Mein Leben
Doch das ist nur eine Seite des Mathematikers, Kunstsammlers und Paradiesvogels Sachs.
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Doch das ist nur eine Seite des Mathematikers, Kunstsammlers und Paradiesvogels Sachs.
Mein Leben von Gunter Sachs
LESEPROBE
Der Sturm und der Drang
Auch dieJugend will gelernt sein
Jean Cocteau
An einemklirrend kalten Wintertag standen mein Bruder und ich auf dem MünchenerOdeonsplatz vor dem Ausstellungsraum von Daimler-Benz, in dem der ersteMercedes 300 SL Flügeltürer zu sehen war. Wir traten ein und ein Verkäufer,der Ernst Wilhelm kannte, eilte herbei. Wir bestaunten den Wagen, und meintechnisch versierter Bruder stellte viele Fragen.
»Eigentlichwären Sie die idealen Kunden für diesen Wagen, Sie sind jung, vermögend und ausder Autoindustrie. Und Fichtel & Sachs baut noch dazu viele Teile derSL-Serie«, sagte der Verkäufer.
Wir erkundigtenuns nach der Lieferzeit. Die betrage drei Monate, und die Auslieferung könnedann ab Werk Sindelfingen erfolgen oder eine Woche später am Odeonspatz. Wirbedankten uns und gingen.
ZurLagebesprechung fuhren wir ins Café Fred Kraus. Von uns beiden war ErnstWilhelm der flexible Außenminister und ich eher der Schachspieler, der dieVorteile, aber auch die Gefahren erahnte und dann im Bauch Logik und Intuitionverarbeitete.
ZwischenKaffee und Torte hatte ich einen Einfall. Am 1. Juli würde der Vater bis zuseinem Geburtstag für drei Wochen nach Kenia zur Großwildjagd fliegen. Wenn wirdie Rechnungen bei der Abnahme unterschreiben würden und ins Werk schickenließen, wären die Flügeltürer zu Vaters Geburtstag bereits zwei Gebrauchtwagen.Und wie wir unseren Vater kannten, würde er die Automobile bezahlen undbehalten. Schließlich war Daimler-Benz sein edelster Kunde. Ernst Wilhelm würdedann scheinheilig bitten, ihm die Rechnung von seinem Gehalt bei F & Sabzuziehen. Heureka!
Am 21.März, ausgerechnet an Mutters Geburtstag, waren wir wieder in München vereintund bereit, zur Tat zu schreiten. Ich hielt das Datum nicht für das beste allerOmen. Aber für Aberglauben war jetzt keine Zeit.
Der Bruderbetrat das Geschäft - ich sollte kurz darauf nachkommen. Er plauderte gekonntmit dem Verkäufer über mögliche Pannen der doch sehr kleinen Serie, fragte diesund jenes und erfuhr, dass am Tag davor Gina Lollobrigida einen 300 SL inSindelfingen abgeholt habe.
Als ichdazukam, war er mit der Auswahl der Lackfarben beschäftigt. Er zeigte mireinige Proben und der Verkäufer brachte eine Mustertafel der Lederbezüge. ErnstWilhelm entschied sich für Stahlblaumetallic mit rotem Leder. Ich war perplexüber sein forsches Vorgehen.
Mir hattees ein helles Metallicgrün angetan. Es hieß Forellenbauch , weil es bedingtdurch die Umgebung und den Lichteinfall schillernde Farben annahm.
Ichbestellte Forellenbauch mit beigefarbenem Leder.
»Nun zu denHinterachsen. Die haben wir in drei Ausführungen und messen sie an der möglichenHöchstgeschwindigkeit. Die kräftigste fährt 235 km/h, die mittlere 250 km/h unddie längste Übersetzung 275 km/h.« Der Bruder entschied sich für die mittlere.Ich dachte wenn schon, denn schon und orderte die schnellste. Es gab auch einenguten Grund dafür: Während meiner Zeit bei Bosch in Stuttgart schlief ich beimeiner Freundin Margot in München und musste jeden Morgen pünktlich um siebenUhr im Werk sein.
