Sgraffiti
"Sgraffito. Die Wand ist mit Mörtel beworfen, der den Grund verdeckt. Dort schwinden die Gegensätze von Gut und Böse, Licht und Schatten, Krieg und Frieden, Männlich und Weiblich, Schön und Häßlich, Leben und Tod."
Ernst Jünger
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Sgraffiti “
"Sgraffito. Die Wand ist mit Mörtel beworfen, der den Grund verdeckt. Dort schwinden die Gegensätze von Gut und Böse, Licht und Schatten, Krieg und Frieden, Männlich und Weiblich, Schön und Häßlich, Leben und Tod."
Ernst Jünger
Ernst Jünger
Klappentext zu „Sgraffiti “
Die "Sgraffiti" sind Notate, in der Anlage denen des früher entstandenen "Abenteuerlichen Herzens" verwandt. Die insgesamt 115 Einzelarbeiten umfassenden Essays beinhalten wiederum metaphysische Reflexionen und Deutungsversuche, bis wir schließlich "Arm in Arm mit unserem Feinde, mit unserem Mörder in den Festsaal ein[treten]. Leben steht an der Pforte; der Tod hat es mit seinem Griffel durch den Mörtel geritzt."
Lese-Probe zu „Sgraffiti “
SgraffitiFliegende Fische
Nachts wehte afrikanischer Wind über das Meer. Vom Hafen steigt ein fiebriger Dunst empor. Es riecht nach Öl, nach Fischen und Abfällen. Der Schlaf war unruhig, von bösen Träumen erfüllt. Bei Sonnenaufgang ist es schon sehr heiß. Das Licht fällt durch die Lebensbäume wie durch ein grünes Gitter ein. Ein Summen erfüllt den Raum. Zahllose Mücken, Fliegen, Wespen schwärmen unter dem Plafond, verhüllen ihn wie ein dunkles Tuch. Sie sind geschäftig, als ob eine Leiche im Zimmer läge, und unvermutet, als ob die Nacht und das Fieber sie gezeugt hätten.
Nun schießt eine große Schwalbe durch das schmale Fenster und durchmißt in lautlosen Schwüngen den glühenden Saal. Ich irrte mich - es ist kein Vogel, sondern ein Segelfisch. Er muß sich aus der Brandung über die Klippen emporgeschwungen haben und in den Garten eingeflogen sein. Ich sehe die zarten Flossensäume und die tiefblauen Schuppen, die bei den Wendungen hinüberspielen in ein perlendes Rot. Die Kühlung seines Elementes geht von ihm aus.
Nachdem er Maß genommen, folgen ihm andere Fische, metallisch und vielfarbig leuchtend, mit kleinen Flossen, die so schnell schwirren, daß nur ihr Flimmern sichtbar ist. Sie bringen neue Kühlung, und vor allem weiden sie die Decke ab. Sie saugen die Bremsen und Moskitos in sich ein. Sie ziehen wie Schermesser durch dunklen Filz und lassen helle Streifen hinter sich. Bald ist der Plafond gesäubert, und sein Gemälde wird sichtbar: ein Tempel in einer Einöde, aus dem eine Göttin tritt. Die Fische ziehen, einer nach dem anderen, durch den Park davon.
Das war ein guter Beginn. Ich werde im Meere baden und dann im stillen Hause arbeiten. Die Bilder und Gedanken werden sich einstellen als gehorsame Dienerschaft und des leisesten Winkes gewärtig sein. Die Fische waren ihre Herolde.
Wiederkehr
Die Wiederkehr berührt uns tiefer als ihre Inhalte, erquickt uns an sich und als Mysterium. Sie weist in der Zeit auf ein Zeitloses, in der Bewegung auf ein Ruhendes
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hin. Wir sagen, die Sonne kehrt wieder, aber es ist nur ihr Schein, den wir wahrnehmen. Die Wiederkehr erweckt Vertrauen, bestätigt ein tiefes Bündnis mit der Welt.
Das kündet sich nicht nur in den Festen an. Wenn wir zwei, drei Mal einen Laden, eine Wirtschaft betreten, werden wir wahrnehmen, daß der Kaufmann, der Wirt uns mit einem Lächeln begrüßt. In seinem Lächeln liegt mehr als die Freude über den Gewinn, den wir ihm zuwenden. Kehren wir durch einen langen Zeitraum hin bei ihm ein, so wird das Ökonomische aus der Beziehung zwar nicht verschwinden, aber es wird sich in den Rahmen einer umfassenderen Teilnahme einfügen. Wir werden seine Gäste, er wird unser Wirt.
