Das Leben ist (k)ein Ponyhof
Roman
Wenn du den roten Faden verloren hast, halt nach einem anderen Ausschau - vielleicht ist deiner bunt!
Antonias Leben ist perfekt. Bis ihre Mutter sie dazu verdonnert, auf ihren leicht senilen Stiefvater aufzupassen, während sie...
Antonias Leben ist perfekt. Bis ihre Mutter sie dazu verdonnert, auf ihren leicht senilen Stiefvater aufzupassen, während sie...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das Leben ist (k)ein Ponyhof “
Wenn du den roten Faden verloren hast, halt nach einem anderen Ausschau - vielleicht ist deiner bunt!
Antonias Leben ist perfekt. Bis ihre Mutter sie dazu verdonnert, auf ihren leicht senilen Stiefvater aufzupassen, während sie selbst sich in einem indischen Ashram vergnügt. Dabei hat die Karrierefrau Antonia für so etwas nun wirklich keine Zeit. Schließlich steigt sie gerade zur Partnerin in einer Unternehmensberatung auf und will ihren langjährigen Freund und Kollegen heiraten. Zurück im Heimatkaff stellen Walters Schrullen Antonia gehörig auf die Probe. Bald steht ihr ganzes Leben Kopf. Oder lernt sie vielleicht gerade erst zu leben?
Antonias Leben ist perfekt. Bis ihre Mutter sie dazu verdonnert, auf ihren leicht senilen Stiefvater aufzupassen, während sie selbst sich in einem indischen Ashram vergnügt. Dabei hat die Karrierefrau Antonia für so etwas nun wirklich keine Zeit. Schließlich steigt sie gerade zur Partnerin in einer Unternehmensberatung auf und will ihren langjährigen Freund und Kollegen heiraten. Zurück im Heimatkaff stellen Walters Schrullen Antonia gehörig auf die Probe. Bald steht ihr ganzes Leben Kopf. Oder lernt sie vielleicht gerade erst zu leben?
Klappentext zu „Das Leben ist (k)ein Ponyhof “
WENN DU DEN ROTEN FADEN VERLOREN HAST, HALT NACH EINEM ANDEREN AUSSCHAU - VIELLEICHT IST DEINER BUNT!Antonias Leben ist perfekt. Bis ihre Mutter sie dazu verdonnert, auf ihren leicht senilen Stiefvater aufzupassen, während sie selbst sich in einem indischen Ashram vergnügt. Dabei hat die Karrierefrau Antonia für so etwas nun wirklich keine Zeit. Schließlich steigt sie gerade zur Partnerin in einer Unternehmensberatung auf und will ihren langjährigen Freund und Kollegen heiraten.
Zurück im Heimatkaff stellen Walters Schrullen Antonia gehörig auf die Probe. Bald steht ihr ganzes Leben Kopf. Oder lernt sie vielleicht gerade erst zu leben?
Lese-Probe zu „Das Leben ist (k)ein Ponyhof “
Das Leben ist (k)ein Ponyhof von Britta SabbagProlog
Die meisten Menschen sind mit ihrem Leben nicht zufrieden. Aber sie zeigen es nicht, im Gegenteil: Sie geben vor, einen ausfüllenden Job zu haben, eine glückliche Beziehung zu führen, und verbringen die restliche Zeit mit spannenden Freizeitaktivitäten wie fernsehen. Ihnen fehlt etwas. Und oft wissen sie noch nicht einmal, was.
Auf mich traf das nicht zu. Mein Leben war perfekt. Ich war mit gerade mal fünfunddreißig Jahren genau da, wo ich sein wollte. Meine Karriere als Unternehmensberaterin bei Ehrnst & Kahler konnte besser nicht laufen, und es war nur noch eine Frage kurzer (sehr kurzer) Zeit, bis ich zum Partner aufsteigen würde. Meine Beziehung zu Carl, der bereits Partner war, war geprägt von gegenseitigem Respekt für die Arbeit des anderen und lief absolut harmonisch und ohne jegliche zeitraubende Störung ab. Für Freizeit oder Urlaub hatte ich keine Zeit, denn in einem Unternehmen von solcher Größe fällt einem der Erfolg nicht einfach so in den Schoß. Ich arbeitete viel, aber es war genau das, was ich immer gewollt hatte. Ich war erfolgreich und unabhängig.
Ja, mein Leben war wirklich perfekt.
1. Kapitel
»Antonia?«, hörte ich Carl durch das Vorzimmer in mein Büro rufen. »Bist du so weit?«
»Natürlich«, antwortete ich, klappte den vor mir liegenden Laptop mit einer schnellen Handbewegung zu und verstaute ihn in der dazu gehörigen Tasche, die ich mir zusammen mit meinem Blazer eilig unter den Arm klemmte. »Wir können direkt los.«
Da Frau Wieser, meine Assistentin, gerade telefonierte, deutete ich ihr an, dass sie meine Gespräche nun auf ihr Telefon umstellen konnte.
Frau Wieser nickte kurz.
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Im Grunde genommen war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie darauf achtete, wann ich das Büro verließ. Aber Kontrolle war immer noch besser als schnödes Vertrauen. Kunden in unserer Branche hassten nichts mehr, als auf einen Anrufbeantworter zu sprechen. Schließlich hatte niemand Zeit zu verschenken.
