Rotes Fieber
Thriller. Deutsche Erstveröffentlichung
Ein unsichtbarer Killer wütet in Seattle: Ein Virus unbekannter Herkunft hat bereits hundert Menschen getötet und droht, sich über die ganze Stadt und das Land auszubreiten. Auch zahlreiche internationale Experten stehen der sich anbahnenden Katastrophe...
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Produktinformationen zu „Rotes Fieber “
Klappentext zu „Rotes Fieber “
Ein unsichtbarer Killer wütet in Seattle: Ein Virus unbekannter Herkunft hat bereits hundert Menschen getötet und droht, sich über die ganze Stadt und das Land auszubreiten. Auch zahlreiche internationale Experten stehen der sich anbahnenden Katastrophe hilflos gegenüber. Handelt es sich um einen Terroranschlag, oder steckt etwas ganz anderes hinter dem rätselhaften Sterben? Der Journalist Frank Corso versucht in einem Wettlauf mit der Zeit, dem Rätsel auf den Grund zu gehen und gerät dabei selbst ins Visier der Ermittler ...
Ein unsichtbarer Killer wütet in Seattle: Ein Virus unbekannter Herkunft hat bereits hundert Menschen getötet und droht, sich über die ganze Stadt und das Land auszubreiten. Auch zahlreiche internationale Experten stehen der sich anbahnenden Katastrophe hilflos gegenüber. Handelt es sich um einen Terroranschlag, oder steckt etwas ganz anderes hinter dem rätselhaften Sterben? Der Journalist Frank Corso versucht in einem Wettlauf mit der Zeit, dem Rätsel auf den Grund zu gehen und gerät dabei selbst ins Visier der Ermittler ...
'Dieser Thriller wird mit jeder Seite rasanter - man kann nicht abspringen, bis die wilde Fahrt vorüber ist.' Booklist
"Ein Sommer ohne G. M. Fords Held Frank Corso ist wie ein exzellentes Menü ohne Nachtisch - gut, aber eben nicht vollkommen." The Washington Post
'Dieser Thriller wird mit jeder Seite rasanter - man kann nicht abspringen, bis die wilde Fahrt vorüber ist.' Booklist
"Ein Sommer ohne G. M. Fords Held Frank Corso ist wie ein exzellentes Menü ohne Nachtisch - gut, aber eben nicht vollkommen." The Washington Post
Lese-Probe zu „Rotes Fieber “
"Der Einheimische ist abg ngig.""Wie 'abg ngig'?"
"Hat seine Sachen gepackt und ist mit dem Lieferwagen abgehauen."
Drei ig Sekunden lang war nur statisches Rauschen in der Leitung zu h ren.
"Er war von Anfang an die Schwachstelle."
"Eine Schwachstelle, die pers nlich betroffen ist."
"Sie sind alle pers nlich betroffen. Aus diesem Grund wurden sie ausgew hlt."
"Wir hatten gehofft, seine Ortskenntnisse w rden uns nutzen."
"Haben sie ja auch. Das Haus ist perfekt."
"Er war von Anfang an ein unsicherer Kandidat."
"Wir wussten, worauf wir uns einlassen."
"Ja, stimmt."
"Sollen wir abbrechen?"
Er dachte dar ber nach. "Er wird sich auf keinen Fall an die Beh rden wenden."
"Ihm geht es nicht um die Beh rden."
Irgendetwas in seiner Stimme klang alarmierend. "Gibt's ein Problem?" "Er hat den Rest des beschleunigten Materials mitgehen lassen."
Ein l ngeres Schweigen folgte.
"H tte schlimmer kommen k nnen, nehme ich an."
"Ja, er h tte das andere mitnehmen k nnen."
"Und wir w rden jetzt Fl ge auf die Falklands buchen."
Ein trockenes Husten durchkratzte die Stille.
"K nnen Sie ihn ausfindig machen?"
"Ich habe einen Peilsender unter dem Fahrersitz angebracht."
"In weiser Voraussicht."
"Ich bin ein misstrauischer Mensch."
"Also, dann finden Sie ihn und sorgen Sie daf r, dass er nicht zum Problem wird."
"Die anderen sagen, er w re allm hlich durchgedreht. Wollte das Ganze jetzt sofort ins Rollen bringen. Wollte nicht l nger warten."
"Finden Sie ihn, bevor er irgendwas Dummes anstellt."
Die letzten Augenblicke in Carson Moodys Leben waren still. Sicher, andere Gespr che m ssen in diesen letzten Sekunden um ihn herumgewirbelt sein. Immerhin war es Hauptverkehrszeit, und der Bus war voll, doch Carson Moody hatte das alles ausgeblendet, wie so oft in der ffentlichkeit. Seine vollen Lippen bewegten sich, als er seiner inneren Stimme lauschte, wie sie die Spalte mit den Desserts auf der Speisekarte des
... mehr
Zimmerservice im Alexis Hotel durchging. Er hatte sich schon f r die Kalbfleisch-Piccata als Vorspeise entschieden und berlegte gerade, ob es klug w re, eine nette Cr me Br l e zum Abschluss zu nehmen, als die verzerrte Stimme durch die Lautsprecher an der Decke klirrte. "Pioneer Square Station", kr chzte der Busfahrer.
Aus seinen gastronomischen Gr beleien gerissen, griff Moody zwischen seine Beine, legte die Finger um den Griff seiner Aktentasche und hob sie auf seinen Scho . Als der Bus lautlos an den wei gekachelten W nden vorbeiglitt, blickte er zum Fenster. Geistesabwesend wanderten seine Augen ber Menschenmassen, die dicht gedr ngt entlang des n rdlichen Endes des unterirdischen Busbahnhofs standen. Er starrte immer noch auf diese wahllose Ansammlung menschlicher Wesen, als er, wie so oft in seinen nachdenklichen Momenten, die Stimme seiner Mutter einen ihrer zahllosen Sinnspr che rezitieren h rte, derentwegen er sich vor allem an sie erinnerte.
