Paulas Sommer, Ein neuer Anfang
Als Mängel-Exemplar
nur
Ab 12 Jahren.
• Start der 13-teiligen TV-Serie am Ostersamstag 2007
• Jedes Buch mit umfangreichem Fotomaterial aus der TV-Produktion
PaulasSommer - Ein neuer Anfang von BrigitteBlobel
LESEPROBE
Ein Mädchen istvon zu Hause abgehauen und wandert die schnurgerade Landstraße entlang. Rechtsund links erstrecken sich Wiesen. Apfelbäume säumen die Straße. Obwohl esSommer ist und heiß, trägt das Mädchen eine Lederjacke. Die Jacke ist ihr zehnNummern zu groß. Das Mädchen sieht lächerlich darin aus. Noch lächerlicher ist,dass sie Wollstulpen anhat, wie Ballerinas sie tragen. Außerdem heult sie wieein Schlosshund. Sie schnäuzt sich und schnieft. Das Kajal um ihre Augen istverschmiert. Sie sieht aus wie ein Clown, wie ein schlechter Clown.
Sie bleibtstehen, lässt den Campingbeutel fallen und dreht sich nach allen Seiten um. Sieist allein. Kein Auto ist weit und breit zu sehen, kein Mensch, nicht einmalein Traktor auf den Feldwegen.
DiesesMädchen bin ich, Paula Weingärtner, fünfzehn Jahre alt.
DieWahrheit ist, dass ich nach einer Stunde Fußmarsch am liebsten umgekehrt wäre.Nicht weil ich vergessen hätte, warum ich vom Gestüt Minkhoffabgehauen war, das nicht. Ich war abgehauen, weil sie mich da nicht wollten.Dabei sollte doch das Gestüt mein neues Zuhause sein. Erst drei Wochen zuvorwar ich bei den Minkhoffs eingezogen, aber die ganzeZeit hatte es Ärger gegeben. Schließlich hatte Fee es ausgesprochen: dass ich störte,dass das Leben auf dem Gestüt viel schöner war, bevor ich aufgetaucht bin.
Fee war soetwas wie meine Stiefschwester. Sie war die Tochter von Max Minkhoff,den meine Mutter geheiratet hatte. Fee hatte keine Ahnung, dass ich siebelauschte, als sie mit meiner Mutter wegen mir stritt und all die gemeinen Dingesagte. Was ich hörte, war ein Schlag gewesen, ein Schlag ins Gesicht, in denBauch und ins Herz.
Niemand warda, der gemerkt hätte, wie schrecklich ich mich fühlte. Wie allein, wieausgestoßen, wie ungeliebt, nicht gewollt. An diesem Tag hatte sich alleshochgeschaukelt. Ich war fertig mit den Nerven und nicht einmal Juri war fürmich da. Juri hätte mich vielleicht beruhigen und trösten können. Er gehörte janicht direkt zur Familie, sondern war »nur« der dickste und beste Freund meinesStiefbruders Finn. Juri hätte vielleicht wieder den Rundfunkmoderator gemimtund so getan, als hielte er ein Mikrofon vor dem Mund: »Meine Damen und Herren!Falls Sie halbwüchsige Kinder haben oder sich gerade selber durch die Hölle derPubertät kämpfen, haben wir hier einen interessanten Fall für Sie. Hören Siesich an, was gerade auf dem Gestüt Minkhoff passiert,wo eine bunt zusammengewürfelte Familie ein normalesLeben führen will «
Manchmal,in einer angespannten Situation, hatte Juris Rundfunkmoderator-Nummerfunktioniert. Wir hatten alle lachen müssen, und es war wie eine Befreiung,eine Entkrampfung der Situation gewesen, weil Juri richtig komisch sein konnte.Juri war ein toller Typ, besser als jeder Junge, den ich vorher kennengelernt hatte. Auf alle Fälle war er besser als jederJunge aus meiner ehemaligen Klasse. Er sah gut aus, er hatte eine schöneStimme, und wenn er lachte, klopfte mein Herz ein bisschen schneller.
Ich mochteJuri wirklich. Und das machte die ganze Sache nur schlimmer. Denn mit den Minkhoffs verließ ich gleichzeitig auch Juri, noch bevorich herausgefunden hatte, ob er mich genauso mochte wie ich ihn. Das war bitter.Meine Freundin Zora hätte jetzt gesagt: »Das Lebenist kein Wunschkonzert.« Mein Leben war sicher keinWunschkonzert und das von Zora noch viel weniger, weilsie von dem bisschen, was die Imbissbude ihrer Mutter abwarf, sozusagen von derHand in den Mund lebte und immer Geldsorgen hatte.
