Nur ein Hauch von dir / Small Blue Thing Bd.1
Wenn die große Liebe nur der Anfang ist ...
Als Alex am Ufer der Themse einen silbernen Armreif findet und ihn arglos über ihr Handgelenk streift, ahnt sie nicht, was sie damit auslöst. Es kann nur eine Täuschung sein, dass der blaue Schmuckstein sich hin...
Als Alex am Ufer der Themse einen silbernen Armreif findet und ihn arglos über ihr Handgelenk streift, ahnt sie nicht, was sie damit auslöst. Es kann nur eine Täuschung sein, dass der blaue Schmuckstein sich hin...
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Produktinformationen zu „Nur ein Hauch von dir / Small Blue Thing Bd.1 “
Klappentext zu „Nur ein Hauch von dir / Small Blue Thing Bd.1 “
Wenn die große Liebe nur der Anfang ist ...Als Alex am Ufer der Themse einen silbernen Armreif findet und ihn arglos über ihr Handgelenk streift, ahnt sie nicht, was sie damit auslöst. Es kann nur eine Täuschung sein, dass der blaue Schmuckstein sich hin und wieder zu verdunkeln scheint. Doch dann sieht sie plötzlich diesen Jungen vor sich: mit traurigen blauen Augen und atemberaubend schön. Bald taucht er immer öfter in ihrer Gegenwart auf, und sie stellt fest, dass sie die Einzige ist, die ihn sehen kann. Und dass ihre Hand beim Versuch, ihn zu berühren, ins Leere greift.
Wer ist dieser Junge? Ist es wirklich klug, sich in ihn zu verlieben? Doch Alex hat keine Wahl mehr, ihr Herz hat sich längst entschieden. Für Callum. Und er sich für sie.
Oder?
Lese-Probe zu „Nur ein Hauch von dir / Small Blue Thing Bd.1 “
Nur ein Hauch von dir von Sue Ransom2. Visionen
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Grace und ich kamen in dieser Nacht nicht so schrecklich viel zum Schlafen. Wir erwischten gerade noch den letzten Zug und verbrachten den ganzen Nachhauseweg damit, die Ereignisse des Abends zu analysieren.
Grace glühte geradezu. Über Jahre hatte sie sich danach gesehnt, dass Jack sie wahrnehmen würde, und jetzt hatte sie endlich ihre Chance bekommen. In allen Einzelheiten besprachen wir, wie es mit den beiden weitergehen könnte. Wenn sie es bis zu den Sommerferien schaffte, die anderen Mädchen von seinem Schirm fernzuhalten, würden ihre Chancen erheblich steigen, Jack für eine längere Zeit zu halten, schätzten wir. Da gab es so viel zu überlegen, und ich war froh, dass nicht zu viel Zeit blieb, um über Rob zu reden.
Doch Grace war keineswegs vollständig abgelenkt. »Also hat Rob sich doch endlich dazu durchgerungen, mal mit dir auszugehen«, sagte sie, während wir auf der Straße vom Bahnhof zu uns nach Hause dahintrotteten - ich nach einem kurzen Ringkampf mit ihr endlich wieder in meinen Chucks.
»Ja, scheint so ... aber es geht um viel mehr. Er will, dass ich mit ihm nach Cornwall fahre. Seine Eltern haben da ein Cottage gemietet.«
»Das ist aber tapfer von dir, in diesem Stadium freiwillig so viel Zeit mit seinen Eltern zu verbringen!«
»Genau das ist ja das Problem, weißt du«, gestand ich. »Seine Familie ist gar nicht da. Wir wären nur zu zweit.« Sie zog scharf die Luft ein. »Na, der geht aber ran, was?« Kurze Pause. »Und, überlegst du mitzufahren?«, fragte sie dann in leichterem Tonfall.
»Wie kannst du das auch nur denken?«, rief ich. »Das geht mir alles viel zu schnell.«
»Ich weiß«, stimmte sie zu, »aber manchmal lösen sich selbst die besten Vorsätze in Luft auf - wenn die Situation zu verlockend ist.« Ihr Blick war in weite Ferne gerichtet. Ich witterte eine Schwäche. »Das klingt, als würdest du von dir reden«, provozierte ich. »Heißt das etwa, dass du
und Jack ... ?«
»Puh, schön wär's ja, aber ich hab bloß an unseren Pakt gedacht.«
Vor langer Zeit hatten Grace und ich einen Pakt geschlossen, dass wir gegenseitig auf uns aufpassen würden, wenn eine von uns vorhatte, mit ihrem Freund zu weit zu gehen. Im letzten Jahr hatten wir zu viele von unseren Freundinnen erlebt, die sich in katastrophale kurzlebige Beziehungen gestürzt hatten, und wir wollten beide nicht so verletzt werden.
Am Anfang der Woche hatte ich mich noch gefragt, ob Rob DER sein würde, aber irgendwie schien ich ihn jetzt viel deutlicher zu sehen, und die ganze Angelegenheit fühlte sich ... falsch an. Ich hatte keine Ahnung, warum, denn er war toll, beliebt und hatte keine Freundin. Und jetzt interessierte er sich für mich. Warum also war ich nicht glücklicher?
