Mein Leben unter Serienmördern
Eine Profilerin erzählt
Psychopathen, Monster oder Sadisten?
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit...
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit...
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Produktinformationen zu „Mein Leben unter Serienmördern “
Psychopathen, Monster oder Sadisten?
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit beinahe dreißig Jahren widmet sich die forensische Psychologin der Untersuchung von Serienmördern, und in Monate währenden Gesprächen mit Tätern versucht sie zu verstehen, was sie zu ihren monströsen Taten treibt. Wird man als Serienmörder geboren? Ist entfesselte Tötungslust auf einen neurologischen Defekt zurückzuführen? Oder spielt möglicherweise Missbrauch in der Kindheit eine Rolle? In ihrem faszinierenden Buch präsentiert Helen Morrison die spektakulärsten Fälle ihrer Karriere als Profilerin und schildert eindringlich, was es bedeutet, einem Beruf nachzugehen, den wir aus Büchern und Filmen kennen - dessen reale Seite uns aber bisher verborgen blieb.
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit beinahe dreißig Jahren widmet sich die forensische Psychologin der Untersuchung von Serienmördern, und in Monate währenden Gesprächen mit Tätern versucht sie zu verstehen, was sie zu ihren monströsen Taten treibt. Wird man als Serienmörder geboren? Ist entfesselte Tötungslust auf einen neurologischen Defekt zurückzuführen? Oder spielt möglicherweise Missbrauch in der Kindheit eine Rolle? In ihrem faszinierenden Buch präsentiert Helen Morrison die spektakulärsten Fälle ihrer Karriere als Profilerin und schildert eindringlich, was es bedeutet, einem Beruf nachzugehen, den wir aus Büchern und Filmen kennen - dessen reale Seite uns aber bisher verborgen blieb.
Klappentext zu „Mein Leben unter Serienmördern “
Psychopathen, Monster oder Sadisten? Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt. Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit beinahe dreißig Jahren widmet sich die forensische Psychologin der Untersuchung von Serienmördern, und in Monate währenden Gesprächen mit Tätern versucht sie zu verstehen, was sie zu ihren monströsen Taten treibt. Wird man als Serienmörder geboren? Ist entfesselte Tötungslust auf einen neurologischen Defekt zurückzuführen? Oder spielt möglicherweise Missbrauch in der Kindheit eine Rolle? In ihrem faszinierenden Buch präsentiert Helen Morrison die spektakulärsten Fälle ihrer Karriere als Profilerin und schildert eindringlich, was es bedeutet, einem Beruf nachzugehen, den wir aus Büchern und Filmen kennen - dessen reale Seite uns aber bisher verborgen blieb. "Helen Morrison erzählt uns fesselnde, mitunter auch schockierende Geschichten aus ihrem Alltag als Profilerin. Ein ungewöhnliches Buch, das sehr zu empfehlen ist!" Library Journal "Ein aufrüttelndes Buch!" Kirkus Reviews "'Mein Leben unter Serienkillern' ist ein fesselndes und beunruhigendes Buch, das uns zeigt, auf welch komplexem Terrain wir uns bewegen."
Psychopathen, Monster oder Sadisten?
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit beinahe dreißig Jahren widmet sich die forensische Psychologin der Untersuchung von Serienmördern, und in Monate währenden Gesprächen mit Tätern versucht sie zu verstehen, was sie zu ihren monströsen Taten treibt. Wird man als Serienmörder geboren? Ist entfesselte Tötungslust auf einen neurologischen Defekt zurückzuführen? Oder spielt möglicherweise Missbrauch in der Kindheit eine Rolle? In ihrem faszinierenden Buch präsentiert Helen Morrison die spektakulärsten Fälle ihrer Karriere als Profilerin und schildert eindringlich, was es bedeutet, einem Beruf nachzugehen, den wir aus Büchern und Filmen kennen - dessen reale Seite uns aber bisher verborgen blieb.
"Fesselnd und beunruhigend." - Booklist
"Fesselnde, mitunter auch schockierende Geschichten aus dem Alltag einer Profilerin. Ein ungewöhnliches Buch, das einen lange nicht mehr loslässt!" - Library Journal
"Die spektakulärsten Fälle versammelt dieses Buch, das sich nicht nur an grausigen Tatdetails entlanghangelt, sondern zudem dichte Psychogramme entwirft." - Die Welt
Die Profilerin Helen Morrison versucht zu verstehen, was Serienmörder zu ihren grausamen Verbrechen treibt.
Helen Morrisons Arbeitsplatz sind die Hochsicherheitstrakte amerikanischer Gefängnisse. Seit beinahe dreißig Jahren widmet sich die forensische Psychologin der Untersuchung von Serienmördern, und in Monate währenden Gesprächen mit Tätern versucht sie zu verstehen, was sie zu ihren monströsen Taten treibt. Wird man als Serienmörder geboren? Ist entfesselte Tötungslust auf einen neurologischen Defekt zurückzuführen? Oder spielt möglicherweise Missbrauch in der Kindheit eine Rolle? In ihrem faszinierenden Buch präsentiert Helen Morrison die spektakulärsten Fälle ihrer Karriere als Profilerin und schildert eindringlich, was es bedeutet, einem Beruf nachzugehen, den wir aus Büchern und Filmen kennen - dessen reale Seite uns aber bisher verborgen blieb.
