Mein Dante
Mit einem Vorwort von Umberto Eco
Die hoch komische und heiß glühende Liebeserklärung an einen Klassiker der Weltliteratur
Natürlich kennen Sie Dantes »Göttliche Komödie«. Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst,...
Natürlich kennen Sie Dantes »Göttliche Komödie«. Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst,...
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Produktinformationen zu „Mein Dante “
Die hoch komische und heiß glühende Liebeserklärung an einen Klassiker der Weltliteratur
Natürlich kennen Sie Dantes »Göttliche Komödie«. Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst, vor allem aber die Hölle und das Paradies noch dazu. Aber Hand aufs Herz: Haben Sie sie tatsächlich einmal gelesen? Macht nichts. Denn jetzt haben Sie die Gelegenheit, mit dem Schauspieler Roberto Benigni auf eine schaurig schöne Entdeckungstour durch Dantes ungeheuerlichen Kosmos zu gehen. Benigni ist seinem Dante verfallen. Und mit seiner maßlosen, hinreißend komischen und bewundernd respektlosen Liebeserklärung wird jeder Leser zum verzauberten Dante-Anhänger.
Mit einem Vorwort von Umberto Eco.
Natürlich kennen Sie Dantes »Göttliche Komödie«. Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst, vor allem aber die Hölle und das Paradies noch dazu. Aber Hand aufs Herz: Haben Sie sie tatsächlich einmal gelesen? Macht nichts. Denn jetzt haben Sie die Gelegenheit, mit dem Schauspieler Roberto Benigni auf eine schaurig schöne Entdeckungstour durch Dantes ungeheuerlichen Kosmos zu gehen. Benigni ist seinem Dante verfallen. Und mit seiner maßlosen, hinreißend komischen und bewundernd respektlosen Liebeserklärung wird jeder Leser zum verzauberten Dante-Anhänger.
Mit einem Vorwort von Umberto Eco.
Klappentext zu „Mein Dante “
Natürlich kennen Sie Dantes »Göttliche Komödie«. Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst, vor allem aber die Hölle und das Paradies noch dazu. Aber Hand aufs Herz: Haben Sie sie tatsächlich einmal gelesen? Macht nichts. Denn jetzt haben Sie die Gelegenheit, mit dem Schauspieler Roberto Benigni auf eine schaurig schöne Entdeckungstour durch Dantes ungeheuerlichen Kosmos zu gehen. Benigni ist seinem Dante verfallen. Und mit seiner maßlosen, hinreißend komischen und bewundernd respektlosen Liebeserklärung wird jeder Leser zum verzauberten Dante-Anhänger.
Die hoch komische und heiß glühende Liebeserklärung an einen Klassiker der Weltliteratur Natürlich kennen Sie Dantes "Göttliche Komödie". Natürlich wissen Sie, dass sie zu den wichtigsten Texten unserer Kultur gehört, dass sie die ganze Welt umfasst, vor allem aber die Hölle und das Paradies noch dazu. Aber Hand aufs Herz: Haben Sie sie tatsächlich einmal gelesen? Macht nichts. Denn jetzt haben Sie die Gelegenheit, mit dem Schauspieler Roberto Benigni auf eine schaurig schöne Entdeckungstour durch Dantes ungeheuerlichen Kosmos zu gehen. Benigni ist seinem Dante verfallen. Und mit seiner maßlosen, hinreißend komischen und bewundernd respektlosen Liebeserklärung wird jeder Leser zum verzauberten Dante-Anhänger.Mit einem Vorwort von Umberto Eco.
Lese-Probe zu „Mein Dante “
Dante vortragen von Umberto Eco Laut De Mauro war der italienische Grundwortschatz, als Dante die Göttliche Komödie zu schreiben begann, zu sechzig Prozent herausgebildet und am Ende des Jahrhunderts, mit neunzig Prozent, nahezu vollständig. Das heißt, dass von den rund zweitausend Wörtern, die man auf jeden Fall braucht, um Italienisch zu sprechen und sich denen, die es sprechen, verständlich zu machen, mindestens tausendzweihundert bereits bei Dante zu finden sind.Für die Entwicklung Italiens als Nation ist dieses Phänomen allerdings als negatives Zeichen zu werten: Wenn nämlich das gesamte Volk, die Kaufleute, Handwerker, Richter, Soldaten, Bauern und der König von Anfang an Italienisch gesprochen hätten, wäre es zu einer Veränderung der Sprache gekommen wie im Englischen und Französischen, die sich derart weiterentwickelt haben, dass ein Franzose oder Engländer, der heute einen Autor aus der Zeit Dantes liest, ziemlich wenig versteht, so als handle es sich um eine andere Sprache. Liest man dagegen: "Nel mezzo del cammin di nostra vita /mi ritrovai per una selva oscura" [dt.: "Wohl in der Mitte unsres Lebensweges / geriet ich tief in einen dunklen Wald"], wird jeder, der einigermaßen Italienisch beherrscht, nahezu alles verstehen (höchstens das Wort "selva" [dt.: "Wald"] könnte dem ein oder anderen Schwierigkeiten bereiten).
Mag sein, dass es kein gutes Zeichen ist, wenn immer noch das Italienisch des 14. Jahrhunderts gesprochen wird, aber zum Trost gibt es Benigni, der für uns Dante lesen kann, weil Dante sprachlich aktuell ist. Außerdem gelingt es ihm, durch Klang, Betonung sowie durch Gefühl (und nicht zuletzt durch die Bemerkungen, die er seinem Vortrag voranschickt) auch ungebräuchliche Ausdrücke oder allzu gewagte syntaktische Konstruktionen verständlich zu machen, so dass man zumindest die Gesamtbedeutung einer Terzine erfasst. Wobei ich glaube, dass nicht einmal Laurence Olivier in der Lage wäre, seinen Landsleuten Chaucer nahezubringen (der
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immerhin ein dreiviertel Jahrhundert moderner ist als Dante).