ErnstWilhelm fragte noch nach Details und der Verkäufer merkte nicht, dass erfragte, um zu fragen. Doch dann sagte er plötzlich: »Die Rechnung schicken Siedann bitte an Fichtel & Sachs zu Händen von Herrn Gerst, insHauptsekretariat.« Und plauderte weiter mit dem glücklichen Verkäufer über diesund das. Er war eben - was Vorgaukeln anging - ganz Diplomat.
Auf dem Wegnach draußen schwebten wir über die Türschwelle.
Ich glaube,es war einer meiner schönsten Momente, als sich an einem sonnigen Julitag ander Ausfahrt des Werks Sindelfingen der Schlagbaum wie durch Geisterhandöffnete, ein grüßender Pförtner erschien und ich in meinem schillerndenForellenbauch hinter dem Stahlblaumetallic meines Bruders aus dem Werk glitt.
Wir fuhrennach München und zur richtigen Stunde, direkt vors Fred Kraus . Da war waslos.
Drei Wochenspäter war auch was los: Wir wurden »sofort« zu Vater auf seine Jagd in derRechenau beordert. Zur Erkundung der Lage telefonierten wir mit dem DienerKarl, baten ihn, uns bitte in München abzuholen, die Autos seien in derWerkstatt. Dann fragte Ernst Wilhelm noch, ob Vater in Afrika was geschossenhabe. Einen Löwen, sehr gut.
So groß dieFreude an der Pforte von Sindelfingen gewesen war, so mulmig war mir jetzt, alsich in Oberaudorf den Schlagbaum hochkurbelte.
Karl hieltvor dem Haus, da kam auch schon der schnaubende Vater wie eine Kugel angerollt- so sah er immer aus, wenn er in Fahrt war - und polterte: »Wo sind dieKrokodile, wo sind die Krokodile «
Man hatteihm offensichtlich eine Abbildung des SL gezeigt, denn die Beschreibung warzutreffend.
»Die sindin der Werkstatt, Papa, die müssen eingestellt werden.«
»Wo, wo ?«
»In einerDaimler-Werkstatt bei Passau «
Vaterverschwand im Haus. Wir folgten. Im Gang stand unübersehbar auf einem Stuhl diefür jene Zeit unübliche Vergrößerung eines Photos: Vater mit blitzendem Gewehrund totem Löwen.
Beinahegleichzeitig witterten wir unsere Chance: »Ja, Vater, Papa, das bist ja du Ja, hast du etwa den Löwen geschossen der ist ja riesig und die Mähne unglaublich «
» phantastisch«, setzte ich nach.
»Karl, tudas Bild weg.« Trotz allem Groll konnte man den Stolz in seiner Stimme hören.
»Erzähl vondem Schuss«, heizte der Bruder den Nimrod an.
»Ja,einfach war s net, der kam ja frontal «, erzählte der Jägersmann.
»Oh jesses «, zitterte der Bruder gekonnt.
»Ja - ichsag euch «, dann fielen ihm wieder die Krokodile ein.
»Wirbezahlen sie dir ja, und beim Daimler haben sie sich sehr gefreut und lassendich grüßen. Wo ist der Löwe jetzt?«
»BeimKonservieren.« Vater stand mit jedem Fremdwort auf Kriegsfuß. Und weg waren wirwieder von den Krokodilen.
ErnstWilhelm war einfach exzellent!
Das HeavyEnd der Geschichte: Vier Wochen später drehte Vater zwei Runden mit einem derKrokodile auf der Rechenau und fuhr dem Jäger Anderl seine Bank vor dem Hauskaputt.
»Anderl!Dei Bank is zu niedrisch!«
Dannmussten ihn Karl und Anderl aus dem Krokodil ziehen.
© PiperVerlag
- Autor: Gunter Sachs
- 2005, 423 Seiten, mit zahlreichen farbigen Abbildungen, mit Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 17,8 x 24 cm, Leinen, Deutsch
- Verlag: Piper Taschenbuch
- ISBN-10: 3492044867
- ISBN-13: 9783492044868
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