Nächte in Bombay
Die junge Karuna zieht mit ihrer Familie nach Bombay und wird dort als Model entdeckt. Fortan führt sie ein rastloses Glamour-Leben. Als ihr klar wird, dass sie von der Zukunft mehr erwartet, heiratet sie einen reichen Geschäftsmann, den sie seit...
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenlose Rücksendung
Die junge Karuna zieht mit ihrer Familie nach Bombay und wird dort als Model entdeckt. Fortan führt sie ein rastloses Glamour-Leben. Als ihr klar wird, dass sie von der Zukunft mehr erwartet, heiratet sie einen reichen Geschäftsmann, den sie seit Kindertagen kennt. Doch die Ehe ist nicht glücklich. Karuna lässt sich scheiden und wird Schauspielerin. Mit dem sympathischen Filmregisseur Girish will sie Bollywood erobern.
Nächte in Bombay von Shobhaa De
LESEPROBE
Ich kam ineinem staubigen Krankenhaus in Satara zur Welt, einementlegenen Provinznest in Maharashtra. Schon beimSchreiben dieser ersten Worte kommen sie mir wenig aufregend vor. Aber wo sonstanfangen? Es ist schwierig, die Geschichte eines Lebens zu erzählen, selbst deseigenen. Will ich wirklich aus meiner frühen Kindheit berichten? Erinnerungenausbreiten, die sich in nichts von den klischeehaften Dorf- undKleinstadtgeschichten unterscheiden, die man immer wieder liest? Nein, ichglaube, das will ich nicht. Bombay, die Stadt Bombay hat mich zu dem gemacht,was ich heute bin, und eigentlich will ich die Geschichte dieser Stadterzählen. Wenn ich an Bombay denke, fällt mir sofort Anjaliein, deshalb beginne ich meine Erzählung mit ihr.
Meine ersteErinnerung an Anjali gleicht wahrscheinlich dem, wasProminente gern hervorkramen, wenn sie gebeten werden, den ersten Eindruckeiner ihnen wichtigen Person zu schildern. Diese Begegnung hat sich mir sodeutlich eingeprägt, dass ich mich fast darüber ärgere. Ich weiß noch genau,was Anjali anhatte, wie sie redete, wie sie sich gab.Aber was mich am meisten an ihr faszinierte, waren ihre Fingernägel.
»Meinekostbaren Krallen«, sagte sie gern. Sie waren wirklich toll, eigentlich fastein bisschen zu perfekt, aber vielleicht war ich auch nur neidisch. Immerwieder bestaunte ich die elegant geformten und lackierten Ovale, wenn sie mitgrazilen Händen gestikulierte, um etwas zu verdeutlichen, wofür ihr die Wortefehlten. Und das kam ziemlich oft vor, denn sie war nicht besonderssprachgewandt.
Inzwischenist mir klar, dass sie eigentlich keinerlei herausragende Talente besaß.Vielleicht war das ihr Problem, aber genau weiß ich es nicht. Doch wozubrauchte sie Talente? Das bloße Sein erschien ihr genug. Zumindest dachte ichdas damals, erst viel später sah ich diese Frau nüchterner.
Bei unsererersten Begegnung kam sie mir jedenfalls unverwundbar vor. Obgleich sie bereitsMitte vierzig war, beeindruckte sie mich zutiefst. Sie war zwar keineklassische Schönheit und nicht so schillernd wie ein Filmstar, doch ihr Körperpräsentierte sich wohlgeformt und straff. Die Nase schien zwar etwas zu groß zusein, die Augen nichts Besonderes, aber ihre Haltung war perfekt. Und die Nägeltrugen dazu bei, sie wie eine richtige Memsaab wirkenzu lassen.
Man sehe esmir nach, dass ich dauernd auf ihre Nägel zu sprechen komme, aber sie warenwirklich spektakulär, nie war der Lack abgeplatzt. Erst viel später, als sieihren zweiten Mann heiratete, feilte sie die Nägel kurz. Ich weiß vonmindestens einem ihrer Liebhaber, der ständig von ihren attraktiven Nägelnschwärmte.
Sie wareine feste Größe im gesellschaftlichen Leben und die Ehefrau eines wohlhabendenPlayboys. Als wir uns kennenlernten, versuchte siesich wie viele Frauen in ihren Kreisen an Mode und Werbung. Ich hatte dieMittelschule hinter mir und trat gerade ins College ein. Anders als vielemeiner reichen und mondänen Mitschülerinnen benahm ich mich ziemlichschüchtern. Meine Herkunft aus der Mittelschicht und mein schäbiges Leben alsTochter eines mittleren Regierungsbeamten war mirzutiefst verhasst. Zwar taten meine Eltern alles für mich und meine Schwestern,doch anfangs unbewusst und später immer bewusster sehnte ich mich danach, zuder Clique der Schönen und Eleganten zu zählen. Sehr viele Mädchen meinerSchule gehörten dieser Gruppe an, ohne sich dafür anstrengen zu müssen.
Anjaliöffnete mir die Tür zu dieser Welt, deshalb erinnere ich mich wohl so gut ansie. Ich hatte erfahren, dass sie Models für eine Modenschau suchte, und ineinem Anfall extremer Kühnheit - für meine damaligen Verhältnisse - beschlossich, mein Glück zu versuchen. Obwohl ich als Rebellin galt, war ich allesandere als mutig in modischen Dingen. Das Treffen fand in Anjaliswinzigem Büro in der Nähe des Metro-Kinos statt.
Ich warnervös wie ein Rennpferd vor dem Start, als sie mir mit kühler Stimme befahl,über den Steg zu laufen. Mir fiel ein, dass sie früher ebenfalls als Modelgearbeitet hatte, und ich sah die Werbung für die Modemarken »Tata« und »Khatau« vor mir.
VorAufregung konnte ich kaum einen Fuß vor den anderen setzen. Noch heute weißich, was ich an jenem Tag anhatte: eine schreckliche weiße Schlaghose und einlustig bedrucktes buntes Hemd. Meine Absätze waren schief, meine Haare zu einemwirren Dutt aufgetürmt.
Stumm sahsie mir zu, wie ich herumstolperte. Meine Befangenheit wuchs. Es war alles ganzanders als bei den kleinen Modeljobs, die ich mehr aus Spaß gemacht hatte unddie meinen Vater damals so verärgerten. Anjali sagteetwas auf Gujarati zu dem kleinen Mann neben ihr, derden Kopf schüttelte, dann wandte sie sich mir zu.
»Hast dudenn Zeit für diese Show? Wir fangen nächste Woche mit den Proben an. «
Auf einmalkam sie mir gar nicht mehr so furchteinflößend vor.Sie lächelte sogar, als sie mir ihre Adresse und Telefonnummer gab.
Inzwischenwar bereits Büroschluss. Wir gingen gemeinsam auf die belebte Straße hinaus undwarteten auf ihren Chauffeur.
( )
© Originalverlag: Penguin Books India
Deutsch von Angela Schumitz.
- Autor: Dè SHOBHAA
- 2007, 1, 462 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Kartoniert (TB)
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3898975797
- ISBN-13: 9783898975797
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Nächte in Bombay".
Kommentar verfassen