U-Boot-Krieg im Golf von Mexiko
1942 - 1943
Als deutsche U-Boote 1942 viele amerikanische Frachtschiffe im Golf von Mexiko versenkten, waren die US-Streitkräfte auf diese Attacken kaum vorbereitet. Erst ein Jahr später begann sich das Blatt zu wenden.
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Produktinformationen zu „U-Boot-Krieg im Golf von Mexiko “
Als deutsche U-Boote 1942 viele amerikanische Frachtschiffe im Golf von Mexiko versenkten, waren die US-Streitkräfte auf diese Attacken kaum vorbereitet. Erst ein Jahr später begann sich das Blatt zu wenden.
Mehr und mehr erzielte das neue Konvoisystem der Amerikaner Erfolge. Und die U-Boote sahen sich zunehmend mit überlegenen Gegnern auf See und in der Luft konfrontiert. Um so erbitterter wurde gekämpft.
Auf der Basis zahlreicher Interviews mit Veteranen beider Kriegsparteien rekonstruiert Melanie Wiggins äußerst fesselnd die dramatischen Ereignisse. Auszüge aus Kriegstagebüchern und anderen Dokumenten beleuchten den historischen Zusammenhang der persönlichen Schilderungen.
Lese-Probe zu „U-Boot-Krieg im Golf von Mexiko “
U-Boot-Krieg im Golf von Mexiko 1942 - 1943 von Melanie Wiggins1. Die Spione
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Die bunten Nationalflaggen von Kuba, Dänemark, Frankreich und anderen Ländern flatterten 1940 in Galveston von den Balkonen und Fenstern der Konsulate an der Strand Street. Die deutsche Fahne mit ihrem kräftigen rotweiß-schwarzen Muster und dem Hakenkreuz fiel John Focke ins Auge, einem gebürtigen Galvestoner, der die Fahne seit Jahren gesehen hatte, ihren Anblick aber nicht länger ertrug. Focke stürmte in sein Büro zurück, rief seinen Freund Julius Jockusch an, den Honorarkonsul von Deutschland, und brüllte, er werde nie wieder mit ihm reden, wenn Jockusch dieses Hitlersymbol nicht sofort entfernte.
Jockusch war von Fockes heftigem Angriff schockiert. Er antwortete, dass es seiner Meinung nach nicht möglich sei, das Konsulat zu schließen und dass er verpflichtet sei, die Deutschen weiterhin in Amerika zu vertreten.
Focke legte auf und sprach nie wieder mit Jockusch. Das beendete ihre lebenslange Freundschaft. Kurz nach ihrem Gespräch ging Jockusch zu seinem Freund Karl Tidemann und sagte ihm, dass es für ihn und seine Familie schwierig werden würde. Er sagte, sie würden ständig belästigt und beleidigt und befürchteten dass sich die Situation verschlechtern würde, wenn er seine Stelle als Konsul behielte. Sie diskutierten die Angelegenheit ausgiebig, und Tidemann riet ihm aufzugeben.2
Wenige Tage später erschien am 11. Mai 1940 eine Ankündigung in der Galvestoner Zeitung: »Jockusch tritt als deutscher Konsul für Texas zurück.« Jockusch sagte: »Ich ziehe es vor, keine längere Erklärung zu meinem Rücktritt abzugeben, außer, dass ich entsprechend der Haltung der amerikanischen Regierung ... denke, dass meine Position als Konsul von Deutschland mit treuer amerikanischer Staatsbürgerschaft unvereinbar ist.«
Freunde der Familie Jockusch hatten Verständnis und sympathisierten mit seinem Rücktritt. Sie alle litten unter den antideutschen Gefühlen, die das Land heimsuchten, und versuchten sie zu ignorieren, so gut sie konnten. Aber Hitlers Kampagne, die Juden zu unterdrücken und Europa zu erobern, hatte Angst und Abscheu in Amerika gegenüber jedem verursacht, der auch nur entfernt mit ihrem Vaterland in Verbindung stand.
Hitler hatte 1939 Polen eingenommen, war in die Tschechoslowakei eingefallen, hatte Anfang 1940 Norwegen erobert und war im Mai jenes Jahres dabei, in Holland, Belgien und Frankreich einzumarschieren. Schlagzeilen vom 22. Mai berichteten von flüchtenden französischen Zivilisten, die Nazi-Flugzeuge mit Maschinengewehren niedermähten.
