Moskito
Als der 13-jährige Sam nach einem schweren Verkehrsunfall erwacht, findet er sich an einem entsetzlichen Ort wieder, wo er von blutgierigen Hundewesen gehetzt, von monströsen Ameisen bedroht und schließlich brutal gefangen genommen wird: Auf unerklärliche...
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Produktinformationen zu „Moskito “
Als der 13-jährige Sam nach einem schweren Verkehrsunfall erwacht, findet er sich an einem entsetzlichen Ort wieder, wo er von blutgierigen Hundewesen gehetzt, von monströsen Ameisen bedroht und schließlich brutal gefangen genommen wird: Auf unerklärliche Weise ist er nach Aurobon gelangt, einer bizarren Parallelwelt - und er wird bereits erwartet! Gigantische Insekten dienen den Bewohnern dort als Flug- und Kampfmaschinen in einem erbitterten Krieg um das Schicksal unserer Welt. Doch Sam allein kann den grausamen Herrscher Odoursin daran hindern, die Menschheit mit einem tödlichen Virus zu vernichten. So besagt es eine uralte Prophezeiung in Aurobon. Und während die Ärzte im Krankenhaus um seinen Erdenkörper ringen, führt Sam an der Seite der tollkühnen jungen Pilotin Skipper eine Armee tödlicher Wespen in die alles entscheidende Schlacht.
Klappentext zu „Moskito “
Als der 13-jährige Sam nach einem schweren Verkehrsunfall erwacht, findet er sich an einem entsetzlichen Ort wieder, wo er von blutgierigen Hundewesen gehetzt, von monströsen Ameisen bedroht und schließlich brutal gefangen genommen wird: Auf unerklärliche Weise ist er nach Aurobon gelangt, einer bizarren Parallelwelt - und er wird bereits erwartet! Gigantische Insekten dienen den Bewohnern dort als Flug- und Kampfmaschinen in einem erbitterten Krieg um das Schicksal unserer Welt. Doch Sam allein kann den grausamen Herrscher Odoursin daran hindern, die Menschheit mit einem tödlichen Virus zu vernichten. So besagt es eine uralte Prophezeiung in Aurobon. Und während die Ärzte im Krankenhaus um seinen Erdenkörper ringen, führt Sam an der Seite der tollkühnen jungen Pilotin Skipper eine Armee tödlicher Wespen in die alles entscheidende Schlacht.
Lese-Probe zu „Moskito “
EinsWenn sie geboren werden, halten die meisten Menschen die Welt für einen verzauberten Ort voller Wunder und Geheimnisse. Sie ist voller Farben, Geräusche und erstaunlicher Dinge, die sie nie zuvor gesehen haben. Käfige aus Metall bewegen sich zwischen den Häusern hin und her, aus Tüten rieselt süßes Pulver in den Mund, das auf der Zunge prickelt, große weiche Knäuel geben ein bellendes Geräusch von sich, springen hoch und schlecken einem über die Hand, vor dem Fenster stehen braune Riesen mit nickenden grünen Blättern, wenn der Wind bläst, kleine gefiederte Wesen hüpfen auf ihnen herum und singen ihre Lieder.
Alles ist neu und aufregend.
Aber wenn die Jahre vergehen, dann vergessen die meisten Menschen, dass diese erstaunlichen Dinge ein Wunder sind, und sie geben ihnen ganz gewöhnliche Namen wie Auto, Brausepulver, Hund, Baum und Vogel.
Und nach einiger Zeit bemerken sie alle diese Dinge überhaupt nicht mehr.
Sie vergessen, die Welt richtig anzuschauen.
Deshalb hätten die meisten Menschen den winzig kleinen grauen Fleck am Ende von Samuel Palmers Bettpfosten sicher nicht bemerkt. Sie wären viel zu beschäftigt damit gewesen, auf den Fernseher, in eine Zeitung oder in das Gesicht eines anderen Menschen zu schauen.
Ein Ding, das so klein und farblos ist, wäre ihnen nie aufgefallen.
Aber Sam war eine Ausnahme. Für ihn hatte die Welt ihren Zauber nicht verloren. Die kleinen Dinge, die von den meisten Menschen nie in ihrem Leben wahrgenommen werden, interessierten ihn immer schon am meisten. Sam hatte als Baby gerade krabbeln gelernt, da folgte er den Spuren der Holzwürmer bis zu den Ritzen in der Fußbodenleiste; er blieb vor den Ameisen sitzen, um zu beobachten, wie sie verstreute Zuckerkörner abtransportierten; er schaute den Hummeln zu, wie sie vom Fingerhut zum Vergissmeinnicht weiterschwirrten. Die meisten anderen Kinder rannten vor Wespen davon, aber Sam lief ihnen hinterher. Er sah ihnen nach, wie sie zwischen dem hohen Gras auf Jagd
... mehr
gingen, und hörte das schwache scharrende und kratzende Geräusch, das ihre Kiefer auf dem Holz des Fensterrahmens erzeugten, wenn sie winzige Teilchen davon abnagten, um sie zu einem Brei zu zerkauen und aus der papierähnlichen Masse ihre Nester zu bauen.
Aber es war noch nicht lange her, da war ihm etwas ganz anderes aufgefallen. Zuerst hatte er gedacht, dass es nur eine Einbildung sei. Aber dann hatte er genau aufgepasst. Es gab keinen Zweifel mehr.
Die Insekten verfolgten ihn.
