Neue deutsche Mädchen
Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Neue deutsche Mädchen “
Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über Freundschaft, Liebe, Sex und Affären, über Jobs, Geld und Karrieren, über alte und neue deutsche Männer.
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge Männer und auch deren Eltern.
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge Männer und auch deren Eltern.
Klappentext zu „Neue deutsche Mädchen “
Über Nacht wurde Jana Hensel im Jahr 2002 mit ihrem autobiographischen Generationenbuch "Zonenkinder " zur Bestsellerautorin - hier kommt das lange erwartete nächste Buch. Ein neues Leben, eine neue Geschichte. Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über Freundschaft, Liebe, Sex und Affären, über Jobs, Geld und Karrieren, über alte und neue deutsche Männer.Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge Männer und auch deren Eltern.
Über Nacht wurde Jana Hensel im Jahr 2002 mit ihrem autobiographischen Generationenbuch "Zonenkinder " zur Bestsellerautorin - hier kommt das lange erwartete nächste Buch. Ein neues Leben, eine neue Geschichte. Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über Freundschaft, Liebe, Sex und Affären, über Jobs, Geld und Karrieren, über alte und neue deutsche Männer.
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge Männer und auch deren Eltern. im Jahr 2002 mit ihrem autobiographischen Generationenbuch "Zonenkinder " zur Bestsellerautorin - hier kommt das lange erwartete nächste Buch. Ein neues Leben, eine neue Geschichte. Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über Freundschaft, Liebe, Sex und Affären, über Jobs, Geld und Karrieren, über alte und neue deutsche Männer.
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge M
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge Männer und auch deren Eltern. im Jahr 2002 mit ihrem autobiographischen Generationenbuch "Zonenkinder " zur Bestsellerautorin - hier kommt das lange erwartete nächste Buch. Ein neues Leben, eine neue Geschichte. Zwei Frauen um die 30 ärgern sich über die Selbstinszenierung des "Emma"-Feminismus, der so alt ist wie sie. Und sie beginnen, über ihr eigenes Leben Auskunft zu geben. Über ihren Aufbruch von Ost und West in die Großstadt, über ihre Herkunft, über Freundschaft, Liebe, Sex und Affären, über Jobs, Geld und Karrieren, über alte und neue deutsche Männer.
Selten war eine Generation der 30-Jährigen so frei, sich selbst neu zu erfinden, wie in der Nachwendezeit - was Lust und Last zugleich bedeutet. Wer sind sie also, die neuen deutschen Mädchen, was ist ihnen wichtig und was egal? Wovon träumen sie? Woher nehmen sie ihren Mut und ihre Vitalität, und wie sollen ihre Männer sein? Jana Hensel und Elisabeth Raether erzählen davon mit radikaler Offenheit - in einem Buch für junge Frauen, junge M
Lese-Probe zu „Neue deutsche Mädchen “
Neue deutsche Mädchen von Jana Hensel und Elisabeth Raether LESEPROBE
Eigentlich müsste ich arbeiten. Ich will bis Montag die Übersetzung des amerikanischen Krimis durchhaben, überprüfen, ob alles richtig ist, Fehler anstreichen, Sätze umstellen. Heute ist schon Freitag. Obwohl die Arbeit ziemlich viel Konzentration erfordert, werde ich die Nächte durcharbeiten. Die Verabredung am Samstagabend muss ich absagen damit ich den Termin schaffe.
Denn gerade hat Jana angerufen. Ich konnte sie kaum verstehen, weil im Hintergrund die Lautsprecherdurchsagen vom Bahnhof Friedrichstraße dröhnten. Sie kam von einer Pressekonferenz mit Alice Schwarzer, die das Jubiläumsheft zum dreißigjährigen Bestehen der Emma vorgestellt hat. Jana führt ein anderes Leben als ich. Sie ist Journalistin und begegnet oft berühmten Leuten, über die sie dann schreibt; ich sitze in Hamburg in Jogginghose über meinen Druckfahnen, und sie ruft mich aus Berlin an und erzählt, wie sie gestern mit diesem oder jenem Fernsehmoderator telefoniert oder wie sie Anfang der Woche den einen oder anderen Schauspieler getroffen hat. Oder eben Alice Schwarzer.
