So soll er sterben
Ein illegaler Einwanderer wird ermordet in einer Edinburgher Sozialsiedlung gefunden - ein Mord mit rassistischem Hintergrund oder etwas ganz anderes? Die Spuren führen Inspector Rebus von der berüchtigten Sozialsiedlung Knoxland geradewegs in die Tiefen der Edinburgher Unterwelt. Unterdessen kümmert sich Siobhan Clarke um den Fall eines verschwundenen Mädchens, und auch sie taucht bei ihren Ermittlungen ein in die dunkelsten Ecken Edinburghs, in das berüchtigte »Schamdreieck«. Was zunächst wie purer Zufall erscheint, erweist sich allmählich als logischer Zusammenhang. Denn hier, in den zwielichtigen Kneipen und Bars, halten ein paar Männer alle Fäden in der Hand, zu deren Geschäften auch Menschenhandel im großen Stil zählt. Und die es gar nicht gerne sehen, wenn Rebus und Siobhan Clarke ihre Kreise stören ...
Ein illegaler Einwanderer wird ermordet in einer Edinburgher Sozialsiedlung gefunden - ein Mord mit rassistischem Hintergrund oder etwas ganz anderes? Die Spuren führen Inspector Rebus von der berüchtigten Sozialsiedlung Knoxland geradewegs in die Tiefen der Edinburgher Unterwelt. Unterdessen kümmert sich Siobhan Clarke um den Fall eines verschwundenen Mädchens, und auch sie taucht bei ihren Ermittlungen ein in die dunkelsten Ecken Edinburghs, in das berüchtigte "Schamdreieck". Was zunächst wie purer Zufall erscheint, erweist sich allmählich als logischer Zusammenhang. Denn hier, in den zwielichtigen Kneipen und Bars, halten ein paar Männer alle Fäden in der Hand, zu deren Geschäften auch Menschenhandel im großen Stil zählt. Und die es gar nicht gerne sehen, wenn Rebus und Siobhan Clarke ihre Kreise stören ...
Als bester Spannungsroman des Jahres mit dem British Book Award ausgezeichnet.
"Ian Rankins Romane um John Rebus und Siobhan Clarke gehören zum Besten, was Schottland seit der Erfindung des Single Malt Whiskys hervorgebracht hat. Auch der 14. Band um den mürrischen Inspektor, der seinen täglichen Frust im Bier ertränkt, überzeugt: dank spannender Handlung, dank bissigem Humor und dank dem mitleidlos sozialkritischen Blick auf die schottische Gesellschaft." - Schweizer Familie
"Mit "So soll er sterben" hat Ian Rankin einen brillanten, facettenreichen Thriller geschrieben, der als bester Spannungsroman des Jahres mit dem British-Book-Award ausgezeichnet wurde. Zu Recht." - Gala
"Ian Rankin, der Balzac Schottlands, macht seine Sache mit jedem Buch ein bißchen besser. Und blutiger." - Die literarische Welt
So soll ersterben von Ian Rankin
LESEPROBE
»Was habeich hier eigentlich verloren?«, sagte Detective Inspector
JohnRebus. Auch wenn ihm niemand zuhörte.
Knoxlandwar eine Hochhaussiedlung im Westen von
Edinburgh,außerhalb von Rebus offiziellem Zuständigkeitsgebiet.
Er war nurhier, weil die Kollegen im West End unterbesetzt
waren undsein Chef nicht wusste, was er mit ihm anfangen
sollte. Eswar ein verregneter Montagnachmittag, und
nichts andiesem Tag ließ für den Rest der Arbeitswoche
etwasGutes ahnen.
Rebus ehemaliges Revier, über acht Jahre lang sein hoch
geschätztesBasislager, war Opfer einer Umstrukturierung
gewordenund verfügte seither nicht mehr über ein CIDBüro,
was zurFolge hatte, dass Rebus und seine Kollegen
heimatlosgeworden waren und man sie auf andere Reviere
verteilthatte. Er war am Gayfield Square gelandet: ein ruhiger
Job, wiemanche meinten. Gayfield Square lag am Rand
dervornehmen New Town,wo hinter den Fassaden aus dem
achtzehntenund neunzehnten Jahrhundert alles Mögliche
passierenkonnte, ohne dass etwas nach draußen drang. Die
gefühlteEntfernung zu Knoxland war enorm, größer als die
tatsächlichenfünf Kilometer. Hier herrschte eine andere
Kultur, eswar ein anderes Land.