"Wenn du schon nach Rom f hrst, kannst du auch den Papst besuchen", h rte er sie sagen und l chelte. Da war es entschieden. Definitiv die Cr me Br l e. Er unterdr ckte ein innerliches Glucksen. Wendy durfte er nat rlich nichts davon erz hlen. Oh nein. Seit letztem Mai, als man Diabetes bei ihm festgestellt hatte, war sie zur Essenspolizei geworden. Stets wachsam. Keine Ausreden. Nein ... die Cr me Br l e war auf jeden Fall dazu bestimmt, sein kleines Geheimnis zu bleiben.
Carson Moody stand auf, als der Bus die Mitte der Station erreichte. Mit der freien Hand strich er seinen Mantel glatt. Zufrieden mit seinem Erscheinungsbild, straffte er die Schultern und richtete seine Aufmerksamkeit auf die automatischen T ren auf der anderen Seite des Gangs direkt gegen ber seinem Sitzplatz. Als er durch die Plastikovale der T ren starrte, blieb sein Blick an einem lteren Paar in schwarz-gelben Skijacken h ngen. Er beobachtete, wie sie ber den Bussteig zum offenen Maul des Aufzugs eilten. Der alte Mann hob eine Hand, seine Lippen formten eine Bitte an den Mittdrei iger, der schon drin stand.
Moody sah zu, wie der j ngere Mann den Arm ausstreckte und einen Knopf dr ckte. Er nahm an, der junge Mann wolle die T ren f r das ltere Paar aufhalten, was ja ziemlich nahe lag. Ein Irrtum, der vielleicht erkl rte, dass ihm der Mund offen stehen blieb, als die Gleitt ren zuschnappten und das gr ne Licht hinaufzusteigen begann.
W hrend der Bus vorbeiglitt, musste Moody den Kopf drehen, um durch das schmutzige R ckfenster des Busses zu verfolgen, wie sich die Geschichte weiter entwickelte. Zu sehen, wie die beiden Alten schlurfend stehen blieben. Wie die Frau entr stet die H nde in die H ften stemmte und etwas zu dem Mann sagte. Und dann wie der alte Mann in entr stetem Unglauben den zerzausten Kopf sch ttelte.
Er schaute noch immer zu dem Paar hin ber, als er eine Rauchwolke wahrnahm. Nicht direkt Rauch. Irgendetwas Dickeres. Substanzielleres. In dem k nstlichen Licht sah es einen Moment lang aus wie in seiner Kindheit in Iowa, wenn die Nachmittagsbrise die sp tsommerlichen L wenzahnsamen losl ste und die Luft mit Heerscharen winziger wei er Fallschirme erf llte.
Auch wenn Moody selbst kein Ger usch h rte, war ihm klar, dass das, was immer diesen Rauch ausgesto en hatte, irgendein Ger usch gemacht haben musste. Alle auf dem Bahnsteig erstarrten f r einen Augenblick und drehten sich dann zu der sich spiralf rmig drehenden wei en Wolke um. H nde fuhren an Kehlen. Menschen zeigten dorthin. Vierzig Meter den Bussteig hinunter schien der alte Mann zu schwanken. "Irgendein verdammter Idiot mit einem Feuerwerksk rper", dachte Carson Moody.
Der Bus kam zischend zum Stehen. Moody sammelte sich, stieg vorsichtig die drei Stufen hinunter und trat auf den Bussteig hinaus. Zu seiner Rechten wogte die Menge hin und her, starrte nach oben, zu der sich rasch verfl chtigenden Wolke. Das ltere Paar konnte er hinter einer unruhigen Wand aus Menschen nicht mehr sehen. Carson Moody lie seinen Blick eine volle Minute lang ber die Szenerie schweifen, bevor er in entgegengesetzter Richtung davonging und auf die lange Rolltreppe am s dlichen Ende des Busbahnhofs und dem Zwischengeschoss dar ber zustrebte.
Er war kaum zehn Meter weit gekommen, als er pl tzlich eine trockene Stelle im hinteren Teil seines Rachens sp rte. Fast als h tte jemand eine Briefmarke auf seine Mandeln geklebt. Er r usperte sich ein paar Mal und versuchte zu schlucken. Als das nicht ging ... als sich pl tzlich sein ganzer Hals eng und entz ndet anf hlte, begann er, ernsthaftere M glichkeiten in Betracht zu ziehen. Zuerst fragte er sich, ob er vielleicht eine Erk ltung bekam oder sogar noch etwas Schlimmeres ... die Grippe ... oder sogar ... Gott bewahre ... er w rde sich doch nichts von der j ngsten Grippewelle eingefangen haben, die, wenn man den Medien Glauben schenken konnte, derzeit das Land heimsuchte.
Er riss sich zusammen und schaffte ein weiteres halbes Dutzend Schritte auf die Rolltreppe zu, bevor er erneut stehen blieb. Seine Zahnwurzeln hatten begonnen zu pochen, als ob sie sich pl tzlich gelockert h tten und kurz davor w ren, aus seinem Kiefer zu fallen. Er f hrte eine Hand an die Lippen. Zumindest war es das, was er vorhatte. Statt ihr Ziel zu erreichen, schnellte seine Hand gegen seine Stirn und flappte von dort wieder an seinem K rper herunter, wie ein sterbender Fisch auf einer Sandbank.