Wohin er auch ging, die Wespen flogen mit. Kein großer Wespenschwarm - nur ein oder zwei Wespen, aber sie waren immer da. Als er gestern von der Schule nach Hause gegangen war, hatte er nach oben geschaut und mehrere Wespen über seinem Kopf schwirren sehen, wie kleine Hubschrauber. Es wurde immer auffälliger. Er musste fortwährend daran denken. Seit er mit seinen Eltern aufs Land gezogen war, beschäftigte er sich nur noch mit Insekten.
Er warf einen Blick auf die Wände seines Zimmers. Sie waren mit Abbildungen von Fliegen bedeckt, die er sorgfältig von Fotos abgezeichnet hatte. Auf dem Fußboden lagen Bücher über Insekten, die er aus der Bücherei ausgeliehen hatte, und auf seinem Schreibtisch befand sich das noch nicht fertige Schaubild der Mundwerkzeuge eines Moskitos. Er starrte mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu auf die Bilder.
Was war mit ihm los?
Am Horizont hinter den Hügeln ging langsam die Sonne auf. Das Morgenlicht breitete sich über die Wiesen und Wälder aus. Sam spürte in der Luft die Stille und Reglosigkeit, die einem heißen Sommertag vorausgeht. In der Ferne hörte er eine Ringeltaube auf einem der Bäume gurren, die am Rand der Wiese standen. Ein sanfter Wind strich über die Hecken und Sam konnte den Duft von wildem Geißblatt riechen. Dann herrschte wieder Stille.
Sam starrte aus dem Fenster auf den kurz gemähten, trockenen Rasen im Garten hinter dem Haus. Er musste an die Samstagnachmittage denken, als sie noch nicht umgezogen waren. Er hatte sich auf sein Fahrrad gesetzt und war in die Stadt gefahren. Er hatte sich Kaugummi und was zu Trinken gekauft und dann seine Freunde an dem alten Musikpavillon im Park getroffen. Am liebsten spielten sie eine Art russisches Roulette: Eine Dose mit einem sprudelnden Getränk wurde heftig geschüttelt, wieder unter die anderen Dosen gemischt und dann musste der Reihe nach jeder eine nehmen und direkt vor seinem Gesicht öffnen. Er erinnerte sich noch, wie einmal Chrissy Johnson fast von der Bank gekippt war und Bobbys Schwester Kayleigh vor Lachen so geprustet hatte, dass sie nach Hause musste, um sich umzuziehen.
Das hatte Spaß gemacht.
Aber diese Zeiten waren jetzt vorbei.
Sam seufzte tief und drehte sich wieder zu seinem Bett um. Neben dem Kopfkissen lag das Bestimmungsbuch Europäische Insekten und Spinnen, in dem er am Abend vorher das Kapitel über "Bienen, Ameisen und Wespen" durchgeblättert hatte. Er wollte gerade nach dem Buch greifen, als sein Blick auf den kleinen grauen Fleck an seinem Bettpfosten fiel. Langsam und vorsichtig bückte er sich, um ihn sich genauer anzusehen.
Es war eine graue, aggressiv wirkende Fliege, ungefähr so groß wie sein Daumennagel, mit einem zart gesprenkelten Hinterleib. Ihre Flügel waren durchscheinend graubraun. Am Kopf sprangen auf beiden Seiten gewölbte, bunt schillernde Augen hervor. An der Vorderseite waren scharfe, messerähnliche Mundwerkzeuge in die Luft gestreckt, die ein "V" bildeten.
Sam erkannte sofort, dass es eine Pferdebremse war.
Er behielt sie weiter aufmerksam im Auge, griff nach dem Insektenführer und blätterte die Seiten durch, bis er zu dem Abschnitt mit der Überschrift Familie Tabanidae (Bremse, Pferdebremse) kam.
Es folgte eine kleine Zeichnung. Darunter war zu lesen:
Die Weibchen sind Blutsauger und brauchen diese Nahrung, um ihre Eier bilden zu können. Der Einstich ist schmerzhaft. Sie bevorzugen Rinder und Pferde (sog. Bremsenplage), versorgen sich aber auch bei Menschen. Der natürliche Lebensraum sind Wälder, seichte Gewässer und Sumpfgegenden.
"Du bist am falschen Ort", sagte Sam.
Er nahm ein leeres Glas von seinem Schreibtisch, stülpte es über die Pferdebremse, schob eine Postkarte darunter und hielt das Ganze ins Licht.
Die Augen des Insekts schillerten grün, und Sam wusste, dass es ihn beobachtete.
"Okay, du bist vielleicht ein Blutsauger", sagte er, den kräftigen Stechrüssel und den platt gedrückten, gedrungenen Kopf aufmerksam musternd. "Aber du bist nicht besonders schlau. Ich sollte dich wieder dorthin zurückfliegen lassen, wo du hergekommen bist."
Er hielt das Glas nach draußen, schüttelte es und die Pferdebremse machte sich sofort auf und davon. Mit voller Geschwindigkeit steuerte sie auf die Gartenhecke zu.
Sam schaute ihr nach, bis sie verschwunden war.
"Pass auf, dass du dich nicht noch mal verirrst!", murmelte er und machte das Fenster wieder zu.
Aber die Pferdebremse hatte sich nicht verirrt.
Sie war viel intelligenter, als er dachte.