... mehr
Ich bin Alice Schwarzer einmal in einem Laden in Hamburg, auf dem Neuen Wall, begegnet. Es gibt dort vor allem belgische und japanische Mode und seit einer Weile auch kleinere Berliner Label. Ich habe nichts gekauft, weil ich mir davon nichts mehr leisten kann, seit ich meinen reichen Freund verlassen habe. Außerdem mag ich belgische, japanische und Berliner Mode gar nicht so sehr, ich finde, die Sachen sind zu konzeptuell. Alice Schwarzer dagegen hat viel gekauft. Ich bin nicht sicher, ob die zuvorkommenden und aufmerksamen Verkäuferinnen, hochgewachsene Frauen mit langen, glatten Haaren, wussten, wer sie war. Sie hatte etwas Majestätisches, wie sie so leichtfüßig durch den Laden schwebte, ein lächeln auf den Lippen für jeden, der da war. Plötzlich trafen sich unsere Blicke, und ich sah sie an, wie man Fernsehberühmtheiten ansieht - immer ein wenig überrascht, dass sie, die man ja zu kennen meint, nicht reagieren. Alice Schwarzer drehte sich um und rief ihrer Begleitung eine Bemerkung über die Schuhe von Martin Margiela zu, die sie gerade entdeckt hatte.
Alice Schwarzer hat mir immer ein bisschen imponiert. Ich finde, sie ist würdevoll, wie nur die es sind, die Häme ertragen mussten. Ich glaube, sie ist mutig gewesen, und das, was man ihr heute als Überheblichkeit auslegen könnte, ist die Aura der Entschlossenen, die wissen, dass sie mehr gewagt und mehr erlebt haben als andere. Irgendwann muss man dann vielleicht auf diejenigen, die sich weniger zutrauen, gelinde herabblicken.
In dem Jubiläumsheft der Emma, hat Jana am Telefon gesagt, gehe es um Prostitution, Mädchenhandel und die Unterdrückung der muslimischen Frau, um Schleier, Beschneidung, Zwangsehe, Ehrenmord, Brustkrebs.
Kurz musste ich an die leukämiekranken Kinder denken, die ich gestern Abend im Fernsehen gesehen habe. In einem der drei Fernseher, die in meinem Fitnessstudio über den Crosstrainern hängen, lief die große ARD-Benefizgala mit Jose Carreras. Peter Maffay, Udo Jürgens und noch andere haben ein festliches Konzert gegeben, um Spenden für leukämiekranke Kinder zu sammeln. Bilder von Kindern mit großen, kahlen Köpfen und ernsten Augen wurden gezeigt, dann wurde eine Nummer eingeblendet, jeder Anruf war eine Spende. Es wird viel Geld zusammengekommen sein, ich selbst hätte beinahe mit dem Handy vom Fitnessstudio aus angerufen, denn auf einmal schien es möglich, diesen kleinen, todgeweihten Wesen zu helfen.
Aber ich habe nicht angerufen, da Charity mir irgendwie suspekt ist. Diese Veranstaltungen wirken schnell zynisch, weil ausgerechnet diejenigen mit dem Leid anderer Aufmerksamkeit auf sich lenken, die mit Aufmerksamkeit Geld verdienen.
Wenn ich ehrlich bin, kommt es mir manchmal so vor, als sei der Feminismus für Alice Schwarzer zu einem Charityprojekt geworden. Mit einer Medienkampagne fordert sie ein gesetzliches Verbot von Pornographie. Sie macht Werbung für Bild, auf deren Intemetseite man für 9,95 Euro sieben 'läge lang Zugang erhält zu vierhundert Livecams, unter anderem der Hot Girl 1 Cam, Hot Girl 2 Cam und der Lesbo Show Cam, und sich Filme mit dem Titel Charlize verlangt nach härteren Strafen herunterladen kann. Das Honorar für die Werbung, gibt Alice Schwarzer auf ihrer Website bekannt, spendet sie an drei Projekte für muslimische Mädchen in Not.