Seine Muskeln f hlten sich wabbelig und kaum kontrollierbar an. berzeugt, dass sein Unwohlsein seinen Mitreisenden aufgefallen sein musste, drehte er sich zum Bahnhof um, nur um festzustellen, dass niemand in seine Richtung schaute. Ja, dass alle anderen in Sichtweite unter ziemlich hnlichen Beschwerden zu leiden schienen wie er. Er blinzelte mehrere Male und sch ttelte dann den Kopf, doch die Szene blieb unver ndert.
Einige Leute waren hingefallen und wanden sich auf dem wei en Marmorboden, ihre Beine fuhren wie Scherenbl tter hin und her, ihre Arme wedelten wie Windm hlen, Muskelkontraktionen trieben sie in kleinen Kreisen ber den glatten Steinboden. Unmittelbar in seiner N he hatte sich eine Latina mit feuerrotem Gesicht auf ein Knie gehockt und versuchte, ihrer sich in Kr mpfen windenden Tochter zu helfen. Ein halbes Fu ballfeld entfernt lagen still und reglos die beiden schwarz-gelben Jacken. Etwas n her sa der Fahrer seines Busses ... den Kopf in den Nacken geworfen ... den Mund weit aufgerissen ... und starrte an den Himmel seines Busses. Ein Blutstrom ergoss sich aus dem Mund des Mannes, ber sein Kinn, hinunter auf sein faltenfreies blaues Hemd.
Carson Moody hustete schwer. Er f hlte etwas Dickes, Warmes in seinem Mund ... er dachte, danach greifen zu m ssen, und besann sich dann eines Besseren, drehte sich stattdessen um und taumelte unsicheren Schrittes auf die Rolltreppe zu, auf die silberne Insel der Rettung und das Licht am oberen Ende der Treppe.
Als er sich in Bewegung setzte, war ihm, als schwappte eine Fl ssigkeit in seinem K rper, als h tte er literweise Wasser in seinem Brustkorb, das bei jedem seiner wackeligen Schritte vor und zur ck wogte, w hrend seine F e die letzten Meter schlurften, bis er endlich den Handlauf ergriff und sich von dem schwarzen Kunststoff nach vorn auf die Rolltreppe ziehen lie . Er geriet ins Schwanken, konnte jedoch das Gleichgewicht halten, als die Maschinerie ihn lautlos nach oben bef rderte, hoch ber den Bussteig hinaus. Sein Blick zur ck nahm da unten keinerlei Bewegung mehr wahr, nur stille Reglosigkeit, hier und da mit unregelm igen roten Flecken gesprenkelt. Carson Moody wandte sich ab. Schaute nach oben.
Er versuchte, das Licht auf seinem Gesicht zu sp ren, und wunderte sich ber die roten Flecken, als der wogende Ozean in seinem Brustkorb ihn in die Knie zwang. Seine zitternden Finger l sten sich von der Aktentasche, die sich mehrfach berschlug, als sie die aufw rtslaufende Treppe hinunterpurzelte, auf die Mutter und das Kind zu, die reglos und still in dem unruhigen roten Scheinwerferlicht lagen.
Er zwang seinen Blick erneut nach oben, ber den Bustunnel hinaus. Nichts bewegte sich, nur seine Augen, die aus unerfindlichen Gr nden unf hig waren, auf irgendeinem einzelnen Ausschnitt der Szenerie zu verweilen, und stattdessen erbarmungslos von K rper zu K rper rollten, die W nde hinauf und ber die Decke wieder zu den beiden Bussen hinunter, die im Leerlauf an der Haltestelle standen. Sie rollten von einem gr sslichen Bild zum n chsten, als ob sein Gehirn durch die konstante Bewegung vermeiden wollte, die Details des Blutbades zu verarbeiten.
Sein Arm gab nach. Er sp rte den geriffelten Stahl der Treppen an seiner Wange, sp rte jetzt die Maschinerie in seinen Eingeweiden, als sie ihn zu dem hellen Licht am Ende der Rolltreppe hinauftransportierte. Er wollte sich zwingen, nach dem Leuchten zu greifen, konnte jedoch die n tige Kraft nicht aufbringen. Er hatte das Bed rfnis, etwas zu sagen, aber sein Mund war voll Suppe.
Sein K rper lag in einem so ung nstigen Winkel auf den elektrisch angetriebenen Stufen, dass die Rolltreppe ihn nicht auf den festen Boden bef rdern konnte, als er das obere Ende erreicht hatte. Stattdessen lag er wie gel hmt da, und sein zu keiner Bewegung f higer K rper wellte sich im Rhythmus der st hlernen Stufen, die eine nach der anderen in sich zusammensanken und unter ihm verschwanden. Was blieb, war ein wiederholtes, helles Klicken, das sein Hinscheiden begleitete, als jede Stufe die Unterseite seines Kinns traf und seine Z hne aufeinanderschlagen lie ... eine nach der anderen ... Klick auf Klick auf Klick ... wie das rhythmische Rollen von Knochen. Er schloss die Augen, holte ein letztes Mal zitternd Luft, und mit einem Ger usch, nicht un hnlich einer Kinderrassel, starb er auf der laufenden, st hlernen Rolltreppe.
