Verdi
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Produktinformationen zu „Verdi “
Klappentext zu „Verdi “
"Was für eine Liebeserklärung an einen Künstler und die Musik, und welch klare Sicht der deutschen und der italienischen Seele!" Elke Heidenreich1883 besucht Giuseppe Verdi Venedig, wo sich gerade sein künstlerischer Widersacher, der selbstbewusste Richard Wagner aufhält. Seit 10 Jahren befindet sich Verdi schon in einer Schaffenskrise, denn seit Wagner mit seinem neuartigen Musiktheater stürmischen Beifall erntet, fühlt er sich als Vertreter eines überholten Musikstils. Deshalb will ihm auch die Arbeit an seiner Oper "König Lear" nicht gelingen. Nachdem er in einem Gipfel der Verzweiflung seine Skizzen zu "Lear" verbrannt hat, entschließt er sich, endlich den Dialog mit Wagner aufzunehmen doch zu spät. Denn dieser ist in der Nacht vor Verdis Besuch gestorben ...
Dieser großartige Roman ist durchdrungen von Psychologie und mitreißenden Effekten die perfekte Entsprechung der Oper in der Literatur. Werfel setzte damit Maßstäbe in der Literatur des frühen 20. Jahrhunderts.
Ein literarisches Denkmal für Verdi, Wagner und Venedig!
Lese-Probe zu „Verdi “
Ein Konzert im Teatro la Fenice Glockengeläute hatte unsre Gondeln zum Saal begleitet, in der Stille glitten wir zurück...
AUS GLASENAPPS WAGNER-BIOGRAPHIE
Der unirdische Monddunst dieser lau-bezaubernden Weihnacht drang durch das Wasserportal des Fenicetheaters und verklärte die finstere Mündung des langen Ganges, der vorwärts zum erleuchteten Foyer führte. An der grünspanigen Mauer, unbewegt in der Schwärze des Kanals, ein wenig abseits von Treppe und Pflöcken, ruhten einige Gondeln entlang des Fondamento.
Die Ruderer, die zuerst meinten, es gebe eine Oper zu hören, und die ihren Herrschaften nachgeschlichen kamen, um durch einen Türspalt oder gar auf unbezahlten Stehplätzen den Gesang zu genießen, waren enttäuscht worden. Das Orchester da drinnen - alle Musiker in schwarzer Parade - machte eine endlose, langweilige Musik. Und diese Musik wurde vor nicht mehr als fünfzehn Menschen gelärmt. Wußte man nichts Besseres aufzuführen, jetzt, im Dezember, zur Zeit der Stagione?
Die Gondelführer saßen längst schon in einer der Tavernen auf dem Campo del Teatro. Einer von ihnen stand von Zeit zu Zeit immer auf, um nachzusehen, ob die Geschichte nicht schon zu Ende sei. Im übrigen waren sie nicht um Musik betrogen. In der offenen Tür der Nachbarschenke hatte ein Invalide in vergilbter vergessener Uniform Platz genommen und ein kleines Cello mit hohem Stachel zwischen die Knie gestemmt. Unter seinem Bogen beklagte dieses mittelalterliche Bettel-Instrument, das sich auf irgendeinem geheimnisvollen Wege in unsere Zeit verirrt hatte, sein trübes Schicksal. In der Taverne, wo die Wartenden lachten und stritten, produzierte sich ein Paar von Straßensängern: der Knabe mit seiner Mandoline und eine blinde Alte mit schrecklichen Augenhöhlen und einer hellstechenden Tenorstimme. Dazu kam, daß fast alle Leute, die über den Platz gingen, einen Melodieteil sangen, summten, grölten, pfiffen, daß liederliche Aufschreie, Rufe, Gelächter aus plötzlich sich öffnenden und
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zuschlagenden Türen brachen, und daß jede Viertelstunde von allen Türmen herab die in dieser Nacht heilig erregten Glockenfluten auf die Stadt Venedig stürzten.
Über dem Hauptportal des so großen, so reizenden Theaters, das in Blau und Gold das Wappen des singenden Schwanes schmückt, brannten die Gasflammen in den beiden gewaltigen Milchglaskugeln. Das goldene Gitter war halb geschlossen. Kein Betreßter stand davor, und auch die Kolporteure der Textbücher, die sonst wütend zu Beginn der Vorstellung und während der Pausen ihr "Libri dell' opera! Libri dell' opera!" der ungerührten Kirche gegenüber an den Kopf werfen, fehlten bei der heutigen Veranstaltung.
Das große Foyer mit seiner zu den Logengängen emporsteigenden Marmorfreitreppe strahlte in den vielfachen Lichtgraden der offenen, in Schalen und hinter Gitterkäfigen brennenden Flammen.
Übertriebenes Schlagschattendunkel war über die beiden Nischen geworfen, in denen rechts ein weißer Empireofen, links der gutmütig-höhnische Riesenkopf G. Rossinis ("von der Gesellschaft im Jahre 1869 gestiftet") die Dinge und Zeiten ertrugen.