Wir konnten es uns nicht verkneifen, kurz auf den kleinen Spielplatz an der Brücke zu gehen und ein bisschen im Mondschein zu schaukeln. Als wir zum ersten Mal hierher-gekommen waren, war ich neun gewesen und hatte mich für viel zu groß gehalten, um an den Schaukeln meinen Spaß zu haben. Heute nutzten Grace und ich sie regelmäßig als einen Ort, wo wir quatschen konnten, ohne dass uns jemand belauschte.
Wir sprachen über Ashley. Ich kannte sie schon ewig. Von Anfang an waren wir in derselben Schule, wenn auch nicht immer in derselben Klasse gewesen. In gewisser Weise waren wir uns sehr ähnlich, aber wir lagen zu oft im Wettstreit und wurden so nie beste Freundinnen. Doch wir hatten auch gute gemeinsame Zeiten gehabt, wie bei der Reise nach Frankreich während der Mittelstufe, bei der sie und ich den Angriff auf die Schlafräume der Jungen geleitet hatten, aber auch vor kurzem bei der Reise mit dem Chor. Doch die Sache mit Rob hatte das alles kaputtgemacht. Sobald klar war, dass wir ihn beide wollten, war auch klar, dass der zerbrechliche Frieden zwischen uns zu Bruch gehen würde.
Mit Grace war das Leben viel einfacher. Vom Aussehen her, nach unseren Ansichten und unseren Vorlieben waren wir ziemlich verschieden, aber irgendwie auch beste Freundinnen. Und zum Glück schwärmten wir nie für dieselben Jungs. Stattdessen hatten wir in den letzten sechs Jahren zusammen katastrophale Dramen erlebt, die entsetzliche Schmach, von Jungs abgewiesen zu werden, und dann noch die ständige lästige Neugier unserer Mütter. Inzwischen wussten wir immer, wann die andere in Schwierigkeiten war, und hatten die unheimliche Fähigkeit, uns gegenseitig genau zum richtigen Zeitpunkt anzurufen. Ich vertraute ihr vollkommen, und ich wusste, dass sie und ich für immer Freundinnen bleiben würden.
Wir lachten immer noch leise über die Jungs, als wir uns ins Haus schlichen und versuchten, meine Eltern nicht zu sehr zu stören. Es war ein Jammer, dass wir am nächsten Morgen früh aufstehen mussten - wir hätten noch die ganze Nacht weiterquatschen können.
Ich überdachte noch einmal den Tag und war verzweifelt über den Zustand meiner neuen Jeans, als mir der Armreif wieder einfiel. Ich sprang aus dem Bett und kramte in meinem Rucksack danach. Im schwachen Licht glänzte das Silber, und der Stein wirkte wie ein tiefer Kobaltteich. Ich hatte ihn doch ziemlich gut sauber bekommen. Er glich gar nicht mehr dem angelaufenen Metallreif, den ich aus dem Schlamm gefischt hatte.
Ich streifte mir das Schmuckstück über das Handgelenk. Er passte echt angenehm, als wäre er extra für mich gemacht worden. Während ich den Stein betrachtete, überkam mich eine wohltuende Ruhe. Es fühlte sich irgendwie richtig an, ihn zu tragen, und falsch, dass er so lange Zeit unter Kies und Schlamm gelegen hatte. Ich hielt ihn näher ins Licht meiner Nachttischlampe, um ihn genauer betrachten zu können. Es war atemberaubend, wie das Licht im Stein tanzte - fast als würde er seine Rettung feiern. Ganz ohne Frage war der Armreif das phantastischste Schmuckstück, das ich je gesehen hatte. Ich versprach mir selbst, ihn am nächsten Tag wirklich sorgfältig zu reinigen. Gerade wollte ich das Licht ausschalten, als Grace anfing zu husten.
»Das ist nichts«, wehrte sie meinen besorgten Blick ab, »nur so ein Kratzen.«
»Du brauchst was zu trinken«, entschied ich. »Ich flitz mal schnell in die Küche runter und hol dir ein Glas Wasser.« Ich hatte schon oft mit ihr in einem Zimmer übernachtet und kannte das schon. Grace konnte die ganze Nacht im Schlaf durchhusten.
Unten war es sehr dunkel, da alle längst zu Bett gegangen waren. Ich nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es am Wasserhahn, ging zurück in den Flur und blickte auf den schweren Reif an meinem Handgelenk. Gedankenverloren berührte ich das kühle Silber, und mit einem Mal sah ich im Geiste das Bild eines umwerfenden Jungen. Es war, als wäre er direkt vor mir erschienen. Es kam so überraschend, dass ich zurücksprang, einen Schrei unterdrückte und das Glas fallen ließ. Sein Gesicht wirkte edel, aber auch irgendwie leidenschaftlich. Er hatte klare blaue Augen, ausgeprägte Wangenknochen und ein kräftiges Kinn. Seine Haut war einfach vollkommen: glatt rasiert und leicht gebräunt und mit einem kleinen Grübchen gleich neben dem Mund. Noch nie hatte mich ein Mensch derart durcheinandergebracht. Er sah ein bisschen verblüfft und zugleich seltsam traurig aus, die Augenbrauen hochgezogen und die schönen Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst.