"Fesselnd und beunruhigend." - Booklist
"Fesselnde, mitunter auch schockierende Geschichten aus dem Alltag einer Profilerin. Ein ungewöhnliches Buch, das einen lange nicht mehr loslässt!" - Library Journal
"Die spektakulärsten Fälle versammelt dieses Buch, das sich nicht nur an grausigen Tatdetails entlanghangelt, sondern zudem dichte Psychogramme entwirft." - Die Welt
Lese-Probe zu „Mein Leben unter Serienmördern “
Downtown Chicago. Die Sommernacht ist erf llt vom verwehten Duft der Rosen und des frisch gem hten Rasens. Meine Kinder sind schon im Bett: Der J ngere schl ft fest mit Tr umen von Zauberei und Harry Potter, der ltere liegt in jenem tiefen Schlummer, der sich nach drei Eishockeyspielen einstellt. Auf der anderen Stra enseite geht h ndchenhaltend ein P rchen vor ber, und als sie den Blicken entschwinden, hallt ihr Gel chter auf der Stra e wider. Meine Nachbarn steigen gerade vor dem Haus aus ihrem Auto, und ich winke ihnen zu. Beide sind fein angezogen: Sie haben gerade ihren Hochzeitstag gefeiert, und als sie ins Haus gehen, winken sie zur ck. Nachdem die T r ins Schloss gefallen und das ganze Viertel in tiefes Schweigen versunken ist, denke ich ber mein eigenes Leben nach, dar ber, dass meine Kinder und Nachbarn nur eine ganz grobe Vorstellung davon haben, was ich beruflich tue. Unsere Bekannten wissen, dass ich Psychiaterin bin und mich mit besonders schwierigen F llen besch ftige - mehr nicht, und das ist vielleicht ganz gut so. Meine beiden S hne haben - noch - keine Ahnung, warum ich manchmal wochenlang wegfahre. Was ich tue, ist so weit weg von diesem florierenden, freundlichen Wohnviertel - von der Zufriedenheit, die wir beim Pflanzen junger Eichen mit dem Nachbarschaftsverein empfinden, von der Eleganz der Wohlt tigkeitsveranstaltungen und Opernauff hrungen -, dass die meisten wohl entsetzt w ren, wenn sie es erf hren.Nach ein paar Minuten gehe ich in unser vierst ckiges Backsteinhaus. Es ist ein nahezu vollkommenes Heim: Der Gro vater meines Mannes, der jahrzehntelang als Arzt t tig war, hatte hier Praxis und Wohnung. Im hinteren Teil des Erdgeschosses befindet sich ein ehemaliges Untersuchungszimmer, das mir heute als Arbeitszimmer dient, wenn ich zu Hause bin. Die W nde sind noch heute mit Blech verkleidet - ein berbleibsel l ngst vergangener Zeiten. Die Vergangenheit, die freundliche medizinische Betreuung, die unserem Stadtviertel achtzig Jahre lang
... mehr
durch gute rzte zuteil wurde, inspiriert mich. Aus einem beigefarbenen Ordner hole ich ein paar Bilder von einem Kind - ein M dchen, das nicht nur brutal ermordet, sondern auch durch Schl ge fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde. Manchmal kommt es mir vor, als k nnte ich kein einziges solches Foto mehr ertragen, nicht noch ein Bild eines unschuldigen, sinnlos ausgel schten Lebens.
Zur Vorbereitung auf eine Rede vor einer Gruppe von Leichenbeschauern kritzele ich ein paar Notizen ber Anzahl und Position der Wunden an ihrem leblosen K rper auf meinen Block. Nicht weit vor mir stehen Drahtk rbe mit Papierstapeln: Notizen und unz hlige weitere Bilder von anderen M dchen und Jungen, alle ermordet. Es ist f r mich keine ungewohnte Arbeit. Es ist das, was ich immer tue, und ich glaube, es ist genau die richtige Arbeit f r mich.
Zugegeben: Eine solche T tigkeit w rde sich kaum einer aussuchen. Ich bin das, was man heute als Profiler bezeichnet - drei kurze Silben, mit denen sich mein Berufsleben zusammenfassen l sst. Seit drei ig Jahren, l nger als ich zur ckdenken kann, besch ftige ich mich mit den abwegigsten inneren Vorg ngen von Serienm rdern, damit, wer sie sind, wo sie sich verstecken und warum sie morden. Manchmal kommt es mir vor, als w sste ich schon zu viel ber sie, und sicher wei ich mehr als praktisch jeder andere auf der Welt. Aber obwohl mein Wissen ber Mehrfachm rder jeden Tag w chst, besteht meine gr te Angst darin, dass ich nie genug wissen werde.
Ich bin nicht der Typ Profiler, den man ab und zu im Fernsehen sieht. Vor ein paar Jahren verk rperte Ally Walker in der Fernsehserie Profiler die schick gekleidete Samantha Waters. Sie erkl rte, ihre Arbeit bestehe darin, "in Bildern zu denken", sich M rder in farbigen Konstruktionen vor ihrem geistigen Auge auszumalen und so mit fast au ersinnlicher Wahrnehmung den Serienm rdern auf die Spur zu kommen. Sie konnte zwar ihre Visionen nie genau kontrollieren, aber offensichtlich kamen sie immer gerade in dem dramatischen Augenblick, in dem sich die Handlung auf das wichtigste Element des abendlichen Fernsehens hinbewegte: auf die Werbeunterbrechung.
Ich selbst bin absolut keine Hellseherin. Im Gegensatz zu Samantha Waters habe ich keine Geistesblitze, die mir mit filmischen Details die Vergangenheit oder die Zukunft zeigen. Und obwohl man mich in Anlehnung an Das Schweigen der L mmer und Hannibal gelegentlich "die Clarice aus dem richtigen Leben" genannt hat, sind Clarice Starling und Hannibal Lecter reine Fantasiegestalten. In den Romanen von Thomas Harris entwickelt sich zwischen Hannibal und Clarice eine emotionale Bindung, die auf eine verdrehte, krankhafte Liebe hinausl uft - aber immerhin auf eine Liebe. In Wirklichkeit l sst man sich bei der Arbeit mit Serienm rdern auf Menschen ein, die vollst ndig und zutiefst unmenschlich sind.
