Mein kleines Paradies
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Ein kleines Dorf, verloren im Nirgendwo an einem unbestimmten Ort auf der Welt: Hier lebt ein junger Mann gemeinsam mit seiner resoluten Großmutter in einem winzigen Haus - und es ist alles andere als eine Idylle, wohin es die beiden verschlagen hat: Die örtlichen Sehenswürdigkeiten umfassen eine Mülldeponie, einen Schrottplatz und eine Kläranlage, und die Luft ist so schmutzig, dass die Sonne beinahe niemals scheint. Alles, was das Leben lebenswert macht, scheint
aus dieser Öde verbannt zu sein - und doch gelingt es Joël Egloffs sympathischem Anti-Helden dank seines unerschütterlichen Humors und seiner stoischen Gelassenheit, auch die groteskesten Situationen zu meistern!
"Dieses Buch ist von einer umwerfenden Tragikomik!" - Le Figaro
"Es ist Joël Egloff mit seinen Romanen gelungen, einen unverwechselbaren Ton anzustimmen und dank seiner ganz eigenen Handschrift ein absolut einzigartiges Universum von Figuren zu schaffen!" - L'Express
"Dieses Buch steckt voller Wunder und Überraschungen!" - Madame
Meinkleines Paradies von Joël Egloff
LESEPROBE
Bei Westwind riechtes ziemlich nach faulen Eiern. Wenn der Wind aus Osten bläst, beißt uns eineArt Schwefelgeruch in der Nase. Weht er aus Norden, kommen schwarze Rauchwolkengeradewegs auf uns zu. Und wenn Südwind aufkommt, was zum Glück nicht oft derFall ist, riecht es wirklich nach Scheiße, anders kann man es nicht ausdrücken.Wir, die wir mittendrin sind, achten schon lang nicht mehr darauf. Es istletztlich nur eine Frage der Gewöhnung. Man gewöhnt sich an alles. Auchklimatisch sind wir nicht gerade auf Rosen gebettet. Soweit ich michzurückerinnern kann, ist es hier immer gleich heiß gewesen, und gleich finster.So viel ich auch in meinem Gedächtnis krame, so sehr ich mir das Gehirnzermartere, ich kann mich nicht erinnern, dass es einmal kühler gewesen wäreoder das Wetter sich mal etwas aufgeheitert hätte. Ich kann mich nichterinnern, dass diese graue Decke einmal aufgerissen wäre, die an manchen Tagensogar auf uns herabfällt und uns von morgens bisabends im Nebel lässt und manchmal auch mehrere Tage hintereinander und ganzeWochen, wenn sich kein Lüftchen regt. Klar, dass das keine gesunde Umgebungist. Die Kinder sind blässlich, die Alten nicht sehr alt. Eine Unterscheidung, dieübrigens nicht immer getroffen wird. Ich jedenfalls werde mein Leben nicht hierbeenden. Eines Tages werde ich mich woanders umschauen, auch wenn es immerheißt, es sei überall gleich und es gebe Orte, wo es noch schlimmer sei. Ichkann meine Phantasie noch so sehr anstrengen, es fällt mir schwer, das zuglauben. Um die Landschaft kennen zu lernen, um sich eine Vorstellung zumachen, ist es immer noch am einfachsten, zum Fremdenverkehrsamt zu gehen. Wenngeöffnet ist, am ersten Samstag im Monat, von zehn bis zwölf, kann man dorteinen kleinen, schlecht fotokopierten Plan bekommen, einen Wanderweg, den sie missmutigkostenlos abgeben. In knapp zwei Stunden, wenn man gut zu Fuß ist, kann man einenSpaziergang machen, der hinter dem Parkplatz des Supermarkts beginnt und überdas Brachland bis zu den Bahngleisen führt. Es ist ziemlich wild da unten,Hecken entlang der Gleise, gelbe Blumen und Disteln, die durch den Schotterwachsen. Man muss eine ganze Weile an den Gleisen entlanggehen. Mit einbisschen Glück kann man einen Güterzug vorbeifahren sehen. Nach zwei oder dreiBrücken nimmt man einen Seitenweg, den man bis zur Mülldeponie geht. Sie ist,und das lohnt den Umweg, das Stammrestaurant der Möwen, die von weither kommen,um die lokale Küche zu probieren. Dann geht man auf einer kleinen Straßeweiter, die zur Kläranlage führt. Auch das muss man gesehen haben, wenigstenseinmal im Leben, diese gewaltige Brühe ist ziemlich eindrucksvoll. Von dortnimmt man einen Pfad, der durch Brombeersträucher und Brennnesseln führt. Esist alles ausgeschildert, man kann sich nicht verlaufen. Man kommt durch einDickicht, dessen Boden mit alten Kanistern, Glasscherben und allem möglichen Abfallübersät ist. Kürzlich hab ich dort übrigens einen Auspufftopf in Topzustand undein kaum angeschlagenes Bidet gefunden. Der Weg geht weiter, am Ende steigt erein wenig an, und man gelangt auf eine kleine Anhöhe. Dort kann man einPicknick machen, wenn man will, die Aussicht genießen, rauchende Schornsteine,endlose Reihen von Masten bis zum Horizont und Flugzeuge, die von denRollbahnen ganz in der Nähe abheben. Für den Rückweg gibt es zweiMöglichkeiten: Entweder schlendert man denselben Weg zurück, oder man geht,wenn man besonders mutig ist, einfach weiter und macht, vorbei am großenTransformator, eine Schleife, die einen wieder an den Ausgangspunkt bringt. Dasist also ein kleiner Spaziergang, der einem erlaubt, eine Vorstellung zu bekommen.Und doch glaube ich nicht, dass die Wanderkarte des Fremdenverkehrsamts vielbenutzt worden ist. Touristen sieht man hier nie, und die Leute aus der Gegendbrauchen den Plan nicht. Es ist ihr Sonntagsspaziergang, sie kennen den Wegauswendig. An dem Tag, an dem ich fortgehe, werde ich schon etwas wehmütigsein. Ich werde feuchte Augen bekommen, das weiß ich genau. Immerhin hab ichhier meine Wurzeln. Ich hab alle Schwermetalle in mich aufgenommen, meine Adernsind voller Quecksilber, mein Gehirn voller Blei. Ich leuchte im Dunkeln, ich pisseblau, meine Lungen sind voll wie Staubsaugerbeutel, und doch weiß ich genau,dass ich an dem Tag, an dem ich gehe, eine Träne vergießen werde, das ist sicher.Ist ja auch normal, ich bin hier geboren, ich bin hier groß geworden. Ich seh mich noch, wie ich als kleiner Junge in die Ölpfützengesprungen bin und mich im Klinikmüll gewälzt hab. Ich hör die Großmutter noch,wie sie mich anbrüllte, ich solle gefälligst auf meine Sachen aufpassen. Unddie Schmierölbrote, die sie mir nachmittags machte Und dieGummischlauchmarmelade, die ein bisschen wie Orangenmarmelade schmeckte, nurbitterer
© GoldmannVerlag
Übersetzung:Michael von Killisch-Horn
- Autor: Joel Egloff
- 2006, 142 Seiten, Maße: 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Aus d. Französ. v. Michael von Killisch-Horn
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442461863
- ISBN-13: 9783442461868
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