Sein Bild blieb noch einen Augenblick länger in meinem Kopf, lang genug für mich, um die dunkelblonden Haare, die Anspannung in seinen Schultern wahrzunehmen und dass er in einen dunklen Umhang gehüllt war. Und dann, gerade als ich zum Lichtschalter greifen wollte, war die Erscheinung in meinem Kopf so schnell verschwunden, wie sie gekommen war, und ich stand alleine in dem dunklen Flur - mitten in einer Wasserpfütze.
»Mist!«, schimpfte ich leise vor mich hin, als mir klar wurde, dass ich mir das alles nur eingebildet und außerdem auf dem Fußboden eine Sauerei veranstaltet hatte. Dann hörte ich, wie meine Mutter ihre Zimmertür öffnete, um nach der Ursache des Lärms zu sehen. Wenn ich sie aufweckte, war sie immer ziemlich mürrisch.
Ich rannte die Treppe hoch, um sie abzufangen.
»Tut mir leid, Mum«, flüsterte ich. »Ich wollte Grace ein Glas Wasser bringen, da bin ich über die Schuhe gestolpert und hab es fallen lassen.«
Meine Mutter beschwerte sich ständig über die im Flur herumstehenden Schuhe, also musste sie mir das abnehmen.
»Sei ein bisschen vorsichtiger, Alex. Und sieh zu, dass du alle Scherben aufliest.«
»Okay. Tut mir leid, dass ich dich geweckt hab.«
»Na, wenigstens weiß ich jetzt, dass ihr gut nach Hause gekommen seid.« Sie lächelte. »Hattet ihr einen schönen Abend?«
»Er war okay«, sagte ich schnell. Gerade jetzt wollte ich nicht, dass sie mit einer ihrer endlosen Befragungen loslegte. Zum Glück verstand sie den Hinweis.
»Das kannst du mir ja alles morgen erzählen. Bis dann
beim ...«
»... Frühstück«, ergänzte ich und gab ihr einen Kuss.
Sie verschwand in ihrem Zimmer, und ich rannte wieder nach unten, knipste das Licht an und begutachtete den Schaden. Es war gar nicht so schlimm. Das Glas war sauber entzweigebrochen, und es war nicht allzu voll gewesen, daher war die Pfütze auf den Dielen auch nicht so groß.
Während ich den Boden aufwischte, durchforstete ich mein Gedächtnis. Es fiel mir einfach nicht ein, wo ich das Gesicht des Jungen schon einmal gesehen haben könnte. Wahrscheinlich im Fernsehen -, denn er war viel zu hübsch, um pure Einbildung zu sein. Und dann auch noch so ein strahlendes Bild, als wäre es direkt in meinen Kopf projiziert worden. Und das war das echt Seltsame dabei: Irgendwie hatte es gar nicht wie die Erinnerung an jemanden gewirkt, es war so gewesen, als wäre er wirklich da. Das alles ergab keinen Sinn, und schließlich gab ich es auf. Es war spät, und ich war müde. Vielleicht würde ich am Morgen eine bessere Idee haben.
Ich holte ein neues Glas aus der Küche und ging wieder nach oben, gefasst darauf, von meiner Freundin verhört zu werden. Doch Grace war in der Zwischenzeit eingeschlafen. Die ausführliche Diskussion meiner verrückten Erscheinung musste warten.
Am nächsten Morgen merkte ich, dass ich immer noch den Armreif trug. Er passte mir so gut, dass ich ihn gar nicht gespürt hatte. Ich ging nach unten, um für Grace und mich einen Kaffee zu holen, und während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte, kratzte ich einen winzigen Fleck auf dem Stein ab. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, wieder einen Schatten über seine Oberfläche flattern zu sehen, doch beim zweiten Hinsehen war nichts mehr da. »Langsam werd ich verrückt«, brummelte ich in mich hinein und musste wieder an die letzte Nacht denken. »Armreifen können nicht zwinkern, und Bilder von fremden Typen können nicht in deinen Kopf projiziert werden.« Wie immer gab es auch an diesem Morgen in letzter Minute einen Alarmstart, und Grace und ich schnappten uns nur schnell einen Keks als Frühstück. Und auch so kamen wir gerade eben rechtzeitig aus dem Haus, um den Schulbus noch zu erwischen.