Martin Dies, ein aufbrausender Kongressabgeordneter und Vorsitzender des Komitees für nichtamerikanische Aktivitäten in Texas, begann seine Untersuchungen über »die fünfte Kolonne«, Kommunisten und andere »Subversive« im ganzen Land. Er war mit seinen Vorwürfen häufig in den Nachrichten. Viele von ihnen stellten sich jedoch später als ungerechtfertigt heraus. »Ich habe unbestätigte Berichte, dass eine Reihe getarnter Luftstützpunkte in Mexiko unmittelbar südlich des Rio Grande gebaut worden sind«, verkünde er im Mai 1940. Für diese Aussage gab es natürlich keine sachliche Grundlage.
Während des nächsten Jahres suchte das Komitee für nichtamerikanische Aktivitäten nach verdächtigen Personen und berichtete, dass deutsche Konsuln im ganzen Land wichtige Informationen sammelten und sie an das Dritte Reich weiterleiteten. Etwas davon könnte wahr gewesen sein, denn am 2. Mai 1941 erschien eine kurze Meldung in der New York Times: »Fernrohr des Nazikonsuls sucht San Francisco Bay ab.« Der Artikel zitierte W. W. Chapin, den Vorsitz en - den der Golden-Gate-Planungskommission: »Das deutsche Konsulat hat ein 6-Zoll-Fernrohr in seinen Räumlichkeiten installiert, um alles zu beobachten, was am Golden Gate passiert.« Er behauptete, dass Generalkonsul Hauptmann Fritz Wiedemann und seine Mitarbeiter in ein altes Herrenhaus am Pacific Heights oberhalb der Forts und der den Eingang zur San Francisco Bay flankierenden Militärposten zögen. »Durch das Fernrohr würden die Geschützbatterien von Fort Baker, Fort Barry und Fort Wiley aussehen, als lägen sie nur auf der anderen Straßenseite«, sagte Chapin.
Wiedemann, Hitlers gut aussehender Kompanieführer im Ersten Weltkrieg und persönlicher Adjutant nach dem Krieg, hatte sich in den Vereinigten Staaten den Ruf als Nazi Nummer 1 erworben. Das neue deutsche Konsulat mit seinem riesigen Fernrohr, das wichtige militärische Einrichtungen überblicken konnte, muss die Aufmerksamkeit des Kongressabgeordneten Dies geweckt haben.
Baron Edgar von Spiegel, auch gut bekannt als Generalkonsul der Golfküste, war seit 1937 seinen Geschäften an der Saint Charles Avenue 3029 in New Orleans nachgegangen. Sein Bereich umfasste die acht Bundesstaaten Texas, Louisiana, Mississippi, Alabama, Florida, Georgia, South Carolina und North Carolina sowie Puerto Rico und die Virgin Islands. Von Spiegel hatte Julius Jockusch 1938 den Verdienstorden des deutschen Adlers verliehen und kannte alle Golfkonsuln gut.
Der Name des Barons wurde 1928 in den Vereinigten Staaten überall bekannt, als das Buch von Lowell Thomas Raiders of the Deep veröffentlicht wurde. Diese Sammlung dramatischer und haarsträubender Geschichten von deutschen U-Booten im Ersten Weltkrieg enthielt auch auch die von Spiegels, dem Kommandanten von U 93. Sein Mut und seine Hilfeleistungen für feindliche Matrosen hatten ihm den Ruf als tapfersten U-Boot-Kapitän der kaiserlichen Marine verschafft.
Im Juni 1919 wurde der Baron, der gefangen genommen und nach England ins Gefängnis geschickt worden war, repatriiert. Danach stieg er ins Schifffahrtsgeschäft ein. Damit hatte er großen Erfolg bis zum finanziellen Zusammenbruch in Deutschland, der sein Geschäft ruinierte. 1928 wurde er Vertreter der amerikanischen Graham-Paige Motors Corporation und besuchte die Vereinigten Staaten oft. Im Oktober 1936 schickte ihn die Regierung des Dritten Reichs an die deutsche Botschaft in Washington und ernannte ihn im Juni des folgenden Jahres zum Generalkonsul der Golfstaaten.