Wahrscheinlich verhält es sich so, wenn man lange ausgeschlossen war und irgendwann doch dazugehört: Man selbst erinnert sich noch gut an die Zeit, in der man nicht mitreden durfte, und meint deshalb, gar nicht richtig zum Kreis der Mächtigen zu zählen. Und so lässt man für sich selbst andere Maßstäbe gelten als für die, die man zuvor die Mächtigen nannte.
«Es ging um beschnittene Frauen, gesteinigte Frauen, eingesperrte, geschlagene, vergewaltigte, es ging um das Allerschlimmste, was einem passieren kann», hat Jana am Telefon gesagt, und ihre Stimme klang verärgert.
Ich sehe durch das Fenster in den grauen Winterhimmel. Es ist schon Mittag und noch immer nicht richtig hell geworden. Ich mache die Lampe an, die auf meinem Schreibtisch steht. In meinem Krimi hat es gerade das nächste Opfer gegeben, der Mörder hat die Frau eingeholt, er hat ihr einen Sack über den Kopf gezogen und so lange zua-edrückt, bis sie erstickt ist.
Ich erinnere mich, dass ich einmal ein Foto von Alice Schwarzer gesehen habe, auf dem sie ungefähr so alt war wie ich jetzt. Sie trug ein Oberteil mit schmalen blau-weißen Streifen, wie Jean Seberg in Aufs'er Atem, dazu einen kurzen schwarzen Rock. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, der dicke Pony reichte bis über die Augenbrauen, sie lachte. Ich weiß noch, wie überrascht ich war, als mir auffiel, dass Alice Schwarzer und Jean Seberg ungefähr zur gleichen Zeit jung gewesen sind. Jean-Paul Belmondo ist inzwischen mehrfacher Großvater, Seberg seit 2.7 Jahren tot. Godard hat keine Lust mehr auf Filmpreisverleihungen und roten Teppich. In Interviews unterhält er sich lieber über Tennis als über seine Filme. Nur Alice Schwarzer möchte nicht aufhören. Kaum ein Fernsehtalker, bei dem sie im letzten Jahr nicht zu Gast war. Sie sprach über die Kanzlerin, über Prostitution, über das neue Elterngeld, über Mode, über die sinkende Geburtenrate. Und da man mehr Zuhörer findet, je lauter man spricht, sind Frauen bei Alice Schwarzer immer Figuren in Dramen, sie sind Opfer oder Heldinnen. Alice Schwarzer tut so, als hätte sich die Situation der Frauen seit den siebziger Jahren kaum verändert - weil sie inzwischen vor allem eine strategisch handelnde Medienpersönlichkeit ist, die ihr Publikum sucht.
Und weil niemand merken soll, dass sie so vieles nicht weiß über Frauen, die heute jung sind.
Denn das Allerschlimmste passiert selten, und meistens passiert es nicht uns, es passiert woanders. Unser Leben, Janas und meins, ist kein Drama. Ich lege den Bleistift weg und klappe den Computer auf. Das Telefonat mit Jana liegt jetzt ein Jahr zurück. Es ist wieder ein solcher Tag, an dem es nicht richtig hell wird, und die Lampe auf meinem Schreibtisch brennt schon seit dem Morgen. Jana und ich haben im vergangenen Jahr viel telefoniert, fast täglich, und seit ich vor ein paar Monaten von Hamburg zurück nach Berlin gezogen bin, haben wir uns mehrmals die Woche gesehen. Ich wohne nur ein paar Straßen entfernt von ihr: Ich habe sie am Nachmittag besucht, oder wir trafen uns zum Abendessen in Restaurants in der Nähe. Jetzt hat Jana einen kleinen Sohn, und wir sehen uns seltener. Wir machen manchmal Spaziergänge in die Parks der Nachbarschaft, in denen es an den Wochentagen nachmittags ganz still ist. Kürzlich sind wir mit dem Baby in die vietnamesische Suppenküche gegangen, in der wir sonst oft gewesen sind. Aber das Kind hat so laut geschrien, dass wir uns die Suppen einpacken lassen mussten und sie bei Jana zu Hause gegessen haben.
Es haben sich ein paar Dinge verändert im vergangenen Jahr.