Der Vorteil, auf einer Mädchenschule zu sein, die neben einer Jungenschule liegt, war enorm. Es war möglich, den Jungs aus dem Weg zu gehen, wenn man sich mies fühlte oder einen schlechten Tag hatte, aber wenn man es wollte, war es ganz leicht, sich in den Pausen am Zaun zu treffen. Der Gemeinschaftsbus der beiden Schulen war die Drehscheibe meines sozialen Lebens gewesen, seitdem ich elf geworden war - hier hatte ich jedes einzelne Schimpfwort unserer Sprache von den Jungs gelernt, hier diskutierten die Mädchen ihre Strategien, um denselben Jungs zu gefallen.
Als wir in die Oberstufe gekommen waren, hatten sich die Dinge etwas geändert. Nun gehörten wir offiziell zu den Älteren, und man verlangte nicht länger von uns, eine Schuluniform zu tragen. Wir liebten es, die jüngeren Schüler im Bus mit nachsichtigem Blick zu betrachten, erschraken allerdings gelegentlich, wenn uns klarwurde, dass wir uns gerade noch ganz genauso benommen hatten.
Josh zum Beispiel, der jetzt achtzehn und im letzten Schuljahr war, hatte mich in den letzten sechs Jahren im Bus total ignoriert. Doch auch das hatte sich in den letzten Monaten geändert, als er und ein paar seiner Freunde anfingen, sich für meine Freundinnen zu interessieren, und ab und zu erkannten sie sogar meine Existenz an.
Endlich kam der Bus, und nun war Zeit für eine ungestörte Unterhaltung mit Grace. Ich wollte ihr gerade von meinen seltsamen Erlebnissen erzählen, als Melissa sich in den Sitz vor uns fallen ließ und damit anfing, Grace wegen Jack auszufragen. Die Buschtrommeln hatten offenbar Überstunden gemacht. Ich beschloss, dass ich warten konnte. Grace und ich konnten auch noch bei unserem Tagesausflug nach London miteinander reden.
Dieser Tagesausflug war für all diejenigen organisiert worden, die in der Kunst-AG waren. Thema dieses Jahr war die Kunst in öffentlichen Gebäuden, und heute war die St. Paul's Cathedral dran. Mein besonderes Interesse galt den geschnitzten und in Stein gehauenen Figuren und Gesichtern, und nachdem ich für meine Begriffe gründlich im Internet recherchiert hatte, wollte ich die Gestalten abzeichnen, die das Grab des berühmten Feldmarschalls Wellington schmückten. Blöderweise hatte ich nicht genug recherchiert und fand etwas zu spät heraus, dass all die Engel ganz oben auf dem gewaltigen Monument hockten. Ich hatte also eine ziemlich harte Praxisstunde in perspektivischem Zeichnen vor mir.
Eine unserer Kunstlehrerinnen fuhr uns im Minibus der Schule nach London. Es war eine ziemlich gedämpft wirkende Gruppe, da wir alle am Abend zuvor gefeiert hatten, und mindestens zwei der Mädchen waren erst echt spät ins Bett gekommen. Unglücklicherweise war Mrs Bell eine überraschend aggressive Fahrerin, und einige von uns sahen gar nicht gut aus, während der Bus durch das Einbahnstraßensystem südlich der Themse fetzte. Einen Moment lang war ich mir sicher, dass Melissa sich gleich übergeben musste. Sie war arg blass, und jemand gab ihr stillschweigend eine Plastiktüte und machte ein Fenster auf. Niemand traute sich, Mrs Bell zu bitten, etwas langsamer zu fahren.
Schließlich kamen wir dann doch heil in der City an, wo die große Kuppel der Kathedrale es immer noch schafft, die viel höheren Geschäftshäuser in der Nähe zu beherrschen. Das mächtige weiße Steingebäude, erst kürzlich vom Londoner Ruß der Jahrhunderte befreit, schien sanft im Schein der Sonne zu glühen. Die beiden großen Türme, die das Westportal flankieren, erschienen klein angesichts der blassgrauen Kuppel, die sich über der Mitte des Bauwerks erhebt. Als wir Ludgate Hill rauffuhren, konnte ich sehen, wie das Sonnenlicht die Vergoldungen oben auf den Türmen glänzen ließ und das Geländer der Goldenen Galerie oben auf der Kuppel erfasste.
Ich mochte St. Paul's. Als Kind war ich regelmäßig hier gewesen. Meine Eltern schwärmten vom Ausblick über London, und alle Leute, die uns besuchten, mussten mitkommen und ihn bewundern. Wenn man von oben nach Osten blickt, kann man den Tower und die Tower Bridge sehen, eingebettet in die großen ebenmäßigen Gebäude der City. Die Hügel von Hampstead und Highgate ragen im Norden auf, und wenn das Wetter gut genug ist, kann man weit im Südwesten den Richmond Park sehen. Es ist ein anstrengender Weg nach oben zur Goldenen Galerie, der höchsten Stelle, die Besucher betreten können. Zweihundert Stufen, aber es lohnt sich. Ich war schon immer von der Konstruktion der Kuppel fasziniert mit ihrer inneren gitterartigen Holzkonstruktion, durch die die Stufen nach oben führen. Ich musste nur vorsichtig sein und durfte nicht zu oft nach unten blicken, da es an einigen Stellen schwindelerregend steil abwärtsgeht. Am schlimmsten aber war für mich das Sichtfenster ganz oben, durch das man auf die winzig wirkenden Menschen hundert Meter direkt unter seinen Füßen gucken kann. Ich hatte immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich an den Höhenunterschied dachte, und ich fragte mich oft, ob die Leute mich so weit über sich ebenfalls sehen konnten. Doch heute würde ich keine Chance haben, bis ganz nach oben zu steigen, dafür hatte ich zu viel zu tun.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011
Grace und ich kamen in dieser Nacht nicht so schrecklich viel zum Schlafen. Wir erwischten gerade noch den letzten Zug und verbrachten den ganzen Nachhauseweg damit, die Ereignisse des Abends zu analysieren.