Als forensische Psychiaterin mit einem Examen in Rechtsmedizin habe ich einen Beruf, dessen Grundlagen gewissenhafte wissenschaftliche Arbeit und vern nftige theoretische berlegungen sind. Nachdem ich mich mit mehr als achtzig Serienm rdern ausf hrlich unterhalten habe, ist mir eines klar: Sie gehen mit anderen Menschen auf keiner zwischenmenschlichen Ebene irgendeine Verbindung ein. Sie k nnen hervorragend schauspielern, eine vielschichtige, ernsthafte Darstellung abliefern, der kein Oscarpreistr ger das Wasser reichen k nnte. Sie k nnen alles vort uschen. Sie k nnen wie intakte, rundum gesunde Menschen wirken, und in manchen F llen h lt man sie sogar f r St tzen der Gesellschaft. Aber ihnen fehlt der unentbehrliche innerste Kern menschlicher Beziehungsf higkeit. Mord bedeutet ihnen nichts, nicht das Geringste. Serienm rder haben zu ihren Opfern keine emotionale Beziehung. Das ist vermutlich das Entsetzlichste daran. Sie empfinden nicht nur nichts dabei; sie sind berhaupt nicht f hig, etwas zu empfinden.
Wenn ich einem Serienm rder gegen berstehe, wei ich nie genau, mit wem ich es eigentlich zu tun habe. Zu Beginn unserer gemeinsamen Arbeit sind sie freundlich und sehr entgegenkommend. Wenn ich mich in ihre Welt entf hren lasse, dann f hlt sich diese Welt stimmig an - wenn auch nur f r kurze Zeit. Oft kam mir der Gedanke: Ist das berhaupt der Richtige? War meine ganze Arbeit - die eingehende Forschung, das Sammeln wissenschaftlicher Daten, die komplizierten Theorien - schlicht und einfach falsch? Habe ich vielleicht etwas bersehen? Sie sind so liebensw rdig, dass man es fast nicht glauben mag, mit einer Ausstrahlung wie Cary Grant oder George Clooney (allerdings sehen sie in den seltensten F llen so gut aus). Sie behandeln mich wie eine Geistesverwandte.
Aber wenn ich vier bis sechs Stunden hartn ckig und ohne Unterbrechung mit ihnen zusammengesessen habe, ist pl tzlich alles anders. Ich gestalte meine Befragung immer so, dass sie wie eine zwanglose Unterhaltung wirkt. Nach meiner Erfahrung kann ein Serienm rder seine zuvorkommende Art nicht viel l nger als zwei bis drei Stunden beibehalten. Wenn es so weit ist, kann ich ihm die liebensw rdige Maske entrei en und den d steren, den Kern seines Wesens freilegen.
Irgendwann f ngt er an, auf seinem Stuhl herumzur cken, zu seufzen, zu zischen. Er r uspert sich, rollt mit den Augen, l sst die Blicke schweifen. Auf der Stirn bilden sich kleine Schwei perlen. Irgendwann wird er ungehalten, bricht langsam zusammen. Am liebsten w re es ihm, wenn ich das e und zu einem Auffangbecken f r seine endlosen Gedanken und weitschweifigen Reden w rde. Aber mit einer Mischung aus Milde, Toleranz, Zuh ren und st ndigen indirekten Fragen bringe ich ihn immer dazu, dass er mehr sagt, als er eigentlich sagen will. Bis der Durchbruch gelingt, k nnen Monate vergehen, aber wenn er dann kommt, gibt es nichts, was mich mehr faszinieren und befriedigen k nnte.
Die Befriedigung hat ihre Ursache zu einem gro en Teil darin, dass ich Tatsachen zusammenf hren kann, die einen Fall verst ndlicher und plausibler machen. Jede Beobachtung, jede Aussage wird zu einem Stein in einem riesenhaften Puzzle, und ich bem he mich, die Informationen mit anderen, fr heren Verbrechen in Verbindung zu bringen. Auf diesem Weg erfahre ich St ck f r St ck immer mehr ber den Serienm rder, ber seine Lebensgeschichte, seinen Charakter, seine Einstellung zu den Opfern. Es ist m hsam und schwierig, vor allem weil es um kostbare, unschuldige Menschenleben geht, die sinnlos und auf entsetzliche Weise ausgel scht wurden.
Mehr als hundert Akten hatte ich zur Vorbereitung auf meinen Vortrag durchgesehen, und immer wieder hatte ich auf den Fotos die Verzweiflung und die Schmerzen der Opfer gesehen. Die Toten trugen die Unterschrift der Serienm rder auf dem Leib - Bisse, Schnittwunden oder Beulen, die sie hinterlassen hatten, als wollten sie das Produkt ihrer Arbeit aus einer Art fehlgeleitetem Stolz heraus kennzeichnen.
Heute werde ich nach Merillville in Indiana fahren, eine schl frige Kleinstadt mit 27 000 Einwohnern. Sie ist das Musterbeispiel einer amerikanischen Schlafstadt mit Kettenrestaurant, Kaufhaus und Elektrogesch ft. Im Radisson-Hotel werde ich den Er ffnungsvortrag bei der Jahrestagung der Indiana Coroners Association halten. W hrend die Coroner - Leichenbeschauer, die den Tod eines Opfers feststellen - ihren Kaffee schl rfen und Fr hst cksgeb ck knabbern, werde ich meine Ansprache halten, meine Theorien dar ber erl utern, warum Serienm rder zwanghaft t ten m ssen. Woran erkennen medizinische Sachverst ndige am Tatort, dass sie es mit einem Serienm rder zu tun haben? Was ist der Ausl ser f r die Taten? Was geht in einem Serienm rder vor?
Warum sehnt er sich st ndig danach zu t ten? Nach allgemeiner Auffassung wurden solche Menschen als unschuldige Kinder von den Eltern k rperlich und/oder sexuell misshandelt. Aber das ist ein M rchen - eine v llige Fehleinsch tzung. In diesem Buch werde ich meine Theorien darlegen, und manches davon ist durchaus umstritten. Aber sie st tzen sich auf jahrzehntelange wissenschaftliche Arbeit. Ich werde den Leser nicht nur durch meine eigenen Gedanken f hren, sondern ihn auch auf eine Reise durch die Geisteswelt der Serienm rder mitnehmen, mit Niederschriften aus unseren psychiatrischen Gespr chen, aber auch mit ihren eigenen Worten aus ihren eigenen Briefen.