Adolf Karl Georg Edgar Baron Spiegel von und zu Peckelsheim, ein schlanker Mann mit aristokratischer Haltung, glaubte fest an Hitlers Fähigkeit, das Vaterland aus seiner tiefen Depression herausholen zu können, und war darauf bedacht, seine Ansichten zu dem Thema so oft wie möglich zu äußern. »Es hat keine andere so maßvolle Revolution ohne Blutvergießen gegeben«, sagte er. »Die jetzige deutsche Regierung ist die beim Volk populärste von allen, an die ich mich erinnern kann.«
1937 bereiste er die Staaten in seinem Konsulargebiet und sprach zu verschiedenen Gruppen. »Es gibt einen Mann in Deutschland, der Hitler heißt«, sagte er, »der in anderen Ländern sehr gehasst, aber in seiner Heimat sehr geliebt wird. Das deutsche Volk fürchtet die Möglichkeit eines neuen Weltkrieges nicht, weil es Vertrauen in Hitlers gesunden Menschenverstand hat.« Er fügte hinzu, dass Hitler ein Mann voller Überraschungen sei und dass, sobald Deutschland einige seiner im Ersten Weltkrieg verlorenen Kolonien zurückbekommen habe, ein Krieg in Europa auf viele Jahre hinaus unwahrscheinlich wäre.
1938 sprach von Spiegel vor dem Klub der Jungen Geschäftsleute im Roosevelt Hotel in New Orleans. Dort lamentierte er, dass die Propaganda internationalen Hass gegen Deutschland erzeuge. Am Ende seiner Rede stand Dr. Joseph Cohen, ein Mitglied des Klubs, auf. »Sie können Ihre Bemerkungen dem deutschen Regierungschef zurückschicken«, sagte er. Der Vorsitzende des Unter haltungskomitees, John Ryan, bat ihn, sich mit Rücksicht auf von Spiegel wieder zu setzen und ruhig zu bleiben.
Im August 1939 untersuchte das Dies-Komitee einen Brief des Präsidenten der Universität von Florida. Dieser behauptete, dass von Spiegel ihn über den Status des deutschen Professors der Schule, einem Wiener Flüchtling und Gegner der Nazitheorien, befragt habe. Er berichtete, dass der Konsul auch versucht habe, der Schule kostenlose Bücher über Deutschland zu geben, die, wie von Spiegel behauptete, kein Propagandamaterial waren. »Das waren vier oder fünf Märchenbücher«, sagte er.
Am 15. Juni 1940, etwa einen Monat nach dem Rücktritt von Julius Jockusch, bemerkte Baron von Spiegel, dass seines Erachtens Deutschland einen frühen Sieg über Frankreich erringen werde und dass seine Regierung »nicht vergessen werde, dass die Vereinigten Staaten seinen Feinden jede erdenkliche materielle Hilfe gegeben hätten als es bitter um sein nacktes Leben kämpfte«. Als die Bemerkung später veröffentlicht wurde, sagte er, er habe als Privatmann gesprochen und nicht für die Zeitungen. Er gab auch seine Zuversicht Aus druck, dass die deutsche Regierung mit der Rückgabe ihrer Besitzungen in Afrika zufrieden sein würde - und vielleicht mit ein wenig mehr. »Das neue Deutschland wird sich selbst versorgen, mit Öl aus Holland und Rumänien, ... Weizen und Wolle von seinem Freund Russland und zahllosen anderen Lieferungen aus anderen europäischen Ländern.« Er sagte voraus, dass Spanien sich bald Deutschland im Kampf gegen Frankreich anschließen und Frankreich innerhalb weniger Tage kapitulieren werde. »Wir haben uns seit zwanzig Jahren vorbereitet«, schmunzelte er, »während Frankreich und England geschlafen haben und sich in Sicherheit glauben.«
Am nächsten Tag sagte Senator Lloyd Hendrick vom Parlament in Louisiana, er wolle eine Resolution einbringen, die Präsident Roosevelt und Kongress zu der Forderung veranlassen solle, dass Deutschland seinen Generalkonsul in New Orleans zurückrufe. Unter Bezugnahme auf von Spiegels Erklärung sagte er: »Sie... widerspricht der überwältigend geäußerten Zustimmung des amerikanischen Volkes für die Alliierten, und führt nur dazu, die allgemeine Hysterie dieser unruhigen Zeiten zu steigern. Die Worte des Barons schaffen nur Unruhe in unserer Nation. Der Beweis dafür ist, dass eine Polizeiwache um sein Haus gestellt wurde, nachdem er seine Erklärung abgegeben hatte.«
Am folgenden Tag forderte der Gouverneur von Louisiana, Sam Jones, Außenminister Cordell Hull auf, Baron von Spiegel zu überprüfen. Er sagte, der Baron habe eine »deutlich unfreundliche Haltung gegenüber den Staaten .«
Am nächsten Morgen flog ein lächelnder, keineswegs beunruhigter von Spiegel in die amerikanische Hauptstadt. »Ich fahre geschäftlich nach Washington«, sagte er der Presse. »Es ist reine Routine. Ich fahre oft dorthin.«
Am 23. Juni kündigte die New Orleans Times an, dass dem Außenministerium vorgeschlagen worden sei, die Aktivitäten von Spiegels zu untersuchen. Es wurde spekuliert, ob sie zu einer Forderung nach seinem Rückruf führen könnte, aber nichts geschah.