»Fein«, sagte Carl, als ich um die Ecke bog.
Es war Viertel vor eins, und wir wollten die anstehende Mittagspause für eine kurze Besprechung nutzen.
Nebenan im Hammerstein's angekommen, wurden wir vom Kellner direkt zu unserem Tisch gebracht. Auf dem Weg dahin begrüßte ich fast jeden Gast mit einem kurzen Nicken, denn hier kannte man sich. Der Business Lunch war ausgezeichnet, und die Bedienung diskret, aufmerksam und nicht zu aufdringlich.
Carl bestellte eine Flasche Wasser und sein Rumpsteak mit Salat, das er hier immer aß. »Und für meine bezaubernde Begleitung bitte das Zanderfilet«, schloss er seine Bestellung mit einem kurzen Blick in meine Richtung ab. »Allerdings ohne den Reis, dafür mit Salat, aber ohne Dressing, Öl und Essig bitte separat. Oder möchtest du etwas anderes, Liebes?«
Das war eine rein rhetorische Frage, denn solange wir herkamen - und das waren jetzt fast drei Jahre - aß ich, genau wie Carl, immer das Gleiche.
Dennoch schüttelte ich kurz den Kopf.
Carl hatte die Speisekarte auch schon zugeklappt und dem Kellner gereicht. Der tägliche Blick dorthinein war ein kurzes Ritual, das Carl mit der Genauigkeit eines Herzchirurgen durchführte und perfekt beherrschte. Dadurch machte er nie den Eindruck, als sei er ein Gewohnheitstier. Im Gegenteil, er wirkte immer äußerst kosmopolit, wenn er einen kurzen Blick hineinwarf, nur um festzustellen, dass während seiner Abwesenheit von höchstens vierundzwanzig Stunden der Chefkoch nicht völlig den Verstand verloren und die gesamte Speisekarte neu zusammengestellt hatte, um dann letztendlich sein geliebtes Rumpsteak zu bestellen, natürlich medium rare. Nur hier konnte man das mittags auf die Schnelle so perfekt, sagte er jedes Mal, nachdem wir bestellt hatten.
»Nur hier kann man mittags ein so perfektes Steak bekommen «, sagte Carl und holte das Kundenprofil aus der Schutzfolie, das wir besprechen wollten. »Findest du nicht auch?«
Ich nickte. »Ja. Warum sinnlos herumexperimentieren, wenn man doch weiß, was das Beste für einen ist? Alles andere wäre doch nur unsinnige Zeitverschwendung.«
Carl blickte nun lächelnd von seinen Papieren auf. »Siehst du, mein Schatz«, flüsterte er und tätschelte meine Hand, »und deswegen passen wir so ausgezeichnet zusammen. Wir sind aus demselben Holz geschnitzt.«
Es stimmte, das waren wir. Wir passten so perfekt zueinander, dass es fast schon erschreckend war. Keine Unterhaltung, die wir führten, brachte verschiedene oder gar entgegengesetzte Meinungen hervor; weder geschäftlich noch privat hatten wir verschiedene Ansichten. Wir waren wie füreinander geschaffen. Mit Carl zusammen zu sein gab mir das Gefühl, genau das Richtige zu tun, ich fühlte mich in seiner Nähe immer und ausnahmslos komfortabel.
»Was ist denn das nun für ein geheimnisvoller neuer Kunde, von dem du mir heute Morgen noch nichts erzählen wolltest? «, fragte ich und sah mir die nun vor uns ausgebreiteten Unterlagen an.
Carl zwinkerte mir mit blitzenden Augen zu. »Das, meine Liebe, wird unser absoluter Durchbruch sein. Wenn wir diesen Fisch an der Angel haben, sind wir das größte Schiff auf See.«
Ich kannte diesen Blick. Carl liebte das Fischen und vor allem das Fangen, genau wie ich.
Ich war allerdings erstaunt, dass ich den dicken Fisch überhaupt zu Gesicht bekam, denn Thomas Ehrnst, ein sehr ehrgeiziger und bissiger junger Typ, schnappte sich in der Regel sofort alles in dieser Größenordnung. Thomas war nicht nur mein schärfster Konkurrent um die Partnerschaft in der Firma. Er war gleichzeitig der Neffe des Unternehmensgründers Hans Ehrnst und belagerte Carl ständig, um sich ja keinen Auftrag durch die Lappen gehen zu lassen.
Carl schien meine Gedanken zu lesen: »Thomas hat gestern spontan zwei Tage Urlaub eingereicht«, sagte er, wobei er das Wort »Urlaub« abschätzig betonte. »Kannst du dir das vorstellen? Mitten in dem Trubel, den wir zurzeit haben. Er will mit seiner Diana einen Flitter-Segelturn unternehmen. Tzzz!«
Thomas hatte vor Kurzem »seine Diana«, eine Anwältin, geheiratet. Nun ja, in seinem Privatleben konnte jeder machen, was er wollte. Mitten im größten Auftragsstress allerdings Urlaub einzureichen kam gewissermaßen einer Selbsthinrichtung gleich. Ich hätte Thomas in dem Punkt mehr Voraussicht zugetraut: Damit hatte er sich sein eigenes Grab geschaufelt.