Grace glühte geradezu. Über Jahre hatte sie sich danach gesehnt, dass Jack sie wahrnehmen würde, und jetzt hatte sie endlich ihre Chance bekommen. In allen Einzelheiten besprachen wir, wie es mit den beiden weitergehen könnte. Wenn sie es bis zu den Sommerferien schaffte, die anderen Mädchen von seinem Schirm fernzuhalten, würden ihre Chancen erheblich steigen, Jack für eine längere Zeit zu halten, schätzten wir. Da gab es so viel zu überlegen, und ich war froh, dass nicht zu viel Zeit blieb, um über Rob zu reden.
Doch Grace war keineswegs vollständig abgelenkt. »Also hat Rob sich doch endlich dazu durchgerungen, mal mit dir auszugehen«, sagte sie, während wir auf der Straße vom Bahnhof zu uns nach Hause dahintrotteten - ich nach einem kurzen Ringkampf mit ihr endlich wieder in meinen Chucks.
»Ja, scheint so ... aber es geht um viel mehr. Er will, dass ich mit ihm nach Cornwall fahre. Seine Eltern haben da ein Cottage gemietet.«
»Das ist aber tapfer von dir, in diesem Stadium freiwillig so viel Zeit mit seinen Eltern zu verbringen!«
»Genau das ist ja das Problem, weißt du«, gestand ich. »Seine Familie ist gar nicht da. Wir wären nur zu zweit.« Sie zog scharf die Luft ein. »Na, der geht aber ran, was?« Kurze Pause. »Und, überlegst du mitzufahren?«, fragte sie dann in leichterem Tonfall.
»Wie kannst du das auch nur denken?«, rief ich. »Das geht mir alles viel zu schnell.«
»Ich weiß«, stimmte sie zu, »aber manchmal lösen sich selbst die besten Vorsätze in Luft auf - wenn die Situation zu verlockend ist.« Ihr Blick war in weite Ferne gerichtet. Ich witterte eine Schwäche. »Das klingt, als würdest du von dir reden«, provozierte ich. »Heißt das etwa, dass du
und Jack ... ?«
»Puh, schön wär's ja, aber ich hab bloß an unseren Pakt gedacht.«
Vor langer Zeit hatten Grace und ich einen Pakt geschlossen, dass wir gegenseitig auf uns aufpassen würden, wenn eine von uns vorhatte, mit ihrem Freund zu weit zu gehen. Im letzten Jahr hatten wir zu viele von unseren Freundinnen erlebt, die sich in katastrophale kurzlebige Beziehungen gestürzt hatten, und wir wollten beide nicht so verletzt werden.
Am Anfang der Woche hatte ich mich noch gefragt, ob Rob DER sein würde, aber irgendwie schien ich ihn jetzt viel deutlicher zu sehen, und die ganze Angelegenheit fühlte sich ... falsch an. Ich hatte keine Ahnung, warum, denn er war toll, beliebt und hatte keine Freundin. Und jetzt interessierte er sich für mich. Warum also war ich nicht glücklicher?
Wir konnten es uns nicht verkneifen, kurz auf den kleinen Spielplatz an der Brücke zu gehen und ein bisschen im Mondschein zu schaukeln. Als wir zum ersten Mal hierher-gekommen waren, war ich neun gewesen und hatte mich für viel zu groß gehalten, um an den Schaukeln meinen Spaß zu haben. Heute nutzten Grace und ich sie regelmäßig als einen Ort, wo wir quatschen konnten, ohne dass uns jemand belauschte.
Wir sprachen über Ashley. Ich kannte sie schon ewig. Von Anfang an waren wir in derselben Schule, wenn auch nicht immer in derselben Klasse gewesen. In gewisser Weise waren wir uns sehr ähnlich, aber wir lagen zu oft im Wettstreit und wurden so nie beste Freundinnen. Doch wir hatten auch gute gemeinsame Zeiten gehabt, wie bei der Reise nach Frankreich während der Mittelstufe, bei der sie und ich den Angriff auf die Schlafräume der Jungen geleitet hatten, aber auch vor kurzem bei der Reise mit dem Chor. Doch die Sache mit Rob hatte das alles kaputtgemacht. Sobald klar war, dass wir ihn beide wollten, war auch klar, dass der zerbrechliche Frieden zwischen uns zu Bruch gehen würde.