Ein zweiter Faktor für den Erfolg von Benignis Dante: Er trägt ihn vor, und zwar mit toskanischem Akzent. Das heißt, er tut genau das, was Dantes Zeitgenossen taten, wobei das wiederum ganz in Dantes Sinne war, solange sie es auf die richtige Art und Weise taten. Nehmen wir einmal die vierzehnte Novelle aus Sacchettis Trecentonovelle, wo erzählt wird, dass Dante, als er wegen einer privaten Angelegenheit in der Nähe der Porta San Pietro unterwegs war, einen Schmied sah - oder schlimmer noch - hörte, der Eisen auf dem Amboss hämmerte, sein Gedicht [sang], wie man einen Gassenhauer singt, wobei er seine Verse untereinandermengte, verstümmelte und mit Zusätzen versah, was Dante als eine sehr schwere Beleidigung empfand. Ohne ein Wort zu sagen, näherte er sich der Werkstatt des Schmiedes, wo sich viele Eisenwerkzeuge befanden, mit deren Hilfe er sein Handwerk ausübte, ergriff den Hammer und warf ihn auf die Straße, dann packte er die Zange und warf sie ihm nach, dann die Waage, und so warf er viele Eisengeräte auf die Straße. Der Schmied kehrte sich mit wilder Gebärde gegen ihn und rief: >Was zum Teufel tut Ihr, seid Ihr verrückt?!< Worauf Dante: >Und du, was machst du?< >Ich treibe mein Handwerkund Ihr verderbt mir meine Werkzeuge, indem Ihr sie auf die Straße werft.< Da sagte Dante:
>Wenn du nicht willst, daß ich deine Sachen verderbe, so verdirb auch nicht die meinen.< >Oh, was verderbe ich Euch denn?Du singst mein Buchhältst dich aber nicht an meine Worte, das ist mein Handwerk, und du verdirbst mir's.< Der Schmied, noch ganz aufgeregt, wusste nichts zu antworten, sammelte seine Werkzeuge auf und kehrte wieder zu seiner Arbeit zurück. Und wenn er singen wollte, sang er von Tristan und Lancelot und ließ den Dante in Ruhe.
Kommen wir zur fünfzehnten Novelle, die praktisch dieselbe Geschichte ist. Dante begegnet einem Eseltreiber, der (wie man politisch korrekterweise behaupten darf) dem Schmied, als Vertreter eines seinerzeit hochangesehenen Handwerks, hinsichtlich des Bildungsstandes unterlegen ist. Er hört diesen Eseltreiber, der hinter einigen mit Kehricht beladenen Lasttieren herging und das Buch Dantes sang, und wenn er ein Stück gesungen hatte, dem Esel eins versetzte und gleichzeitig >Hü!< rief.
Als Dante an ihm vorbeikam, gab er ihm mit der Armschiene einen kräftigen Schlag auf die Schulter und sagte: >Dieses Hü stammt nicht von mir.< Jener wusste weder, wer Dante war, noch weswegen er ihm den Schlag versetzte, wenn nicht, damit er stark auf die Esel einhauen sollte, und er wiederholte: >Hü! Hü!< Als er ein wenig entfernt war, wandte er sich nach Dante um, streckte ihm die Zunge heraus und wies ihm mit der Hand die Feige, wobei er rief: >Da nimm!< Als Dante dies sah, sagte er:
>Ich würde dir nicht eine von den meinen für hundert von den deinen geben.< O köstliche Worte voller Philosophie! Gibt es doch viele, die hinter dem Eseltreiber hergelaufen wären und geschrien und getobt, und auch solche, die mit Steinen geworfen hätten. Der weise Dichter aber setzte den Eseltreiber in Verwirrung und erntete Lob von jedem ringsum, der ihn gehört hatte, für seinen weisen Ausspruch, den er einem so niedrigen Mann entgegenhielt, wie es der Eseltreiber war.
Die beiden Episoden lassen (ebenso wie die Tatsache, dass zwar nicht das Original, aber doch zahlreiche Handschriften der Göttlichen Komödie aus der damaligen Zeit existieren - so viele wie von keinem anderen Autor) eines deutlich werden. Dieses Werk war, wie man heute sagen würde, von Anfang an ein Bestseller, und zwar ein Bestseller fürs Volk, denn es wurde, wenn auch bisweilen mehr schlecht als recht, von Leuten gesungen, die es sicherlich niemals gelesen oder aus dem Mund eines halbwegs geübten Sängers vernommen hatten. Wenn also Benigni über die Plätze zieht, um Dante zu rezitieren, tut er genau das, was dessen Zeitgenossen taten.
Übrigens geschah das lange Zeit mit allen erfolgreichen Büchern, sogar noch im 19. Jahrhundert, als Sues Geheimnisse von Paris oder Dumas' Der Graf von Monte Christo Furore machten. Es gab zwar damals bereits eine entwickelte Kulturindustrie und die Werke erschienen in einzelnen Folgen in den Tageszeitungen; die meisten Leute konnten jedoch nicht lesen und versammelten sich deshalb am Abend auf der Straße oder im Hof, um dem klugen Kopf, der gerade an der Reihe war, dem Pförtner oder irgendeinem der Schrift kundigen Händler zuzuhören, so, wie man sich heute vor den Fernseher setzt, um Benigni zuzuhören.
Es besteht also eine Verbindung zwischen Benignis Lesungen und dem überwiegend mündlichen Schicksal von Literatur, insbesondere von Dichtung; und man sollte sich nicht daran stören, wie es vielleicht manche getan haben, dass sich ausgerechnet ein Komiker mit Dante befasst. Dichtung vorzutragen war lange Zeit Angelegenheit der Aöden, und es würde mich nicht wundern, wenn diejenigen, die früher Homer vortrugen (oder durch ihren Vortrag zur Entstehung des Mythos von Homer beigetragen haben), nachdem sie von Troja oder Ogygia erzählt hatten, noch eine Nummer als Feuerschlucker brachten, oder zumindest etwas auf der Leier klimperten, um den Abend abzuschließen, bevor sie mit dem Tellerchen herumgingen.
Es ist ein Fehler der heutigen Zeit zu glauben, Dichtung sei etwas für auserwählte Denker: Sie ist die volkstümlichste aller Künste, und sie entstand, um laut vorgetragen und auswendig gelernt zu werden. Welchen Grund sollte es sonst geben, Gedächtnisstützen wie den Fuß, das Versmaß oder den Reim zu verwenden?
Bei dieser Gelegenheit sei angemerkt, dass Benigni Dichtung deshalb so gut vorträgt, weil er nicht dem Laster vieler Sprecher erliegt, die Enjambements zum Verschwinden zu bringen, sondern weil er sie vielmehr hörbar macht. Bekanntermaßen spricht man von Enjambement, wenn das Ende eines Verses nicht mit dem Ende eines Satzes zusammenfällt, und der Satz im folgenden Vers fortgeführt wird. Ein typisches Beispiel sind diese Verse aus Leopardis Gedicht Das Unendliche:
und tiefste Ruhe; da beschleicht die Seele ein leises Grauen. Und wenn des Windes Rauschen durch diese Bäume geht, halt ich die Stimme dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen.