Bis September hörte man nichts mehr vom Baron. G. F. Neuhauser, Redakteur der San Antonio Freie Presse, einer deutschen Zeitung, erklärte dem Dies-Komitee, dass er einen Drohbrief von von Spiegel erhalten habe. Er sagte, der Baron habe ihm mitgeteilt, dass seine Berichterstattung »feindlich« und dass Hitler darüber aufgebracht sei.
Im November warf das Dies-Komitee den deutschen Konsuln in New Orleans und Mobile, Alabama vor, sie »verbreiten die Arbeit« der von Deutschen gegründeten Transocean News Service. Ihr Bericht beschrieb den News Service als »Agentur für die Verbreitung von Propaganda im Ausland, die von Hitler als eine Organisation genutzt werde, um mit einem Minimum an Verdacht Spionage betreiben zu können.«
Ein Brief an den Transocean News Service in New York, den von Spiegel unterschrieben hatte, erklärte, dass wegen übermäßiger Arbeit sein Büro nicht länger in der Lage sei, eintreffendes Lesematerial im vorherigen Umfang zu bearbeiten, und dass er deshalb »lediglich die rosaroten Blätter, eine Zusammenfassung der heutigen Nachrichten«, anfordere. Der Brief des Konsuls in Mobile sagte, er wolle die Zeitung für Juli und August kündigen und endete mit »Heil Hitler!«18. Man fragt sich, was all dies mit Spionage zu tun hatte, da es an den Rundschreiben nichts Geheimnisvolles gab. Senator Dies war jedoch davon überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Sein Komitee veröffentlichte »ein Weißbuch«, das weit verbreitete Aktivitäten der Nazis in den Vereinigten Staaten beschrieb. »Ich habe eine Liste von Verdächtigen, von denen ich allen Grund habe anzunehmen, dass sie Gestapo-Agenten in den Vereinigten Staaten sind«, verkündete er. »Wir werden so schnell wie möglich aktiv gegen sie vorgehen, ... nicht aber gegen Unschuldige.« Dies sagte, er glaube, dass sein Bericht die Pläne aller Nazi-Organisationen, die in diesem Lande arbeiteten, »wirkungsvoll zerschmettern« würde.
Während aller dieser Untersuchungen ging Baron von Spiegel weiterhin seinen konsularischen Pflichten nach und unternahm häufige Angeltouren im Golf von Mexiko. Zu seinen Ausflügen den Mississippi hinunter, durch das Flussdelta und entlang der südlichen Küsten von Louisiana um Grand Isle, südlich von Houma, wo das Angeln ausgezeichnet war, lud er oft Freunde ein. Der Baron, Liebhaber des Meeres und Navigationsexperte, steuerte seine luxuriöse Mahagoniyacht mit Leichtigkeit. Viele seiner Freunde hatten große Boote, und sie reisten häufig zusammen in den Golf auf der Suche nach Makrele, Tarpun und Lengfisch.
Reverend Harry Brown, von Spiegels enger Freund und häufiger Partner beim Angeln, leitete das deutsche Haus für Pensionäre in New Orleans, das damals das »Protestantische Altersheim« genannt wurde. Jeden Februar veranstalteten die Bewohner des großen zweigeschossigen Hauses an der Magazine Street ein Fest im Freien mit Altbier, Würsten, Töpfen mit Sauerkraut, Akkordeonspielen und Singen. »Es war eine ziemlich wichtige Veranstaltung für sie«, erinnerte sich Harry, der Sohn von Brown. »Sie verbrachten Monate mit den Vorbereitungen, der Zubereitung des Essens und dem Üben von Liedern.« Der Baron und seine Frau mischten sich unter die Gäste des Festes und besuchten die Browns und ihre Altersheimbewohner auch bei anderen Anlässen.