Als die Hand ihren Ellbogen packte, zuckte sie unter der Ber hrung zusammen, hielt die Luft an und schickte einen eisigen Blick ihren Arm entlang. Sie hatte ihn schon oft gesehen, konnte sich aber nie an seinen Namen erinnern. Immer bei irgendwelchen albernen Kunstveranstaltungen oder anderen gesellschaftlichen Ereignissen. Unweigerlich kam er an, um zu plaudern, als w ren sie langj hrige Freunde oder so etwas. Schlimmer noch, er erinnerte sich nicht nur an ihren Namen, sondern auch noch daran, wor ber sie das letzte Mal gesprochen hatten, fast als w re der bedeutungslose Smalltalk der vorigen Begegnungen Teil eines fortlaufenden Dialogs, an dem nur sie beide teilhatten. Eine Welle eines moschusartigen Duftes traf sie einen Augenblick sp ter, als w re sein Eau de Cologne ihm durch den Raum gefolgt wie eine streunende Katze. Er dr ckte einmal kurz und leicht ihren Ellbogen und redete dabei auf sie ein wie auf einen S ugling: "Das ist toll, Liebes. Einfach absolut toll." Er schob seine Hand zu ihrer Schulter hinauf und knetete zart ihre Muskulatur.
"Ich hab's Ihnen doch gesagt", sagte er wissend. "Wissen Sie noch ... ich hab's Ihnen gesagt."
Sie wusste nicht mehr und hatte keinen blassen Schimmer, wovon er redete.
Er war Ende vierzig und hatte sich un bersehbar deutlich mehr M he gegeben, sich f r das abendliche Ereignis herzurichten, als sie. Grauer Anzug und Haar sa en perfekt. Ma geschneidertes Hemd. Manschettenkn pfe, selbstverst ndlich. Wahrscheinlich hatte er sogar seine F e in den exklusiven Bally-Mokassins mit Troddelchen pedik rt. Sehr glanzvoll. Sehr viel Geld. Sehr nervig.
Meg Dougherty zwang sich zu einem d nnlippigen L cheln. "Danke", sagte sie. Zum wohl hundertsten Mal in den vergangenen Stunden rutschte ihr ein Seufzer heraus. Sie riss sich zusammen. Machte ein reuiges Gesicht. "Sch tze, ich bin ein bisschen nerv s", bot sie als Entschuldigung an.
Er tadelte sie sp ttisch: "Seien Sie nicht albern. Sie sind der Star, meine Liebe." Er drohte ihr mit dem Zeigefinger und verk ndete: "Wie ich es vorausgesagt habe." Nach dieser schwerwiegenden Aussage zeigte er mit seinem Finger an der n chstliegenden Wand entlang. "Sehen Sie nur all die roten Punkte. Sieht fast aus, als h tte die Ausstellung Masern oder so was." Er lie ein weiteres, vollendet gebleichtes Grinsen aufblitzen und lachte leise ber seinen eigenen kleinen Scherz.
Er meinte die kleinen roten Aufkleber, mit denen die Cecil Taylor Galerie Ausstellungsst cke kennzeichnete, die bereits verkauft waren. "Wiehei ternochgleich" hatte Recht. Auf gut zwei Dritteln ihrer Fotografien prangten in der Ecke rechts unten kleine rote Punkte. Aus irgendeinem Grund konnte sie dieser Anblick nicht aufmuntern.
Sie warf einen Blick ber die Schulter des Mannes. Zum anderen Ende des Raums, wo Corso stand, allein ... und zu ihr her berschaute. Er konnte ihr Unbehagen sp ren und fand es am sant ... auf frischer Tat ertappt, schluckte er ein L cheln hinunter und blickte nach unten in sein Weinglas.
Sie h rte, wie ihr Name gerufen wurde: "Meg. Meg", wiederholte die dr ngende Stimme. Suchend sp hte sie ber das Meer aus K pfen hinweg. Da gab es kein Vertun, Cecil Taylor in einem pr chtigen Kaftan aus Goldbrokat, bahnte sich seinen Weg durch die Menge, mit einer Affektiertheit, die sich nur die schmerzfreiesten Drag Queens erlaubten. Wenn er sich bewegte, schien sein birnenf rmiger K rper ein Eigenleben zu f hren, waberte und wogte unter den flie enden Falten des Gewandes hin und her und kam erst mit ein oder zwei Sekunden Versp tung zur Ruhe, nachdem die F e bereits an ihrer Seite zum Stehen gekommen waren. Er roch nach Cognac und Babypuder.
"Ich habe ein paar M zene, die sich danach verzehren, dich kennen zu lernen", verk ndete er.
Bevor sie antworten konnte, bemerkt er den Mann, der seine Hand immer noch auf Doughertys Schulter hatte. "Ah ... Michael. Es tut mir leid, dass ich sie dir entrei en muss, aber ..."
Widerstrebend lie die Hand ihre Schulter los. "Kein Problem, Cecil", sagte der Typ. "Ich habe vollstes Verst ndnis. Das Gesch ft geht immer vor."
Cecil Taylor ordnete seine beweglichen Gesichtsz ge zu einer verst ndnisvollen Miene. "Eine wahrlich bedauerliche Begleiterscheinung."
Indem er ihren anderen Arm als Hebel benutzte, begann Taylor, Dougherty zur Nordseite des Raumes zu steuern, wo die Ansammlung Kunstbegeisterter etwas weniger dicht und das Get se der Konversation etwas ged mpfter waren. Nachdem die Menge sich wieder hinter ihnen geschlossen hatte, blieben sie stehen und beobachteten, wie der andere Mann sich zur Weinbar am Fenster durchdr ngte.
"Du hast ausgesehen, als br uchtest du Hilfe", sagte Taylor.
Sie nickte matt. "Vielen Dank."
"Das Mindeste, was ich tun konnte", gab er zur ck. "Michael kann einem ziemlich auf die Nerven gehen."
"Ich kann mir den Namen von dem Typen einfach nicht merken."
"Michael Marton."
"Ist er Mitglied des Kunstvereins oder so was? Ich sehe ihn auf fast jeder Vernissage, zu der ich gehe."