Nun, das Geheimnis der Dichtung besteht darin, dass sie immer so gelesen werden müsste wie z. B.: "Sieh einmal, hier steht er [Pause] Pfui! Der Struwwelpeter!" Zumindest theoretisch muss es daher lauten: "und tiefste Ruhe; da beschleicht die Seele [Pause] ein leises Grauen. Und wenn des Windes Rauschen [Pause] durch diese Bäume geht, halt ich die Stimme [Pause] dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen Denn wenn der Dichter auf Enjambements zurückgreift, so ist das kein Zufall, und man muss deshalb nicht nur das Ende des Verses hörbar werden lassen, sondern gleichzeitig auch zu erkennen geben, dass der Satz im nächsten Vers weitergeht. Es ist ein Kampf zwischen Signifikant und Signifikat, zwischen rhythmischer Substanz und Bedeutungsgehalt. Der schlechte Sprecher denkt nur an die Bedeutung und rezitiert:
und tiefste Ruhe; [Pause] da beschleicht die Seele ein leises Grauen. [Pause] Und wenn des Windes Rauschen durch diese Bäume geht, [Pause] halt ich die Stimme dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen.
Um ein Beispiel von Dante zu bringen, hier zwei weitere Verse:
. mit einem Schiff nur und den wenigen Gefährten, die mich nicht verlassen. (Inferno, XXVI.) Der schlechte Darsteller würde sie vermutlich so vortragen:
. mit einem Schiff nur und den wenigen Gefährten, die mich nicht verlassen.
Ein fähiger Darsteller würde dagegen am Ende des Verses eine Pause einlegen, allerdings nur eine kurze, so dass einerseits der rhythmische Bruch, andererseits die semantische Kontinuität deutlich werden. Eine schwierige Kunst, die Benigni glänzend beherrscht.
Und warum geht er nicht der Prosa-Bedeutung auf den Leim? Weil Benigni nicht nur Schauspieler ist, sondern darüber hinaus ein anspruchsvoller Intellektueller; auch wenn er auf der Bühne herumspringt wie ein Clown, ist er - und zwar nicht erst seit seinen Dante-Abenteuern - ein sehr belesener, hochgebildeter und feinsinniger Mensch, der bisweilen selbst diejenigen überraschen kann, die ihn sehr gut kennen, wenn etwa in einem Nebensatz der Name eines eher unbekannten Autors fällt und sich herausstellt, dass Benigni ihn gelesen hat, möglicherweise sogar im Original. Weshalb diese Lecturae Dantis, was ihn betrifft, ein wenig wie Bekundungen einer Neigung zur fröhlich dozierenden Lehre erscheinen, die er seit Langem hegt (vielleicht um die vielen Ehrendoktortitel zu rechtfertigen, mit denen er überhäuft wird, als sei er ein Liedermacher wie jeder andere).
Das Wunder, das vielleicht nicht einmal er erhofft hat, ist, dass ihm die Massen gefolgt sind, und zwar in so großer Zahl, dass sie "sich höher steigert' als des Schachbretts Doppeln" (Paradies, XXVIII., 93). Solche Dinge widerfahren eigentlich nur Propheten.
Besser, er hört damit auf, sonst kommt er irgendwann noch auf die Idee, Manna vom Himmel regnen zu lassen; und man weiß ja, dass er keine Leute mag, die sich als "Gesalbte des Herrn" (Berlusconi über sich selbst) ausgeben.
Besser wär's, sich einen Film auszudenken, in dem Roberto Benigni nicht nur Höllenkreis um Höllenkreis und Himmelssphäre um Himmelssphäre dieselbe Reise wie sein Meister unternimmt, sondern in dem er auch dem Schmied und / oder dem Eseltreiber begegnet.
Die Rolle Vergils könnte ich übernehmen, oder Cerami, irgendein Freund halt; was Beatrice betrifft, weiß ich schon, wen Benigni im Kopf hat; die Verdammten ^ nun ja, bei den Verdammten hat man einige Auswahl. Für die Seligen sollte man vielleicht mit elektronischen Tricks, mit Holografien und virtuellen Welten arbeiten. Schmied und / oder Eseltreiber könnten, sagen wir, von einem Schulleiter oder einem Universitätsprofessor, von einem sogenannten streitbaren Kritiker oder einem jener schlechten Schauspieler übernommen werden, die nicht wissen, wie sie mit den Enjambements umgehen sollen.
Aber Dantes Rolle könnte nur Benigni spielen, im obligatorischen Dichtergewand, mit langem Überrock und Lorbeerzweig: Er hat den toskanischen Akzent, das raubvogelartige, magere Äußere, die grimmige Miene, und er liebt dessen Verse - die gut gesprochen sein wollen. So wie es sich gehört, ohne Hü.
Ich weiß auch schon den Titel: Das Leben im Jenseits ist schön.
Vorwort von Roberto Benigni Hin und her gerissen zwischen Dichtung und politischem Engagement, noch dazu in Zeiten, die wenig lyrisch und sehr auf die Anhäufung von Kapital gerichtet sind, war ich unsicher, ob ich für Einaudi einen Band mit lehrreichen Essays über die dichterische Wahrheit schreiben und ihn Dante und das Schnabeltier nennen sollte, oder lieber eine biografische Genealogie über den Familiennamen von Frau Luxemburg mit dem Titel Der Nachname der Rosa. In beiden Fällen ist man mir zuvorgekommen, und das nicht zum ersten Mal.
Vor ein paar Jahren etwa hatte ich mit einigem studentischem Eifer und Enthusiasmus ein schönes Buch über die unterschwellige Sexualität der französischen Strukturalisten mit dem Titel Der Barthes'sche Schwengel verfasst, aber jemand war schneller als ich und brachte einen Monat eher Das Foucaultsche Pendel raus. Was soll's, die Ideen kommen und gehen. Ich hab mich nicht weiter darüber geärgert. Nicht einmal als man mir die Idee zu einem im Mittelalter spielenden Roman über den jüngsten Sohn von Pippo Baudo geklaut hat. Was soll's.