Zwei
In einem geheimen Ort irgendwo in Aurobon, in Gewölben, die tief unter der Stadt Vermia lagen, stand General Hekken in einem weißen Labor unter dem kalten Licht der Neonröhren und blickte auf die klare Flüssigkeit in dem Glasbecken vor ihm. Sein langer schwarzer Ledermantel und seine Schirmmütze stachen bedrohlich aus der sterilen Atmosphäre des Labors hervor. Seine Stiefel knarrten laut, als er sich nach vorne beugte, um genauer hinschauen zu können. Im Becken schwamm ein durchsichtiger Beutel mit einer dunklen Flüssigkeit, in dem ein Gewimmel gelber Mikroorganismen zu erkennen war.
General Hekken verzog das Gesicht. Eine Ansammlung von tödlichen Viren in dem separierten Magen eines Moskitos zu betrachten war kein Zeitvertreib, der ihm besonders viel Spaß machte. Aber es gab Dinge, die mussten einfach getan werden.
Der hagere Mann in dem weißen Kittel, der neben ihm stand, deutete auf seine Armbanduhr. Er nickte in Richtung Becken. "Bis jetzt am längsten, Mr Hekken", sagte er mit einem Anflug von Stolz in seiner Stimme. "Beinahe eine Stunde."
Hekken beobachtete, wie die fremdartigen, winzigen Lebewesen hinter der Glasscheibe sich langsam bewegten. Sie bestanden aus einem geschwollenen Kopf, der sich zu einer schmalen Ausstülpung verjüngte, und sechs dünnen, peitschenartigen Fangarmen, die auf der Rückseite hin und her schlenkerten wie Seeanemonen in einem Aquarium.
"Eine Stunde", antwortete Hekken. "Soll mich das beeindrucken?"
Ein Schatten huschte über das Gesicht des anderen Mannes.
"Eine Stunde bedeutet einen großen Fortschritt", sagte er nervös. "Die Überlebenschancen lagen praktisch bei null, als wir die ersten Injektionen gaben."
Während er sprach, riss der durchsichtige Beutel in dem Glasbecken. Die dunkle Flüssigkeit strömte in die umgebende klare Lösung. Schwarze Wolken sanken in spiralförmiger Bewegung zum Boden hinab. Hekken bemerkte, dass die Mikroorganismen sich nicht mehr bewegten. Er machte einen tiefen Seufzer und nahm seine Schirmmütze vom Kopf.
"Sie wissen, wie wichtig die Sache für den Großen Vorsitzenden Odoursin ist?"
"Ja, natürlich", sagte der Mann hastig. "Wir sind kurz vor dem Durchbruch. Wir tun, was wir können, um zu einem positiven Ergebnis zu kommen."
"Gut", sagte Hekken.
Er wandte seinen Blick von den leblos in der Flüssigkeit treibenden Mikroorganismen ab und richtete seine Augen auf den Mann im weißen Kittel.
"Aber ich befürchte, Sie werden sich noch etwas mehr anstrengen müssen."
Er machte eine Pause. "Wie geht es übrigens Ihrer reizenden Frau?"
"Danke, sehr gut. Ich ..."
"Und den Kindern?"
In den Augen des Mannes war Furcht zu lesen. Er schluckte kurz und schaute weg.
"Sie sind ... sie sind wohlbehalten und gesund."
"Schön. Das ist sehr schön."
Hekken setzte seine Schirmmütze wieder auf. "Passen Sie gut auf sie auf! Es wäre schrecklich, wenn ihnen etwas zustoßen würde. Ich würde mir das nie verzeihen."
Der Mann versuchte zu antworten, aber seine Stimme versagte und er brachte nur ein paar unverständliche Laute heraus.
"Ich weiß, ich weiß", sagte Hekken. "Sie sind ein anständiger Kerl. Wir versuchen alle, unser Bestes zu geben, und deshalb muss ich mir keine Sorgen machen. Hmm?"
Das Gesicht des Mannes war so weiß wie der Kragen seines Kittels geworden.
"Nein, Mr Hekken. Wir werden unser kleines Problem sofort gelöst haben. Das verspreche ich Ihnen."
Hekken tätschelte ihm mit seinem schwarzen Lederhandschuh die Wange.
"Das ist die richtige Einstellung", sagte er. "Fahren Sie mit Ihrer Arbeit fort."
In der metallisch grün schimmernden Kabine des Express-Lifts beobachtete Hekken, wie das rote Licht durch die Stockwerke nach oben flackerte, und dachte darüber nach, was er Odoursin sagen würde.
Es sah nicht gut aus. Erst gestern hatte der Weststaat Vahlzi öffentlich die Anschuldigung erhoben, dass Vermia plane, die Menschen mit einem tödlichen Virus zu infizieren. Die Vermutung entsprach der Wahrheit, aber selbstverständlich war diese Anschuldigung von den offiziellen Stellen in Vermia energisch zurückgewiesen worden. Alle waren sich bewusst, dass Vahlzi damit über einen Vorwand verfügen würde, mit seinen Truppen Vermia anzugreifen, wenn die Wahrheit herauskam. Und Vermia war noch nicht bereit für neue kriegerische Auseinandersetzungen, auch wenn es seit dem letzten Mal erheblich an militärischer Stärke gewonnen hatte.
Doch es gab auch gute Nachrichten. Die Traumwandlerin aus der Weissagung war letzte Nacht wieder aufgetaucht, und es war gelungen, ihre Spur bis zur Erde zurückzuverfolgen. Wenn sie schnell handelten, dann konnten sie den Lauf der Dinge vielleicht noch ändern.
Aber es würde nicht einfach werden.