»Urlaub wird völlig überschätzt. Das ist doch was für Sachbearbeiter und Beamte«, kommentierte ich Carls Kopfschütteln.
»Du triffst es wie immer auf den Punkt.« Mit diesen Worten schob Carl mir die Unterlagen zu.
»Na dann mal her damit«, antwortete ich gespannt. »Wurde ja auch höchste Zeit, dass ich ein größeres Büro bekomme.« Ich zwinkerte ihm siegessicher zu.
»Wenn du den Kunden von uns überzeugst«, versicherte Carl mir, »dann kannst du dir ein Büro aussuchen.« Und mit einem sehr sanften Flüstern fügte er noch hinzu: »Und nicht nur das.«
Mein Puls verdoppelte sich innerhalb von einer Sekunde. »Heißt das ...?«
»Ja. Wenn du den Auftrag an Land ziehst, wirst du Partner. «
Endlich! Ich hatte fest damit gerechnet, dass Carl mich in naher Zukunft vorschlagen würde, aber es aus seinem Mund zu hören, war dann doch beeindruckender, als ich vermutet hatte. Partner bei Ehrnst & Kahler, einer der renommiertesten Unternehmensberatungen in Köln, ach, überhaupt! Und das mit fünfunddreißig!
Impulsiv hätte ich vor Freude am liebsten in die Hände geklatscht, aber ich wusste, dass Carl das albern finden würde. Jegliche Art von spontanen Gefühlsausbrüchen war ihm unangenehm, das Einzige, zu dem er sich verleiten ließ, war ein High five nach einem gewonnenen Auftrag.
Also unterdrückte ich das Verlangen wieder und fragte stattdessen: »Darauf einen Veuve Clicquot?«
»Belohnung vor der Arbeit?«, sagte Carl, und ich kam nicht umhin, einen leichten Tadel in seiner Stimme zu hören. »Das können wir machen, wenn du den Kunden an der Angel hast.«
»Du hast recht«, antwortete ich schnell. »Den trinken wir natürlich erst, wenn alles unter Dach und Fach ist.«
Diesen Kunden werde ich knacken, egal, wie viele geniale Wettbewerber mit im Boot sind - ich werde besser sein als alle anderen! Ich werde Partner bei Ehrnst & Kahler, als erste Frau, seit es das Unternehmen gibt, und zugleich als jüngster Partner überhaupt. Nichts und niemand kann mich davon abhalten - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
»Und heute Abend habe ich dir noch eine weitere Mitteilung zu machen«, deutete Carl eine erneute Überraschung an, »aber das machen wir in einem anderen Umfeld.«
Er wird mich doch nicht . . .?!
»Es ist also nichts Berufliches?«, fragte ich neugierig.
»Wenn du so willst«, antwortete Carl und ließ sein Messer in das perfekte Zartrosa des Fleisches gleiten, das der Kellner soeben gebracht hatte.
Wenn Carl gerade das angedeutet hat, was ich vermute, dann habe ich wirklich alles erreicht.
Mein Zanderfilet duftete wie immer hervorragend, aber ich bekam kaum einen Bissen hinunter. Ich hatte wieder dieses Magenziehen, das mich seit Längerem fast täglich begleitete. Es konnte nichts Ernstes sein, dafür waren die Schmerzen einfach nicht stark genug, also ignorierte ich sie. Ich zwang mich, noch ein kleines Stück vom mittlerweile lauwarmen Fisch zu essen, während Carl mir einen Vortrag über den Kunden hielt. Ich lächelte ihn an und freute mich auf die neue Herausforderung.
Ich bin ganz oben, und da werde ich bleiben. Koste es, was es wolle!
»Kindchen, bist du es?« Die Stimme meiner Mutter Ingeborg keuchte mir aus meinem Handy entgegen.
»Natürlich bin ich es, Inge, du hast mich schließlich auf dem Handy angerufen!«
Kopfschüttelnd stieg ich aus dem Taxi, das vor dem Maison Blue gehalten hatte, in dem Carl für uns reserviert hatte. Er meinte, zu diesem besonderen Anlass könnten wir ruhig etwas wagen und auf das Hammerstein's verzichten. Die französische Küche sei genau passend für das, was er vorhabe.
Ich hatte mich ordentlich in Schale geschmissen und trug mein kleines Schwarzes aus Satin-Stretch, das perfekt saß. Dazu schwarze Peeptoes und eine kurze Jacke.
Das warme Frühlingswetter war sogar jetzt, kurz vor acht, noch zu spüren.
»Was ist denn, Inge?«, fragte ich genervt in den Hörer. »Ich habe jetzt gleich einen wichtigen Termin und kann nicht lange sprechen!«
Ein lautes Stöhnen, das ich nicht genau einordnen konnte, es konnte auch ein Hecheln sein, ertönte. »Kind, ich brauche dich hier, du musst sofort kommen!«, konnte ich zwischen zwei Hechelattacken gerade noch verstehen.
Meine Mutter war der Typ »notorisch chaotisch« und das genaue Gegenteil von mir. Da mein Vater starb, als ich noch ein Baby war, konnte ich mich zwar nicht an ihn erinnern, aber ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich hundertprozentig nach ihm kam.