Verstöße in dieser Hinsicht schmerzen uns besonders; sie treffen Tieferes als unseren Vorteil und unser Recht. Ein kleiner Beamter kauft Jahre und Jahrzehnte bei seinem Bäcker und bezahlt monatlich. Nun wird er in ein fernes Land versetzt und bleibt die letzte Rechnung schuldig, verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Es ist nicht der geringe Verlust, der den Bäcker bestürzt. Hier wurde angetastet, was er in der Wiederkehr und hinter ihr vermutete.
In einem Lande leben ein König, ein Hauptmann und ein Gendarm. Wenn der Hauptmann zur Stadt fährt, begegnet er auf dem kleinen Bahnhof seines Vororts dem Gendarmen, der dort für Ordnung sorgt. Er wird von ihm zunächst gehorsam, dann ehrerbietig und endlich mit Herzlichkeit begrüßt. Das geht durch Jahre und Jahrzehnte, bis endlich ein Umsturz das Land verändert, den König fällt. Wie nun der Hauptmann wieder auf den Bahnhof kommt und wieder dem Gendarmen begegnet, da wird ihm nicht nur der Gruß verweigert, sondern er wird mit barscher Stimme aufgefordert, sein Gepäck zu öffnen; die Menge lacht dazu. Jetzt erst begreift der Hauptmann, daß der König wirklich tot ist, ja er beginnt zu zweifeln, ob jemals ein König war.
Das kündet sich nicht nur in den Festen an. Wenn wir zwei, drei Mal einen Laden, eine Wirtschaft betreten, werden wir wahrnehmen, daß der Kaufmann, der Wirt uns mit einem Lächeln begrüßt. In seinem Lächeln liegt mehr als die Freude über den Gewinn, den wir ihm zuwenden. Kehren wir durch einen langen Zeitraum hin bei ihm ein, so wird das Ökonomische aus der Beziehung zwar nicht verschwinden, aber es wird sich in den Rahmen einer umfassenderen Teilnahme einfügen. Wir werden seine Gäste, er wird unser Wirt.
Verstöße in dieser Hinsicht schmerzen uns besonders; sie treffen Tieferes als unseren Vorteil und unser Recht. Ein kleiner Beamter kauft Jahre und Jahrzehnte bei seinem Bäcker und bezahlt monatlich. Nun wird er in ein fernes Land versetzt und bleibt die letzte Rechnung schuldig, verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Es ist nicht der geringe Verlust, der den Bäcker bestürzt. Hier wurde angetastet, was er in der Wiederkehr und hinter ihr vermutete.
In einem Lande leben ein König, ein Hauptmann und ein Gendarm. Wenn der Hauptmann zur Stadt fährt, begegnet er auf dem kleinen Bahnhof seines Vororts dem Gendarmen, der dort für Ordnung sorgt. Er wird von ihm zunächst gehorsam, dann ehrerbietig und endlich mit Herzlichkeit begrüßt. Das geht durch Jahre und Jahrzehnte, bis endlich ein Umsturz das Land verändert, den König fällt. Wie nun der Hauptmann wieder auf den Bahnhof kommt und wieder dem Gendarmen begegnet, da wird ihm nicht nur der Gruß verweigert, sondern er wird mit barscher Stimme aufgefordert, sein Gepäck zu öffnen; die Menge lacht dazu. Jetzt erst begreift der Hauptmann, daß der König wirklich tot ist, ja er beginnt zu zweifeln, ob jemals ein König war.
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Autoren-Porträt von Ernst Jünger
Ernst Jünger, geb. in Heidelberg am 29. 3. 1895, war Soldat in der Fremdenlegion, dann in der Reichswehr und der Wehrmacht. Er ist der Bruder von Friedrich G. Jünger. Seine Schriften 'In Stahlgewittern' (Tageb., 1920), 'Der Kampf als inneres Erlebnis' (Essay, 1922) und 'Feuer und Blut' (En., 1925) gelten als Verherrlichung von Soldatentum und Krieg. Später Schriften gegen Gewalt und Macht. Jüngers Teilzeitideologien sind bis heute ebenso umstritten wie seine literarischen Werke.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ernst Jünger
- 1985, Jubil.-Ausg., 189 Seiten, Maße: 46 x 20 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Klett-Cotta
- ISBN-10: 3608953469
- ISBN-13: 9783608953466
Kommentar zu "Sgraffiti"
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