Als ich das erste Mal die Göttliche Komödie zu lesen begann, ging es mir genauso. Mich hat der Schlag getroffen. Wütend klappte ich das Buch zu und rief mit lauter Stimme: "So was! Der hat mir meine Idee geklaut!" Dann schlug ich es wieder auf und las in der Hoffnung weiter, es sei Dante misslungen, so dass ich die Chance gehabt hätte, es besser zu schreiben. Seit diesem Tag habe ich das Buch nicht wieder zugeklappt, und ich habe es nicht nur weitergelesen, sondern auch weitergeschrieben. Wenn wir schöne Dinge zu Gesicht bekommen, fühlen wir uns ergriffen, unsere Seele wird von stolzer Freude erfüllt und glaubt, diese Dinge selbst erschaffen zu haben. Im Übrigen hat sich jeder von uns schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie das Jenseits beschaffen ist, wo wir nach dem Tod landen, ob wir belohnt oder bestraft werden, und zwar so, wie Dante es beschrieben hat! Ebenso wie jeder von uns bestimmt einmal darüber nachgedacht hat, ob es besser ist zu leben oder zu sterben oder gar zu träumen, und zwar so, wie Shakespeare es beschrieben hat! (In der Literatur werden oft diese albernen Spielchen gespielt, wer der größte Schriftsteller aller Zeiten ist. Ich habe mich dieser Praxis immer entzogen und erwähne den zweiten größten Schriftsteller der Welt deshalb ohne weiteren Kommentar.) Auch ich wollte, wie Dante, alles lernen, alles wissen, um ein so schönes Buch schreiben zu können. Aber dann fielen mir Machiavellis mahnende Worte ein: "Es gibt Leute, die wissen alles und das ist alles, was sie wissen." Es ist das Geheimnis der Schönheit, und die Göttliche Komödie ist ein Buch, in dem die Schönheit, wie die Sonne auf einem Spiegel, immer wieder aufschimmert. Es ist ein unsterbliches Werk, denn Dante glaubte aufrichtig an alles, was er beschrieb (auch Balzac rief, bevor er starb, nach einem der Ärzte aus seiner Comédie humaine, und Dumas weinte lange, als er über Porthos' Tod schrieb). Ebenso müssen auch wir all das in der Göttlichen Komödie glauben, denn dieses Buch ist ein Traum, und wie alle Träume wird es uns bis ans Ende unserer Tage einen Teil von uns selbst zeigen. Mir gab es das Gefühl, der Held des überwältigendsten Abenteuers zu sein, das sich überhaupt denken lässt. Eine Reise zum Göttlichen. Ohne sich dabei bewegen zu müssen. Mit jedem Gesang wird deutlicher, dass es Gott ist, der sich, wie Raffaels Sixtinische Madonna, auf uns zu bewegt.
Aber am allerbesten haben mir die Bilder gefallen, die aus jedem Wort hervordringen, reichhaltige, lebendige Bilder. Die Details. Ich sah die Farbe der Flügel des Erzengels Gabriel, sah, wie eine Eidechse im Sommer über den Weg huscht, wie man sich in den Händen eines Riesen fühlt, wie ein Stück Papier verbrennt (ein Schauspiel, das ich mir immer habe entgehen lassen), wie die Jungfrau Maria die Augen bewegt. Da kann man nur sagen: So wird's im Jenseits sein! Wie soll man dieses Buch nicht gern haben? Und welches Vergnügen es mir bereitete, wenn Dante sich so richtig ärgerte. Vor allem über die Dummen. Dante gehörte zu denen, die einen Leprakranken geküsst, aber niemals einem Schwachkopf die Hand geschüttelt hätten. Und dann die Frauen: nicht länger Versuchung, sondern Erlösung. Seit der Göttlichen Komödie gibt es in der Welt eine andere Sicht auf den Eros. Oder das unfassbare Wunder der Sprache. Eine volkstümliche, geheimnisvolle, mystische Sprache, die die Seele an Mensch und Gott bindet und sie nicht mehr loslässt; die dem Volk, vierhundert Jahre vor dem Erscheinen der großen französischen Enzyklopädie, das gesamte Wissen der damaligen Zeit zur Verfügung stellte, und zwar nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern in Reimen; eine Sprache, die uns die Richtung des höchsten Weges zum Glück weist, und die selbst Carlo Emilio Gadda zum Staunen bringen musste. Da aber ein wichtiger Denker einmal festgestellt hat, dass man über das, wovon man nicht sprechen kann, schweigen muss, höre ich damit auf und spreche von etwas anderem.
Ich könnte den Verlag Einaudi anzeigen, denn dieses Buch ist eine regelrechte Abhöraktion. Ich war unterwegs, hab hier und da über Dante gesprochen, vertrauliche Dinge im Freundeskreis, und plötzlich merke ich, dass alles gedruckt worden ist. Jeder Blödsinn - und davon gibt es über Dante eine ganze Menge. Übrigens auch hier. Manche Sätze sind nur so hingeworfen; sie sollten auch so verstanden werden und besagen immer dasselbe: dass die Göttliche Komödie schön ist, und dass es besser ist sie zu lesen als sie nicht zu lesen. Meine schönste Erinnerung an die Dante-Abende ist, abgesehen von der unglaublichen Zahl an Leuten, der Wunsch all dieser Leute, schöne Dinge zu hören, die Hoffnung auf eine Stimme, die ihnen von etwas erzählt, nach dem sie sich immer gesehnt haben. Und Dante hält sein Versprechen. Im Gegensatz zu den Philosophen versprechen Dichter weniger und halten dafür mehr, insbesondere nach der eindrucksvollen Stille unter den Zuhörern zu urteilen, die sich oft über das Ende eines Gesangs hinaus erstreckte.
Ich habe mich immer gefragt, wie man Dante lesen muss. Ich würde alles darum geben, ihn aus Boccaccios Mund zu hören. Ich war auch in der Kirche Santo Stefano in Badia, wo er ihn vorgetragen hatte, um zu hören, ob irgendein Echo zurückgeblieben ist. Um zu erfahren, ob er das s von "cosa" oder "casa" hart oder weich sprach, ob er "bacio" (er küsste) wie bascho oder wie batscho aussprach, und wie man die Doppelkonsonanten von "essalto" (ich rühme) oder "etterno" (ewig) hörbar macht. Um zu erfahren, wie man durchgehend den Endecasillabo, den elfsilbigen Vers der Göttlichen Komödie beibehalten kann, ohne einen schlechten Klang zu produzieren, auch wenn es mal dreizehn oder vierzehn Silben werden, was ja im Paradies oft der Fall ist. Wie sich ein Missklang vermeiden lässt, wenn die Betonung nicht auf die vierte, sondern auf die zweite Silbe, oder wohin auch immer fällt. Bei Petrarca ist es immer eindeutig, er irrt sich nie. Dante ist da großzügiger, er lässt uns an seiner Arbeit teilhaben. Ob, wie und wann man mitgehen darf, die Stimmführung, die Pausen, wann man schneller werden muss, über all diese Dinge weiß man nicht, mit wem man sprechen soll.