Man hatteKnoxland in den 1960ern erbaut, wie es schien
ausPappmaché und Balsaholz. Die Wände waren so dünn,
dass manseine Nachbarn beim Zehennägelschneiden hören
konnte undihr Abendessen roch. Auf den grauen Betonwänden
prangtenfeuchte Flecken. Zahlreiche Graffiti hat-
ten demViertel den Namen »Hard Knox« verliehen. Andere
Wandverzierungenempfahlen »Pakis raus«, und ein Schriftzug,
vermutlichkaum eine Stunde alt, verkündete: »Einer
weniger.«
Dievereinzelten Geschäfte hatten Metallgitter an Fenstern
und Türen,und niemand machte sich die Mühe, sie
währendder Öffnungszeiten zu entfernen. Das ganze Viertel
wirkteisoliert, im Norden und Westen wurde es von
Schnellstraßenbegrenzt. Wohlmeinende Stadtentwickler
hattenUnterführungen graben lassen, die in den ursprünglichen
Plänenwahrscheinlich sauber und gut beleuchtet gewesen
waren,damit die Leute dort gelegentlich stehen blieben,
um mitihren Nachbarn übers Wetter oder die neuen
Vorhängein Nummer 42 zu plaudern. Im wirklichen Leben
jedochgalten sie selbst tagsüber für alle, die nicht völlig lebensmüde
waren, alsSperrgebiet. Andauernd hatte es die
Polizeimit Fällen von Handtaschendiebstahl oder Straßenraub
zu tun.
Vermutlichwaren es dieselben wohlmeinenden Stadtentwickler
gewesen,die auf die Idee verfielen, die zahlreichen
Wohnblocksder Siedlung nach schottischen Schriftstellern
zubenennen und das Wort »House« anzuhängen, damit die
Leuteimmer wieder daran erinnert wurden, dass diese Gebäude
mit echtenHäusern rein gar nichts gemein hatten.
BarrieHouse.
StevensonHouse.
ScottHouse.
BurnsHouse.
Unaufdringlichwie ein einzelner Salutschuss ragten sie in
denHimmel.
Rebus sahsich suchend nach einer Möglichkeit um, seinen
halbleeren Kaffeebecher zu entsorgen. Er hatte bei
einemBäcker auf der Gorgie Road Halt gemacht, weil er
wusste,dass seine Chancen auf einen halbwegs genießbaren
Kaffeekontinuierlich abnahmen, je weiter er sich vom
Stadtzentrumentfernte. Keine gute Wahl: Das Gebräu war
erstbrühend heiß gewesen und kurz darauf lauwarm, was
das Fehlenjedweden Aromas nur noch unterstrich. Es gab
keineMülleimer in der Nähe, genau genommen keine Mülleimer
weit undbreit. Doch Bürgersteig und Grünstreifen
botenbereitwillig an, die Aufgabe zu übernehmen. Also leistete
Rebusseinen Beitrag zum Müllmosaik, richtete sich
auf undvergrub die Hände tief in den Manteltaschen. Er
konnteseinen eigenen Atem sehen.
»Eingefundenes Fressen für die Presse«, brummelte jemand.
In dem überdachtenVerbindungsgang zwischen zwei
hohenWohnblocks liefen ein Dutzend Gestalten herum. Ein
schwacherGeruch nach menschlichem oder nichtmenschlichem
Urin hingin der Luft. Es gab jede Menge Hunde in
dieserGegend, und der eine oder andere trug sogar ein
Halsband.Sie näherten sich schnüffelnd dem Verbindungsgang,
bis sievon den Uniformierten verjagt wurden. Der
Gang waran beiden Enden mit Absperrband gesichert. Ein
paarJugendliche auf Fahrrädern verrenkten sich den Hals,
um einenBlick auf den Tatort zu werfen. Die Männer von
derSpurensicherung in weißem Overall mit Kapuze und die
Polizeifotografenmachten sich gegenseitig den Platz streitig.
Neben denPolizeiautos auf der matschigen Spielwiese
parkte einunauffälliger grauer Lieferwagen. Der Fahrer
hatte sichbei Rebus beschwert, weil ein paar Halbwüchsige
ihm Gelddafür hatten abknöpfen wollen, dass sie auf den
Wagenaufpassten.
»MieseRatten.«
In Kürzewürde der Fahrer die Leiche zur Obduktion in
dieGerichtsmedizin bringen. Aber es war bereits klar, dass
es sich umeinen gewaltsamen Tod handelte. Etliche Stichwunden,
eine davonim Hals. Den Blutspuren nach zu urteilen,
war dasOpfer drei bis vier Meter vom einen Ende des
Verbindungsgangsentfernt angegriffen worden. Wahrscheinlich
hatte erzu fliehen versucht, war aber, ehe es ihm gelang,
ins Freiezu kommen, von seinem Angreifer endgültig niedergestreckt
worden.
»In denTaschen ist bloß ein bisschen Kleingeld, sonst
nichts«,sagte ein anderer Polizist. »Hoffentlich kennt ihn
irgendwer «
Rebuswusste nicht, wer er war, aber er wusste, was er war:
nämlichein Kriminalfall, ein Teil der Verbrechensstatistik.
