Soldatenehre
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Soldatenehre von Mike Moscoe
LESEPROBE
NaheFalkirk, Alkalurops
PräfekturIX, Republik der Sphäre
3. April3134, Frühling
GraceO Malley lockerte die Gurte, stützte die Ellbogen auf das offene Cockpit ihresBergbauMechs Pirat und stellte das Fernglas scharf. Ein schnellerRundblick durch das Gleann-Mor-Tal zeigte keinerlei Spur der Banditen, deren Anmarschsie fürchtete. Was in letzter Zeit über das Netz kam, jagte ihr Angst ein.Normalerweise ignorierte Grace den Netztratsch, doch Allabad, die planetareHauptstadt, war vor einer Woche ohne Erklärung aus dem Netz gefallen. Danach wares immer wieder zu einer Flut hysterischer Einträge und Telefonate gekommen,vor allem über BattleMechs, die durch Häuser stampften, über Panzer, die dasFeuer auf Ladenlokale eröffneten, und dann auch über Fremdweltlertruppen, dieMechs stahlen. Danach war der betreffende Ort aus dem Netz verschwunden. Undjetzt lag Graces Heimatort Falkirk auf der Marschroute. Am Abend zuvor hatteihr Freund Gordon Frazier, der Bürgermeister von Kilkenny, keine zweiFahrtstunden südlich, ihr eine hastige E-Notiz über BattleMechs und eine MengePanzer geschickt, die von Amarillo aus die Straße heraufzogen. Grace hatteGordon angerufen, aber dann waren die Telefon- und Datenverbindungen jähabgerissen. Es sah ganz danach aus, als wollten ihr die Banditen ihren Piratwegnehmen. Dann konnte Falkirk mit keiner Hilfe rechnen. Die letzteBürgerversammlung war die kürzeste gewesen, seit Grace Bürgermeisterin gewordenwar. Ein Teil der Einwohner war zwar zur Flucht bereit gewesen, die meistenaber hatten ihr zugestimmt, dass sich Alkaluronen nicht kampflos ergebensollten. Falkirk hatte sich also für den Kampf entschieden, was Grace nichtsonderlich überrascht hatte. Micks Mech-Montage-Meister hatte fast die ganzeWoche damit zugebracht, die sechs Mechs der Stadt zu panzern und Waffen wie dieRevolverkanone aus sechs Jagdgewehren zu improvisieren, die jetzt an Pirats rechtemArm hing. John Shepherd, der Waffenschmied der Stadt, hatte die Gewehre mitbesonders durchschlagskräftigen Stahlmantelgeschossen geladen. Grace schüttelteden Kopf, als müsste sie einen Albtraum verjagen. Seit ihrer Kindheit hatte ihrdie Großmutter davon erzählt, wie das alte Irland auf Terra einst vor Angstgezittert hatte, wenn man den Namen der Piratin Grace O Malley erwähnte. Gracehatte sogar ihren BergbauMech Pirat getauft, »weil er Kohle und Erz ausdem Boden raubt«. Aber echte Piraten! Sie hätte nie erwartet, in der Republikder Sphäre jemals auf solche Burschen zu treffen. Andererseits, vor zwei Jahrenhatte sie ja auch nicht erwartet, dass das interstellare HPG-Kommunikationsnetzzusammenbrechen würde. Auf einer abgelegenen Welt wie Alkalurops bedeutete dasvor allem, dass die Nachrichtensendungen plötzlich voller Lokalmeldungen waren.Aber selbst die Handelsprobleme und der drastisch gefallene Preis für Metallund Kohle schienen nur wenig Kompensation dafür, dass sie nun ihre Ruhe hatten.Wieder glitt Graces Blick über das Gleann-Mor-Tal, langsamer diesmal, beinaheliebevoll. Dies war ihre Heimat. Hier war sie aufgewachsen, wie schon ihreMutter und ihre Großmutter vor ihr. In all der Zeit bis fast zurück zu denErstsiedlern hatte sich das Tal kaum verändert. Es war rot und braun, wo sicheinheimische