Aber eines Abends in Mailand, nach einer meiner Lecturae Dantis im Sportpalast, hatte ich ein nettes Erlebnis. Ich ging mit einer äußerst bemerkenswerten Person essen. Diese Person ist der einflussreichste Denker der Welt, und noch dazu der klügste und amüsanteste (da ich Rankings - wie bereits gesagt - nicht mag, lasse ich den Namen weg). Mit anderen Worten: ein außergewöhnlicher Mensch, mit dem ich oft Gedanken und Ideen austausche, schon deshalb, weil seine Art, sie auszuarbeiten und zu Papier zu bringen, unnachahmlich ist. Ich erinnere mich beispielsweise daran, wie ich ihm vor ein paar Jahren von Mike Bongiorno erzählte, der für mich ein Phänomen war, und wie ich ihm meine Notizen vorlas, die ich in ein kleines Heftchen geschrieben hatte. Oder wie ich ihm, ein paar Jahre später, eine meiner Theorien zur Produktion von Zeichen erläuterte, mit der ich alle linguistischen, logischen, ästhetischen oder sonst wie gearteten Probleme in neuen Zusammenhang stellte, und eigentlich vorhatte, eine Abhandlung darüber zu schreiben. Ganz allgemein. Ich weiß noch, dass er sehr interessiert war. Nun gut. An jenem Abend sprachen wir jedenfalls zunächst über einige weniger bedeutende Autoren des 19. Jahrhunderts. Von einem dieser Autoren, Labrunie, zitierte er ein paar Abschnitte im Original, und ich antwortete ihm spaßeshalber mit zwei altgriechischen Versen von Nonnos von Panopolis, einem weniger bedeutenden Dichter der griechischen Antike. So verstrich der Abend mit Geplauder. Irgendwann kamen wir auf die Dante-Lesungen zu sprechen. Er brachte immer wieder seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass ich ein Komiker bin, und ich wies ihn darauf hin, dass die Verbindung zwischen Komikern und Dichtung eine bis auf Homer zurückreichende Tradition hat, die mit den Aöden zusammenhängt. Dann fügte ich noch hinzu, dass selbst gelegentliche Schnitzer, wie sie mir unterlaufen könnten, zur Tradition gehören, und ich erzählte ihm zwei der Novellen aus Sacchettis Trecentonovelle (wenn ich mich recht erinnere, waren es die 14. und die 15., die eigentlich eine Geschichte sind).
Ein zweiter Faktor für den Erfolg von Benignis Dante: Er trägt ihn vor, und zwar mit toskanischem Akzent. Das heißt, er tut genau das, was Dantes Zeitgenossen taten, wobei das wiederum ganz in Dantes Sinne war, solange sie es auf die richtige Art und Weise taten. Nehmen wir einmal die vierzehnte Novelle aus Sacchettis Trecentonovelle, wo erzählt wird, dass Dante, als er wegen einer privaten Angelegenheit in der Nähe der Porta San Pietro unterwegs war, einen Schmied sah - oder schlimmer noch - hörte, der Eisen auf dem Amboss hämmerte, sein Gedicht [sang], wie man einen Gassenhauer singt, wobei er seine Verse untereinandermengte, verstümmelte und mit Zusätzen versah, was Dante als eine sehr schwere Beleidigung empfand. Ohne ein Wort zu sagen, näherte er sich der Werkstatt des Schmiedes, wo sich viele Eisenwerkzeuge befanden, mit deren Hilfe er sein Handwerk ausübte, ergriff den Hammer und warf ihn auf die Straße, dann packte er die Zange und warf sie ihm nach, dann die Waage, und so warf er viele Eisengeräte auf die Straße. Der Schmied kehrte sich mit wilder Gebärde gegen ihn und rief: >Was zum Teufel tut Ihr, seid Ihr verrückt?!< Worauf Dante: >Und du, was machst du?< >Ich treibe mein Handwerkund Ihr verderbt mir meine Werkzeuge, indem Ihr sie auf die Straße werft.< Da sagte Dante:
>Wenn du nicht willst, daß ich deine Sachen verderbe, so verdirb auch nicht die meinen.< >Oh, was verderbe ich Euch denn?Du singst mein Buchhältst dich aber nicht an meine Worte, das ist mein Handwerk, und du verdirbst mir's.< Der Schmied, noch ganz aufgeregt, wusste nichts zu antworten, sammelte seine Werkzeuge auf und kehrte wieder zu seiner Arbeit zurück. Und wenn er singen wollte, sang er von Tristan und Lancelot und ließ den Dante in Ruhe.
Kommen wir zur fünfzehnten Novelle, die praktisch dieselbe Geschichte ist. Dante begegnet einem Eseltreiber, der (wie man politisch korrekterweise behaupten darf) dem Schmied, als Vertreter eines seinerzeit hochangesehenen Handwerks, hinsichtlich des Bildungsstandes unterlegen ist. Er hört diesen Eseltreiber, der hinter einigen mit Kehricht beladenen Lasttieren herging und das Buch Dantes sang, und wenn er ein Stück gesungen hatte, dem Esel eins versetzte und gleichzeitig >Hü!< rief.
Als Dante an ihm vorbeikam, gab er ihm mit der Armschiene einen kräftigen Schlag auf die Schulter und sagte: >Dieses Hü stammt nicht von mir.< Jener wusste weder, wer Dante war, noch weswegen er ihm den Schlag versetzte, wenn nicht, damit er stark auf die Esel einhauen sollte, und er wiederholte: >Hü! Hü!< Als er ein wenig entfernt war, wandte er sich nach Dante um, streckte ihm die Zunge heraus und wies ihm mit der Hand die Feige, wobei er rief: >Da nimm!< Als Dante dies sah, sagte er:
>Ich würde dir nicht eine von den meinen für hundert von den deinen geben.< O köstliche Worte voller Philosophie! Gibt es doch viele, die hinter dem Eseltreiber hergelaufen wären und geschrien und getobt, und auch solche, die mit Steinen geworfen hätten. Der weise Dichter aber setzte den Eseltreiber in Verwirrung und erntete Lob von jedem ringsum, der ihn gehört hatte, für seinen weisen Ausspruch, den er einem so niedrigen Mann entgegenhielt, wie es der Eseltreiber war.