"Wenn du zu noch mehr Vernissagen gehen w rdest, w rdest du ihn noch fter sehen. Michael l sst nichts aus." Taylors Lippen verzogen sich sp ttisch. "Kauft aber auch nie was." Er wedelte abf llig mit der Hand. "Blo wieder so ein kleiner Mann mit zu viel Geld und zu viel Zeit." Er nahm ihre n chste Frage vorweg. "Sein Gro papa hat unten in Portland einen Haufen Geld mit Sand und Kies gemacht, und soweit ich geh rt habe, hat keiner von der Familie jemals wieder irgendwas N tzliches getan, seit das Verm gen angefangen hat, Zinsen abzuwerfen." Er sah durch den Raum zu Corso hin ber. "So ziemlich das genaue Gegenteil von deinem ber hmten Freund Mr. Corso da dr ben."
Dougherty warf einen Blick auf Corso, der jetzt dem Raum den R cken zukehrte und durch den Nieselregen auf die First Avenue starrte.
"Beeindruckend, wie er einen Raum beherrschen kann, indem er ihn ignoriert", bemerkte Cecil Taylor. Der Klang seiner eigenen Worte lie ihn leise zusammenzucken. Er schaute auf seine Sandalen hinunter. Als er wieder aufsah, bedachte Dougherty ihn mit einem am sierten Blick. Er gluckste entschuldigend. "Das sind diese gro en, starken, schweigenden Typen. Die, die ihren ganzen Schmerz in sich verschlossen tragen. Machen mich immer ganz geil."
Dougherty seufzte wieder einmal. "Ich h tte ihn nicht berreden sollen mitzukommen", sagte sie. "Er hasst solche Veranstaltungen."Wie auf ein Stichwort drehte Corso sich wieder um. Seine Augen fanden Doughertys. Sie fr stelte, als etwas wie ein elektrischer Finger ihre Wirbels ule herunterstrich. Noch aus dieser Entfernung konnte sie die eisige Stille in seinem Innern sp ren und wunderte sich wieder einmal ber seine F higkeit, in einem Raum voller Menschen allein zu sein. Sein Bed rfnis, sich von seinen Mitmenschen abzukoppeln, war genauso intensiv wie deren Streben, miteinander in Verbindung zu treten. Sie wandte den Blick ab und fr stelte erneut.
Aus seinen gastronomischen Gr beleien gerissen, griff Moody zwischen seine Beine, legte die Finger um den Griff seiner Aktentasche und hob sie auf seinen Scho . Als der Bus lautlos an den wei gekachelten W nden vorbeiglitt, blickte er zum Fenster. Geistesabwesend wanderten seine Augen ber Menschenmassen, die dicht gedr ngt entlang des n rdlichen Endes des unterirdischen Busbahnhofs standen. Er starrte immer noch auf diese wahllose Ansammlung menschlicher Wesen, als er, wie so oft in seinen nachdenklichen Momenten, die Stimme seiner Mutter einen ihrer zahllosen Sinnspr che rezitieren h rte, derentwegen er sich vor allem an sie erinnerte.
"Wenn du schon nach Rom f hrst, kannst du auch den Papst besuchen", h rte er sie sagen und l chelte. Da war es entschieden. Definitiv die Cr me Br l e. Er unterdr ckte ein innerliches Glucksen. Wendy durfte er nat rlich nichts davon erz hlen. Oh nein. Seit letztem Mai, als man Diabetes bei ihm festgestellt hatte, war sie zur Essenspolizei geworden. Stets wachsam. Keine Ausreden. Nein ... die Cr me Br l e war auf jeden Fall dazu bestimmt, sein kleines Geheimnis zu bleiben.
Carson Moody stand auf, als der Bus die Mitte der Station erreichte. Mit der freien Hand strich er seinen Mantel glatt. Zufrieden mit seinem Erscheinungsbild, straffte er die Schultern und richtete seine Aufmerksamkeit auf die automatischen T ren auf der anderen Seite des Gangs direkt gegen ber seinem Sitzplatz. Als er durch die Plastikovale der T ren starrte, blieb sein Blick an einem lteren Paar in schwarz-gelben Skijacken h ngen. Er beobachtete, wie sie ber den Bussteig zum offenen Maul des Aufzugs eilten. Der alte Mann hob eine Hand, seine Lippen formten eine Bitte an den Mittdrei iger, der schon drin stand.
Moody sah zu, wie der j ngere Mann den Arm ausstreckte und einen Knopf dr ckte. Er nahm an, der junge Mann wolle die T ren f r das ltere Paar aufhalten, was ja ziemlich nahe lag. Ein Irrtum, der vielleicht erkl rte, dass ihm der Mund offen stehen blieb, als die Gleitt ren zuschnappten und das gr ne Licht hinaufzusteigen begann.
W hrend der Bus vorbeiglitt, musste Moody den Kopf drehen, um durch das schmutzige R ckfenster des Busses zu verfolgen, wie sich die Geschichte weiter entwickelte. Zu sehen, wie die beiden Alten schlurfend stehen blieben. Wie die Frau entr stet die H nde in die H ften stemmte und etwas zu dem Mann sagte. Und dann wie der alte Mann in entr stetem Unglauben den zerzausten Kopf sch ttelte.
Er schaute noch immer zu dem Paar hin ber, als er eine Rauchwolke wahrnahm. Nicht direkt Rauch. Irgendetwas Dickeres. Substanzielleres. In dem k nstlichen Licht sah es einen Moment lang aus wie in seiner Kindheit in Iowa, wenn die Nachmittagsbrise die sp tsommerlichen L wenzahnsamen losl ste und die Luft mit Heerscharen winziger wei er Fallschirme erf llte.