Pflanzen noch behaupteten, und grün, wo sie die mitgebrachteterranische Fauna langsam verdrängte. Gelber Besenginster zeichnete in derFrühlingsluft die Straße von Süden nach und leuchtete auch noch anverschiedenen anderen Stellen. Auf den Hängen der Cragnormberge, nur zehn bis fünfzehnKilometer entfernt, sprenkelte der Besenginster das Lila des Heidekrauts. Hättesich Grace in der Kanzel umgedreht, hätte sie auf dem Vorgebirge desGaltymassivs dieselben Farben gesehen. Doch stattdessen blickte sie nachNorden, das Tal hinauf bis zu den grauen Häusern Falkirks im Windschatten desWilson Crag. Rund um die Klippen erstreckten sich die weiten grünen Kreise aus bewässertemAckerland, auf dem die Einwohner der Stadt das terranische Getreide für denVerkauf anbauten: Weizen, Gerste, Mais und Hafer. Kleine Gärten an den Häusernlieferten das Gemüse für den täglichen Bedarf. Falkirk genoss eine bequemeAutarkie - oder zumindest war das bis zur letzten Woche so gewesen. Jetztbrauchte Falkirk Hilfe, und vor zwei Tagen hatte Grace eine entsprechende Bittean alle Höfe in den Bergen und Ortschaften der Umgebung geschickt. Sie war mehrals dankbar für die Spuren von Grabarbeiten neben der Straße, vor der siestand. Gestern war Chato Blaues Wasser mit zwei Dutzend Navajos aus demWeißflusstal auf der anderen Seite der noch schneebedeckten Hebridenberge gekommen.Nun arbeiteten sie an einer Verteidigungsstrategie, von der Chato Graceversichert hatte, sie werde funktionieren, auch wenn sie bis jetzt noch nicht wusste,wie diese Strategie eigentlich aussah. Gestern, während Pirat in derWerkstatt war und seine Revolverkanone erhielt, hatte der Navajo, unterstütztvon allen, die dazu bereit waren, Löcher gegraben, Schnüre gespannt und nochandere seltsame Vorkehrungen getroffen. Grace hatte ihm nur zugeschaut und sicham Kopf gekratzt. »Wie wollt ihr mit einem Seil einen Mech aufhalten? «, riefsie. Chato lächelte milde. »Sie kämpfen nach Art des weißen Mannes. Wir folgendem Kriegspfad im Geiste des Coyoten. Wir werden sehen, wem sich dieMechKrieger wünschen werden, nie begegnet zu sein.« Grace hatte Chato noch nieBegriffe wie »weißer Mann« verwenden hören. Allerdings war sie auch noch niemit ihm auf dem »Kriegspfad« gewesen. Mit einem gewissen Unbehagen antwortetesie: »Es sind Banditen, keine Krieger. Und ich bin kein weißer Mann. Ich bineine schottisch- irische Frau.« »Sie sind die Bürgermeisterin von Falkirk. Dasreicht, Sie für mich zum weißen Mann zu machen.« Er lachte, als Gracekonterte: »Nur Donnerstag abends auf der Bürgerversammlung.« Doch Chato wurdeschnell wieder ernst. »Diese sturen Bergleute akzeptieren Sie als ihrenKriegsführer. Legen Sie Kriegsbemalung an, Häuptling, und wir werden sehen, worausIhre Krieger gemacht sind.« Grace knurrte ihn an. Sie hatte in ihrem ganzenLeben noch kein Make-up getragen. Bei ihrer milchweißen Haut und den feuerrotenHaaren hatte sie das nie nötig gehabt. »Staubwolke am Horizont.