»Was machst du da überhaupt für Geräusche?«, flüsterte ich, so leise ich konnte, in den Hörer, denn soeben betrat ich das feine Restaurant.
Sofort kam ein Kellner, der mir meine Jacke abnahm.
»Reserviert auf Kahler«, raunte ich ihm zu, und er deutete mir an, ihm zu folgen.
Schon von Weitem konnte ich sehen, dass Carl bereits da war. Es war Punkt acht Uhr, perfekt.
»Ich habe zu viel Pitta im Körper!«, hechelte Inge. »Das habe ich heute herausgefunden!«
Pitta im Körper? Ist das jetzt ein neues Virus, von dem ich noch nichts gehört habe?
Carl winkte mir zur Begrüßung kurz zu, und ich ließ mich auf den Platz ihm gegenüber nieder. Verwundert starrte ich auf die rote Rose auf dem Tisch, denn Romantiker waren weder Carl noch ich. Sie lag neben einem kleinen, mit einer roten Schleife verpackten Kästchen.
Ein Kästchen!!! - Meine Mutter hat aber auch ein geniales Timing, ausgerechnet jetzt krank zu werden!
»Du hast was?«, fragte ich vorsichtshalber noch mal nach, während der Kellner bereits den Champagner brachte. Und in Carls Richtung flüsterte ich: »Ich bin sofort fertig!«, denn er wirkte schon leicht genervt.
»Wuha, schhhht! Meine Chakren sind so verstopft!«, jammerte Inge nun. »Wenn ich das bloß früher gewusst hätte, hätte ich viel eher was unternommen!«
Ich verstand kein Wort. Meine Mutter hatte schon länger mit hohem Blutdruck zu kämpfen, das wusste ich, aber was waren nun verstopfte Chakren?
»Du musst sofort kommen!«, brüllte Inge. »Walter schafft es nicht allein!«
Walter war nach längerer Abstinenz nach dem Tod meines Vaters der Mannin Inges Leben. Sie waren zusammengezogen und hatten geheiratet, als ich gerade von zu Hause ausgezogen war. Aber da ich selten Zeit hatte, meine Mutter in dem siebenundzwanzig Kilometer von Köln entfernten Kaff (Klein-Seichtingen - allein der Name!) zu besuchen, hatte ich ihn nie so richtig kennengelernt.
Ich hatte Klein-Seichtingen direkt nach meiner Abifeier mit fliegenden Fahnen verlassen und war bis jetzt nur zu besonderen Anlässen hingefahren. Und die waren äußerst selten.
Walter war einige Jahre älter als meine Mutter, Rentner und bereits ein wenig verwirrt. Meine Mutter nannte das »betreuungsintensiv «. Doch egal, wie man es nun nannte: Fakt war, dass sie Walter so gut wie nie alleine lassen konnte. Und jetzt sollte er sich um sie kümmern?
»Was soll das heißen: Walter schafft es nicht alleine?!« Langsam wurde ich panisch.
Hat meine Mutter eine tödliche Krankheit, verstopfte Blutgefäße oder ein schlimmes Virus, und ruft mich mit letzter Kraft im Angesicht des Todes an, um mich in ihren letzten Minuten zu bitten, mich um ihren Mann zu kümmern?
»Mutter!«, rief ich nun lauter als beabsichtigt ins Telefon. »Was soll das hei. . .« Doch Inge hatte bereits aufgelegt. Ich hörte nur noch das laute Tuten durch den Hörer. »Inge?! Verdammt noch mal!«
Ist sie jetzt vor lauter Schwäche in Ohnmacht gefallen?
Carl sah michentgeistert an. »Antonia, ich finde deine Lautstärke und deine Wortwahl etwas unpassend für das Ambiente hier . . .«
Doch ich unterbrach ihn: »Carl, es tut mir leid, ich hatte mich sehr auf den Abend mit dir gefreut, aber irgendwas ist mit meiner Mutter. Ich muss sofort hin!«
»Bitte?!?«
Jetzt entglitten Carls Gesichtszüge vollkommen, ein sehr seltenes Bild, und ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen.
»Irgendwas stimmt bei Inge nicht. Ich glaube, sie ist krank und braucht womöglich meine Hilfe. Wir müssen den Abend verschieben, so leid es mir tut.«
Ich stand auf und wollte gerade den Kellner bitten, mir meine Jacke zu bringen, da hielt Carl mir das Kästchen entgegen.
»Du weißt, was sich darin befindet. Wir beide, Antonia, sind das perfekte Team. Ich möchte, dass wir nicht nur beruflich Partner sind. Deswegen schlage ich vor, was sowieso auf der Hand liegt. Lass uns heiraten.«
Mein Hals war vor lauter Aufregung um Inge ganz trocken, also schüttete ich noch schnell das halbe Glas Champagner hinunter, das ich bis jetzt nicht angerührt hatte. Das Kästchen nahm ich allerdings nicht entgegen.
»Aber natürlich heiraten wir«, antwortete ich.
Es ergab mehr als nur Sinn. Carl war einfach der beste Mann für mich, keine Frage. Er kannte mich wie kein anderer, wir verstanden uns gut. Da war eine Heirat doch nur die nächste Konsequenz.