In die Au entasche meines Aktenkoffers stecke ich eine besondere Akte. Sie tr gt einen Namen, der vielleicht vertraut erscheint: John Wayne Gacy. Gacy war ein beleibter Bursche, der sich h ufig als Clown mit dick geschminktem rotem Mund verkleidete und dann die Kranken und Gebrechlichen in den Krankenh usern Chicagos unterhielt. Er vergewaltigte und folterte seine Opfer, und viele von ihnen vergrub er anschlie end unter den Dielenbrettern seines Hauses. Der Fall wurde schnell zu einem gefundenen Fressen f r die Presse, und die zeichnete Gacy als die Verk rperung des B sen, als den Teufel in Person. Mit diesem Menschen, der 33 junge M nner ermordet hatte, traf ich 1980 zum ersten Mal zusammen.
Es war kurz vor Weihnachten. Ich war gerade mit meinem Mann aus den Flitterwochen zur ckgekehrt, und wir brannten darauf, uns in unserer neuen Wohnung einzurichten. Es war nicht gerade eine Luxusunterkunft, aber f r ein junges verliebtes Arztehepaar war es genau richtig. Ich hatte mich mit der Post an den K chentisch gesetzt und ging die inzwischen eingetroffenen Rechnungen, Zeitschriften und Weihnachtskarten durch. Darunter waren kleine P ckchen, medizinische Fachzeitschriften und viel zu viel Werbem ll. Aber einer der Umschl ge trug eine unbekannte Handschrift. Darin lag eine Karte mit einer ungelenken Zeichnung; sie war mit Tinte angefertigt, mit Buntstiften ausgemalt und stellte Weihnachtsb ume mit einem Schneemann dar. Auf der Innenseite der Karte stand: "Friede auf Erden. Alles Gute den Menschen... und den Jungen - John Wayne Gacy." Es war obsz n, geradezu frech, als wollte er seine brutalen Morde an so vielen jungen M nnern immer noch feiern. Wie war Gacy, den ich demn chst befragen w rde, berhaupt an unsere Adresse gekommen? Wir standen nicht im Telefonbuch. Aber er hatte es geschafft und mir aus dem Gef ngnis diese Karte geschickt. Durch Gacys "Gru " wurde mir wieder einmal klar, mit welchen Gefahren meine Arbeit verbunden war - Gefahren nicht nur f r mich, sondern auch f r meine Angeh rigen. Man hatte mich auch fr her schon bedroht und sp ttisch provoziert, und deshalb gab ich mir M he, nicht weiter an Gacy und seine Morde zu denken, aber mein Mann nahm den Vorfall nicht auf die leichte Schulter. Eine ganze Zeit lang machte er sich st ndig Sorgen darum, und um mich.
Ich stellte meinen Vortrag f r die Leichenbeschauer fertig und steckte das Manuskript mit Fotos und Notizen in den abgeschabten ledernen Aktenkoffer. Dann wandte ich mich kurz meiner gr nen Jadeschildkr te zu und t tschelte sie - das soll Gl ck bringen. Anschlie end schaltete ich das Licht aus und schloss leise die T r. Als ich im Halbdunkel nach oben ins Schlafzimmer ging, war ich mir in einigen Punkten ganz sicher. Man kann Serienmorde erkl ren und verstehen. Es gibt verwickelte, aber durchschaubare Gesetzm igkeiten, die f r alle Serienm rder gelten. Und wenn wir noch mehr ber die Prinzipien von DNA und Genetik in Erfahrung bringen, l sst sich das Ph nomen der Serienmorde in Zukunft vielleicht sogar verh ten. In diesem Buch, das ber einen betr chtlichen Teil meiner Berufslaufbahn berichtet, m chte ich ansatzweise erkl ren, wie.
"Babyface" Richard Macek
Die alte Stra e nach Waupun in Wisconsin sah damals, im M rz 1977, unheimlich und d ster aus. Die Gegend war nicht nur l ndlich, sondern einsam auf eine Weise, dass man sich immer wieder umsieht. Ungef hr zwanzig Autominuten au erhalb von Madison waren die bunten, einladenden Werbetafeln f r gem tliche Restaurants und Cheddark se aus Wisconsin verschwunden, und alles wirkte v llig leblos. Die den Felder beiderseits der Stra e waren noch braun, und die gespenstische Stille wurde an dem grauen, eisigen Tag noch tiefer. Um ehrlich zu sein: Ich war nerv s. Als junge rztin sollte ich jetzt meinen Fu in eine Welt setzen, in der es von entsetzlichen Verbrechen und Serienmorden wimmelte. Es war eine Welt der Machotypen, der trinkfesten Gesetzesh ter, die in ihrem Leben schon zu viel gesehen hatten, und ich fragte mich, ob sie mich akzeptieren oder auch nur tolerieren w rden - nicht nur beruflich, sondern auch weil ich eine Frau war. Hin und wieder umklammerte ich das Lenkrad zu fest, als k nnte stetiges Geradeausfahren auch meinen Gedanken Halt geben. Ich sah in den R ckspiegel, ob mir auch die Furcht nicht anzusehen war. Ich musste unbedingt ruhig und gefasst wirken.