« Dan McLeodsStimme riss sie aus diesen Gedanken. Er saß links von ihr in seinem AgroMech,der sich unter dem Gewicht des Brandroders unter dem linken Arbeitsarm etwaszur Seite neigte. Normalerweise diente der Brandroder dazu, die einheimische Vegetationauf Feldern zu entfernen, die für terranische Pflanzen vorgesehen waren. Jetztwar der Brenner mit einer Hochleistungspumpe aufgerüstet worden, und hinter Dansoffener Kanzel ragte ein Zweitausend-Liter-Tank in die Höhe. Grace hatte sichsagen lassen, dass Battle- Mechs im Kampf schnell heißliefen. Dans Brennerwürde das ganz enorm beschleunigen. Sie drehte sich nach Süden und beugte sichweit vor. Pirats Kreiselstabilisator protestierte laut gegen dieGewichtsverlagerung. Die neue Frontpanzerung machte ihm ohnehin zu schaffen.Grace streckte die rechte Hand zurück in die Kanzel und bewegte mit demSteuerknüppel den Bohrer am rechten Arm der Maschine auswärts, um sich an demfünfzehn Meter hohen Granitpfeiler abzustützen, hinter dem sie sich versteckte.Danach richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Hauptstraße. Undtatsächlich sah jetzt auch sie eine Staubwolke. Die Straße verlief in etwa fünfKilometer Entfernung vor dem Gebirge in gerader Linie über die Ebene. Unterhalbvon Graces Position aber zwang sie eine Schlucht dichter an das Vorgebirge. EinFrühlingsgewitter hätte die Straße meterhoch überschwemmt, doch es hatte seitüber einer Woche nicht mehr geregnet. Wenigstens lieferte ihnen der Staub einegewisse Vorwarnung, auch wenn die Trockenheit es den Banditen leichter machte,die Straße zu verlassen. Grace hob den Spiegel, den sie um den Hals trug, und ließihn hinüber ins Tal zu Chato blitzen. Zwischen dem Gebüsch und dem Falschgrastauchte jemand auf und wedelte zur Antwort mit einem Hemd. Jetzt zog Grace dieGurte stramm. Eine kurze Überprüfung bestätigte, dass der Neurohelm saß undkeiner der Kühlschläuche eingeklemmt war. Sie holte Pirats Motor aus demLeerlauf und schwenkte ihn mit gewissenhafter Betätigung der Pedale auf demlinken Absatz zu den anderen Mechs und den fünfzig bewaffneten Männern und Frauenherum. Diese hielten Gewehre und improvisierte Raketenwerfer in der Hand, dieMick Bazookas nannte. Sie konnte ziemlich laut schreien - das hatte ihr Vater ihreinst beigebracht. Diese Fähigkeit ermöglichte ihr jetzt, sich der Crew zweiStockwerke tiefer und den Fahrern der im Leerlauf donnernden IndustrieMechsverständlich zu machen. »Was haltet ihr davon, wenn wir etwas auffächern? «Selbst brüllend achtete sie darauf, keine Befehle zu erteilen. Chato nannte sievielleicht Falkirks Kriegsführer, aber diese Leute waren keine Soldaten. Siewar nur deshalb ihre Anführerin, weil sie ihren Vorschlägen meistens folgten.Wenn sie sich jedoch zu sehr aufspielte, würden sie einen anderen Bürgermeisterwählen. »Klingt gut«, stellte Jim Wilson fest, dem etwa die Hälfte derBewässerungskreise um Falkirk gehörte. Er hatte den neuesten AgroMech in derStadt, dessen Lackierung allerdings unter der vorne frisch angeschweißtenPanzerung gelitten hatte. Wilson stampfte zu einem Haufen Felsbrocken einenKilometer südlich los, und sein Sohn folgte ihm in einem ähnlichpanzerverstärkten AgroMech, der nicht viel älter war als Pirat. Für dieRevolverkanonen an beiden aufgerüsteten Maschinen hatten die Wilsons ihrenWaffenschrank leer geräumt. Ein Dutzend Pachtbauern folgten ihnen mitLuftgewehren und zwei Raketenwerfern. (...)
© Heyne Verlag
Übersetzung: Reinhold H. Mai
- Autor: Mike Moscoe
- 2006, 364 Seiten, Maße: 18,5 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Dtsch. Übers. v. Reinhold H. Mai
- Verlag: Ludwig bei Heyne
- ISBN-10: 3453521471
- ISBN-13: 9783453521476
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