Jetzt klingelte mein Telefon wieder. Unterdessen wollte mir der Kellner in meine Jacke helfen, die Carl ihm jedoch abnahm, um diese Aufgabe selbst zu übernehmen.
Diesmal war es Walter. »Inge ist beim Pflug umgekippt!«, erklärte er aufgeregt. »Bei der Kobra sah es noch wirklich gut aus, der Fisch war schon schwieriger, und der Pflug hat ihr wohl den Rest gegeben!«
Inge ist beim Pflügen umgekippt? Mitten auf dem Feld? Um diese Uhrzeit? Oh Gott!
»Ich komme, so schnell ich kann!«, versicherte ich Walter aufgeregt. »Und jetzt leg bitte auf und ruf den Krankenwagen an!«, forderte ich mit zitternder Stimme. Im Hintergrund hörte ich wieder das laute Ächzen, das Inge schon bei unserem ersten Telefonat von sich gegeben hatte. »Ruf den Krankenwagen, Walter, sofort!«
Carl fasste noch meinen Arm, aber ich machte mich los. »Vielleicht schaffe ich es später noch, bei dir reinzuschauen«, sagte ich, bevor ich mich zum Gehen umwandte.
»Das heißt also Ja«, sagte er eher, als dass er fragte.
Carl stellte eigentlich nie irgendwelche Fragen.
»Ja«, antwortete ich trotzdem, »natürlich heißt es Ja.«
»Gut.« Carl klang zufrieden. »Nichts anderes hatte ich von dir erwartet.« Erhielt mir seinen Autoschlüssel hin: »Nimm meinen Wagen.«
»Danke«, sagte ich erleichtert, denn mit dem Taxi zuerst nach Hause zu fahren, um mein Auto zu holen, wäre ein zeitaufwendiger Umweg gewesen.
Ich nahm den Schlüssel entgegen und spurtete, so schnell es in meinen High Heels eben ging, zum Ausgang. Auf die Idee, dass Carl mich begleiten könnte, kamen weder er noch ich.
© 2014 by Bastei Lübbe AG
Im Grunde genommen war es eine Selbstverständlichkeit, dass sie darauf achtete, wann ich das Büro verließ. Aber Kontrolle war immer noch besser als schnödes Vertrauen. Kunden in unserer Branche hassten nichts mehr, als auf einen Anrufbeantworter zu sprechen. Schließlich hatte niemand Zeit zu verschenken.
»Fein«, sagte Carl, als ich um die Ecke bog.
Es war Viertel vor eins, und wir wollten die anstehende Mittagspause für eine kurze Besprechung nutzen.
Nebenan im Hammerstein's angekommen, wurden wir vom Kellner direkt zu unserem Tisch gebracht. Auf dem Weg dahin begrüßte ich fast jeden Gast mit einem kurzen Nicken, denn hier kannte man sich. Der Business Lunch war ausgezeichnet, und die Bedienung diskret, aufmerksam und nicht zu aufdringlich.
Carl bestellte eine Flasche Wasser und sein Rumpsteak mit Salat, das er hier immer aß. »Und für meine bezaubernde Begleitung bitte das Zanderfilet«, schloss er seine Bestellung mit einem kurzen Blick in meine Richtung ab. »Allerdings ohne den Reis, dafür mit Salat, aber ohne Dressing, Öl und Essig bitte separat. Oder möchtest du etwas anderes, Liebes?«
Das war eine rein rhetorische Frage, denn solange wir herkamen - und das waren jetzt fast drei Jahre - aß ich, genau wie Carl, immer das Gleiche.
Dennoch schüttelte ich kurz den Kopf.
Carl hatte die Speisekarte auch schon zugeklappt und dem Kellner gereicht. Der tägliche Blick dorthinein war ein kurzes Ritual, das Carl mit der Genauigkeit eines Herzchirurgen durchführte und perfekt beherrschte. Dadurch machte er nie den Eindruck, als sei er ein Gewohnheitstier. Im Gegenteil, er wirkte immer äußerst kosmopolit, wenn er einen kurzen Blick hineinwarf, nur um festzustellen, dass während seiner Abwesenheit von höchstens vierundzwanzig Stunden der Chefkoch nicht völlig den Verstand verloren und die gesamte Speisekarte neu zusammengestellt hatte, um dann letztendlich sein geliebtes Rumpsteak zu bestellen, natürlich medium rare. Nur hier konnte man das mittags auf die Schnelle so perfekt, sagte er jedes Mal, nachdem wir bestellt hatten.
»Nur hier kann man mittags ein so perfektes Steak bekommen «, sagte Carl und holte das Kundenprofil aus der Schutzfolie, das wir besprechen wollten. »Findest du nicht auch?«
Ich nickte. »Ja. Warum sinnlos herumexperimentieren, wenn man doch weiß, was das Beste für einen ist? Alles andere wäre doch nur unsinnige Zeitverschwendung.«
Carl blickte nun lächelnd von seinen Papieren auf. »Siehst du, mein Schatz«, flüsterte er und tätschelte meine Hand, »und deswegen passen wir so ausgezeichnet zusammen. Wir sind aus demselben Holz geschnitzt.«
Es stimmte, das waren wir. Wir passten so perfekt zueinander, dass es fast schon erschreckend war. Keine Unterhaltung, die wir führten, brachte verschiedene oder gar entgegengesetzte Meinungen hervor; weder geschäftlich noch privat hatten wir verschiedene Ansichten. Wir waren wie füreinander geschaffen. Mit Carl zusammen zu sein gab mir das Gefühl, genau das Richtige zu tun, ich fühlte mich in seiner Nähe immer und ausnahmslos komfortabel.