Herausforderungen und Schwierigkeiten war ich durchaus gew hnt. Als Kind hatte ich in einer Kleinstadt bei Pittsburgh gewohnt, und meine richtigen Eltern hatte ich nie kennen gelernt. Nicht, dass ich es nicht gewollt h tte. Es geh rte nur einfach nicht zur Abmachung. Meine zweiten Eltern waren nicht berm ig freundlich. Sicher, sechs andere Kinder und ich hatten ein Dach ber dem Kopf und genug zu essen, aber die wahre Sicherheit, die nur Liebe vermitteln kann, lernten wir nie kennen. Warum die sechs anderen und ich die Kinder dieser Leute waren, ist bis heute nicht ganz zu verstehen. Unsere Kindheit war oft von unbarmherziger D sterkeit, und wir standen allein in einer Welt, die unsere Eltern uns vorgegeben hatten.
In einer Hinsicht war ich aber besser dran als andere. Ich entdeckte schon fr h eine Leidenschaft f r das, was ich tun wollte. Mit elf Jahren musste ich mit ansehen, wie die achtj hrige Beth, eine meiner Lieblingsschwestern, an Scharlach erkrankte. Scharlachausschlag sieht immer aus wie ein schwerer Sonnenbrand mit winzigen und dennoch h sslichen Pickeln. Ich f hlte mich meinen Geschwistern gegen ber in einer Mutterrolle, und als sich Beths Zustand verschlechterte, machte ich mir gro e Sorgen wegen Fieber, Sch ttelfrost und Erbrechen. Als sie auch noch Halluzinationen bekam, war ich mir sicher, dass sie bald sterben w rde. Ich bekam Angst und wurde ergriffen von jenem allumfassenden Entsetzen, das nur Kinder empfinden k nnen. Aber dann kam ein Arzt ins Haus, behandelte sie, und wenig sp ter war sie bereits auf dem Weg der Besserung. Meinem kindlichen Gem t kam der Doktor vor wie ein Wundert ter, und zutiefst beeindruckt schwor ich mir, rztin zu werden. Mit zw lf fing ich an zu arbeiten, um Geld nach Hause zu bringen, und ich war berzeugt: Wenn ich h rter und l nger arbeitete als die anderen, konnte ich alles erreichen, was ich mir vornahm - ich konnte auch rztin werden. Dass ich dazu Zeitungen austragen, kellnern oder in einem Lebensmittelladen bedienen musste, spielte keine Rolle. Manchmal stand ich unruhig am Rand unserer kleinen Stadt und malte mir aus, ich sei irgendwo anders, auf dem Weg zu jenen exotischen Orten, von denen ich in Zeitschriften gelesen oder im Radio geh rt hatte. Ich konnte hier rauskommen. Ich w rde hier rauskommen. Ich musste hier rauskommen.Beim Fahren dachte ich dar ber nach, was der FBI-Agent mich gefragt hatte. "Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?" Special Agent Louis Tomaselli hatte bei seiner Arbeit schon vieles erlebt, aber die grausigen, 20 mal 26 Zentimeter gro en Schwarzwei fotos, die er mir gezeigt hatte, waren auch f r ihn r tselhaft und Besorgnis erregend. Tomaselli war redegewandt, dunkelhaarig und drahtig. Und er sprach st ndig mit den H nden. Dabei unterstrichen seine Gesten nicht nur die Worte, sondern er gestikulierte, drehte die H nde und griff in die Luft, damit ich mir seine Worte besser ausmalen konnte. Schon ziemlich zu Beginn unserer Unterhaltung sagte er: "Zwischen mir und den bad guys ist kein gro er Unterschied - nur hat das FBI mich zuerst gekriegt." ber diese aus dem rmel gesch ttelte Bemerkung war ich verbl fft, aber es ist etwas dran. Mir war nie der Gedanke gekommen, dass einem immer beide Wege offen stehen. Ich war jung und stammte aus einer Kleinstadt, die eigentlich kaum mehr war als ein Haufen gesichtsloser Holzh user an einer staubigen Stra enkreuzung. Ich hatte immer gedacht, man k nne nur gut oder b se sein, und die Regeln im Leben seien schwarz oder wei . Das war eine der unz hligen tiefen berzeugungen, die sich bei mir in den folgenden Monaten gr ndlich wandeln sollten.
Zur Vorbereitung auf eine Rede vor einer Gruppe von Leichenbeschauern kritzele ich ein paar Notizen ber Anzahl und Position der Wunden an ihrem leblosen K rper auf meinen Block. Nicht weit vor mir stehen Drahtk rbe mit Papierstapeln: Notizen und unz hlige weitere Bilder von anderen M dchen und Jungen, alle ermordet. Es ist f r mich keine ungewohnte Arbeit. Es ist das, was ich immer tue, und ich glaube, es ist genau die richtige Arbeit f r mich.
Zugegeben: Eine solche T tigkeit w rde sich kaum einer aussuchen. Ich bin das, was man heute als Profiler bezeichnet - drei kurze Silben, mit denen sich mein Berufsleben zusammenfassen l sst. Seit drei ig Jahren, l nger als ich zur ckdenken kann, besch ftige ich mich mit den abwegigsten inneren Vorg ngen von Serienm rdern, damit, wer sie sind, wo sie sich verstecken und warum sie morden. Manchmal kommt es mir vor, als w sste ich schon zu viel ber sie, und sicher wei ich mehr als praktisch jeder andere auf der Welt. Aber obwohl mein Wissen ber Mehrfachm rder jeden Tag w chst, besteht meine gr te Angst darin, dass ich nie genug wissen werde.
Ich bin nicht der Typ Profiler, den man ab und zu im Fernsehen sieht. Vor ein paar Jahren verk rperte Ally Walker in der Fernsehserie Profiler die schick gekleidete Samantha Waters. Sie erkl rte, ihre Arbeit bestehe darin, "in Bildern zu denken", sich M rder in farbigen Konstruktionen vor ihrem geistigen Auge auszumalen und so mit fast au ersinnlicher Wahrnehmung den Serienm rdern auf die Spur zu kommen. Sie konnte zwar ihre Visionen nie genau kontrollieren, aber offensichtlich kamen sie immer gerade in dem dramatischen Augenblick, in dem sich die Handlung auf das wichtigste Element des abendlichen Fernsehens hinbewegte: auf die Werbeunterbrechung.