Mit Grace war das Leben viel einfacher. Vom Aussehen her, nach unseren Ansichten und unseren Vorlieben waren wir ziemlich verschieden, aber irgendwie auch beste Freundinnen. Und zum Glück schwärmten wir nie für dieselben Jungs. Stattdessen hatten wir in den letzten sechs Jahren zusammen katastrophale Dramen erlebt, die entsetzliche Schmach, von Jungs abgewiesen zu werden, und dann noch die ständige lästige Neugier unserer Mütter. Inzwischen wussten wir immer, wann die andere in Schwierigkeiten war, und hatten die unheimliche Fähigkeit, uns gegenseitig genau zum richtigen Zeitpunkt anzurufen. Ich vertraute ihr vollkommen, und ich wusste, dass sie und ich für immer Freundinnen bleiben würden.
Wir lachten immer noch leise über die Jungs, als wir uns ins Haus schlichen und versuchten, meine Eltern nicht zu sehr zu stören. Es war ein Jammer, dass wir am nächsten Morgen früh aufstehen mussten - wir hätten noch die ganze Nacht weiterquatschen können.
Ich überdachte noch einmal den Tag und war verzweifelt über den Zustand meiner neuen Jeans, als mir der Armreif wieder einfiel. Ich sprang aus dem Bett und kramte in meinem Rucksack danach. Im schwachen Licht glänzte das Silber, und der Stein wirkte wie ein tiefer Kobaltteich. Ich hatte ihn doch ziemlich gut sauber bekommen. Er glich gar nicht mehr dem angelaufenen Metallreif, den ich aus dem Schlamm gefischt hatte.
Ich streifte mir das Schmuckstück über das Handgelenk. Er passte echt angenehm, als wäre er extra für mich gemacht worden. Während ich den Stein betrachtete, überkam mich eine wohltuende Ruhe. Es fühlte sich irgendwie richtig an, ihn zu tragen, und falsch, dass er so lange Zeit unter Kies und Schlamm gelegen hatte. Ich hielt ihn näher ins Licht meiner Nachttischlampe, um ihn genauer betrachten zu können. Es war atemberaubend, wie das Licht im Stein tanzte - fast als würde er seine Rettung feiern. Ganz ohne Frage war der Armreif das phantastischste Schmuckstück, das ich je gesehen hatte. Ich versprach mir selbst, ihn am nächsten Tag wirklich sorgfältig zu reinigen. Gerade wollte ich das Licht ausschalten, als Grace anfing zu husten.
»Das ist nichts«, wehrte sie meinen besorgten Blick ab, »nur so ein Kratzen.«
»Du brauchst was zu trinken«, entschied ich. »Ich flitz mal schnell in die Küche runter und hol dir ein Glas Wasser.« Ich hatte schon oft mit ihr in einem Zimmer übernachtet und kannte das schon. Grace konnte die ganze Nacht im Schlaf durchhusten.
Unten war es sehr dunkel, da alle längst zu Bett gegangen waren. Ich nahm ein Glas aus dem Schrank, füllte es am Wasserhahn, ging zurück in den Flur und blickte auf den schweren Reif an meinem Handgelenk. Gedankenverloren berührte ich das kühle Silber, und mit einem Mal sah ich im Geiste das Bild eines umwerfenden Jungen. Es war, als wäre er direkt vor mir erschienen. Es kam so überraschend, dass ich zurücksprang, einen Schrei unterdrückte und das Glas fallen ließ. Sein Gesicht wirkte edel, aber auch irgendwie leidenschaftlich. Er hatte klare blaue Augen, ausgeprägte Wangenknochen und ein kräftiges Kinn. Seine Haut war einfach vollkommen: glatt rasiert und leicht gebräunt und mit einem kleinen Grübchen gleich neben dem Mund. Noch nie hatte mich ein Mensch derart durcheinandergebracht. Er sah ein bisschen verblüfft und zugleich seltsam traurig aus, die Augenbrauen hochgezogen und die schönen Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst.
Sein Bild blieb noch einen Augenblick länger in meinem Kopf, lang genug für mich, um die dunkelblonden Haare, die Anspannung in seinen Schultern wahrzunehmen und dass er in einen dunklen Umhang gehüllt war. Und dann, gerade als ich zum Lichtschalter greifen wollte, war die Erscheinung in meinem Kopf so schnell verschwunden, wie sie gekommen war, und ich stand alleine in dem dunklen Flur - mitten in einer Wasserpfütze.
»Mist!«, schimpfte ich leise vor mich hin, als mir klar wurde, dass ich mir das alles nur eingebildet und außerdem auf dem Fußboden eine Sauerei veranstaltet hatte. Dann hörte ich, wie meine Mutter ihre Zimmertür öffnete, um nach der Ursache des Lärms zu sehen. Wenn ich sie aufweckte, war sie immer ziemlich mürrisch.