Vor einem Jahr konnten wir uns beispielsweise nicht vorstellen, ein Buch über Frauen zu schreiben, ohne mit einer Einführung zu beginnen, in der Alice Schwarzer eine wichtige Rolle spielt. Heute schon. Wir haben gemerkt, dass wir andere Themen viel interessanter finden. Wie es sich anfühlt, wenn man eine Affäre beginnt oder beendet. Oder warum Frauen häufig so unsicher sind und sich gern bescheiden geben und man Männern immer noch nicht recht zutraut, dass sie liebenswürdige Wesen und verlässliche Väter sein können. Oder die Frage, ob Männer anders verliebt sind als Frauen.
Das war es, worüber Jana und ich viel gesprochen haben im letzten Jahr.
Berlin, im Dezember 2007
© Rowohlt Verlag
Alice Schwarzer hat mir immer ein bisschen imponiert. Ich finde, sie ist würdevoll, wie nur die es sind, die Häme ertragen mussten. Ich glaube, sie ist mutig gewesen, und das, was man ihr heute als Überheblichkeit auslegen könnte, ist die Aura der Entschlossenen, die wissen, dass sie mehr gewagt und mehr erlebt haben als andere. Irgendwann muss man dann vielleicht auf diejenigen, die sich weniger zutrauen, gelinde herabblicken.
In dem Jubiläumsheft der Emma, hat Jana am Telefon gesagt, gehe es um Prostitution, Mädchenhandel und die Unterdrückung der muslimischen Frau, um Schleier, Beschneidung, Zwangsehe, Ehrenmord, Brustkrebs.
Kurz musste ich an die leukämiekranken Kinder denken, die ich gestern Abend im Fernsehen gesehen habe. In einem der drei Fernseher, die in meinem Fitnessstudio über den Crosstrainern hängen, lief die große ARD-Benefizgala mit Jose Carreras. Peter Maffay, Udo Jürgens und noch andere haben ein festliches Konzert gegeben, um Spenden für leukämiekranke Kinder zu sammeln. Bilder von Kindern mit großen, kahlen Köpfen und ernsten Augen wurden gezeigt, dann wurde eine Nummer eingeblendet, jeder Anruf war eine Spende. Es wird viel Geld zusammengekommen sein, ich selbst hätte beinahe mit dem Handy vom Fitnessstudio aus angerufen, denn auf einmal schien es möglich, diesen kleinen, todgeweihten Wesen zu helfen.
Aber ich habe nicht angerufen, da Charity mir irgendwie suspekt ist. Diese Veranstaltungen wirken schnell zynisch, weil ausgerechnet diejenigen mit dem Leid anderer Aufmerksamkeit auf sich lenken, die mit Aufmerksamkeit Geld verdienen.
Wenn ich ehrlich bin, kommt es mir manchmal so vor, als sei der Feminismus für Alice Schwarzer zu einem Charityprojekt geworden. Mit einer Medienkampagne fordert sie ein gesetzliches Verbot von Pornographie. Sie macht Werbung für Bild, auf deren Intemetseite man für 9,95 Euro sieben 'läge lang Zugang erhält zu vierhundert Livecams, unter anderem der Hot Girl 1 Cam, Hot Girl 2 Cam und der Lesbo Show Cam, und sich Filme mit dem Titel Charlize verlangt nach härteren Strafen herunterladen kann. Das Honorar für die Werbung, gibt Alice Schwarzer auf ihrer Website bekannt, spendet sie an drei Projekte für muslimische Mädchen in Not.
Wahrscheinlich verhält es sich so, wenn man lange ausgeschlossen war und irgendwann doch dazugehört: Man selbst erinnert sich noch gut an die Zeit, in der man nicht mitreden durfte, und meint deshalb, gar nicht richtig zum Kreis der Mächtigen zu zählen. Und so lässt man für sich selbst andere Maßstäbe gelten als für die, die man zuvor die Mächtigen nannte.
«Es ging um beschnittene Frauen, gesteinigte Frauen, eingesperrte, geschlagene, vergewaltigte, es ging um das Allerschlimmste, was einem passieren kann», hat Jana am Telefon gesagt, und ihre Stimme klang verärgert.