Der Lift kam mit einem sanften Ruck zum Stillstand. Die Türen öffneten sich leise. Er betrat einen riesigen runden Raum mit einem großen Tisch in der Mitte. Kaltes weißes Licht erstrahlte von der Stahlscheibe über dem Tisch. Der Rest des Raums war in Dunkelheit getaucht. Draußen am Himmel zogen dunkle Sturmwolken auf, der Wind heulte und peitschte heftige Regenstöße gegen die Fenster des Turms.
Die elf Mitglieder des Hohen Rats waren um den Tisch versammelt. Alle hatten ihre Augen auf die große Kapuzengestalt mit dem verhüllten Gesicht gerichtet, die an der Fensterseite saß. Beim Geräusch von Hekkens schweren Stiefeln auf dem Steinfußboden wandten sie die Köpfe. Als Hekken näher kam, hob auch die Gestalt mit der Kapuze langsam ihren Kopf. Grausame Augen glühten in einem leichenblassen Antlitz mit entstellten Gesichtszügen. Die Haut wirkte wie geschmolzenes Wachs und bedeckte kaum noch die blassen blauen Adern.
Hekken nahm eine stramme soldatische Haltung an. Er zwang sich, Odoursins stählernem Blick standzuhalten.
"General Hekken", sagte Odoursin schließlich. "Bringen Sie uns gute Nachrichten?"
"Ja, Euer Exzellenz", antwortete Hekken. Er schlug mit einem Knall seine Hacken zusammen und machte eine leichte Verbeugung. "Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass das Programm gute Fortschritte macht. Es ist uns gelungen, einen Virus zu isolieren, der von einer seltenen Wirtspflanze auf der Erde stammt, aus dem tiefsten Regenwald Amazoniens. Es handelt sich um einen Virus von solcher Gefährlichkeit, dass er nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann, sobald er einmal seine Opfer erreicht hat. Das Problem der Übertragung ist allerdings noch nicht vollständig gelöst."
"Tatsächlich?", fragte Odoursin. "Wie soll ich das verstehen?"
Hekken räusperte sich. Plötzlich lohnte es sich, dass er so viele Stunden damit verbracht hatte, den langweiligen Erklärungen von noch langweiligeren Wissenschaftlern zuzuhören. Er war froh, dass er sich mit der Materie befasst hatte.
"Experimente haben gezeigt, dass das menschliche Blut für den Virus eine perfekte Brutstätte darstellt. Der Virus attackiert die menschlichen Zellen, indem er sich mit seinem Schwanz an die Zellmembran anheftet, seine eigene DNA in die Wirtszelle einschleust und von sich selbst Kopien herstellt. Dadurch gelingt es ihm, sich in kürzester Zeit zu vermehren und selbst das stärkste Immunsystem zu überwältigen. Der Tod erfolgt binnen weniger Tage."
Odoursins Augen glühten rot.
"Fahren Sie fort."
"Aber das Problem ist die Übertragung. Wie können wir den Virus zu den Menschen transportieren, wenn er nur in seiner Wirtspflanze existieren kann?"
"Ich hoffe, Sie werden uns gleich darüber aufklären, Mr Hekken."
"Der Virus kann nur sehr kurze Zeit außerhalb seiner natürlichen Umgebung überleben", fuhr Hekken fort, "und der einzige Weg, ihn schnell zu verbreiten, ist durch Moskitos. Wir nutzen sie als Transporttanks. Doch wir mussten leider feststellen, dass bei einer Injektion des Virus in den Magen eines weiblichen Moskitos ein Enzym freigesetzt wird, das die Magenschleimhaut zerstört. Die Magenwand zerreißt, wodurch das Insekt und der Virus getötet werden."
Ein übergewichtiger Mann mit eingesunkenen kleinen Augen in einem fleischigen Gesicht stemmte sich aus seinem Sitz auf die Füße. Hekken erkannte, dass es Martock war, und sein Puls beschleunigte sich.
"Verzeihung, General Hekken, aber wenn Sie das eine gute Nachricht nennen, habe ich Angst vor dem Tag, an dem Sie dem Hohen Rat eine schlechte Nachricht überbringen."
Ein zustimmendes Murmeln war im Raum zu hören. Hekken streckte abwehrend seine Hände aus. Es musste ihm gelingen, alle Kritik im Keim zu ersticken. Er bemerkte, dass Martock zufrieden in die Runde schaute, und zwang sich, ruhig zu bleiben.
"Lassen Sie mich dem Hohen Rat versichern, dass die Teams unserer besten Wissenschaftler rund um die Uhr an der Lösung dieses Problems arbeiten - auch jetzt, während wir darüber diskutieren. Sie führen Experimente mit neuen Chemikalien durch, die mit der Magenschleimhaut der Moskitos eine Verbindung eingehen und sie so vor den aggressiven Eigenschaften des Enzyms schützen. Wenn dies funktioniert, dann können die Insekten von uns zur Übertragung des neuen Virus zu den Menschen auf der Erde eingesetzt werden."
Es entstand eine Pause, in der alle im Raum über Hekkens Ausführungen nachdachten. Odoursins Augen verengten sich zu argwöhnischen Schlitzen.
"Wenn dies funktioniert, sagten Sie?"
"Es wird funktionieren", versicherte Hekken. Er dachte an den nervösen Mann im weißen Kittel und seine Familie. "Sie bemühen sich in den Labors sehr darum, eine Lösung zu finden", fügte er hinzu. "Sie bemühen sich wirklich sehr. Es ist nur eine Frage der Zeit."
Odoursin nickte. Dann blickte er zu Martock, der sich erneut schwer atmend an der Tischkante emporzog.
"Ich denke, da gibt es noch etwas anderes, was Sie wissen sollten, Euer Exzellenz."
