Selbstportrait Che Guevara
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Selbstporträt CheGuevara von Ernesto Che Guevara
LESEPROBE
Ich lachte über den Regenguss...
Als ich am Abend des 1. Januar 1950 Buenos Aires verließ,war ich voller Zweifel an der Leistungsfähigkeit meines Fahrrads, das mit einemkleinen Motor ausgestattet war. Meine einzige Hoffnung bestand darin, Pilar soschnell wie möglich und an einem Stück zu erreichen (das Ende meiner Reise, wiees mir einige wohlmeinende Stimmen zu Hause nahe gelegt hatten) und dann nachPergamino weiterzufahren, einem weiteren Endpunkt, den sie für mich ausersehenhatten.
Auf der Landstraße hinter San Isidro stellte ich den Motorab und trat in die Pedale, so dass ein anderer Fahrer, der ebenfalls mitMuskelkraft nach Rosario unterwegs war, zu mir aufschloss. Wir fuhren zusammenweiter, ich immer ohne Motor, um nicht schneller zu sein als mein Begleiter.Als ich durch Pilar fuhr, fühlte ich zum ersten Mal die Freude über einenerrungenen Sieg.
Am nächsten Morgen um acht Uhr erreichten wir San Antonio deAreco, die erste Station meines Reisebegleiters, wo wir gemeinsam frühstücktenund uns verabschiedeten. Ich setzte meinen Weg fort und kam bei Einbruch derDunkelheit in Pergamino an. An dieser zweiten symbolischen Station fühlte ichmich so glücklich und ermutigt durch den Erfolg, dass ich meine Erschöpfungvergaß und gleich weiter nach Rosario fuhr, das ich um elf Uhr abendserreichte, allerdings, das muss ehrlicherweise gesagt werden, indem ich mich aneinen Tanklastwagen hängte. Mein Körper schrie nach einer Matratze, aber meinWille trug den Sieg davon, und ich fuhr weiter. Gegen zwei Uhr nachts gab eseinen Wolkenbruch, der rund eine Stunde andauerte. Ich holte mein Regencapeund die Plastikplane hervor, die dank der Voraussicht meiner Mutter den Weg inmein Gepäck gefunden hatten, lachte über den Regenguss und rezitierte aus vollsterLunge ein Gedicht von Sábato. [...]
Um sechs Uhr morgens erreichte ich Leones, wechselte dieZündkerzen aus und füllte meinen Tank. Die Strecke wurde nun monoton. Gegenzehn fuhr ich durch Belle Ville und hängte mich wieder an einen Lastwagen, dermich bis in die Nähe von Villa Maria zog, wo ich einen Moment anhielt undBerechnungen anstellte. Bis hierher hatte ich weniger als vierzig Stunden gebraucht,144 Kilometer lagen noch vor mir, bei 25 Kilometer pro Stunde, alsogab es nicht viel zu überlegen. Nach weiteren zehn Kilometern überholte michein Personenwagen - ich trat gerade wieder einmal in die Pedale, um eineÜberhitzung des Motors in der Mittagssonne zu vermeiden -, der Fahrer hielt anund fragte mich, ob ich Benzin brauche. Ich verneinte, bat ihn jedoch, mich mitsechzig Stundenkilometern hinter sich her zu ziehen. Nach zehn Kilometerplatzte mein Hinterreifen. Ich verlor die Kontrolle über das Fahrrad, undmeine ganze Herrlichkeit landete im Staub (ein herrlicher Ausblick, mit demGesicht auf der Straße).
Auf der Suche nach dem Grund für die Panne stellte sichheraus, dass der unnötigerweise mitlaufende Motor ein Loch in den Reifengefressen hatte, was zu meinem Sturz führte. Ohne Reservereifen und hundemüdelegte ich mich neben die Straße, um auszuruhen. Nach ein oder zwei Stunden kamein leerer Lastwagen vorbei, und der Fahrer erklärte sich bereit, mich bisCordoba mitzunehmen. Dort packte ich meinen [...] Kram in einen Mietwagen und kamso nach Granado, Ziel meiner Strapazen, in einer Gesamtzeit von 41 Stunden und 17 Minuten. [...]
Im [unlesbar], den ich bereits beschrieben habe, traf icheinen Tramp, der unter einer kleinen Brücke schlummerte und erschreckthochfuhr. Wir begannen zu reden, und als er hörte, dass ich Student bin,schloss er mich sofort ins Herz. Er holte eine dreckige Thermosflasche hervorund bereitete mir einen Mate-Tee mit so viel Zucker, dass man sich jede alteJungfer hätte versüßen können. Nachdem wir uns ausführlich unsere Abenteuererzählt hatten, wobei wir sie ordentlich ausschmückten, aber doch soeinigermaßen bei der Wahrheit blieben, erinnerte er sich an seine Zeit alsFrisör und zog mit einem Blick auf meine ziemlich langen Locken eine verrosteteSchere sowie einen schmutzigen Kamm hervor und machte sich an die Arbeit. Nacheiner Weile hatte ich das Gefühl, dass auf meinem Kopf irgendetwas Merkwürdigesvor sich ging, und begann um meine körperliche Unversehrtheit zu fürchten; ichhätte nie gedacht, dass eine Schere eine so gefährliche Waffe sein könnte. Alsmein Frisör mir einen kleinen Spiegel vorhielt, fiel ich fast um: Jede Stelleauf meinem Kopf war verunstaltet, so viele Treppen hatte er in die Lockengeschnitten. (...)
© 2004 by Ocean Press
Übersetzung: Hans-Joachim Hartstein
Ernesto »Che« Guevara wurde am 14. Mai oder Juni 1928, über den genauen Geburtsmonat gibt es verschiedene Theorien, im argentinischen Rosario geboren. Nach dem Schulabschluss nahm er ein Medizinstudium auf, das er am 11. April 1953 mit dem Doktorgrad in Medizin und Chirurgie beendete. In Mexiko traf er 1954 eine Gruppe kubanischer Revolutionäre, die in Mexiko im Exil lebten. Nach zweijährigem Guerillakrieg als Commandante, an der Seite Fidel Castros, trat er 1959 in die Revolutionsregierung auf Kuba ein. Nach Meinungsdifferenzen mit Fidel Castro trat er 1964 von allen Ämtern zurück und ging 1966 nach Bolivien, um die Revolution weiterzutragen. Dort wurde er ein Jahr später gefangen genommen und am 9. Oktober 1967 von einem Offizier der bolivianischen Armee erschossen. Che Guevara gilt auf Kuba bis heute als Volksheld.
- Autor: Ernesto Che Guevara
- 2007, 305 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen, Maße: 21,8 x 25,2 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Herausgegeben von Casaus, Victor; Übersetzung: Hartstein, Hans-Joachim
- Herausgegeben: Victor Casaua
- Übersetzer: Hans-Joachim Hartstein
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 346203961X
- ISBN-13: 9783462039610
- Erscheinungsdatum: 13.09.2007
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