»Was ist denn das nun für ein geheimnisvoller neuer Kunde, von dem du mir heute Morgen noch nichts erzählen wolltest? «, fragte ich und sah mir die nun vor uns ausgebreiteten Unterlagen an.
Carl zwinkerte mir mit blitzenden Augen zu. »Das, meine Liebe, wird unser absoluter Durchbruch sein. Wenn wir diesen Fisch an der Angel haben, sind wir das größte Schiff auf See.«
Ich kannte diesen Blick. Carl liebte das Fischen und vor allem das Fangen, genau wie ich.
Ich war allerdings erstaunt, dass ich den dicken Fisch überhaupt zu Gesicht bekam, denn Thomas Ehrnst, ein sehr ehrgeiziger und bissiger junger Typ, schnappte sich in der Regel sofort alles in dieser Größenordnung. Thomas war nicht nur mein schärfster Konkurrent um die Partnerschaft in der Firma. Er war gleichzeitig der Neffe des Unternehmensgründers Hans Ehrnst und belagerte Carl ständig, um sich ja keinen Auftrag durch die Lappen gehen zu lassen.
Carl schien meine Gedanken zu lesen: »Thomas hat gestern spontan zwei Tage Urlaub eingereicht«, sagte er, wobei er das Wort »Urlaub« abschätzig betonte. »Kannst du dir das vorstellen? Mitten in dem Trubel, den wir zurzeit haben. Er will mit seiner Diana einen Flitter-Segelturn unternehmen. Tzzz!«
Thomas hatte vor Kurzem »seine Diana«, eine Anwältin, geheiratet. Nun ja, in seinem Privatleben konnte jeder machen, was er wollte. Mitten im größten Auftragsstress allerdings Urlaub einzureichen kam gewissermaßen einer Selbsthinrichtung gleich. Ich hätte Thomas in dem Punkt mehr Voraussicht zugetraut: Damit hatte er sich sein eigenes Grab geschaufelt.
»Urlaub wird völlig überschätzt. Das ist doch was für Sachbearbeiter und Beamte«, kommentierte ich Carls Kopfschütteln.
»Du triffst es wie immer auf den Punkt.« Mit diesen Worten schob Carl mir die Unterlagen zu.
»Na dann mal her damit«, antwortete ich gespannt. »Wurde ja auch höchste Zeit, dass ich ein größeres Büro bekomme.« Ich zwinkerte ihm siegessicher zu.
»Wenn du den Kunden von uns überzeugst«, versicherte Carl mir, »dann kannst du dir ein Büro aussuchen.« Und mit einem sehr sanften Flüstern fügte er noch hinzu: »Und nicht nur das.«
Mein Puls verdoppelte sich innerhalb von einer Sekunde. »Heißt das ...?«
»Ja. Wenn du den Auftrag an Land ziehst, wirst du Partner. «
Endlich! Ich hatte fest damit gerechnet, dass Carl mich in naher Zukunft vorschlagen würde, aber es aus seinem Mund zu hören, war dann doch beeindruckender, als ich vermutet hatte. Partner bei Ehrnst & Kahler, einer der renommiertesten Unternehmensberatungen in Köln, ach, überhaupt! Und das mit fünfunddreißig!
Impulsiv hätte ich vor Freude am liebsten in die Hände geklatscht, aber ich wusste, dass Carl das albern finden würde. Jegliche Art von spontanen Gefühlsausbrüchen war ihm unangenehm, das Einzige, zu dem er sich verleiten ließ, war ein High five nach einem gewonnenen Auftrag.
Also unterdrückte ich das Verlangen wieder und fragte stattdessen: »Darauf einen Veuve Clicquot?«
»Belohnung vor der Arbeit?«, sagte Carl, und ich kam nicht umhin, einen leichten Tadel in seiner Stimme zu hören. »Das können wir machen, wenn du den Kunden an der Angel hast.«
»Du hast recht«, antwortete ich schnell. »Den trinken wir natürlich erst, wenn alles unter Dach und Fach ist.«
Diesen Kunden werde ich knacken, egal, wie viele geniale Wettbewerber mit im Boot sind - ich werde besser sein als alle anderen! Ich werde Partner bei Ehrnst & Kahler, als erste Frau, seit es das Unternehmen gibt, und zugleich als jüngster Partner überhaupt. Nichts und niemand kann mich davon abhalten - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
»Und heute Abend habe ich dir noch eine weitere Mitteilung zu machen«, deutete Carl eine erneute Überraschung an, »aber das machen wir in einem anderen Umfeld.«
Er wird mich doch nicht . . .?!
»Es ist also nichts Berufliches?«, fragte ich neugierig.