Im Juni 1941 befahl Präsident Roosevelt Deutschland und Italien plötzlich, alle Konsulate in den USA sowie die German Library of Information in New York, die Büros der deutschen Eisenbahn und Reisebüros sowie den Transocean News Service zu schließen. Diese Anordnung betraf jedoch nicht die Botschaft, die offizielle Nazi-Nachrichtenagentur oder die Korrespondenten deutscher Zeitun gen. Der Präsident sagte, dass die Maßnahmen aufgrund von Untersuchungen des Justizministeriums ergriffen wurden. Diese wurden zwar nicht veröffentlicht, aber sie sollten viele Beweise für Nazi-Spionage, Sabotage und Propa ganda durch die Konsulate beinhalten. »Diese Konsulate waren über das ganze Land verteilt und generell mit fanatischen Parteimitgliedern besetzt, die viel politische Propaganda betrieben«, sagte Erich Gimpel, ein ehemaliger deutscher Geheimagent und Elektronikexperte. »Präsident Roosevelt handelte richtig, als er sie schloss.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Die bunten Nationalflaggen von Kuba, Dänemark, Frankreich und anderen Ländern flatterten 1940 in Galveston von den Balkonen und Fenstern der Konsulate an der Strand Street. Die deutsche Fahne mit ihrem kräftigen rotweiß-schwarzen Muster und dem Hakenkreuz fiel John Focke ins Auge, einem gebürtigen Galvestoner, der die Fahne seit Jahren gesehen hatte, ihren Anblick aber nicht länger ertrug. Focke stürmte in sein Büro zurück, rief seinen Freund Julius Jockusch an, den Honorarkonsul von Deutschland, und brüllte, er werde nie wieder mit ihm reden, wenn Jockusch dieses Hitlersymbol nicht sofort entfernte.
Jockusch war von Fockes heftigem Angriff schockiert. Er antwortete, dass es seiner Meinung nach nicht möglich sei, das Konsulat zu schließen und dass er verpflichtet sei, die Deutschen weiterhin in Amerika zu vertreten.
Focke legte auf und sprach nie wieder mit Jockusch. Das beendete ihre lebenslange Freundschaft. Kurz nach ihrem Gespräch ging Jockusch zu seinem Freund Karl Tidemann und sagte ihm, dass es für ihn und seine Familie schwierig werden würde. Er sagte, sie würden ständig belästigt und beleidigt und befürchteten dass sich die Situation verschlechtern würde, wenn er seine Stelle als Konsul behielte. Sie diskutierten die Angelegenheit ausgiebig, und Tidemann riet ihm aufzugeben.2
Wenige Tage später erschien am 11. Mai 1940 eine Ankündigung in der Galvestoner Zeitung: »Jockusch tritt als deutscher Konsul für Texas zurück.« Jockusch sagte: »Ich ziehe es vor, keine längere Erklärung zu meinem Rücktritt abzugeben, außer, dass ich entsprechend der Haltung der amerikanischen Regierung ... denke, dass meine Position als Konsul von Deutschland mit treuer amerikanischer Staatsbürgerschaft unvereinbar ist.«
Freunde der Familie Jockusch hatten Verständnis und sympathisierten mit seinem Rücktritt. Sie alle litten unter den antideutschen Gefühlen, die das Land heimsuchten, und versuchten sie zu ignorieren, so gut sie konnten. Aber Hitlers Kampagne, die Juden zu unterdrücken und Europa zu erobern, hatte Angst und Abscheu in Amerika gegenüber jedem verursacht, der auch nur entfernt mit ihrem Vaterland in Verbindung stand.
Hitler hatte 1939 Polen eingenommen, war in die Tschechoslowakei eingefallen, hatte Anfang 1940 Norwegen erobert und war im Mai jenes Jahres dabei, in Holland, Belgien und Frankreich einzumarschieren. Schlagzeilen vom 22. Mai berichteten von flüchtenden französischen Zivilisten, die Nazi-Flugzeuge mit Maschinengewehren niedermähten.
Martin Dies, ein aufbrausender Kongressabgeordneter und Vorsitzender des Komitees für nichtamerikanische Aktivitäten in Texas, begann seine Untersuchungen über »die fünfte Kolonne«, Kommunisten und andere »Subversive« im ganzen Land. Er war mit seinen Vorwürfen häufig in den Nachrichten. Viele von ihnen stellten sich jedoch später als ungerechtfertigt heraus. »Ich habe unbestätigte Berichte, dass eine Reihe getarnter Luftstützpunkte in Mexiko unmittelbar südlich des Rio Grande gebaut worden sind«, verkünde er im Mai 1940. Für diese Aussage gab es natürlich keine sachliche Grundlage.
