Nachts, wenn alles schläft
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Nachts,wenn alles schläft von Robert L. Stine
LESEPROBE
Währendder Bus des Sommercamps die enge, gewundene
Landstraßeentlangrumpelte, starrte ich durch das staubige
Fensterhinaus. In der Ferne konnte ich unter dem weiten,
hellenHimmel allmählich ansteigende rötliche Hügel ausmachen.
Niedrigeweiße Bäume säumten die Straße wie Zaunpfähle.
Wirschienen uns in einem Niemandsland zu befinden.
Seitfast einer Stunde hatten wir schon kein Haus und
keinenBauernhof mehr gesehen, geschweige denn eine Ortschaft.
DieBussitze bestanden aus hartem blauem Plastik. Jedes
Mal,wenn der Bus in ein Schlagloch rumpelte, wurden wir
ausunseren Sitzen in die Höhe geschleudert. Dann lachten
undschrien alle durcheinander. Der Busfahrer knurrte uns
ständigan und brüllte, wir sollten uns bloß wieder einkriegen.
Indem Bus befanden sich zweiundzwanzig Kinder auf
demWeg ins Sommercamp. Ich saß in der hintersten Sitzreihe
inder Mitte, von wo aus ich sie alle zählen konnte.
Wirwaren achtzehn Jungs und nur vier Mädchen. Ich
vermutete,dass alle Jungs auf dem Weg zum Camp Blankenstein
waren,wo ich ebenfalls hinwollte. Die Mädchen
fuhrenin ein Ferienlager für Mädchen gleich nebenan.
DieMädchen saßen zusammen in den vorderen Sitzreihen
undunterhielten sich leise. Ab und zu riskierten sie
einenBlick nach hinten, um sich die Jungs anzugucken.
DieJungen waren viel lauter als die Mädchen, rissen
Witze,lachten, machten komische Geräusche und riefen
dummesZeug. Es war zwar eine lange Busfahrt, aber wir
unterhieltenuns prächtig.
DerJunge neben mir auf dem Fensterplatz hieß Mike. Er
sahein bisschen wie eine Bulldogge aus, war ganz schön
pummeligund hatte ein rundes Gesicht und schwabbelige
Armeund Beine. Sein Haar war schwarz und er trug einen
Stoppelschnitt.Bekleidet war er mit ausgebeulten braunen
Shortsund einem ärmellosen grünen T-Shirt.
Wirsaßen schon die ganze Fahrt über nebeneinander,
aberMike redete nicht allzu viel. Wahrscheinlich war er
eherschüchtern und vielleicht auch ziemlich nervös. Er
hattekurz erwähnt, dass er zum ersten Mal in ein Sommercamp
fuhr.
Fürmich war es auch das erste Mal. Und ich muss gestehen,
dassich, während der Bus uns weiter und weiter von
zuHause fortbrachte, bereits anfing meine Eltern ein kleines
bisschenzu vermissen.
Ichbin zwölf, aber ich bin noch nie richtig von zu Hause
weggewesen. Obwohl die Busfahrt ziemlich lustig war,
fühlteich mich doch ein bisschen beklommen. Und wahrscheinlich
ginges Mike genauso.
Erdrückte sein pausbäckiges Gesicht gegen die Fensterscheibe
undschaute zu den rötlichen Hügeln hinüber, die
sichin der Ferne dahinzogen.
»Allesin Ordnung mit dir, Mike?«, fragte ich.
»Ja.Sicher, Billy«, antwortete er rasch, ohne sich umzudrehen.
Wiederdachte ich an meine Eltern. Vor der Abfahrt an
derBusstation waren sie mir so ernst vorgekommen. Aber
vielleichtwaren auch sie nervös, weil ich doch das erste
Malin ein Sommercamp fuhr.
»Wirwerden dir jeden Tag schreiben«, versprach Dad.
»Gibdein Bestes!«, sagte Mom und umarmte mich heftiger
alssonst.
Dasssie das sagte, fand ich ziemlich eigenartig. Warum
sagtesie nicht: »Viel Spaß«? Warum hatte sie »Gib dein
Bestes!«gesagt?
Wiedu wahrscheinlich schon gemerkt haben wirst, bin
ichso ein Typ, der sich ständig über alles Mögliche Gedanken
macht.
Dieeinzigen anderen Jungen, die ich bisher kennen gelernt
hatte,waren die beiden in der Reihe vor uns. Der eine
hießColin. Er hatte langes braunes Haar, das ihm bis zum
Kragenging, und trug eine Sonnenbrille mit silbernen Spiegelgläsern,
sodassman seine Augen nicht sehen konnte. Um
erwachsenerauszusehen, trug er ein rotes Stirnband, das er
ständigauf- und zuknüpfte.
Nebenihm auf dem Gangplatz saß ein kräftig gebauter,
lebhafterTyp namens Jay. Jay quasselte ständig über Sport
undgab damit an, was für ein toller Sportler er wäre. Es
machteihm Spaß seine kräftigen muskelbepackten Arme
vorzuführen,vor allem, wenn sich eines der Mädchen umdrehte
undzu uns nach hinten spähte.
Jayzog Colin andauernd auf und rangelte mit ihm, nahm
ColinsKopf in den Schwitzkasten und riss ihm sein Stirnband
ab.Du weißt schon. Nur so zum Spaß.