»Wenn du so willst«, antwortete Carl und ließ sein Messer in das perfekte Zartrosa des Fleisches gleiten, das der Kellner soeben gebracht hatte.
Wenn Carl gerade das angedeutet hat, was ich vermute, dann habe ich wirklich alles erreicht.
Mein Zanderfilet duftete wie immer hervorragend, aber ich bekam kaum einen Bissen hinunter. Ich hatte wieder dieses Magenziehen, das mich seit Längerem fast täglich begleitete. Es konnte nichts Ernstes sein, dafür waren die Schmerzen einfach nicht stark genug, also ignorierte ich sie. Ich zwang mich, noch ein kleines Stück vom mittlerweile lauwarmen Fisch zu essen, während Carl mir einen Vortrag über den Kunden hielt. Ich lächelte ihn an und freute mich auf die neue Herausforderung.
Ich bin ganz oben, und da werde ich bleiben. Koste es, was es wolle!
»Kindchen, bist du es?« Die Stimme meiner Mutter Ingeborg keuchte mir aus meinem Handy entgegen.
»Natürlich bin ich es, Inge, du hast mich schließlich auf dem Handy angerufen!«
Kopfschüttelnd stieg ich aus dem Taxi, das vor dem Maison Blue gehalten hatte, in dem Carl für uns reserviert hatte. Er meinte, zu diesem besonderen Anlass könnten wir ruhig etwas wagen und auf das Hammerstein's verzichten. Die französische Küche sei genau passend für das, was er vorhabe.
Ich hatte mich ordentlich in Schale geschmissen und trug mein kleines Schwarzes aus Satin-Stretch, das perfekt saß. Dazu schwarze Peeptoes und eine kurze Jacke.
Das warme Frühlingswetter war sogar jetzt, kurz vor acht, noch zu spüren.
»Was ist denn, Inge?«, fragte ich genervt in den Hörer. »Ich habe jetzt gleich einen wichtigen Termin und kann nicht lange sprechen!«
Ein lautes Stöhnen, das ich nicht genau einordnen konnte, es konnte auch ein Hecheln sein, ertönte. »Kind, ich brauche dich hier, du musst sofort kommen!«, konnte ich zwischen zwei Hechelattacken gerade noch verstehen.
Meine Mutter war der Typ »notorisch chaotisch« und das genaue Gegenteil von mir. Da mein Vater starb, als ich noch ein Baby war, konnte ich mich zwar nicht an ihn erinnern, aber ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich hundertprozentig nach ihm kam.
»Was machst du da überhaupt für Geräusche?«, flüsterte ich, so leise ich konnte, in den Hörer, denn soeben betrat ich das feine Restaurant.
Sofort kam ein Kellner, der mir meine Jacke abnahm.
»Reserviert auf Kahler«, raunte ich ihm zu, und er deutete mir an, ihm zu folgen.
Schon von Weitem konnte ich sehen, dass Carl bereits da war. Es war Punkt acht Uhr, perfekt.
»Ich habe zu viel Pitta im Körper!«, hechelte Inge. »Das habe ich heute herausgefunden!«
Pitta im Körper? Ist das jetzt ein neues Virus, von dem ich noch nichts gehört habe?
Carl winkte mir zur Begrüßung kurz zu, und ich ließ mich auf den Platz ihm gegenüber nieder. Verwundert starrte ich auf die rote Rose auf dem Tisch, denn Romantiker waren weder Carl noch ich. Sie lag neben einem kleinen, mit einer roten Schleife verpackten Kästchen.
Ein Kästchen!!! - Meine Mutter hat aber auch ein geniales Timing, ausgerechnet jetzt krank zu werden!
»Du hast was?«, fragte ich vorsichtshalber noch mal nach, während der Kellner bereits den Champagner brachte. Und in Carls Richtung flüsterte ich: »Ich bin sofort fertig!«, denn er wirkte schon leicht genervt.
»Wuha, schhhht! Meine Chakren sind so verstopft!«, jammerte Inge nun. »Wenn ich das bloß früher gewusst hätte, hätte ich viel eher was unternommen!«
Ich verstand kein Wort. Meine Mutter hatte schon länger mit hohem Blutdruck zu kämpfen, das wusste ich, aber was waren nun verstopfte Chakren?
»Du musst sofort kommen!«, brüllte Inge. »Walter schafft es nicht allein!«
Walter war nach längerer Abstinenz nach dem Tod meines Vaters der Mannin Inges Leben. Sie waren zusammengezogen und hatten geheiratet, als ich gerade von zu Hause ausgezogen war. Aber da ich selten Zeit hatte, meine Mutter in dem siebenundzwanzig Kilometer von Köln entfernten Kaff (Klein-Seichtingen - allein der Name!) zu besuchen, hatte ich ihn nie so richtig kennengelernt.
Ich hatte Klein-Seichtingen direkt nach meiner Abifeier mit fliegenden Fahnen verlassen und war bis jetzt nur zu besonderen Anlässen hingefahren. Und die waren äußerst selten.
Walter war einige Jahre älter als meine Mutter, Rentner und bereits ein wenig verwirrt. Meine Mutter nannte das »betreuungsintensiv «. Doch egal, wie man es nun nannte: Fakt war, dass sie Walter so gut wie nie alleine lassen konnte. Und jetzt sollte er sich um sie kümmern?