Die beiden Episoden lassen (ebenso wie die Tatsache, dass zwar nicht das Original, aber doch zahlreiche Handschriften der Göttlichen Komödie aus der damaligen Zeit existieren - so viele wie von keinem anderen Autor) eines deutlich werden. Dieses Werk war, wie man heute sagen würde, von Anfang an ein Bestseller, und zwar ein Bestseller fürs Volk, denn es wurde, wenn auch bisweilen mehr schlecht als recht, von Leuten gesungen, die es sicherlich niemals gelesen oder aus dem Mund eines halbwegs geübten Sängers vernommen hatten. Wenn also Benigni über die Plätze zieht, um Dante zu rezitieren, tut er genau das, was dessen Zeitgenossen taten.
Übrigens geschah das lange Zeit mit allen erfolgreichen Büchern, sogar noch im 19. Jahrhundert, als Sues Geheimnisse von Paris oder Dumas' Der Graf von Monte Christo Furore machten. Es gab zwar damals bereits eine entwickelte Kulturindustrie und die Werke erschienen in einzelnen Folgen in den Tageszeitungen; die meisten Leute konnten jedoch nicht lesen und versammelten sich deshalb am Abend auf der Straße oder im Hof, um dem klugen Kopf, der gerade an der Reihe war, dem Pförtner oder irgendeinem der Schrift kundigen Händler zuzuhören, so, wie man sich heute vor den Fernseher setzt, um Benigni zuzuhören.
Es besteht also eine Verbindung zwischen Benignis Lesungen und dem überwiegend mündlichen Schicksal von Literatur, insbesondere von Dichtung; und man sollte sich nicht daran stören, wie es vielleicht manche getan haben, dass sich ausgerechnet ein Komiker mit Dante befasst. Dichtung vorzutragen war lange Zeit Angelegenheit der Aöden, und es würde mich nicht wundern, wenn diejenigen, die früher Homer vortrugen (oder durch ihren Vortrag zur Entstehung des Mythos von Homer beigetragen haben), nachdem sie von Troja oder Ogygia erzählt hatten, noch eine Nummer als Feuerschlucker brachten, oder zumindest etwas auf der Leier klimperten, um den Abend abzuschließen, bevor sie mit dem Tellerchen herumgingen.
Es ist ein Fehler der heutigen Zeit zu glauben, Dichtung sei etwas für auserwählte Denker: Sie ist die volkstümlichste aller Künste, und sie entstand, um laut vorgetragen und auswendig gelernt zu werden. Welchen Grund sollte es sonst geben, Gedächtnisstützen wie den Fuß, das Versmaß oder den Reim zu verwenden?
Bei dieser Gelegenheit sei angemerkt, dass Benigni Dichtung deshalb so gut vorträgt, weil er nicht dem Laster vieler Sprecher erliegt, die Enjambements zum Verschwinden zu bringen, sondern weil er sie vielmehr hörbar macht. Bekanntermaßen spricht man von Enjambement, wenn das Ende eines Verses nicht mit dem Ende eines Satzes zusammenfällt, und der Satz im folgenden Vers fortgeführt wird. Ein typisches Beispiel sind diese Verse aus Leopardis Gedicht Das Unendliche:
und tiefste Ruhe; da beschleicht die Seele ein leises Grauen. Und wenn des Windes Rauschen durch diese Bäume geht, halt ich die Stimme dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen.
Nun, das Geheimnis der Dichtung besteht darin, dass sie immer so gelesen werden müsste wie z. B.: "Sieh einmal, hier steht er [Pause] Pfui! Der Struwwelpeter!" Zumindest theoretisch muss es daher lauten: "und tiefste Ruhe; da beschleicht die Seele [Pause] ein leises Grauen. Und wenn des Windes Rauschen [Pause] durch diese Bäume geht, halt ich die Stimme [Pause] dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen Denn wenn der Dichter auf Enjambements zurückgreift, so ist das kein Zufall, und man muss deshalb nicht nur das Ende des Verses hörbar werden lassen, sondern gleichzeitig auch zu erkennen geben, dass der Satz im nächsten Vers weitergeht. Es ist ein Kampf zwischen Signifikant und Signifikat, zwischen rhythmischer Substanz und Bedeutungsgehalt. Der schlechte Sprecher denkt nur an die Bedeutung und rezitiert:
und tiefste Ruhe; [Pause] da beschleicht die Seele ein leises Grauen. [Pause] Und wenn des Windes Rauschen durch diese Bäume geht, [Pause] halt ich die Stimme dem Schweigen, dem unendlichen, entgegen.
Um ein Beispiel von Dante zu bringen, hier zwei weitere Verse:
. mit einem Schiff nur und den wenigen Gefährten, die mich nicht verlassen. (Inferno, XXVI.) Der schlechte Darsteller würde sie vermutlich so vortragen:
. mit einem Schiff nur und den wenigen Gefährten, die mich nicht verlassen.
Ein fähiger Darsteller würde dagegen am Ende des Verses eine Pause einlegen, allerdings nur eine kurze, so dass einerseits der rhythmische Bruch, andererseits die semantische Kontinuität deutlich werden. Eine schwierige Kunst, die Benigni glänzend beherrscht.
Und warum geht er nicht der Prosa-Bedeutung auf den Leim? Weil Benigni nicht nur Schauspieler ist, sondern darüber hinaus ein anspruchsvoller Intellektueller; auch wenn er auf der Bühne herumspringt wie ein Clown, ist er - und zwar nicht erst seit seinen Dante-Abenteuern - ein sehr belesener, hochgebildeter und feinsinniger Mensch, der bisweilen selbst diejenigen überraschen kann, die ihn sehr gut kennen, wenn etwa in einem Nebensatz der Name eines eher unbekannten Autors fällt und sich herausstellt, dass Benigni ihn gelesen hat, möglicherweise sogar im Original. Weshalb diese Lecturae Dantis, was ihn betrifft, ein wenig wie Bekundungen einer Neigung zur fröhlich dozierenden Lehre erscheinen, die er seit Langem hegt (vielleicht um die vielen Ehrendoktortitel zu rechtfertigen, mit denen er überhäuft wird, als sei er ein Liedermacher wie jeder andere).
Das Wunder, das vielleicht nicht einmal er erhofft hat, ist, dass ihm die Massen gefolgt sind, und zwar in so großer Zahl, dass sie "sich höher steigert' als des Schachbretts Doppeln" (Paradies, XXVIII., 93). Solche Dinge widerfahren eigentlich nur Propheten.
Besser, er hört damit auf, sonst kommt er irgendwann noch auf die Idee, Manna vom Himmel regnen zu lassen; und man weiß ja, dass er keine Leute mag, die sich als "Gesalbte des Herrn" (Berlusconi über sich selbst) ausgeben.