Ich sehe durch das Fenster in den grauen Winterhimmel. Es ist schon Mittag und noch immer nicht richtig hell geworden. Ich mache die Lampe an, die auf meinem Schreibtisch steht. In meinem Krimi hat es gerade das nächste Opfer gegeben, der Mörder hat die Frau eingeholt, er hat ihr einen Sack über den Kopf gezogen und so lange zua-edrückt, bis sie erstickt ist.
Ich erinnere mich, dass ich einmal ein Foto von Alice Schwarzer gesehen habe, auf dem sie ungefähr so alt war wie ich jetzt. Sie trug ein Oberteil mit schmalen blau-weißen Streifen, wie Jean Seberg in Aufs'er Atem, dazu einen kurzen schwarzen Rock. Ihre blonden Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, der dicke Pony reichte bis über die Augenbrauen, sie lachte. Ich weiß noch, wie überrascht ich war, als mir auffiel, dass Alice Schwarzer und Jean Seberg ungefähr zur gleichen Zeit jung gewesen sind. Jean-Paul Belmondo ist inzwischen mehrfacher Großvater, Seberg seit 2.7 Jahren tot. Godard hat keine Lust mehr auf Filmpreisverleihungen und roten Teppich. In Interviews unterhält er sich lieber über Tennis als über seine Filme. Nur Alice Schwarzer möchte nicht aufhören. Kaum ein Fernsehtalker, bei dem sie im letzten Jahr nicht zu Gast war. Sie sprach über die Kanzlerin, über Prostitution, über das neue Elterngeld, über Mode, über die sinkende Geburtenrate. Und da man mehr Zuhörer findet, je lauter man spricht, sind Frauen bei Alice Schwarzer immer Figuren in Dramen, sie sind Opfer oder Heldinnen. Alice Schwarzer tut so, als hätte sich die Situation der Frauen seit den siebziger Jahren kaum verändert - weil sie inzwischen vor allem eine strategisch handelnde Medienpersönlichkeit ist, die ihr Publikum sucht.
Und weil niemand merken soll, dass sie so vieles nicht weiß über Frauen, die heute jung sind.
Denn das Allerschlimmste passiert selten, und meistens passiert es nicht uns, es passiert woanders. Unser Leben, Janas und meins, ist kein Drama. Ich lege den Bleistift weg und klappe den Computer auf. Das Telefonat mit Jana liegt jetzt ein Jahr zurück. Es ist wieder ein solcher Tag, an dem es nicht richtig hell wird, und die Lampe auf meinem Schreibtisch brennt schon seit dem Morgen. Jana und ich haben im vergangenen Jahr viel telefoniert, fast täglich, und seit ich vor ein paar Monaten von Hamburg zurück nach Berlin gezogen bin, haben wir uns mehrmals die Woche gesehen. Ich wohne nur ein paar Straßen entfernt von ihr: Ich habe sie am Nachmittag besucht, oder wir trafen uns zum Abendessen in Restaurants in der Nähe. Jetzt hat Jana einen kleinen Sohn, und wir sehen uns seltener. Wir machen manchmal Spaziergänge in die Parks der Nachbarschaft, in denen es an den Wochentagen nachmittags ganz still ist. Kürzlich sind wir mit dem Baby in die vietnamesische Suppenküche gegangen, in der wir sonst oft gewesen sind. Aber das Kind hat so laut geschrien, dass wir uns die Suppen einpacken lassen mussten und sie bei Jana zu Hause gegessen haben.
Es haben sich ein paar Dinge verändert im vergangenen Jahr.
Vor einem Jahr konnten wir uns beispielsweise nicht vorstellen, ein Buch über Frauen zu schreiben, ohne mit einer Einführung zu beginnen, in der Alice Schwarzer eine wichtige Rolle spielt. Heute schon. Wir haben gemerkt, dass wir andere Themen viel interessanter finden. Wie es sich anfühlt, wenn man eine Affäre beginnt oder beendet. Oder warum Frauen häufig so unsicher sind und sich gern bescheiden geben und man Männern immer noch nicht recht zutraut, dass sie liebenswürdige Wesen und verlässliche Väter sein können. Oder die Frage, ob Männer anders verliebt sind als Frauen.
Das war es, worüber Jana und ich viel gesprochen haben im letzten Jahr.