Um ein Haarhätte ich kehrtgemacht und wäre zurückgerannt. EineStunde war ich schon zu Fuß unterwegs mit ein paar Habseligkeiten. Ich hattemir eine Blase gelaufen, ich hatte Seitenstechen und aufs Klo musste ich auch. Aberich war auf einer Landstraße, rechts und links nur Wiesen und im Straßengrabenwucherten die Brennnesseln. Wer setzt sich schon freiwillig in Brennnesseln? Mitjedem Schlurfschritt entfernte ich mich weiter von meinem Zuhause.
War ichverrückt? Dieses Zuhause war das Einzige, was ich hatte! Alle Leute habenschließlich mal Zoff mit ihrer Familie. Dieses Zuhause war etwas, wovon andereträumten! Ein riesiges Gestüt und jede Menge Pferde! Stuten mit Fohlen,Jährlinge und ausgebildete Turnierpferde, von denen jedes teurer war als einkleiner Sportwagen. Dabei hatten sie nur ein PS!
AndereMädchen sehnten sich nach so einem Leben zwischen Pferden. »Hier ist allesbilderbuchmäßig toll und nett. Hier kriegt man ja überhaupt nichts mit von der echtenWelt da draußen«, hatte Zora gesagt, nachdem sie mirgestanden hatte, dass sie Sozialstunden abbrummen musste, weil sie einen Lipgloss für drei Euro geklaut hatte. Drei Euro! Übersolche Summen sprach man auf dem Gestüt Minkhoff garnicht.
MeinProblem aber war, dass ich Pferde nicht wirklich mochte. Na ja, Pferde sindriesige Tiere, die einem den großen Zeh mit ihren Hufen platt treten können,die mit den Zähnen zuschnappen, beißen und Reiter aus dem Sattel werfen. Mirwar immer unbegreiflich, wieso kleine Mädchen ausgerechnet in so große Tierevernarrt waren. Nur bei zwei Pferden war ich bereit, eine Ausnahme zu machen:bei Schubidu und MorningStar. Schubidu war der witzige Pony-Winzling, den derPferdepfleger Miguel und ich vom Gnadenhof abgeholt hatten. Schubidusollte Morning Star Gesellschaft leisten und dieStute beruhigen. Damals auf dem Gnadenhof traf ich Zora.
Was Morning Star angeht, sie war die schönste Stute desGestüts. Und wenn ich sage »die schönste Stute«, kann man das getrost glauben.Sie war so schön und elegant, dass es einem den Atem verschlug. Sie hatteseidiges Fell, eine glänzende Mähne und große dunkle Augen.
DasBesondere an diesen Augen war, dass sie so sanft blicken konnten wie die Augeneines Rehkitzes. Das war aber MorningStars und mein Geheimnis. Ich war sicher, niemand außer mir wusste, wiesanftmütig diese Stute sein konnte, wie lieb und zärtlich. MorningStar zeigte das nur, wenn ich mit ihr alleine war. Es war schon komisch, dassich mich ausgerechnet in das verrückteste und schwierigste Pferd des ganzes Gestüts verliebt hatte. Es hatte damit begonnen, dassFinn behauptete, Morning Star hätte eine schlimmeKindheit gehabt und wäre von ihrer Mutter nicht angenommen worden. Als Finn damalsmein trauriges Gesicht sah, stöhnte er und sagte: »Das habe ich mir doch bloßausgedacht. Keine Ahnung, was mit dem Pferd los ist!« Aber seine Worte hattenin mir etwas zum Klingen gebracht. Ich wusste, die Geschichte von Morning Stars Kindheit stimmte. Ich hatte eine verwandteSeele entdeckt, denn auch ich hatte eine schwierige Kindheit gehabt.
MorningStar konnte zickig sein wie eine Primadonna, arrogant wie ein Hollywoodstar,eitel wie eine Prinzessin und wild wie ein Pferd aus Argentinien. Sie war alle Pferdein einem. Sie gehörte niemandem, keinem Menschen. Sie gehörte nur sich selbst.Niemand konnte sie reiten und ich hatte nie auch nur einen Gedanken an einenRitt auf Morning Star verschwendet. Ich konnte nichtreiten. Ich hatte mein Ballett und bei den Minkhoffs bekamich meinen eigenen Ballettraum in der schönen alten Scheune. Meine Mutter undMax hatten ihn eigenhändig für mich hergerichtet, als ich nach einemSportunfall den Gips am Fuß wieder los war und trainieren wollte. Wenn das keinLiebesbeweis war! ( )
© cbj Verlag
- Autor: Brigitte Blobel
- Altersempfehlung: 12 - 15 Jahre
- 2007, 1, 142 Seiten, mit farbigen Abbildungen, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: cbj
- ISBN-10: 3570132250
- ISBN-13: 9783570132258
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