Auch wenn Moody selbst kein Ger usch h rte, war ihm klar, dass das, was immer diesen Rauch ausgesto en hatte, irgendein Ger usch gemacht haben musste. Alle auf dem Bahnsteig erstarrten f r einen Augenblick und drehten sich dann zu der sich spiralf rmig drehenden wei en Wolke um. H nde fuhren an Kehlen. Menschen zeigten dorthin. Vierzig Meter den Bussteig hinunter schien der alte Mann zu schwanken. "Irgendein verdammter Idiot mit einem Feuerwerksk rper", dachte Carson Moody.
Der Bus kam zischend zum Stehen. Moody sammelte sich, stieg vorsichtig die drei Stufen hinunter und trat auf den Bussteig hinaus. Zu seiner Rechten wogte die Menge hin und her, starrte nach oben, zu der sich rasch verfl chtigenden Wolke. Das ltere Paar konnte er hinter einer unruhigen Wand aus Menschen nicht mehr sehen. Carson Moody lie seinen Blick eine volle Minute lang ber die Szenerie schweifen, bevor er in entgegengesetzter Richtung davonging und auf die lange Rolltreppe am s dlichen Ende des Busbahnhofs und dem Zwischengeschoss dar ber zustrebte.
Er war kaum zehn Meter weit gekommen, als er pl tzlich eine trockene Stelle im hinteren Teil seines Rachens sp rte. Fast als h tte jemand eine Briefmarke auf seine Mandeln geklebt. Er r usperte sich ein paar Mal und versuchte zu schlucken. Als das nicht ging ... als sich pl tzlich sein ganzer Hals eng und entz ndet anf hlte, begann er, ernsthaftere M glichkeiten in Betracht zu ziehen. Zuerst fragte er sich, ob er vielleicht eine Erk ltung bekam oder sogar noch etwas Schlimmeres ... die Grippe ... oder sogar ... Gott bewahre ... er w rde sich doch nichts von der j ngsten Grippewelle eingefangen haben, die, wenn man den Medien Glauben schenken konnte, derzeit das Land heimsuchte.
Er riss sich zusammen und schaffte ein weiteres halbes Dutzend Schritte auf die Rolltreppe zu, bevor er erneut stehen blieb. Seine Zahnwurzeln hatten begonnen zu pochen, als ob sie sich pl tzlich gelockert h tten und kurz davor w ren, aus seinem Kiefer zu fallen. Er f hrte eine Hand an die Lippen. Zumindest war es das, was er vorhatte. Statt ihr Ziel zu erreichen, schnellte seine Hand gegen seine Stirn und flappte von dort wieder an seinem K rper herunter, wie ein sterbender Fisch auf einer Sandbank.
Seine Muskeln f hlten sich wabbelig und kaum kontrollierbar an. berzeugt, dass sein Unwohlsein seinen Mitreisenden aufgefallen sein musste, drehte er sich zum Bahnhof um, nur um festzustellen, dass niemand in seine Richtung schaute. Ja, dass alle anderen in Sichtweite unter ziemlich hnlichen Beschwerden zu leiden schienen wie er. Er blinzelte mehrere Male und sch ttelte dann den Kopf, doch die Szene blieb unver ndert.
Einige Leute waren hingefallen und wanden sich auf dem wei en Marmorboden, ihre Beine fuhren wie Scherenbl tter hin und her, ihre Arme wedelten wie Windm hlen, Muskelkontraktionen trieben sie in kleinen Kreisen ber den glatten Steinboden. Unmittelbar in seiner N he hatte sich eine Latina mit feuerrotem Gesicht auf ein Knie gehockt und versuchte, ihrer sich in Kr mpfen windenden Tochter zu helfen. Ein halbes Fu ballfeld entfernt lagen still und reglos die beiden schwarz-gelben Jacken. Etwas n her sa der Fahrer seines Busses ... den Kopf in den Nacken geworfen ... den Mund weit aufgerissen ... und starrte an den Himmel seines Busses. Ein Blutstrom ergoss sich aus dem Mund des Mannes, ber sein Kinn, hinunter auf sein faltenfreies blaues Hemd.
Carson Moody hustete schwer. Er f hlte etwas Dickes, Warmes in seinem Mund ... er dachte, danach greifen zu m ssen, und besann sich dann eines Besseren, drehte sich stattdessen um und taumelte unsicheren Schrittes auf die Rolltreppe zu, auf die silberne Insel der Rettung und das Licht am oberen Ende der Treppe.
Als er sich in Bewegung setzte, war ihm, als schwappte eine Fl ssigkeit in seinem K rper, als h tte er literweise Wasser in seinem Brustkorb, das bei jedem seiner wackeligen Schritte vor und zur ck wogte, w hrend seine F e die letzten Meter schlurften, bis er endlich den Handlauf ergriff und sich von dem schwarzen Kunststoff nach vorn auf die Rolltreppe ziehen lie . Er geriet ins Schwanken, konnte jedoch das Gleichgewicht halten, als die Maschinerie ihn lautlos nach oben bef rderte, hoch ber den Bussteig hinaus. Sein Blick zur ck nahm da unten keinerlei Bewegung mehr wahr, nur stille Reglosigkeit, hier und da mit unregelm igen roten Flecken gesprenkelt. Carson Moody wandte sich ab. Schaute nach oben.
Er versuchte, das Licht auf seinem Gesicht zu sp ren, und wunderte sich ber die roten Flecken, als der wogende Ozean in seinem Brustkorb ihn in die Knie zwang. Seine zitternden Finger l sten sich von der Aktentasche, die sich mehrfach berschlug, als sie die aufw rtslaufende Treppe hinunterpurzelte, auf die Mutter und das Kind zu, die reglos und still in dem unruhigen roten Scheinwerferlicht lagen.