Ich rannte die Treppe hoch, um sie abzufangen.
»Tut mir leid, Mum«, flüsterte ich. »Ich wollte Grace ein Glas Wasser bringen, da bin ich über die Schuhe gestolpert und hab es fallen lassen.«
Meine Mutter beschwerte sich ständig über die im Flur herumstehenden Schuhe, also musste sie mir das abnehmen.
»Sei ein bisschen vorsichtiger, Alex. Und sieh zu, dass du alle Scherben aufliest.«
»Okay. Tut mir leid, dass ich dich geweckt hab.«
»Na, wenigstens weiß ich jetzt, dass ihr gut nach Hause gekommen seid.« Sie lächelte. »Hattet ihr einen schönen Abend?«
»Er war okay«, sagte ich schnell. Gerade jetzt wollte ich nicht, dass sie mit einer ihrer endlosen Befragungen loslegte. Zum Glück verstand sie den Hinweis.
»Das kannst du mir ja alles morgen erzählen. Bis dann
beim ...«
»... Frühstück«, ergänzte ich und gab ihr einen Kuss.
Sie verschwand in ihrem Zimmer, und ich rannte wieder nach unten, knipste das Licht an und begutachtete den Schaden. Es war gar nicht so schlimm. Das Glas war sauber entzweigebrochen, und es war nicht allzu voll gewesen, daher war die Pfütze auf den Dielen auch nicht so groß.
Während ich den Boden aufwischte, durchforstete ich mein Gedächtnis. Es fiel mir einfach nicht ein, wo ich das Gesicht des Jungen schon einmal gesehen haben könnte. Wahrscheinlich im Fernsehen -, denn er war viel zu hübsch, um pure Einbildung zu sein. Und dann auch noch so ein strahlendes Bild, als wäre es direkt in meinen Kopf projiziert worden. Und das war das echt Seltsame dabei: Irgendwie hatte es gar nicht wie die Erinnerung an jemanden gewirkt, es war so gewesen, als wäre er wirklich da. Das alles ergab keinen Sinn, und schließlich gab ich es auf. Es war spät, und ich war müde. Vielleicht würde ich am Morgen eine bessere Idee haben.
Ich holte ein neues Glas aus der Küche und ging wieder nach oben, gefasst darauf, von meiner Freundin verhört zu werden. Doch Grace war in der Zwischenzeit eingeschlafen. Die ausführliche Diskussion meiner verrückten Erscheinung musste warten.
Am nächsten Morgen merkte ich, dass ich immer noch den Armreif trug. Er passte mir so gut, dass ich ihn gar nicht gespürt hatte. Ich ging nach unten, um für Grace und mich einen Kaffee zu holen, und während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte, kratzte ich einen winzigen Fleck auf dem Stein ab. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte ich, wieder einen Schatten über seine Oberfläche flattern zu sehen, doch beim zweiten Hinsehen war nichts mehr da. »Langsam werd ich verrückt«, brummelte ich in mich hinein und musste wieder an die letzte Nacht denken. »Armreifen können nicht zwinkern, und Bilder von fremden Typen können nicht in deinen Kopf projiziert werden.« Wie immer gab es auch an diesem Morgen in letzter Minute einen Alarmstart, und Grace und ich schnappten uns nur schnell einen Keks als Frühstück. Und auch so kamen wir gerade eben rechtzeitig aus dem Haus, um den Schulbus noch zu erwischen.
Der Vorteil, auf einer Mädchenschule zu sein, die neben einer Jungenschule liegt, war enorm. Es war möglich, den Jungs aus dem Weg zu gehen, wenn man sich mies fühlte oder einen schlechten Tag hatte, aber wenn man es wollte, war es ganz leicht, sich in den Pausen am Zaun zu treffen. Der Gemeinschaftsbus der beiden Schulen war die Drehscheibe meines sozialen Lebens gewesen, seitdem ich elf geworden war - hier hatte ich jedes einzelne Schimpfwort unserer Sprache von den Jungs gelernt, hier diskutierten die Mädchen ihre Strategien, um denselben Jungs zu gefallen.
Als wir in die Oberstufe gekommen waren, hatten sich die Dinge etwas geändert. Nun gehörten wir offiziell zu den Älteren, und man verlangte nicht länger von uns, eine Schuluniform zu tragen. Wir liebten es, die jüngeren Schüler im Bus mit nachsichtigem Blick zu betrachten, erschraken allerdings gelegentlich, wenn uns klarwurde, dass wir uns gerade noch ganz genauso benommen hatten.
Josh zum Beispiel, der jetzt achtzehn und im letzten Schuljahr war, hatte mich in den letzten sechs Jahren im Bus total ignoriert. Doch auch das hatte sich in den letzten Monaten geändert, als er und ein paar seiner Freunde anfingen, sich für meine Freundinnen zu interessieren, und ab und zu erkannten sie sogar meine Existenz an.