»Was soll das heißen: Walter schafft es nicht alleine?!« Langsam wurde ich panisch.
Hat meine Mutter eine tödliche Krankheit, verstopfte Blutgefäße oder ein schlimmes Virus, und ruft mich mit letzter Kraft im Angesicht des Todes an, um mich in ihren letzten Minuten zu bitten, mich um ihren Mann zu kümmern?
»Mutter!«, rief ich nun lauter als beabsichtigt ins Telefon. »Was soll das hei. . .« Doch Inge hatte bereits aufgelegt. Ich hörte nur noch das laute Tuten durch den Hörer. »Inge?! Verdammt noch mal!«
Ist sie jetzt vor lauter Schwäche in Ohnmacht gefallen?
Carl sah michentgeistert an. »Antonia, ich finde deine Lautstärke und deine Wortwahl etwas unpassend für das Ambiente hier . . .«
Doch ich unterbrach ihn: »Carl, es tut mir leid, ich hatte mich sehr auf den Abend mit dir gefreut, aber irgendwas ist mit meiner Mutter. Ich muss sofort hin!«
»Bitte?!?«
Jetzt entglitten Carls Gesichtszüge vollkommen, ein sehr seltenes Bild, und ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen.
»Irgendwas stimmt bei Inge nicht. Ich glaube, sie ist krank und braucht womöglich meine Hilfe. Wir müssen den Abend verschieben, so leid es mir tut.«
Ich stand auf und wollte gerade den Kellner bitten, mir meine Jacke zu bringen, da hielt Carl mir das Kästchen entgegen.
»Du weißt, was sich darin befindet. Wir beide, Antonia, sind das perfekte Team. Ich möchte, dass wir nicht nur beruflich Partner sind. Deswegen schlage ich vor, was sowieso auf der Hand liegt. Lass uns heiraten.«
Mein Hals war vor lauter Aufregung um Inge ganz trocken, also schüttete ich noch schnell das halbe Glas Champagner hinunter, das ich bis jetzt nicht angerührt hatte. Das Kästchen nahm ich allerdings nicht entgegen.
»Aber natürlich heiraten wir«, antwortete ich.
Es ergab mehr als nur Sinn. Carl war einfach der beste Mann für mich, keine Frage. Er kannte mich wie kein anderer, wir verstanden uns gut. Da war eine Heirat doch nur die nächste Konsequenz.
Jetzt klingelte mein Telefon wieder. Unterdessen wollte mir der Kellner in meine Jacke helfen, die Carl ihm jedoch abnahm, um diese Aufgabe selbst zu übernehmen.
Diesmal war es Walter. »Inge ist beim Pflug umgekippt!«, erklärte er aufgeregt. »Bei der Kobra sah es noch wirklich gut aus, der Fisch war schon schwieriger, und der Pflug hat ihr wohl den Rest gegeben!«
Inge ist beim Pflügen umgekippt? Mitten auf dem Feld? Um diese Uhrzeit? Oh Gott!
»Ich komme, so schnell ich kann!«, versicherte ich Walter aufgeregt. »Und jetzt leg bitte auf und ruf den Krankenwagen an!«, forderte ich mit zitternder Stimme. Im Hintergrund hörte ich wieder das laute Ächzen, das Inge schon bei unserem ersten Telefonat von sich gegeben hatte. »Ruf den Krankenwagen, Walter, sofort!«
Carl fasste noch meinen Arm, aber ich machte mich los. »Vielleicht schaffe ich es später noch, bei dir reinzuschauen«, sagte ich, bevor ich mich zum Gehen umwandte.
»Das heißt also Ja«, sagte er eher, als dass er fragte.
Carl stellte eigentlich nie irgendwelche Fragen.
»Ja«, antwortete ich trotzdem, »natürlich heißt es Ja.«
»Gut.« Carl klang zufrieden. »Nichts anderes hatte ich von dir erwartet.« Erhielt mir seinen Autoschlüssel hin: »Nimm meinen Wagen.«
»Danke«, sagte ich erleichtert, denn mit dem Taxi zuerst nach Hause zu fahren, um mein Auto zu holen, wäre ein zeitaufwendiger Umweg gewesen.
Ich nahm den Schlüssel entgegen und spurtete, so schnell es in meinen High Heels eben ging, zum Ausgang. Auf die Idee, dass Carl mich begleiten könnte, kamen weder er noch ich.
© 2014 by Bastei Lübbe AG
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Autoren-Porträt von Britta Sabbag
Britta Sabbag studierte Sprachwissenschaften, Psychologie und Pädagogik in Bonn. Nach dem erfolgreichen Abschluss arbeitete sie sechs Jahre als Personalerin. Als die Krise zuschlug, nutzte sie 2009 die Chance, das zu tun, was sie schon immer wollte: schreiben.
Bibliographische Angaben
- Autor: Britta Sabbag
- 2014, 2. Aufl., 224 Seiten, Maße: 12,5 x 18,6 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Illustration: Frommann, Peter
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404169778
- ISBN-13: 9783404169771
- Erscheinungsdatum: 15.04.2014
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