Er zwang seinen Blick erneut nach oben, ber den Bustunnel hinaus. Nichts bewegte sich, nur seine Augen, die aus unerfindlichen Gr nden unf hig waren, auf irgendeinem einzelnen Ausschnitt der Szenerie zu verweilen, und stattdessen erbarmungslos von K rper zu K rper rollten, die W nde hinauf und ber die Decke wieder zu den beiden Bussen hinunter, die im Leerlauf an der Haltestelle standen. Sie rollten von einem gr sslichen Bild zum n chsten, als ob sein Gehirn durch die konstante Bewegung vermeiden wollte, die Details des Blutbades zu verarbeiten.
Sein Arm gab nach. Er sp rte den geriffelten Stahl der Treppen an seiner Wange, sp rte jetzt die Maschinerie in seinen Eingeweiden, als sie ihn zu dem hellen Licht am Ende der Rolltreppe hinauftransportierte. Er wollte sich zwingen, nach dem Leuchten zu greifen, konnte jedoch die n tige Kraft nicht aufbringen. Er hatte das Bed rfnis, etwas zu sagen, aber sein Mund war voll Suppe.
Sein K rper lag in einem so ung nstigen Winkel auf den elektrisch angetriebenen Stufen, dass die Rolltreppe ihn nicht auf den festen Boden bef rdern konnte, als er das obere Ende erreicht hatte. Stattdessen lag er wie gel hmt da, und sein zu keiner Bewegung f higer K rper wellte sich im Rhythmus der st hlernen Stufen, die eine nach der anderen in sich zusammensanken und unter ihm verschwanden. Was blieb, war ein wiederholtes, helles Klicken, das sein Hinscheiden begleitete, als jede Stufe die Unterseite seines Kinns traf und seine Z hne aufeinanderschlagen lie ... eine nach der anderen ... Klick auf Klick auf Klick ... wie das rhythmische Rollen von Knochen. Er schloss die Augen, holte ein letztes Mal zitternd Luft, und mit einem Ger usch, nicht un hnlich einer Kinderrassel, starb er auf der laufenden, st hlernen Rolltreppe.
Als die Hand ihren Ellbogen packte, zuckte sie unter der Ber hrung zusammen, hielt die Luft an und schickte einen eisigen Blick ihren Arm entlang. Sie hatte ihn schon oft gesehen, konnte sich aber nie an seinen Namen erinnern. Immer bei irgendwelchen albernen Kunstveranstaltungen oder anderen gesellschaftlichen Ereignissen. Unweigerlich kam er an, um zu plaudern, als w ren sie langj hrige Freunde oder so etwas. Schlimmer noch, er erinnerte sich nicht nur an ihren Namen, sondern auch noch daran, wor ber sie das letzte Mal gesprochen hatten, fast als w re der bedeutungslose Smalltalk der vorigen Begegnungen Teil eines fortlaufenden Dialogs, an dem nur sie beide teilhatten. Eine Welle eines moschusartigen Duftes traf sie einen Augenblick sp ter, als w re sein Eau de Cologne ihm durch den Raum gefolgt wie eine streunende Katze. Er dr ckte einmal kurz und leicht ihren Ellbogen und redete dabei auf sie ein wie auf einen S ugling: "Das ist toll, Liebes. Einfach absolut toll." Er schob seine Hand zu ihrer Schulter hinauf und knetete zart ihre Muskulatur.
"Ich hab's Ihnen doch gesagt", sagte er wissend. "Wissen Sie noch ... ich hab's Ihnen gesagt."
Sie wusste nicht mehr und hatte keinen blassen Schimmer, wovon er redete.
Er war Ende vierzig und hatte sich un bersehbar deutlich mehr M he gegeben, sich f r das abendliche Ereignis herzurichten, als sie. Grauer Anzug und Haar sa en perfekt. Ma geschneidertes Hemd. Manschettenkn pfe, selbstverst ndlich. Wahrscheinlich hatte er sogar seine F e in den exklusiven Bally-Mokassins mit Troddelchen pedik rt. Sehr glanzvoll. Sehr viel Geld. Sehr nervig.
Meg Dougherty zwang sich zu einem d nnlippigen L cheln. "Danke", sagte sie. Zum wohl hundertsten Mal in den vergangenen Stunden rutschte ihr ein Seufzer heraus. Sie riss sich zusammen. Machte ein reuiges Gesicht. "Sch tze, ich bin ein bisschen nerv s", bot sie als Entschuldigung an.
Er tadelte sie sp ttisch: "Seien Sie nicht albern. Sie sind der Star, meine Liebe." Er drohte ihr mit dem Zeigefinger und verk ndete: "Wie ich es vorausgesagt habe." Nach dieser schwerwiegenden Aussage zeigte er mit seinem Finger an der n chstliegenden Wand entlang. "Sehen Sie nur all die roten Punkte. Sieht fast aus, als h tte die Ausstellung Masern oder so was." Er lie ein weiteres, vollendet gebleichtes Grinsen aufblitzen und lachte leise ber seinen eigenen kleinen Scherz.
Er meinte die kleinen roten Aufkleber, mit denen die Cecil Taylor Galerie Ausstellungsst cke kennzeichnete, die bereits verkauft waren. "Wiehei ternochgleich" hatte Recht. Auf gut zwei Dritteln ihrer Fotografien prangten in der Ecke rechts unten kleine rote Punkte. Aus irgendeinem Grund konnte sie dieser Anblick nicht aufmuntern.
Sie warf einen Blick ber die Schulter des Mannes. Zum anderen Ende des Raums, wo Corso stand, allein ... und zu ihr her berschaute. Er konnte ihr Unbehagen sp ren und fand es am sant ... auf frischer Tat ertappt, schluckte er ein L cheln hinunter und blickte nach unten in sein Weinglas.