Endlich kam der Bus, und nun war Zeit für eine ungestörte Unterhaltung mit Grace. Ich wollte ihr gerade von meinen seltsamen Erlebnissen erzählen, als Melissa sich in den Sitz vor uns fallen ließ und damit anfing, Grace wegen Jack auszufragen. Die Buschtrommeln hatten offenbar Überstunden gemacht. Ich beschloss, dass ich warten konnte. Grace und ich konnten auch noch bei unserem Tagesausflug nach London miteinander reden.
Dieser Tagesausflug war für all diejenigen organisiert worden, die in der Kunst-AG waren. Thema dieses Jahr war die Kunst in öffentlichen Gebäuden, und heute war die St. Paul's Cathedral dran. Mein besonderes Interesse galt den geschnitzten und in Stein gehauenen Figuren und Gesichtern, und nachdem ich für meine Begriffe gründlich im Internet recherchiert hatte, wollte ich die Gestalten abzeichnen, die das Grab des berühmten Feldmarschalls Wellington schmückten. Blöderweise hatte ich nicht genug recherchiert und fand etwas zu spät heraus, dass all die Engel ganz oben auf dem gewaltigen Monument hockten. Ich hatte also eine ziemlich harte Praxisstunde in perspektivischem Zeichnen vor mir.
Eine unserer Kunstlehrerinnen fuhr uns im Minibus der Schule nach London. Es war eine ziemlich gedämpft wirkende Gruppe, da wir alle am Abend zuvor gefeiert hatten, und mindestens zwei der Mädchen waren erst echt spät ins Bett gekommen. Unglücklicherweise war Mrs Bell eine überraschend aggressive Fahrerin, und einige von uns sahen gar nicht gut aus, während der Bus durch das Einbahnstraßensystem südlich der Themse fetzte. Einen Moment lang war ich mir sicher, dass Melissa sich gleich übergeben musste. Sie war arg blass, und jemand gab ihr stillschweigend eine Plastiktüte und machte ein Fenster auf. Niemand traute sich, Mrs Bell zu bitten, etwas langsamer zu fahren.
Schließlich kamen wir dann doch heil in der City an, wo die große Kuppel der Kathedrale es immer noch schafft, die viel höheren Geschäftshäuser in der Nähe zu beherrschen. Das mächtige weiße Steingebäude, erst kürzlich vom Londoner Ruß der Jahrhunderte befreit, schien sanft im Schein der Sonne zu glühen. Die beiden großen Türme, die das Westportal flankieren, erschienen klein angesichts der blassgrauen Kuppel, die sich über der Mitte des Bauwerks erhebt. Als wir Ludgate Hill rauffuhren, konnte ich sehen, wie das Sonnenlicht die Vergoldungen oben auf den Türmen glänzen ließ und das Geländer der Goldenen Galerie oben auf der Kuppel erfasste.
Ich mochte St. Paul's. Als Kind war ich regelmäßig hier gewesen. Meine Eltern schwärmten vom Ausblick über London, und alle Leute, die uns besuchten, mussten mitkommen und ihn bewundern. Wenn man von oben nach Osten blickt, kann man den Tower und die Tower Bridge sehen, eingebettet in die großen ebenmäßigen Gebäude der City. Die Hügel von Hampstead und Highgate ragen im Norden auf, und wenn das Wetter gut genug ist, kann man weit im Südwesten den Richmond Park sehen. Es ist ein anstrengender Weg nach oben zur Goldenen Galerie, der höchsten Stelle, die Besucher betreten können. Zweihundert Stufen, aber es lohnt sich. Ich war schon immer von der Konstruktion der Kuppel fasziniert mit ihrer inneren gitterartigen Holzkonstruktion, durch die die Stufen nach oben führen. Ich musste nur vorsichtig sein und durfte nicht zu oft nach unten blicken, da es an einigen Stellen schwindelerregend steil abwärtsgeht. Am schlimmsten aber war für mich das Sichtfenster ganz oben, durch das man auf die winzig wirkenden Menschen hundert Meter direkt unter seinen Füßen gucken kann. Ich hatte immer ein mulmiges Gefühl, wenn ich an den Höhenunterschied dachte, und ich fragte mich oft, ob die Leute mich so weit über sich ebenfalls sehen konnten. Doch heute würde ich keine Chance haben, bis ganz nach oben zu steigen, dafür hatte ich zu viel zu tun.
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© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2011
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Autoren-Porträt von Sue C. Ransom
Sue C. Ransom arbeitet als Headhunterin in London, doch auf dem Weg ins Büro und an den Abenden ist sie Schriftstellerin. Ihr erster Roman war ein Geburtstagsgeschenk für ihre Tochter und entstand zu großen Teilen unterwegs auf ihrem Smartphone. S. C. Ransom lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Surrey, England.
Bibliographische Angaben
- Autor: Sue C. Ransom
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2011, 375 Seiten, Maße: 15 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Aus d. Engl. v. Gerold Anrich u. Martina Instinsky-Anrich
- Übersetzer: Martina Instinsky-Anrich, Gerold Anrich
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596854504
- ISBN-13: 9783596854509
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