Ich selbst bin absolut keine Hellseherin. Im Gegensatz zu Samantha Waters habe ich keine Geistesblitze, die mir mit filmischen Details die Vergangenheit oder die Zukunft zeigen. Und obwohl man mich in Anlehnung an Das Schweigen der L mmer und Hannibal gelegentlich "die Clarice aus dem richtigen Leben" genannt hat, sind Clarice Starling und Hannibal Lecter reine Fantasiegestalten. In den Romanen von Thomas Harris entwickelt sich zwischen Hannibal und Clarice eine emotionale Bindung, die auf eine verdrehte, krankhafte Liebe hinausl uft - aber immerhin auf eine Liebe. In Wirklichkeit l sst man sich bei der Arbeit mit Serienm rdern auf Menschen ein, die vollst ndig und zutiefst unmenschlich sind.
Als forensische Psychiaterin mit einem Examen in Rechtsmedizin habe ich einen Beruf, dessen Grundlagen gewissenhafte wissenschaftliche Arbeit und vern nftige theoretische berlegungen sind. Nachdem ich mich mit mehr als achtzig Serienm rdern ausf hrlich unterhalten habe, ist mir eines klar: Sie gehen mit anderen Menschen auf keiner zwischenmenschlichen Ebene irgendeine Verbindung ein. Sie k nnen hervorragend schauspielern, eine vielschichtige, ernsthafte Darstellung abliefern, der kein Oscarpreistr ger das Wasser reichen k nnte. Sie k nnen alles vort uschen. Sie k nnen wie intakte, rundum gesunde Menschen wirken, und in manchen F llen h lt man sie sogar f r St tzen der Gesellschaft. Aber ihnen fehlt der unentbehrliche innerste Kern menschlicher Beziehungsf higkeit. Mord bedeutet ihnen nichts, nicht das Geringste. Serienm rder haben zu ihren Opfern keine emotionale Beziehung. Das ist vermutlich das Entsetzlichste daran. Sie empfinden nicht nur nichts dabei; sie sind berhaupt nicht f hig, etwas zu empfinden.
Wenn ich einem Serienm rder gegen berstehe, wei ich nie genau, mit wem ich es eigentlich zu tun habe. Zu Beginn unserer gemeinsamen Arbeit sind sie freundlich und sehr entgegenkommend. Wenn ich mich in ihre Welt entf hren lasse, dann f hlt sich diese Welt stimmig an - wenn auch nur f r kurze Zeit. Oft kam mir der Gedanke: Ist das berhaupt der Richtige? War meine ganze Arbeit - die eingehende Forschung, das Sammeln wissenschaftlicher Daten, die komplizierten Theorien - schlicht und einfach falsch? Habe ich vielleicht etwas bersehen? Sie sind so liebensw rdig, dass man es fast nicht glauben mag, mit einer Ausstrahlung wie Cary Grant oder George Clooney (allerdings sehen sie in den seltensten F llen so gut aus). Sie behandeln mich wie eine Geistesverwandte.
Aber wenn ich vier bis sechs Stunden hartn ckig und ohne Unterbrechung mit ihnen zusammengesessen habe, ist pl tzlich alles anders. Ich gestalte meine Befragung immer so, dass sie wie eine zwanglose Unterhaltung wirkt. Nach meiner Erfahrung kann ein Serienm rder seine zuvorkommende Art nicht viel l nger als zwei bis drei Stunden beibehalten. Wenn es so weit ist, kann ich ihm die liebensw rdige Maske entrei en und den d steren, den Kern seines Wesens freilegen.
Irgendwann f ngt er an, auf seinem Stuhl herumzur cken, zu seufzen, zu zischen. Er r uspert sich, rollt mit den Augen, l sst die Blicke schweifen. Auf der Stirn bilden sich kleine Schwei perlen. Irgendwann wird er ungehalten, bricht langsam zusammen. Am liebsten w re es ihm, wenn ich das e und zu einem Auffangbecken f r seine endlosen Gedanken und weitschweifigen Reden w rde. Aber mit einer Mischung aus Milde, Toleranz, Zuh ren und st ndigen indirekten Fragen bringe ich ihn immer dazu, dass er mehr sagt, als er eigentlich sagen will. Bis der Durchbruch gelingt, k nnen Monate vergehen, aber wenn er dann kommt, gibt es nichts, was mich mehr faszinieren und befriedigen k nnte.
Die Befriedigung hat ihre Ursache zu einem gro en Teil darin, dass ich Tatsachen zusammenf hren kann, die einen Fall verst ndlicher und plausibler machen. Jede Beobachtung, jede Aussage wird zu einem Stein in einem riesenhaften Puzzle, und ich bem he mich, die Informationen mit anderen, fr heren Verbrechen in Verbindung zu bringen. Auf diesem Weg erfahre ich St ck f r St ck immer mehr ber den Serienm rder, ber seine Lebensgeschichte, seinen Charakter, seine Einstellung zu den Opfern. Es ist m hsam und schwierig, vor allem weil es um kostbare, unschuldige Menschenleben geht, die sinnlos und auf entsetzliche Weise ausgel scht wurden.
Mehr als hundert Akten hatte ich zur Vorbereitung auf meinen Vortrag durchgesehen, und immer wieder hatte ich auf den Fotos die Verzweiflung und die Schmerzen der Opfer gesehen. Die Toten trugen die Unterschrift der Serienm rder auf dem Leib - Bisse, Schnittwunden oder Beulen, die sie hinterlassen hatten, als wollten sie das Produkt ihrer Arbeit aus einer Art fehlgeleitetem Stolz heraus kennzeichnen.