Jayhatte einen zerzausten buschigen Rotschopf, der ganz
danachaussah, als würde er ihn niemals bürsten. Seine
großenAugen waren blau. Er lachte gerne und häufig und
konntenicht aufhören mit den Mädchen herumzuschäkern.
Esmachte ihm Spaß anstößige Witze zu erzählen und den
MädchenBemerkungen zuzurufen.
»He- wie heißt du denn?«, rief Jay einer Blondine zu,
dieganz vorne am Fenster saß.
LangeZeit beachtete sie ihn einfach nicht. Doch als ihr
Jaydieselbe Frage zum vierten Mal zurief, drehte sie sich
umund funkelte ihn mit ihren grünen Augen an. »Dawn«,
antwortetsie. Dann zeigte sie auf das rothaarige Mädchen
nebensich. »Und das ist meine Freundin Dori.«
»He- das ist ja erstaunlich! Meine Katze heißt auch
Dawn!«,witzelte Jay.
Diemeisten der Jungs lachten, aber Dawn verzog keine
Miene.»Wie schön für deine Katze«, rief sie zu ihm nach
hinten.Dann drehte sie sich wieder um.
DerBus rumste in ein Schlagloch und wir hüpften alle in
dieHöhe.
»Siehmal, Billy«, sagte Mike plötzlich, nachdem er länger
geschwiegenhatte, und deutete aus dem Fenster.
Ichbeugte mich hinüber und versuchte mitzukriegen,
woraufer zeigte.
»Ichglaube, ich habe eben einen Kojoten gesehen«, erklärte
erund starrte immer noch angestrengt hinaus.
»Echt!«Ich sah eine Gruppe stummeliger, weißer Bäume
undeine Menge zerklüfteter, roter Felsen. Doch einen Kojoten
konnteich nicht entdecken.
»Erist hinter die Felsen dort gelaufen«, sagte Mike und
deutetenoch immer in die Richtung. Dann drehte er sich
zumir um. »Hast du irgendwelche Ortschaften oder so gesehen?«
Ichschüttelte den Kopf. »Nur Einöde.«
»Abersollte das Camp nicht in der Nähe eines Ortes
liegen?«Mike sah beunruhigt aus.
»Ichglaube nicht«, antwortete ich. »Mein Vater hat mir
erzählt,Camp Blankenstein wäre ganz einsam, irgendwo
imWald.«
Mikedachte eine Weile stirnrunzelnd über meine Antwort
nach.»Und was ist, wenn wir zu Hause anrufen wollen
oderso?«, fragte er.
»Wahrscheinlichhaben sie Telefone im Camp«, antwortete
ich.
Alsich wieder nach vorn schaute, sah ich, dass Jay irgendetwas
inRichtung Mädchen warf. Es sah wie ein grüner Ball
ausund traf Dawn am Hinterkopf, wo es in ihren blonden
Haarenhängen blieb.
»Wassoll das?«, schrie Dawn ärgerlich und zupfte den
klebrigengrünen Klumpen aus ihren Haaren. »Was ist
das?«Sie drehte sich um und funkelte Jay an.
Jayließ sein meckerndes Lachen vom Stapel. »Ich hab
keineAhnung. Ich hab s unter meinem Sitz gefunden. Da
hates geklebt!«, rief er ihr zu.
Dawnsah ihn finster an und warf ihrerseits nach ihm.
Abersie verfehlte Jay und traf das Rückfenster, wo der
Klumpenmit einem lauten Platsch kleben blieb.
Allelachten. Dawn und ihre Freundin Dori schnitten Jay
Grimassen.Colin fummelte an seinem roten Stirnband herum.
Jayrutschte tiefer in den Sitz und stemmte seine Knie
gegendie Lehne vor sich.
Einpaar Sitzreihen weiter vorne sangen zwei Jungs ein
Lied,das wir alle kannten, tauschten aber den ursprünglichen
Textgegen einen echt anstößigen aus.
Einpaar andere Kinder begannen mitzusingen.
Plötzlichkam der Bus ganz ohne Vorwarnung laut quietschend
undruckelnd zum Stehen.
VorÜberraschung schrien wir alle laut durcheinander.
Ichwurde aus meinem Sitz geschleudert und knallte mit
derBrust gegen die Lehne vor mir.
»Autsch!«Das tat weh.
Währendich mich in den Sitz zurückfallen ließ und mein
Herznoch immer heftig klopfte, stand der Busfahrer auf
unddrehte sich zu uns um.
»Ohh!«Lautes Keuchen erfüllte den Bus, als wir das Gesicht
desFahrers sahen.
SeinKopf war gewaltig und von rosa Farbe, gekrönt von
einervöllig zerzausten hellblauen Haarmähne. Er hatte
großeabstehende Ohren. Seine riesigen roten Augen traten
weitaus den dunklen Höhlen hervor und hüpften über
seinerNase, die wie eine Schnauze aussah. Scharfe gelbliche
Fangzähneragten aus dem weit aufgerissenem Mund heraus.
Einegrüne Flüssigkeit lief über seine dicken schwarzen
Lippenherab.
Währendwir ihn still vor Entsetzen anstierten, warf der
Fahrerseinen monströsen Kopf zurück und stieß ein tierisches
Brüllen aus.
© Omnibus Verlag
Übersetzung:Günter W. Kienitz
- Autor: Robert L. Stine
- Altersempfehlung: 10 - 12 Jahre
- 2002, Maße: 14,5 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570240037
- ISBN-13: 9783570240038
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