Odoursin blinzelte misstrauisch. Er fuhr mit der Zunge über seine trockenen, rissigen Lippen.
Martock blickte kurz zu Hekken, bevor er weitersprach. "Letzte Nacht", verkündete er, "ist es uns gelungen, die Traumwandlerin auf der Erde ausfindig zu machen."
Odoursins Stimme bebte vor Zorn. Er wandte sich an Hekken. "Wussten Sie davon, General?"
Hekken warf Martock einen wütenden Blick zu, aus dem sein Ärger darüber sprach, dass der andere ihm mit seinem Auftritt zuvorgekommen war. Das war eine Neuigkeit, die er selbst Odoursin hatte mitteilen wollen. Martock lächelte zurück, ein zufriedenes, selbstgefälliges Lächeln.
"Ich wollte den Hohen Rat gerade informieren, als ich unterbrochen wurde."
Odoursin starrte in glühendem Zorn auf Hekken.
"Warum hat man mir das nicht früher berichtet? Ich hatte klaren Befehl gegeben, mich sofort zu informieren, sobald ihre Position genau bestimmt ist."
"Sie tauchte anfangs sehr unregelmäßig auf", erläuterte Hekken hastig. Kalter Schweiß lief ihm den Rücken herunter. Er bemühte sich, nicht darauf zu achten. "Es war sehr schwierig, ihre genaue Position zu bestimmen, aber gestern konnten wir ihr zurück auf die Erde folgen. Und wir haben eine Entdeckung gemacht, die für Eure Exzellenz, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, von größtem Interesse sein wird."
"Was haben Sie entdeckt, Mr Hekken?", fragte Odoursin mit eisigem Flüstern.
"Sie hat einen Sohn", antwortete Hekken.
Diese Nachricht wirkte wie ein Schock. Es herrschte absolute Stille in dem Raum. Jedes Mitglied des Hohen Rats wusste, was dieser Satz bedeutete. Alle blickten gespannt auf Odoursin und warteten, wie er reagieren würde. Sein Gesicht verriet nicht die geringste Erregung. Er nickte nur langsam, als ob er auf diese Nachricht schon seit langer, langer Zeit gewartet hätte."So sei es", sagte er schließlich. "Bringt den Jungen zu mir."
Aber es war noch nicht lange her, da war ihm etwas ganz anderes aufgefallen. Zuerst hatte er gedacht, dass es nur eine Einbildung sei. Aber dann hatte er genau aufgepasst. Es gab keinen Zweifel mehr.
Die Insekten verfolgten ihn.
Wohin er auch ging, die Wespen flogen mit. Kein großer Wespenschwarm - nur ein oder zwei Wespen, aber sie waren immer da. Als er gestern von der Schule nach Hause gegangen war, hatte er nach oben geschaut und mehrere Wespen über seinem Kopf schwirren sehen, wie kleine Hubschrauber. Es wurde immer auffälliger. Er musste fortwährend daran denken. Seit er mit seinen Eltern aufs Land gezogen war, beschäftigte er sich nur noch mit Insekten.
Er warf einen Blick auf die Wände seines Zimmers. Sie waren mit Abbildungen von Fliegen bedeckt, die er sorgfältig von Fotos abgezeichnet hatte. Auf dem Fußboden lagen Bücher über Insekten, die er aus der Bücherei ausgeliehen hatte, und auf seinem Schreibtisch befand sich das noch nicht fertige Schaubild der Mundwerkzeuge eines Moskitos. Er starrte mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu auf die Bilder.
Was war mit ihm los?
Am Horizont hinter den Hügeln ging langsam die Sonne auf. Das Morgenlicht breitete sich über die Wiesen und Wälder aus. Sam spürte in der Luft die Stille und Reglosigkeit, die einem heißen Sommertag vorausgeht. In der Ferne hörte er eine Ringeltaube auf einem der Bäume gurren, die am Rand der Wiese standen. Ein sanfter Wind strich über die Hecken und Sam konnte den Duft von wildem Geißblatt riechen. Dann herrschte wieder Stille.
Sam starrte aus dem Fenster auf den kurz gemähten, trockenen Rasen im Garten hinter dem Haus. Er musste an die Samstagnachmittage denken, als sie noch nicht umgezogen waren. Er hatte sich auf sein Fahrrad gesetzt und war in die Stadt gefahren. Er hatte sich Kaugummi und was zu Trinken gekauft und dann seine Freunde an dem alten Musikpavillon im Park getroffen. Am liebsten spielten sie eine Art russisches Roulette: Eine Dose mit einem sprudelnden Getränk wurde heftig geschüttelt, wieder unter die anderen Dosen gemischt und dann musste der Reihe nach jeder eine nehmen und direkt vor seinem Gesicht öffnen. Er erinnerte sich noch, wie einmal Chrissy Johnson fast von der Bank gekippt war und Bobbys Schwester Kayleigh vor Lachen so geprustet hatte, dass sie nach Hause musste, um sich umzuziehen.
Das hatte Spaß gemacht.
Aber diese Zeiten waren jetzt vorbei.
Sam seufzte tief und drehte sich wieder zu seinem Bett um. Neben dem Kopfkissen lag das Bestimmungsbuch Europäische Insekten und Spinnen, in dem er am Abend vorher das Kapitel über "Bienen, Ameisen und Wespen" durchgeblättert hatte. Er wollte gerade nach dem Buch greifen, als sein Blick auf den kleinen grauen Fleck an seinem Bettpfosten fiel. Langsam und vorsichtig bückte er sich, um ihn sich genauer anzusehen.