Heute werde ich nach Merillville in Indiana fahren, eine schl frige Kleinstadt mit 27 000 Einwohnern. Sie ist das Musterbeispiel einer amerikanischen Schlafstadt mit Kettenrestaurant, Kaufhaus und Elektrogesch ft. Im Radisson-Hotel werde ich den Er ffnungsvortrag bei der Jahrestagung der Indiana Coroners Association halten. W hrend die Coroner - Leichenbeschauer, die den Tod eines Opfers feststellen - ihren Kaffee schl rfen und Fr hst cksgeb ck knabbern, werde ich meine Ansprache halten, meine Theorien dar ber erl utern, warum Serienm rder zwanghaft t ten m ssen. Woran erkennen medizinische Sachverst ndige am Tatort, dass sie es mit einem Serienm rder zu tun haben? Was ist der Ausl ser f r die Taten? Was geht in einem Serienm rder vor?
Warum sehnt er sich st ndig danach zu t ten? Nach allgemeiner Auffassung wurden solche Menschen als unschuldige Kinder von den Eltern k rperlich und/oder sexuell misshandelt. Aber das ist ein M rchen - eine v llige Fehleinsch tzung. In diesem Buch werde ich meine Theorien darlegen, und manches davon ist durchaus umstritten. Aber sie st tzen sich auf jahrzehntelange wissenschaftliche Arbeit. Ich werde den Leser nicht nur durch meine eigenen Gedanken f hren, sondern ihn auch auf eine Reise durch die Geisteswelt der Serienm rder mitnehmen, mit Niederschriften aus unseren psychiatrischen Gespr chen, aber auch mit ihren eigenen Worten aus ihren eigenen Briefen.
In die Au entasche meines Aktenkoffers stecke ich eine besondere Akte. Sie tr gt einen Namen, der vielleicht vertraut erscheint: John Wayne Gacy. Gacy war ein beleibter Bursche, der sich h ufig als Clown mit dick geschminktem rotem Mund verkleidete und dann die Kranken und Gebrechlichen in den Krankenh usern Chicagos unterhielt. Er vergewaltigte und folterte seine Opfer, und viele von ihnen vergrub er anschlie end unter den Dielenbrettern seines Hauses. Der Fall wurde schnell zu einem gefundenen Fressen f r die Presse, und die zeichnete Gacy als die Verk rperung des B sen, als den Teufel in Person. Mit diesem Menschen, der 33 junge M nner ermordet hatte, traf ich 1980 zum ersten Mal zusammen.
Es war kurz vor Weihnachten. Ich war gerade mit meinem Mann aus den Flitterwochen zur ckgekehrt, und wir brannten darauf, uns in unserer neuen Wohnung einzurichten. Es war nicht gerade eine Luxusunterkunft, aber f r ein junges verliebtes Arztehepaar war es genau richtig. Ich hatte mich mit der Post an den K chentisch gesetzt und ging die inzwischen eingetroffenen Rechnungen, Zeitschriften und Weihnachtskarten durch. Darunter waren kleine P ckchen, medizinische Fachzeitschriften und viel zu viel Werbem ll. Aber einer der Umschl ge trug eine unbekannte Handschrift. Darin lag eine Karte mit einer ungelenken Zeichnung; sie war mit Tinte angefertigt, mit Buntstiften ausgemalt und stellte Weihnachtsb ume mit einem Schneemann dar. Auf der Innenseite der Karte stand: "Friede auf Erden. Alles Gute den Menschen... und den Jungen - John Wayne Gacy." Es war obsz n, geradezu frech, als wollte er seine brutalen Morde an so vielen jungen M nnern immer noch feiern. Wie war Gacy, den ich demn chst befragen w rde, berhaupt an unsere Adresse gekommen? Wir standen nicht im Telefonbuch. Aber er hatte es geschafft und mir aus dem Gef ngnis diese Karte geschickt. Durch Gacys "Gru " wurde mir wieder einmal klar, mit welchen Gefahren meine Arbeit verbunden war - Gefahren nicht nur f r mich, sondern auch f r meine Angeh rigen. Man hatte mich auch fr her schon bedroht und sp ttisch provoziert, und deshalb gab ich mir M he, nicht weiter an Gacy und seine Morde zu denken, aber mein Mann nahm den Vorfall nicht auf die leichte Schulter. Eine ganze Zeit lang machte er sich st ndig Sorgen darum, und um mich.
Ich stellte meinen Vortrag f r die Leichenbeschauer fertig und steckte das Manuskript mit Fotos und Notizen in den abgeschabten ledernen Aktenkoffer. Dann wandte ich mich kurz meiner gr nen Jadeschildkr te zu und t tschelte sie - das soll Gl ck bringen. Anschlie end schaltete ich das Licht aus und schloss leise die T r. Als ich im Halbdunkel nach oben ins Schlafzimmer ging, war ich mir in einigen Punkten ganz sicher. Man kann Serienmorde erkl ren und verstehen. Es gibt verwickelte, aber durchschaubare Gesetzm igkeiten, die f r alle Serienm rder gelten. Und wenn wir noch mehr ber die Prinzipien von DNA und Genetik in Erfahrung bringen, l sst sich das Ph nomen der Serienmorde in Zukunft vielleicht sogar verh ten. In diesem Buch, das ber einen betr chtlichen Teil meiner Berufslaufbahn berichtet, m chte ich ansatzweise erkl ren, wie.
"Babyface" Richard Macek
Die alte Stra e nach Waupun in Wisconsin sah damals, im M rz 1977, unheimlich und d ster aus. Die Gegend war nicht nur l ndlich, sondern einsam auf eine Weise, dass man sich immer wieder umsieht. Ungef hr zwanzig Autominuten au erhalb von Madison waren die bunten, einladenden Werbetafeln f r gem tliche Restaurants und Cheddark se aus Wisconsin verschwunden, und alles wirkte v llig leblos. Die den Felder beiderseits der Stra e waren noch braun, und die gespenstische Stille wurde an dem grauen, eisigen Tag noch tiefer. Um ehrlich zu sein: Ich war nerv s. Als junge rztin sollte ich jetzt meinen Fu in eine Welt setzen, in der es von entsetzlichen Verbrechen und Serienmorden wimmelte. Es war eine Welt der Machotypen, der trinkfesten Gesetzesh ter, die in ihrem Leben schon zu viel gesehen hatten, und ich fragte mich, ob sie mich akzeptieren oder auch nur tolerieren w rden - nicht nur beruflich, sondern auch weil ich eine Frau war. Hin und wieder umklammerte ich das Lenkrad zu fest, als k nnte stetiges Geradeausfahren auch meinen Gedanken Halt geben. Ich sah in den R ckspiegel, ob mir auch die Furcht nicht anzusehen war. Ich musste unbedingt ruhig und gefasst wirken.