Während des nächsten Jahres suchte das Komitee für nichtamerikanische Aktivitäten nach verdächtigen Personen und berichtete, dass deutsche Konsuln im ganzen Land wichtige Informationen sammelten und sie an das Dritte Reich weiterleiteten. Etwas davon könnte wahr gewesen sein, denn am 2. Mai 1941 erschien eine kurze Meldung in der New York Times: »Fernrohr des Nazikonsuls sucht San Francisco Bay ab.« Der Artikel zitierte W. W. Chapin, den Vorsitz en - den der Golden-Gate-Planungskommission: »Das deutsche Konsulat hat ein 6-Zoll-Fernrohr in seinen Räumlichkeiten installiert, um alles zu beobachten, was am Golden Gate passiert.« Er behauptete, dass Generalkonsul Hauptmann Fritz Wiedemann und seine Mitarbeiter in ein altes Herrenhaus am Pacific Heights oberhalb der Forts und der den Eingang zur San Francisco Bay flankierenden Militärposten zögen. »Durch das Fernrohr würden die Geschützbatterien von Fort Baker, Fort Barry und Fort Wiley aussehen, als lägen sie nur auf der anderen Straßenseite«, sagte Chapin.
Wiedemann, Hitlers gut aussehender Kompanieführer im Ersten Weltkrieg und persönlicher Adjutant nach dem Krieg, hatte sich in den Vereinigten Staaten den Ruf als Nazi Nummer 1 erworben. Das neue deutsche Konsulat mit seinem riesigen Fernrohr, das wichtige militärische Einrichtungen überblicken konnte, muss die Aufmerksamkeit des Kongressabgeordneten Dies geweckt haben.
Baron Edgar von Spiegel, auch gut bekannt als Generalkonsul der Golfküste, war seit 1937 seinen Geschäften an der Saint Charles Avenue 3029 in New Orleans nachgegangen. Sein Bereich umfasste die acht Bundesstaaten Texas, Louisiana, Mississippi, Alabama, Florida, Georgia, South Carolina und North Carolina sowie Puerto Rico und die Virgin Islands. Von Spiegel hatte Julius Jockusch 1938 den Verdienstorden des deutschen Adlers verliehen und kannte alle Golfkonsuln gut.
Der Name des Barons wurde 1928 in den Vereinigten Staaten überall bekannt, als das Buch von Lowell Thomas Raiders of the Deep veröffentlicht wurde. Diese Sammlung dramatischer und haarsträubender Geschichten von deutschen U-Booten im Ersten Weltkrieg enthielt auch auch die von Spiegels, dem Kommandanten von U 93. Sein Mut und seine Hilfeleistungen für feindliche Matrosen hatten ihm den Ruf als tapfersten U-Boot-Kapitän der kaiserlichen Marine verschafft.
Im Juni 1919 wurde der Baron, der gefangen genommen und nach England ins Gefängnis geschickt worden war, repatriiert. Danach stieg er ins Schifffahrtsgeschäft ein. Damit hatte er großen Erfolg bis zum finanziellen Zusammenbruch in Deutschland, der sein Geschäft ruinierte. 1928 wurde er Vertreter der amerikanischen Graham-Paige Motors Corporation und besuchte die Vereinigten Staaten oft. Im Oktober 1936 schickte ihn die Regierung des Dritten Reichs an die deutsche Botschaft in Washington und ernannte ihn im Juni des folgenden Jahres zum Generalkonsul der Golfstaaten.
Adolf Karl Georg Edgar Baron Spiegel von und zu Peckelsheim, ein schlanker Mann mit aristokratischer Haltung, glaubte fest an Hitlers Fähigkeit, das Vaterland aus seiner tiefen Depression herausholen zu können, und war darauf bedacht, seine Ansichten zu dem Thema so oft wie möglich zu äußern. »Es hat keine andere so maßvolle Revolution ohne Blutvergießen gegeben«, sagte er. »Die jetzige deutsche Regierung ist die beim Volk populärste von allen, an die ich mich erinnern kann.«
1937 bereiste er die Staaten in seinem Konsulargebiet und sprach zu verschiedenen Gruppen. »Es gibt einen Mann in Deutschland, der Hitler heißt«, sagte er, »der in anderen Ländern sehr gehasst, aber in seiner Heimat sehr geliebt wird. Das deutsche Volk fürchtet die Möglichkeit eines neuen Weltkrieges nicht, weil es Vertrauen in Hitlers gesunden Menschenverstand hat.« Er fügte hinzu, dass Hitler ein Mann voller Überraschungen sei und dass, sobald Deutschland einige seiner im Ersten Weltkrieg verlorenen Kolonien zurückbekommen habe, ein Krieg in Europa auf viele Jahre hinaus unwahrscheinlich wäre.