Berlin, im Dezember 2007
© Rowohlt Verlag
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Autoren-Porträt von Jana Hensel, Elisabeth Raether
Autoren-Porträt von Jana Hensel und Elisabeth Raether Jana Hensel nennt sich selbst ein „Zonenkind“, sie wurde 1976 in Leipzig geboren und verbrachte Kindheit und Jugend dort. Das Studium brachte sie von Leipzig nach Marseille, Berlin und Paris. 1999 war sie Chefredakteurin der Leipziger Literaturzeitschrift „edit“ und brachte 2000 mit Thomas Hettche die Internetanthologie „NULL“ heraus. Heute lebt Hensel als freie Journalistin und Autorin in Berlin.
2002 erschien ihr erstes Buch „Zonenkinder“, das nach kurzer Zeit ganz oben auf den Bestsellerlisten stand und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. In ihrem Erstlingswerk machte sich die Autorin daran, ihre Lebenszeit in der DDR aufzuarbeiten. Zur Zeit der Wende war sie 13 Jahre alt, das Ende der Kindheit und der Fall der Mauer fielen für sie quasi zusammen. Mit dem Umbruch in Politik und Gesellschaft ging Janas Erwachsenwerden einher, und so handelt das Buch auch vom Konflikt mit der Generation der Eltern, von denen sie eine „große Fremdheit“ trennte.
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Inzwischen ist Jana Hensel in der Nachwendezeit angekommen und weiß genau, was „Mädchen“ ihres Alters, also die 30-Jährigen, wollen. Auch ihre Freundin Elisabeth Raether weiß es. Sie ist 1979 in Heidelberg geboren und lebt als Lektorin und Autorin in Berlin. Kennengelernt haben sich die Frauen in Paris und sind seitdem „…ein bisschen wie unzertrennlich“. Sie schrieben gemeinsam ein Buch über sich und nannten es „Neue deutsche Mädchen“ (2008). Der eigentliche Auslöser für diesen Titel war eine Pressekonferenz von Alice Schwarzer zum 30-jährigen Bestehen der Zeitschrift „Emma“. Jana Hensel war dabei und hörte sich an, wie die Frauenrechtlerin u. a. von der Unterdrückung der Frau im Islam und der Situation der Prostituierten in Deutschland sprach. Hensel fragte, ob nicht Chancengleichheit bei der beruflichen Karriere das eigentliche Thema sein müsste. Gleichsam als Antwort darauf schrieben die beiden Autorinnen darüber, „wie es ist, heute eine Frau zu sein“. Sie erzählen offen und ehrlich von ihren Träumen, von Unternehmungsgeist, von Lust und Liebe, von Mut und Männern.
Inzwischen ist Jana Hensel in der Nachwendezeit angekommen und weiß genau, was „Mädchen“ ihres Alters, also die 30-Jährigen, wollen. Auch ihre Freundin Elisabeth Raether weiß es. Sie ist 1979 in Heidelberg geboren und lebt als Lektorin und Autorin in Berlin. Kennengelernt haben sich die Frauen in Paris und sind seitdem „…ein bisschen wie unzertrennlich“. Sie schrieben gemeinsam ein Buch über sich und nannten es „Neue deutsche Mädchen“ (2008). Der eigentliche Auslöser für diesen Titel war eine Pressekonferenz von Alice Schwarzer zum 30-jährigen Bestehen der Zeitschrift „Emma“. Jana Hensel war dabei und hörte sich an, wie die Frauenrechtlerin u. a. von der Unterdrückung der Frau im Islam und der Situation der Prostituierten in Deutschland sprach. Hensel fragte, ob nicht Chancengleichheit bei der beruflichen Karriere das eigentliche Thema sein müsste. Gleichsam als Antwort darauf schrieben die beiden Autorinnen darüber, „wie es ist, heute eine Frau zu sein“. Sie erzählen offen und ehrlich von ihren Träumen, von Unternehmungsgeist, von Lust und Liebe, von Mut und Männern.
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Bibliographische Angaben
- Autoren: Jana Hensel , Elisabeth Raether
- 2008, 1, 208 Seiten, Maße: 13 x 21 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Rowohlt
- ISBN-10: 3498029940
- ISBN-13: 9783498029944
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