Herausforderungen und Schwierigkeiten war ich durchaus gew hnt. Als Kind hatte ich in einer Kleinstadt bei Pittsburgh gewohnt, und meine richtigen Eltern hatte ich nie kennen gelernt. Nicht, dass ich es nicht gewollt h tte. Es geh rte nur einfach nicht zur Abmachung. Meine zweiten Eltern waren nicht berm ig freundlich. Sicher, sechs andere Kinder und ich hatten ein Dach ber dem Kopf und genug zu essen, aber die wahre Sicherheit, die nur Liebe vermitteln kann, lernten wir nie kennen. Warum die sechs anderen und ich die Kinder dieser Leute waren, ist bis heute nicht ganz zu verstehen. Unsere Kindheit war oft von unbarmherziger D sterkeit, und wir standen allein in einer Welt, die unsere Eltern uns vorgegeben hatten.
In einer Hinsicht war ich aber besser dran als andere. Ich entdeckte schon fr h eine Leidenschaft f r das, was ich tun wollte. Mit elf Jahren musste ich mit ansehen, wie die achtj hrige Beth, eine meiner Lieblingsschwestern, an Scharlach erkrankte. Scharlachausschlag sieht immer aus wie ein schwerer Sonnenbrand mit winzigen und dennoch h sslichen Pickeln. Ich f hlte mich meinen Geschwistern gegen ber in einer Mutterrolle, und als sich Beths Zustand verschlechterte, machte ich mir gro e Sorgen wegen Fieber, Sch ttelfrost und Erbrechen. Als sie auch noch Halluzinationen bekam, war ich mir sicher, dass sie bald sterben w rde. Ich bekam Angst und wurde ergriffen von jenem allumfassenden Entsetzen, das nur Kinder empfinden k nnen. Aber dann kam ein Arzt ins Haus, behandelte sie, und wenig sp ter war sie bereits auf dem Weg der Besserung. Meinem kindlichen Gem t kam der Doktor vor wie ein Wundert ter, und zutiefst beeindruckt schwor ich mir, rztin zu werden. Mit zw lf fing ich an zu arbeiten, um Geld nach Hause zu bringen, und ich war berzeugt: Wenn ich h rter und l nger arbeitete als die anderen, konnte ich alles erreichen, was ich mir vornahm - ich konnte auch rztin werden. Dass ich dazu Zeitungen austragen, kellnern oder in einem Lebensmittelladen bedienen musste, spielte keine Rolle. Manchmal stand ich unruhig am Rand unserer kleinen Stadt und malte mir aus, ich sei irgendwo anders, auf dem Weg zu jenen exotischen Orten, von denen ich in Zeitschriften gelesen oder im Radio geh rt hatte. Ich konnte hier rauskommen. Ich w rde hier rauskommen. Ich musste hier rauskommen.Beim Fahren dachte ich dar ber nach, was der FBI-Agent mich gefragt hatte. "Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?" Special Agent Louis Tomaselli hatte bei seiner Arbeit schon vieles erlebt, aber die grausigen, 20 mal 26 Zentimeter gro en Schwarzwei fotos, die er mir gezeigt hatte, waren auch f r ihn r tselhaft und Besorgnis erregend. Tomaselli war redegewandt, dunkelhaarig und drahtig. Und er sprach st ndig mit den H nden. Dabei unterstrichen seine Gesten nicht nur die Worte, sondern er gestikulierte, drehte die H nde und griff in die Luft, damit ich mir seine Worte besser ausmalen konnte. Schon ziemlich zu Beginn unserer Unterhaltung sagte er: "Zwischen mir und den bad guys ist kein gro er Unterschied - nur hat das FBI mich zuerst gekriegt." ber diese aus dem rmel gesch ttelte Bemerkung war ich verbl fft, aber es ist etwas dran. Mir war nie der Gedanke gekommen, dass einem immer beide Wege offen stehen. Ich war jung und stammte aus einer Kleinstadt, die eigentlich kaum mehr war als ein Haufen gesichtsloser Holzh user an einer staubigen Stra enkreuzung. Ich hatte immer gedacht, man k nne nur gut oder b se sein, und die Regeln im Leben seien schwarz oder wei . Das war eine der unz hligen tiefen berzeugungen, die sich bei mir in den folgenden Monaten gr ndlich wandeln sollten.
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Autoren-Porträt von Helen Morrison, Harold Goldberg
Helen Morrison ist forensische Psychologin und Autorin zahlreicher Fachpublikationen, die sich auch dank ihrer internationalen Vortragstätigkeit den Ruf einer weltweit anerkannten Koryphäe auf ihrem Gebiet erworben hat. Helen Morrison lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in Chicago.Harold Goldberg ist ein renommierter New Yorker Journalist, der für alle namhaften amerikanischen Tageszeitungen und Magazine tätig ist.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Helen Morrison , Harold Goldberg
- 2007, 351 Seiten, Maße: 12,5 x 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Sebastian Vogel
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442154413
- ISBN-13: 9783442154418
Rezension zu „Mein Leben unter Serienmördern “
"Die spektakulärsten Fälle versammelt dieses Buch, das sich nicht nur an grausigen Tatdetails entlanghangelt, sondern zudem dichte Psychogramme entwirft."
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