Außerdemwar er Nachrichtenmaterial, und die Journalisten
hattengarantiert schon Witterung aufgenommen, so wie
dasHunderudel bei einer Treibjagd. Knoxland war keine
beliebteWohngegend. Hier zogen nur Leute her, denen
nichtsanderes übrig blieb. In der Vergangenheit hatten die
Behördendie Siedlung benutzt, um Leute abzuschieben, für
die sichsonst keine Wohnung fand: Junkies und Geistesgestörte.
In letzterZeit waren vermehrt Einwanderer und
Asylbewerberin die besonders verwahrlosten Häuserblocks
einquartiertworden. Leute, mit denen niemand zu tun
haben,geschweige denn sich ernsthaft befassen wollte. Als
Rebus sichumsah, wurde ihm klar, dass sich diese armen
Menschenwie Mäuse in einem Labyrinth vorkommen
mussten.Nur mit dem Unterschied, dass es in Versuchslabors
nur wenigefeindlich gesinnte Lebewesen gab, sie hier,
imwirklichen Leben, hingegen allgegenwärtig waren.
Sie warenmit Messern bewaffnet, trieben ungehindert ihr
Unwesen,beherrschten die Straßen.
Und nunhatten sie getötet.
Einweiteres Auto hielt am Straßenrand, und ein Mann
stieg aus.Rebus kannte ihn: Steve Holly, ein Schreiberling
inDiensten eines Glasgower Boulevardblatts. Dick und umtriebig,
gegeltes,stachelig vom Kopf abstehenden Haar. Ehe
er denWagen abschloss, griff er nach seinem Notebook und
klemmte essich unter den Arm. Er mochte alles Mögliche
sein,dieser Steve Holly, naiv war er nicht. Er nickte Rebus
zu.
»Haben Siewas für mich?«
Rebusschüttelte den Kopf, woraufhin sich Holly nach
einerergiebigeren Informationsquelle umzusehen begann.
»Wie ichhöre, hat man euch aus St. Leonard s rausgeschmissen
«, sagteer, so als wollte er Konversation machen,
den Blickdabei absichtlich nicht auf Rebus gerichtet. »Hat
man Sieetwa hierher strafversetzt?«
Rebus ließsich nicht provozieren, dennoch fuhr Holly genüsslich
fort: »Hierzu arbeiten, muss eine echte Strafe sein.
Verdammtübles Pflaster, was?« Holly zündete sich eine
Zigarettean, und Rebus wusste, dass er sich im Geist mit
demArtikel beschäftigte, den er nachher schreiben und für
den ersich griffige Formulierungen mit ein paar pseudophilosophischen
Einsprengselnausdenken würde.
»EinAsiate, habe ich gehört«, sagte der Reporter schließlich,
bliesRauch in die Luft und hielt Rebus die Zigarettenschachtel
hin.
»Das stehtnoch nicht fest.« Rebus Kommentar war die
Bezahlungfür die Zigarette. Holly gab ihm Feuer. »Olivfarbene
Haut Könnte von überallher stammen.«
»Nur nichtaus Schottland«, erklärte Holly lächelnd.
»Dürftealso ein Verbrechen aus Fremdenhass sein.War ja zu
erwarten,dass so etwas irgendwann auch hier passieren
würde.«Rebus wusste, wieso er das »hier« betont hatte: Er
meinte »inEdinburgh«. In Glasgow hatte es schon mindestens
einen Mordaus Fremdenhass gegeben, das Opfer war
einAsylbewerber gewesen, der versucht hatte, in einer der
menschenfeindlichenSiedlungen jener Stadt sein Leben zu
leben.Erstochen, genau wie das hiesige Opfer, das wenige
Meterentfernt fotografiert und nach Spuren abgesucht
worden warund nun in einen Leichensack gesteckt wurde.
Währenddies geschah, herrschte Stille: Man erwies dem
Toteneinen Moment lang die letzte Ehre, ehe man sich wieder
derAufgabe widmete, den Täter zu fassen. Der Sack
wurde aufeinen Rollwagen gehoben, der dann unter der Absperrung
hindurchund an Rebus und Holly vorbeigeschoben
wurde.
»Sind Siehier der Boss?«, fragte Holly leise. Rebus schüttelte
erneut denKopf und beobachtete, wie die Leiche in
demLieferwagen verschwand.
© Verlagsgruppe Random House
Übersetzung:Heike Steffen und Claus Varrelmann
- Autor: Ian Rankin
- 2005, 572 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Varrelmann, Claus; Steffen, Heike
- Verlag: MANHATTAN
- ISBN-10: 3442546052
- ISBN-13: 9783442546053
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