Es war eine graue, aggressiv wirkende Fliege, ungefähr so groß wie sein Daumennagel, mit einem zart gesprenkelten Hinterleib. Ihre Flügel waren durchscheinend graubraun. Am Kopf sprangen auf beiden Seiten gewölbte, bunt schillernde Augen hervor. An der Vorderseite waren scharfe, messerähnliche Mundwerkzeuge in die Luft gestreckt, die ein "V" bildeten.
Sam erkannte sofort, dass es eine Pferdebremse war.
Er behielt sie weiter aufmerksam im Auge, griff nach dem Insektenführer und blätterte die Seiten durch, bis er zu dem Abschnitt mit der Überschrift Familie Tabanidae (Bremse, Pferdebremse) kam.
Es folgte eine kleine Zeichnung. Darunter war zu lesen:
Die Weibchen sind Blutsauger und brauchen diese Nahrung, um ihre Eier bilden zu können. Der Einstich ist schmerzhaft. Sie bevorzugen Rinder und Pferde (sog. Bremsenplage), versorgen sich aber auch bei Menschen. Der natürliche Lebensraum sind Wälder, seichte Gewässer und Sumpfgegenden.
"Du bist am falschen Ort", sagte Sam.
Er nahm ein leeres Glas von seinem Schreibtisch, stülpte es über die Pferdebremse, schob eine Postkarte darunter und hielt das Ganze ins Licht.
Die Augen des Insekts schillerten grün, und Sam wusste, dass es ihn beobachtete.
"Okay, du bist vielleicht ein Blutsauger", sagte er, den kräftigen Stechrüssel und den platt gedrückten, gedrungenen Kopf aufmerksam musternd. "Aber du bist nicht besonders schlau. Ich sollte dich wieder dorthin zurückfliegen lassen, wo du hergekommen bist."
Er hielt das Glas nach draußen, schüttelte es und die Pferdebremse machte sich sofort auf und davon. Mit voller Geschwindigkeit steuerte sie auf die Gartenhecke zu.
Sam schaute ihr nach, bis sie verschwunden war.
"Pass auf, dass du dich nicht noch mal verirrst!", murmelte er und machte das Fenster wieder zu.
Aber die Pferdebremse hatte sich nicht verirrt.
Sie war viel intelligenter, als er dachte.
Zwei
In einem geheimen Ort irgendwo in Aurobon, in Gewölben, die tief unter der Stadt Vermia lagen, stand General Hekken in einem weißen Labor unter dem kalten Licht der Neonröhren und blickte auf die klare Flüssigkeit in dem Glasbecken vor ihm. Sein langer schwarzer Ledermantel und seine Schirmmütze stachen bedrohlich aus der sterilen Atmosphäre des Labors hervor. Seine Stiefel knarrten laut, als er sich nach vorne beugte, um genauer hinschauen zu können. Im Becken schwamm ein durchsichtiger Beutel mit einer dunklen Flüssigkeit, in dem ein Gewimmel gelber Mikroorganismen zu erkennen war.
General Hekken verzog das Gesicht. Eine Ansammlung von tödlichen Viren in dem separierten Magen eines Moskitos zu betrachten war kein Zeitvertreib, der ihm besonders viel Spaß machte. Aber es gab Dinge, die mussten einfach getan werden.
Der hagere Mann in dem weißen Kittel, der neben ihm stand, deutete auf seine Armbanduhr. Er nickte in Richtung Becken. "Bis jetzt am längsten, Mr Hekken", sagte er mit einem Anflug von Stolz in seiner Stimme. "Beinahe eine Stunde."
Hekken beobachtete, wie die fremdartigen, winzigen Lebewesen hinter der Glasscheibe sich langsam bewegten. Sie bestanden aus einem geschwollenen Kopf, der sich zu einer schmalen Ausstülpung verjüngte, und sechs dünnen, peitschenartigen Fangarmen, die auf der Rückseite hin und her schlenkerten wie Seeanemonen in einem Aquarium.
"Eine Stunde", antwortete Hekken. "Soll mich das beeindrucken?"
Ein Schatten huschte über das Gesicht des anderen Mannes.
"Eine Stunde bedeutet einen großen Fortschritt", sagte er nervös. "Die Überlebenschancen lagen praktisch bei null, als wir die ersten Injektionen gaben."
Während er sprach, riss der durchsichtige Beutel in dem Glasbecken. Die dunkle Flüssigkeit strömte in die umgebende klare Lösung. Schwarze Wolken sanken in spiralförmiger Bewegung zum Boden hinab. Hekken bemerkte, dass die Mikroorganismen sich nicht mehr bewegten. Er machte einen tiefen Seufzer und nahm seine Schirmmütze vom Kopf.
"Sie wissen, wie wichtig die Sache für den Großen Vorsitzenden Odoursin ist?"
"Ja, natürlich", sagte der Mann hastig. "Wir sind kurz vor dem Durchbruch. Wir tun, was wir können, um zu einem positiven Ergebnis zu kommen."
"Gut", sagte Hekken.
Er wandte seinen Blick von den leblos in der Flüssigkeit treibenden Mikroorganismen ab und richtete seine Augen auf den Mann im weißen Kittel.
"Aber ich befürchte, Sie werden sich noch etwas mehr anstrengen müssen."
Er machte eine Pause. "Wie geht es übrigens Ihrer reizenden Frau?"
"Danke, sehr gut. Ich ..."
"Und den Kindern?"
In den Augen des Mannes war Furcht zu lesen. Er schluckte kurz und schaute weg.
