Wissen, dass der Mann, der ihr gegenübersaß, Erfahrung hatte, dass er ihr Treffen wie einen kurzen, zweckmäßigen Geschäftstermin behandelte, barg eine gewisse Erleichterung. Falls ja, dann ja, und falls nicht - musste er schnell wieder gehen, um noch am gleichen Abend die Nächste auf seiner Liste zu kontaktieren, wenn er sie nicht schon in der vergangenen Woche angerufen und mit ihr eine Verabredung für den folgenden Abend getroffen hatte. Wie scheinheilig dieses Geschäft mit den Bekanntschaften war.
Dann standen sie draußen, über ihnen der hohe, kalte Himmel einer wolkenlosen Jerusalemer Winternacht.
Ist dir kalt?
Seine Stimme war an sie gerichtet, erreichte sie jedoch nicht.- Nein, sagte sie und schwieg. Doch in ihrem Inneren schrie eine andere Antwort, die keiner je hören würde. Ja, Avi oder Schaul, mir ist sehr kalt. Mir ist schon lange kalt, und dir wird es nicht gelingen, mich zu erwärmen. Das gelingt niemandem. Mir kommt vor, als spräche ich die Sprache der Menschen nicht, als würde ich etwas nicht verstehen, das ihr versteht, etwas nicht fühlen, das alle fühlen. Du kannst nichts dafür, du bist ein guter Junge, aber du ziehst mich nicht an. Niemand ist anziehend für mich. Nichts zieht mich an. Aber vielleicht gibt
... weniger
Autoren-Porträt von Yoram Yovell
Yoram Yovell, in Jerusalem geboren, ist Psychoanalytiker und Psychiater. Er hat in Jerusalem Medizin studiert, Neurobiologie am Weizmann Institut und Psychoanalyse an der Columbia University in New York. Er war in New York und Jerusalem tätig, wo er heute lebt.Barbara Linner, geb. 1955 in München, studierte Judaistik, Orientalistik und südosteuropäische Geschichte. Sie ist als Übersetzerin tätig.
Bibliographische Angaben
- Autor: Yoram Yovell
- 2006, 1, 479 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Linner, Barbara
- Verlag: BTB
- ISBN-10: 3442751683
- ISBN-13: 9783442751686
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