Sie h rte, wie ihr Name gerufen wurde: "Meg. Meg", wiederholte die dr ngende Stimme. Suchend sp hte sie ber das Meer aus K pfen hinweg. Da gab es kein Vertun, Cecil Taylor in einem pr chtigen Kaftan aus Goldbrokat, bahnte sich seinen Weg durch die Menge, mit einer Affektiertheit, die sich nur die schmerzfreiesten Drag Queens erlaubten. Wenn er sich bewegte, schien sein birnenf rmiger K rper ein Eigenleben zu f hren, waberte und wogte unter den flie enden Falten des Gewandes hin und her und kam erst mit ein oder zwei Sekunden Versp tung zur Ruhe, nachdem die F e bereits an ihrer Seite zum Stehen gekommen waren. Er roch nach Cognac und Babypuder.
"Ich habe ein paar M zene, die sich danach verzehren, dich kennen zu lernen", verk ndete er.
Bevor sie antworten konnte, bemerkt er den Mann, der seine Hand immer noch auf Doughertys Schulter hatte. "Ah ... Michael. Es tut mir leid, dass ich sie dir entrei en muss, aber ..."
Widerstrebend lie die Hand ihre Schulter los. "Kein Problem, Cecil", sagte der Typ. "Ich habe vollstes Verst ndnis. Das Gesch ft geht immer vor."
Cecil Taylor ordnete seine beweglichen Gesichtsz ge zu einer verst ndnisvollen Miene. "Eine wahrlich bedauerliche Begleiterscheinung."
Indem er ihren anderen Arm als Hebel benutzte, begann Taylor, Dougherty zur Nordseite des Raumes zu steuern, wo die Ansammlung Kunstbegeisterter etwas weniger dicht und das Get se der Konversation etwas ged mpfter waren. Nachdem die Menge sich wieder hinter ihnen geschlossen hatte, blieben sie stehen und beobachteten, wie der andere Mann sich zur Weinbar am Fenster durchdr ngte.
"Du hast ausgesehen, als br uchtest du Hilfe", sagte Taylor.
Sie nickte matt. "Vielen Dank."
"Das Mindeste, was ich tun konnte", gab er zur ck. "Michael kann einem ziemlich auf die Nerven gehen."
"Ich kann mir den Namen von dem Typen einfach nicht merken."
"Michael Marton."
"Ist er Mitglied des Kunstvereins oder so was? Ich sehe ihn auf fast jeder Vernissage, zu der ich gehe."
"Wenn du zu noch mehr Vernissagen gehen w rdest, w rdest du ihn noch fter sehen. Michael l sst nichts aus." Taylors Lippen verzogen sich sp ttisch. "Kauft aber auch nie was." Er wedelte abf llig mit der Hand. "Blo wieder so ein kleiner Mann mit zu viel Geld und zu viel Zeit." Er nahm ihre n chste Frage vorweg. "Sein Gro papa hat unten in Portland einen Haufen Geld mit Sand und Kies gemacht, und soweit ich geh rt habe, hat keiner von der Familie jemals wieder irgendwas N tzliches getan, seit das Verm gen angefangen hat, Zinsen abzuwerfen." Er sah durch den Raum zu Corso hin ber. "So ziemlich das genaue Gegenteil von deinem ber hmten Freund Mr. Corso da dr ben."
Dougherty warf einen Blick auf Corso, der jetzt dem Raum den R cken zukehrte und durch den Nieselregen auf die First Avenue starrte.
"Beeindruckend, wie er einen Raum beherrschen kann, indem er ihn ignoriert", bemerkte Cecil Taylor. Der Klang seiner eigenen Worte lie ihn leise zusammenzucken. Er schaute auf seine Sandalen hinunter. Als er wieder aufsah, bedachte Dougherty ihn mit einem am sierten Blick. Er gluckste entschuldigend. "Das sind diese gro en, starken, schweigenden Typen. Die, die ihren ganzen Schmerz in sich verschlossen tragen. Machen mich immer ganz geil."
Dougherty seufzte wieder einmal. "Ich h tte ihn nicht berreden sollen mitzukommen", sagte sie. "Er hasst solche Veranstaltungen."Wie auf ein Stichwort drehte Corso sich wieder um. Seine Augen fanden Doughertys. Sie fr stelte, als etwas wie ein elektrischer Finger ihre Wirbels ule herunterstrich. Noch aus dieser Entfernung konnte sie die eisige Stille in seinem Innern sp ren und wunderte sich wieder einmal ber seine F higkeit, in einem Raum voller Menschen allein zu sein. Sein Bed rfnis, sich von seinen Mitmenschen abzukoppeln, war genauso intensiv wie deren Streben, miteinander in Verbindung zu treten. Sie wandte den Blick ab und fr stelte erneut.
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Autoren-Porträt von G. M. Ford
G.M. Ford hat bereits sechs Romane mit der Figur des Privatdetektivs Leo Waterman veröffentlicht, bevor er mit »Erbarmungslos« den ersten Roman einer neuen Thrillerserie vorlegte, in deren Mittelpunkt der Journalist und Einzelgänger Frank Corso steht. G.M. Ford unterrichtete einige Zeit Creative Writing in Washington; heute lebt er als freier Schriftsteller in Seattle, wo er bereits an seinem nächsten Fall für Frank Corso arbeitet. Weitere Romane sind bei Goldmann in Vorbereitung.
Bibliographische Angaben
- Autor: G. M. Ford
- 2007, 415 Seiten, Maße: 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Dtsch. v. Sigrun Zühlke
- Verlag: Arkana
- ISBN-10: 3442463319
- ISBN-13: 9783442463312
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