Besser wär's, sich einen Film auszudenken, in dem Roberto Benigni nicht nur Höllenkreis um Höllenkreis und Himmelssphäre um Himmelssphäre dieselbe Reise wie sein Meister unternimmt, sondern in dem er auch dem Schmied und / oder dem Eseltreiber begegnet.
Die Rolle Vergils könnte ich übernehmen, oder Cerami, irgendein Freund halt; was Beatrice betrifft, weiß ich schon, wen Benigni im Kopf hat; die Verdammten ^ nun ja, bei den Verdammten hat man einige Auswahl. Für die Seligen sollte man vielleicht mit elektronischen Tricks, mit Holografien und virtuellen Welten arbeiten. Schmied und / oder Eseltreiber könnten, sagen wir, von einem Schulleiter oder einem Universitätsprofessor, von einem sogenannten streitbaren Kritiker oder einem jener schlechten Schauspieler übernommen werden, die nicht wissen, wie sie mit den Enjambements umgehen sollen.
Aber Dantes Rolle könnte nur Benigni spielen, im obligatorischen Dichtergewand, mit langem Überrock und Lorbeerzweig: Er hat den toskanischen Akzent, das raubvogelartige, magere Äußere, die grimmige Miene, und er liebt dessen Verse - die gut gesprochen sein wollen. So wie es sich gehört, ohne Hü.
Ich weiß auch schon den Titel: Das Leben im Jenseits ist schön.
Vorwort von Roberto Benigni Hin und her gerissen zwischen Dichtung und politischem Engagement, noch dazu in Zeiten, die wenig lyrisch und sehr auf die Anhäufung von Kapital gerichtet sind, war ich unsicher, ob ich für Einaudi einen Band mit lehrreichen Essays über die dichterische Wahrheit schreiben und ihn Dante und das Schnabeltier nennen sollte, oder lieber eine biografische Genealogie über den Familiennamen von Frau Luxemburg mit dem Titel Der Nachname der Rosa. In beiden Fällen ist man mir zuvorgekommen, und das nicht zum ersten Mal.
Vor ein paar Jahren etwa hatte ich mit einigem studentischem Eifer und Enthusiasmus ein schönes Buch über die unterschwellige Sexualität der französischen Strukturalisten mit dem Titel Der Barthes'sche Schwengel verfasst, aber jemand war schneller als ich und brachte einen Monat eher Das Foucaultsche Pendel raus. Was soll's, die Ideen kommen und gehen. Ich hab mich nicht weiter darüber geärgert. Nicht einmal als man mir die Idee zu einem im Mittelalter spielenden Roman über den jüngsten Sohn von Pippo Baudo geklaut hat. Was soll's.
Als ich das erste Mal die Göttliche Komödie zu lesen begann, ging es mir genauso. Mich hat der Schlag getroffen. Wütend klappte ich das Buch zu und rief mit lauter Stimme: "So was! Der hat mir meine Idee geklaut!" Dann schlug ich es wieder auf und las in der Hoffnung weiter, es sei Dante misslungen, so dass ich die Chance gehabt hätte, es besser zu schreiben. Seit diesem Tag habe ich das Buch nicht wieder zugeklappt, und ich habe es nicht nur weitergelesen, sondern auch weitergeschrieben. Wenn wir schöne Dinge zu Gesicht bekommen, fühlen wir uns ergriffen, unsere Seele wird von stolzer Freude erfüllt und glaubt, diese Dinge selbst erschaffen zu haben. Im Übrigen hat sich jeder von uns schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie das Jenseits beschaffen ist, wo wir nach dem Tod landen, ob wir belohnt oder bestraft werden, und zwar so, wie Dante es beschrieben hat! Ebenso wie jeder von uns bestimmt einmal darüber nachgedacht hat, ob es besser ist zu leben oder zu sterben oder gar zu träumen, und zwar so, wie Shakespeare es beschrieben hat! (In der Literatur werden oft diese albernen Spielchen gespielt, wer der größte Schriftsteller aller Zeiten ist. Ich habe mich dieser Praxis immer entzogen und erwähne den zweiten größten Schriftsteller der Welt deshalb ohne weiteren Kommentar.) Auch ich wollte, wie Dante, alles lernen, alles wissen, um ein so schönes Buch schreiben zu können. Aber dann fielen mir Machiavellis mahnende Worte ein: "Es gibt Leute, die wissen alles und das ist alles, was sie wissen." Es ist das Geheimnis der Schönheit, und die Göttliche Komödie ist ein Buch, in dem die Schönheit, wie die Sonne auf einem Spiegel, immer wieder aufschimmert. Es ist ein unsterbliches Werk, denn Dante glaubte aufrichtig an alles, was er beschrieb (auch Balzac rief, bevor er starb, nach einem der Ärzte aus seiner Comédie humaine, und Dumas weinte lange, als er über Porthos' Tod schrieb). Ebenso müssen auch wir all das in der Göttlichen Komödie glauben, denn dieses Buch ist ein Traum, und wie alle Träume wird es uns bis ans Ende unserer Tage einen Teil von uns selbst zeigen. Mir gab es das Gefühl, der Held des überwältigendsten Abenteuers zu sein, das sich überhaupt denken lässt. Eine Reise zum Göttlichen. Ohne sich dabei bewegen zu müssen. Mit jedem Gesang wird deutlicher, dass es Gott ist, der sich, wie Raffaels Sixtinische Madonna, auf uns zu bewegt.
Aber am allerbesten haben mir die Bilder gefallen, die aus jedem Wort hervordringen, reichhaltige, lebendige Bilder. Die Details. Ich sah die Farbe der Flügel des Erzengels Gabriel, sah, wie eine Eidechse im Sommer über den Weg huscht, wie man sich in den Händen eines Riesen fühlt, wie ein Stück Papier verbrennt (ein Schauspiel, das ich mir immer habe entgehen lassen), wie die Jungfrau Maria die Augen bewegt. Da kann man nur sagen: So wird's im Jenseits sein! Wie soll man dieses Buch nicht gern haben? Und welches Vergnügen es mir bereitete, wenn Dante sich so richtig ärgerte. Vor allem über die Dummen. Dante gehörte zu denen, die einen Leprakranken geküsst, aber niemals einem Schwachkopf die Hand geschüttelt hätten. Und dann die Frauen: nicht länger Versuchung, sondern Erlösung. Seit der Göttlichen Komödie gibt es in der Welt eine andere Sicht auf den Eros. Oder das unfassbare Wunder der Sprache. Eine volkstümliche, geheimnisvolle, mystische Sprache, die die Seele an Mensch und Gott bindet und sie nicht mehr loslässt; die dem Volk, vierhundert Jahre vor dem Erscheinen der großen französischen Enzyklopädie, das gesamte Wissen der damaligen Zeit zur Verfügung stellte, und zwar nicht in alphabetischer Reihenfolge, sondern in Reimen; eine Sprache, die uns die Richtung des höchsten Weges zum Glück weist, und die selbst Carlo Emilio Gadda zum Staunen bringen musste. Da aber ein wichtiger Denker einmal festgestellt hat, dass man über das, wovon man nicht sprechen kann, schweigen muss, höre ich damit auf und spreche von etwas anderem.