1938 sprach von Spiegel vor dem Klub der Jungen Geschäftsleute im Roosevelt Hotel in New Orleans. Dort lamentierte er, dass die Propaganda internationalen Hass gegen Deutschland erzeuge. Am Ende seiner Rede stand Dr. Joseph Cohen, ein Mitglied des Klubs, auf. »Sie können Ihre Bemerkungen dem deutschen Regierungschef zurückschicken«, sagte er. Der Vorsitzende des Unter haltungskomitees, John Ryan, bat ihn, sich mit Rücksicht auf von Spiegel wieder zu setzen und ruhig zu bleiben.
Im August 1939 untersuchte das Dies-Komitee einen Brief des Präsidenten der Universität von Florida. Dieser behauptete, dass von Spiegel ihn über den Status des deutschen Professors der Schule, einem Wiener Flüchtling und Gegner der Nazitheorien, befragt habe. Er berichtete, dass der Konsul auch versucht habe, der Schule kostenlose Bücher über Deutschland zu geben, die, wie von Spiegel behauptete, kein Propagandamaterial waren. »Das waren vier oder fünf Märchenbücher«, sagte er.
Am 15. Juni 1940, etwa einen Monat nach dem Rücktritt von Julius Jockusch, bemerkte Baron von Spiegel, dass seines Erachtens Deutschland einen frühen Sieg über Frankreich erringen werde und dass seine Regierung »nicht vergessen werde, dass die Vereinigten Staaten seinen Feinden jede erdenkliche materielle Hilfe gegeben hätten als es bitter um sein nacktes Leben kämpfte«. Als die Bemerkung später veröffentlicht wurde, sagte er, er habe als Privatmann gesprochen und nicht für die Zeitungen. Er gab auch seine Zuversicht Aus druck, dass die deutsche Regierung mit der Rückgabe ihrer Besitzungen in Afrika zufrieden sein würde - und vielleicht mit ein wenig mehr. »Das neue Deutschland wird sich selbst versorgen, mit Öl aus Holland und Rumänien, ... Weizen und Wolle von seinem Freund Russland und zahllosen anderen Lieferungen aus anderen europäischen Ländern.« Er sagte voraus, dass Spanien sich bald Deutschland im Kampf gegen Frankreich anschließen und Frankreich innerhalb weniger Tage kapitulieren werde. »Wir haben uns seit zwanzig Jahren vorbereitet«, schmunzelte er, »während Frankreich und England geschlafen haben und sich in Sicherheit glauben.«
Am nächsten Tag sagte Senator Lloyd Hendrick vom Parlament in Louisiana, er wolle eine Resolution einbringen, die Präsident Roosevelt und Kongress zu der Forderung veranlassen solle, dass Deutschland seinen Generalkonsul in New Orleans zurückrufe. Unter Bezugnahme auf von Spiegels Erklärung sagte er: »Sie... widerspricht der überwältigend geäußerten Zustimmung des amerikanischen Volkes für die Alliierten, und führt nur dazu, die allgemeine Hysterie dieser unruhigen Zeiten zu steigern. Die Worte des Barons schaffen nur Unruhe in unserer Nation. Der Beweis dafür ist, dass eine Polizeiwache um sein Haus gestellt wurde, nachdem er seine Erklärung abgegeben hatte.«
Am folgenden Tag forderte der Gouverneur von Louisiana, Sam Jones, Außenminister Cordell Hull auf, Baron von Spiegel zu überprüfen. Er sagte, der Baron habe eine »deutlich unfreundliche Haltung gegenüber den Staaten .«
Am nächsten Morgen flog ein lächelnder, keineswegs beunruhigter von Spiegel in die amerikanische Hauptstadt. »Ich fahre geschäftlich nach Washington«, sagte er der Presse. »Es ist reine Routine. Ich fahre oft dorthin.«
Am 23. Juni kündigte die New Orleans Times an, dass dem Außenministerium vorgeschlagen worden sei, die Aktivitäten von Spiegels zu untersuchen. Es wurde spekuliert, ob sie zu einer Forderung nach seinem Rückruf führen könnte, aber nichts geschah.
Bis September hörte man nichts mehr vom Baron. G. F. Neuhauser, Redakteur der San Antonio Freie Presse, einer deutschen Zeitung, erklärte dem Dies-Komitee, dass er einen Drohbrief von von Spiegel erhalten habe. Er sagte, der Baron habe ihm mitgeteilt, dass seine Berichterstattung »feindlich« und dass Hitler darüber aufgebracht sei.
