So B. It

Sarah Weeks ist Sängerin, Liedermacherin und Bilderbuchautorin. Gemeinsam mit ihren beiden Söhnen lebt die amerikanische Autorin in New York.Brigitte Jakobeit, Jg. 1955, lebt in Hamburg und übersetzt seit 1990 englischsprachige Literatur, darunter die Autobiographien von Miles Davis und Milos Forman sowie Bücher von John Boyne, Paula Fox, Alistair MacLeod, Audrey Niffenegger und Jonathan Safran Foer.

Man liest häufig immer öfter von "kalten Kindern". Sie schlagen andere Menschen tot und empfinden nichts dabei. Man weiß, dass sie selbst Opfer ihrer kranken Familien, einer herzlosen Gesellschaft sind, und doch stellt sich bei denen, die mit ihren Taten konfrontiert sind, ein Grauen ein, weil sie die Ohnmacht, die sie empfinden, nicht ertragen können. Heidi, die Heldin dieses kleinen Buches - sie ist übrigens wirklich eine Heldin - verbringt ihre Kindheit ebenfalls mit schwer beschädigten Menschen, aber sie hat trotzdem ein unglaublich liebevolles Zuhause. Das liegt vor allem an Bernadette, der großherzigen Nachbarin, die aufgrund ihrer Agoraphobie niemals die Wohnung verlassen kann, und deshalb sind Heidi und ihre schwachsinnige Mutter bestens aufgehoben. Trotzdem will die inzwischen 13jährige Heidi nicht ihr ganzes Leben in dieser schönen, aber geschlossenen Welt verbringen. Sie macht sich auf, um ihren Vater zu suchen...damit beginnt ein Abenteuer von faszinierender Art, das auch viele Kinder so sehr fesselt, dass sie Heidi gerne begleiten würden. Das können sie lesend tun, aber um dem Text zur vollen Entfaltung seiner Glücksdimension zu verhelfen, kann es nicht schaden, wenn man ihn nicht alleine liest. Lehrer berichten davon, dass selten ein Lektüretext zu solch heftigen emotionalen Diskussionen führte, denn es handelt sich um eine Liebesgeschichte der ganz besonderen Art: es geht um die Liebe zum Leben, um die Liebe zu Menschen ohne jeden Zweck...eine erstaunliche Dimension für viele Kinder von heute, die oft vermuten, dass es lediglich ihre Leistungen sind, die sie liebenswert machen. Wenn Heidi am Ende der Geschichte für ihre Mutter eine Begräbnisrede hält, dann weinen alle, Kinder und Erwachsene - ein heilsames Weinen, das verbindet und die Kälte wegwäscht.Gabriele Hoffmann (Leanders Leseladen, Heidelberg)