Ich könnte den Verlag Einaudi anzeigen, denn dieses Buch ist eine regelrechte Abhöraktion. Ich war unterwegs, hab hier und da über Dante gesprochen, vertrauliche Dinge im Freundeskreis, und plötzlich merke ich, dass alles gedruckt worden ist. Jeder Blödsinn - und davon gibt es über Dante eine ganze Menge. Übrigens auch hier. Manche Sätze sind nur so hingeworfen; sie sollten auch so verstanden werden und besagen immer dasselbe: dass die Göttliche Komödie schön ist, und dass es besser ist sie zu lesen als sie nicht zu lesen. Meine schönste Erinnerung an die Dante-Abende ist, abgesehen von der unglaublichen Zahl an Leuten, der Wunsch all dieser Leute, schöne Dinge zu hören, die Hoffnung auf eine Stimme, die ihnen von etwas erzählt, nach dem sie sich immer gesehnt haben. Und Dante hält sein Versprechen. Im Gegensatz zu den Philosophen versprechen Dichter weniger und halten dafür mehr, insbesondere nach der eindrucksvollen Stille unter den Zuhörern zu urteilen, die sich oft über das Ende eines Gesangs hinaus erstreckte.
Ich habe mich immer gefragt, wie man Dante lesen muss. Ich würde alles darum geben, ihn aus Boccaccios Mund zu hören. Ich war auch in der Kirche Santo Stefano in Badia, wo er ihn vorgetragen hatte, um zu hören, ob irgendein Echo zurückgeblieben ist. Um zu erfahren, ob er das s von "cosa" oder "casa" hart oder weich sprach, ob er "bacio" (er küsste) wie bascho oder wie batscho aussprach, und wie man die Doppelkonsonanten von "essalto" (ich rühme) oder "etterno" (ewig) hörbar macht. Um zu erfahren, wie man durchgehend den Endecasillabo, den elfsilbigen Vers der Göttlichen Komödie beibehalten kann, ohne einen schlechten Klang zu produzieren, auch wenn es mal dreizehn oder vierzehn Silben werden, was ja im Paradies oft der Fall ist. Wie sich ein Missklang vermeiden lässt, wenn die Betonung nicht auf die vierte, sondern auf die zweite Silbe, oder wohin auch immer fällt. Bei Petrarca ist es immer eindeutig, er irrt sich nie. Dante ist da großzügiger, er lässt uns an seiner Arbeit teilhaben. Ob, wie und wann man mitgehen darf, die Stimmführung, die Pausen, wann man schneller werden muss, über all diese Dinge weiß man nicht, mit wem man sprechen soll.
Aber eines Abends in Mailand, nach einer meiner Lecturae Dantis im Sportpalast, hatte ich ein nettes Erlebnis. Ich ging mit einer äußerst bemerkenswerten Person essen. Diese Person ist der einflussreichste Denker der Welt, und noch dazu der klügste und amüsanteste (da ich Rankings - wie bereits gesagt - nicht mag, lasse ich den Namen weg). Mit anderen Worten: ein außergewöhnlicher Mensch, mit dem ich oft Gedanken und Ideen austausche, schon deshalb, weil seine Art, sie auszuarbeiten und zu Papier zu bringen, unnachahmlich ist. Ich erinnere mich beispielsweise daran, wie ich ihm vor ein paar Jahren von Mike Bongiorno erzählte, der für mich ein Phänomen war, und wie ich ihm meine Notizen vorlas, die ich in ein kleines Heftchen geschrieben hatte. Oder wie ich ihm, ein paar Jahre später, eine meiner Theorien zur Produktion von Zeichen erläuterte, mit der ich alle linguistischen, logischen, ästhetischen oder sonst wie gearteten Probleme in neuen Zusammenhang stellte, und eigentlich vorhatte, eine Abhandlung darüber zu schreiben. Ganz allgemein. Ich weiß noch, dass er sehr interessiert war. Nun gut. An jenem Abend sprachen wir jedenfalls zunächst über einige weniger bedeutende Autoren des 19. Jahrhunderts. Von einem dieser Autoren, Labrunie, zitierte er ein paar Abschnitte im Original, und ich antwortete ihm spaßeshalber mit zwei altgriechischen Versen von Nonnos von Panopolis, einem weniger bedeutenden Dichter der griechischen Antike. So verstrich der Abend mit Geplauder. Irgendwann kamen wir auf die Dante-Lesungen zu sprechen. Er brachte immer wieder seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass ich ein Komiker bin, und ich wies ihn darauf hin, dass die Verbindung zwischen Komikern und Dichtung eine bis auf Homer zurückreichende Tradition hat, die mit den Aöden zusammenhängt. Dann fügte ich noch hinzu, dass selbst gelegentliche Schnitzer, wie sie mir unterlaufen könnten, zur Tradition gehören, und ich erzählte ihm zwei der Novellen aus Sacchettis Trecentonovelle (wenn ich mich recht erinnere, waren es die 14. und die 15., die eigentlich eine Geschichte sind).
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Autoren-Porträt von Roberto Benigni
Roberto Benigni ist einer der bekanntesten Schauspieler Italiens. Seine Auftritte in den Jim Jarmusch-Filmen "Down by Law" und "Night on Earth" sind längst Kult, als Regisseur und Hauptdarsteller von "Das Leben ist schön" gewann er zwei Oscars. Wie es sich für einen toskanischen Improvisationsdichter gehört, kann er weite Teile der "Göttlichen Komödie" auswendig. Mit seiner dazugehörigen Tour "Tutto Dante" hat Benigni ganz Italien begeistert.
Bibliographische Angaben
- Autor: Roberto Benigni
- 2010, 219 Seiten, Maße: 12,1 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Italien. v. Franziska Kristen
- Übersetzer: Franziska Kristen
- Verlag: Luchterhand Literaturverlag
- ISBN-10: 3630621902
- ISBN-13: 9783630621906
Rezension zu „Mein Dante “
"Benigni nähert sich dem Klassiker auf so humorvolle, moderne Art, dass man Lust darauf bekommt. Ein großer Spaß!."
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