"Sie sind ... sie sind wohlbehalten und gesund."
"Schön. Das ist sehr schön."
Hekken setzte seine Schirmmütze wieder auf. "Passen Sie gut auf sie auf! Es wäre schrecklich, wenn ihnen etwas zustoßen würde. Ich würde mir das nie verzeihen."
Der Mann versuchte zu antworten, aber seine Stimme versagte und er brachte nur ein paar unverständliche Laute heraus.
"Ich weiß, ich weiß", sagte Hekken. "Sie sind ein anständiger Kerl. Wir versuchen alle, unser Bestes zu geben, und deshalb muss ich mir keine Sorgen machen. Hmm?"
Das Gesicht des Mannes war so weiß wie der Kragen seines Kittels geworden.
"Nein, Mr Hekken. Wir werden unser kleines Problem sofort gelöst haben. Das verspreche ich Ihnen."
Hekken tätschelte ihm mit seinem schwarzen Lederhandschuh die Wange.
"Das ist die richtige Einstellung", sagte er. "Fahren Sie mit Ihrer Arbeit fort."
In der metallisch grün schimmernden Kabine des Express-Lifts beobachtete Hekken, wie das rote Licht durch die Stockwerke nach oben flackerte, und dachte darüber nach, was er Odoursin sagen würde.
Es sah nicht gut aus. Erst gestern hatte der Weststaat Vahlzi öffentlich die Anschuldigung erhoben, dass Vermia plane, die Menschen mit einem tödlichen Virus zu infizieren. Die Vermutung entsprach der Wahrheit, aber selbstverständlich war diese Anschuldigung von den offiziellen Stellen in Vermia energisch zurückgewiesen worden. Alle waren sich bewusst, dass Vahlzi damit über einen Vorwand verfügen würde, mit seinen Truppen Vermia anzugreifen, wenn die Wahrheit herauskam. Und Vermia war noch nicht bereit für neue kriegerische Auseinandersetzungen, auch wenn es seit dem letzten Mal erheblich an militärischer Stärke gewonnen hatte.
Doch es gab auch gute Nachrichten. Die Traumwandlerin aus der Weissagung war letzte Nacht wieder aufgetaucht, und es war gelungen, ihre Spur bis zur Erde zurückzuverfolgen. Wenn sie schnell handelten, dann konnten sie den Lauf der Dinge vielleicht noch ändern.
Aber es würde nicht einfach werden.
Der Lift kam mit einem sanften Ruck zum Stillstand. Die Türen öffneten sich leise. Er betrat einen riesigen runden Raum mit einem großen Tisch in der Mitte. Kaltes weißes Licht erstrahlte von der Stahlscheibe über dem Tisch. Der Rest des Raums war in Dunkelheit getaucht. Draußen am Himmel zogen dunkle Sturmwolken auf, der Wind heulte und peitschte heftige Regenstöße gegen die Fenster des Turms.
Die elf Mitglieder des Hohen Rats waren um den Tisch versammelt. Alle hatten ihre Augen auf die große Kapuzengestalt mit dem verhüllten Gesicht gerichtet, die an der Fensterseite saß. Beim Geräusch von Hekkens schweren Stiefeln auf dem Steinfußboden wandten sie die Köpfe. Als Hekken näher kam, hob auch die Gestalt mit der Kapuze langsam ihren Kopf. Grausame Augen glühten in einem leichenblassen Antlitz mit entstellten Gesichtszügen. Die Haut wirkte wie geschmolzenes Wachs und bedeckte kaum noch die blassen blauen Adern.
Hekken nahm eine stramme soldatische Haltung an. Er zwang sich, Odoursins stählernem Blick standzuhalten.
"General Hekken", sagte Odoursin schließlich. "Bringen Sie uns gute Nachrichten?"
"Ja, Euer Exzellenz", antwortete Hekken. Er schlug mit einem Knall seine Hacken zusammen und machte eine leichte Verbeugung. "Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass das Programm gute Fortschritte macht. Es ist uns gelungen, einen Virus zu isolieren, der von einer seltenen Wirtspflanze auf der Erde stammt, aus dem tiefsten Regenwald Amazoniens. Es handelt sich um einen Virus von solcher Gefährlichkeit, dass er nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann, sobald er einmal seine Opfer erreicht hat. Das Problem der Übertragung ist allerdings noch nicht vollständig gelöst."
"Tatsächlich?", fragte Odoursin. "Wie soll ich das verstehen?"
Hekken räusperte sich. Plötzlich lohnte es sich, dass er so viele Stunden damit verbracht hatte, den langweiligen Erklärungen von noch langweiligeren Wissenschaftlern zuzuhören. Er war froh, dass er sich mit der Materie befasst hatte.
"Experimente haben gezeigt, dass das menschliche Blut für den Virus eine perfekte Brutstätte darstellt. Der Virus attackiert die menschlichen Zellen, indem er sich mit seinem Schwanz an die Zellmembran anheftet, seine eigene DNA in die Wirtszelle einschleust und von sich selbst Kopien herstellt. Dadurch gelingt es ihm, sich in kürzester Zeit zu vermehren und selbst das stärkste Immunsystem zu überwältigen. Der Tod erfolgt binnen weniger Tage."
Odoursins Augen glühten rot.
"Fahren Sie fort."
"Aber das Problem ist die Übertragung. Wie können wir den Virus zu den Menschen transportieren, wenn er nur in seiner Wirtspflanze existieren kann?"
"Ich hoffe, Sie werden uns gleich darüber aufklären, Mr Hekken."