Im November warf das Dies-Komitee den deutschen Konsuln in New Orleans und Mobile, Alabama vor, sie »verbreiten die Arbeit« der von Deutschen gegründeten Transocean News Service. Ihr Bericht beschrieb den News Service als »Agentur für die Verbreitung von Propaganda im Ausland, die von Hitler als eine Organisation genutzt werde, um mit einem Minimum an Verdacht Spionage betreiben zu können.«
Ein Brief an den Transocean News Service in New York, den von Spiegel unterschrieben hatte, erklärte, dass wegen übermäßiger Arbeit sein Büro nicht länger in der Lage sei, eintreffendes Lesematerial im vorherigen Umfang zu bearbeiten, und dass er deshalb »lediglich die rosaroten Blätter, eine Zusammenfassung der heutigen Nachrichten«, anfordere. Der Brief des Konsuls in Mobile sagte, er wolle die Zeitung für Juli und August kündigen und endete mit »Heil Hitler!«18. Man fragt sich, was all dies mit Spionage zu tun hatte, da es an den Rundschreiben nichts Geheimnisvolles gab. Senator Dies war jedoch davon überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Sein Komitee veröffentlichte »ein Weißbuch«, das weit verbreitete Aktivitäten der Nazis in den Vereinigten Staaten beschrieb. »Ich habe eine Liste von Verdächtigen, von denen ich allen Grund habe anzunehmen, dass sie Gestapo-Agenten in den Vereinigten Staaten sind«, verkündete er. »Wir werden so schnell wie möglich aktiv gegen sie vorgehen, ... nicht aber gegen Unschuldige.« Dies sagte, er glaube, dass sein Bericht die Pläne aller Nazi-Organisationen, die in diesem Lande arbeiteten, »wirkungsvoll zerschmettern« würde.
Während aller dieser Untersuchungen ging Baron von Spiegel weiterhin seinen konsularischen Pflichten nach und unternahm häufige Angeltouren im Golf von Mexiko. Zu seinen Ausflügen den Mississippi hinunter, durch das Flussdelta und entlang der südlichen Küsten von Louisiana um Grand Isle, südlich von Houma, wo das Angeln ausgezeichnet war, lud er oft Freunde ein. Der Baron, Liebhaber des Meeres und Navigationsexperte, steuerte seine luxuriöse Mahagoniyacht mit Leichtigkeit. Viele seiner Freunde hatten große Boote, und sie reisten häufig zusammen in den Golf auf der Suche nach Makrele, Tarpun und Lengfisch.
Reverend Harry Brown, von Spiegels enger Freund und häufiger Partner beim Angeln, leitete das deutsche Haus für Pensionäre in New Orleans, das damals das »Protestantische Altersheim« genannt wurde. Jeden Februar veranstalteten die Bewohner des großen zweigeschossigen Hauses an der Magazine Street ein Fest im Freien mit Altbier, Würsten, Töpfen mit Sauerkraut, Akkordeonspielen und Singen. »Es war eine ziemlich wichtige Veranstaltung für sie«, erinnerte sich Harry, der Sohn von Brown. »Sie verbrachten Monate mit den Vorbereitungen, der Zubereitung des Essens und dem Üben von Liedern.« Der Baron und seine Frau mischten sich unter die Gäste des Festes und besuchten die Browns und ihre Altersheimbewohner auch bei anderen Anlässen.
Im Juni 1941 befahl Präsident Roosevelt Deutschland und Italien plötzlich, alle Konsulate in den USA sowie die German Library of Information in New York, die Büros der deutschen Eisenbahn und Reisebüros sowie den Transocean News Service zu schließen. Diese Anordnung betraf jedoch nicht die Botschaft, die offizielle Nazi-Nachrichtenagentur oder die Korrespondenten deutscher Zeitun gen. Der Präsident sagte, dass die Maßnahmen aufgrund von Untersuchungen des Justizministeriums ergriffen wurden. Diese wurden zwar nicht veröffentlicht, aber sie sollten viele Beweise für Nazi-Spionage, Sabotage und Propa ganda durch die Konsulate beinhalten. »Diese Konsulate waren über das ganze Land verteilt und generell mit fanatischen Parteimitgliedern besetzt, die viel politische Propaganda betrieben«, sagte Erich Gimpel, ein ehemaliger deutscher Geheimagent und Elektronikexperte. »Präsident Roosevelt handelte richtig, als er sie schloss.«
Genehmigte Lizenzausgabe für Verlagsgruppe Weltbild GmbH,
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Bibliographische Angaben
- Autor: Melanie Wiggins
- 238 Seiten, teilweise Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 16,8 x 22 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828954219
- ISBN-13: 9783828954212
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