"Der Virus kann nur sehr kurze Zeit außerhalb seiner natürlichen Umgebung überleben", fuhr Hekken fort, "und der einzige Weg, ihn schnell zu verbreiten, ist durch Moskitos. Wir nutzen sie als Transporttanks. Doch wir mussten leider feststellen, dass bei einer Injektion des Virus in den Magen eines weiblichen Moskitos ein Enzym freigesetzt wird, das die Magenschleimhaut zerstört. Die Magenwand zerreißt, wodurch das Insekt und der Virus getötet werden."
Ein übergewichtiger Mann mit eingesunkenen kleinen Augen in einem fleischigen Gesicht stemmte sich aus seinem Sitz auf die Füße. Hekken erkannte, dass es Martock war, und sein Puls beschleunigte sich.
"Verzeihung, General Hekken, aber wenn Sie das eine gute Nachricht nennen, habe ich Angst vor dem Tag, an dem Sie dem Hohen Rat eine schlechte Nachricht überbringen."
Ein zustimmendes Murmeln war im Raum zu hören. Hekken streckte abwehrend seine Hände aus. Es musste ihm gelingen, alle Kritik im Keim zu ersticken. Er bemerkte, dass Martock zufrieden in die Runde schaute, und zwang sich, ruhig zu bleiben.
"Lassen Sie mich dem Hohen Rat versichern, dass die Teams unserer besten Wissenschaftler rund um die Uhr an der Lösung dieses Problems arbeiten - auch jetzt, während wir darüber diskutieren. Sie führen Experimente mit neuen Chemikalien durch, die mit der Magenschleimhaut der Moskitos eine Verbindung eingehen und sie so vor den aggressiven Eigenschaften des Enzyms schützen. Wenn dies funktioniert, dann können die Insekten von uns zur Übertragung des neuen Virus zu den Menschen auf der Erde eingesetzt werden."
Es entstand eine Pause, in der alle im Raum über Hekkens Ausführungen nachdachten. Odoursins Augen verengten sich zu argwöhnischen Schlitzen.
"Wenn dies funktioniert, sagten Sie?"
"Es wird funktionieren", versicherte Hekken. Er dachte an den nervösen Mann im weißen Kittel und seine Familie. "Sie bemühen sich in den Labors sehr darum, eine Lösung zu finden", fügte er hinzu. "Sie bemühen sich wirklich sehr. Es ist nur eine Frage der Zeit."
Odoursin nickte. Dann blickte er zu Martock, der sich erneut schwer atmend an der Tischkante emporzog.
"Ich denke, da gibt es noch etwas anderes, was Sie wissen sollten, Euer Exzellenz."
Odoursin blinzelte misstrauisch. Er fuhr mit der Zunge über seine trockenen, rissigen Lippen.
Martock blickte kurz zu Hekken, bevor er weitersprach. "Letzte Nacht", verkündete er, "ist es uns gelungen, die Traumwandlerin auf der Erde ausfindig zu machen."
Odoursins Stimme bebte vor Zorn. Er wandte sich an Hekken. "Wussten Sie davon, General?"
Hekken warf Martock einen wütenden Blick zu, aus dem sein Ärger darüber sprach, dass der andere ihm mit seinem Auftritt zuvorgekommen war. Das war eine Neuigkeit, die er selbst Odoursin hatte mitteilen wollen. Martock lächelte zurück, ein zufriedenes, selbstgefälliges Lächeln.
"Ich wollte den Hohen Rat gerade informieren, als ich unterbrochen wurde."
Odoursin starrte in glühendem Zorn auf Hekken.
"Warum hat man mir das nicht früher berichtet? Ich hatte klaren Befehl gegeben, mich sofort zu informieren, sobald ihre Position genau bestimmt ist."
"Sie tauchte anfangs sehr unregelmäßig auf", erläuterte Hekken hastig. Kalter Schweiß lief ihm den Rücken herunter. Er bemühte sich, nicht darauf zu achten. "Es war sehr schwierig, ihre genaue Position zu bestimmen, aber gestern konnten wir ihr zurück auf die Erde folgen. Und wir haben eine Entdeckung gemacht, die für Eure Exzellenz, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf, von größtem Interesse sein wird."
"Was haben Sie entdeckt, Mr Hekken?", fragte Odoursin mit eisigem Flüstern.
"Sie hat einen Sohn", antwortete Hekken.
Diese Nachricht wirkte wie ein Schock. Es herrschte absolute Stille in dem Raum. Jedes Mitglied des Hohen Rats wusste, was dieser Satz bedeutete. Alle blickten gespannt auf Odoursin und warteten, wie er reagieren würde. Sein Gesicht verriet nicht die geringste Erregung. Er nickte nur langsam, als ob er auf diese Nachricht schon seit langer, langer Zeit gewartet hätte."So sei es", sagte er schließlich. "Bringt den Jungen zu mir."
... weniger
Autoren-Porträt von Steve Voake
Steve Voake grew up in Midsomer Norton, near Bath. After leaving school he sold ice-creams in the south of France for a while and once spent a memorable summer travelling across America. Before becoming a full time writer, Steve was headteacher of a village school in Somerset. In order to find time to write his first novel he used to get up at 3 a.m. and work for several hours before anyone else was awake. He lives with his family in Somerset.
Bibliographische Angaben
- Autor: Steve Voake
- Altersempfehlung: 14 - 17 Jahre
- 2005, 314 Seiten, Maße: 14 x 21,8 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570128369
- ISBN-13: 9783570128367
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