Zwei Damen in höchster Eleganz, mit einem mantilleartigen Schleier über dem auffrisierten Kopf - als gelte es die Papstmesse zu besuchen -, standen verwirrt und unschlüssig im Raum. Oh, wie ruhig betraten sie sonst dieses Haus, wenn der erste Akt schon seinem Ende zuging, da Verspätung doch gute Manier der Vornehmen ist. Heute aber flüsterten sie erregt und pressiert miteinander, drängten sich gegenseitig vom Spiegel weg, zupften die Locken, tupften die Wangen, wiegten sich in den Hüften, und verschwanden, da niemand sie hinderte, ihre weitläufigen Röcke raffend, über die Treppen im ersten Stockwerk der Logen.
Jetzt war das feierlich-lichte Foyer ganz leer, das Büfett im Hintergrund unbewacht, obwohl man darauf eine ziemliche Reihe von Champagnergläsern und einige Schüsseln mit glanzvoll ausgebotenen Speisen bemerken konnte. Deutlich durchfauchte das Gaslicht die tiefe Stille. Nur dann und wann drang durch die dickgepolsterten Türen des Saals das Tutti des Orchesters: einzelne grimmige Akkorde, wie wenn in einem Nebenraum ein unhörbares Gespräch plötzlich zum Streit wird und aufbegehrend trotzige Worte fallen.
Der lange Gang hingegen, der vom Vestibül des Theaters zum Canal la Fenice führt, war nur von drei Petroleumlampen über den Notausgängen erhellt. Er lief dunkel den Riesenkörper des Zuschauer- und Bühnensaals entlang, der wie ein Meerschiff im Dock zu hängen schien. Zwei kleine Stiegen führten zu Eingangstüren empor, aus deren runden Fensterchen das grünlich-gelbe Festlicht mit den Strahlen eines Sommernachmittags ins Dunkel lugte. Durch Gucklöcher konnte man auch die Konstruktion der Unterbühne betrachten, wo beim Schein einer abgeblendeten Laterne der Feuerwächter der apathischen Trauer seines Berufs nachhing.
In dem dämmrigen Gang patrouillierte mit tönendem Schritt ein alter Mensch in der dunkelgrünen Livree des Theaterbediensteten. Er trug den weißen ausgeschnittenen Bart der kaiserköniglich österreichischen Zeit, der eigens erfunden worden war, um ein Stück Brust für gewisse Orden und Ehrenzeichen frei zu lassen. Diese Barttracht war hier unter alten Leuten keine Seltenheit, denn man schrieb das Jahr 1882, und nicht viel mehr als ein Jahrzehnt seit Befreiung Venetiens und seit der Einigung des Königsreichs war vergangen.
Der Alte hielt ein erregt düsteres Selbstgespräch. Er schien mit seinem heutigen Dienst übel zufrieden zu sein. Immer wieder schritt er schallend auf und ab, als hätte er es darauf angelegt, sich durch Widerspruch zur Geltung zu bringen, den Leuten im Saal zu zeigen, daß er auf seinem Posten sei, und übrigens in uneingestandener Bosheit das Spiel zu stören. Plötzlich hob er den Kopf, seine schon etwas gebeugte Gestalt bekam Gewicht, er ging mit jener Amtslangsamkeit, mit der sich der Polizist ruhig an die Stätte eines Vergehens begibt, einem Herrn entgegen, der den Gang gemächlich herankam.
"Kein Zugang heute! Der Eintritt verboten! Es findet hier eine private Feierlichkeit statt!"
Der also abgefertigte Herr trug einen dunkelbraunen Überrock und hielt seinen schwarzen Schlapphut in der Hand. Er blieb ruhig vor dem Livrierten stehn und sah ihn mit langsamen, sehr blauen, etwas feuchten Augen an, deren Blick erst aus der Ferne zurückgeholt werden mußte. Dieser Augen abwesendverträumte Kühnheit war von der stark vorspringenden Stirnwölbung überdunkelt und drückte nicht Ärger, sondern nur eine leichte Verwunderung aus, daß jemand diesen Einspruch gewagt hatte.
Über dem Hauptportal des so großen, so reizenden Theaters, das in Blau und Gold das Wappen des singenden Schwanes schmückt, brannten die Gasflammen in den beiden gewaltigen Milchglaskugeln. Das goldene Gitter war halb geschlossen. Kein Betreßter stand davor, und auch die Kolporteure der Textbücher, die sonst wütend zu Beginn der Vorstellung und während der Pausen ihr "Libri dell' opera! Libri dell' opera!" der ungerührten Kirche gegenüber an den Kopf werfen, fehlten bei der heutigen Veranstaltung.
Das große Foyer mit seiner zu den Logengängen emporsteigenden Marmorfreitreppe strahlte in den vielfachen Lichtgraden der offenen, in Schalen und hinter Gitterkäfigen brennenden Flammen.
Übertriebenes Schlagschattendunkel war über die beiden Nischen geworfen, in denen rechts ein weißer Empireofen, links der gutmütig-höhnische Riesenkopf G. Rossinis ("von der Gesellschaft im Jahre 1869 gestiftet") die Dinge und Zeiten ertrugen.
Zwei Damen in höchster Eleganz, mit einem mantilleartigen Schleier über dem auffrisierten Kopf - als gelte es die Papstmesse zu besuchen -, standen verwirrt und unschlüssig im Raum. Oh, wie ruhig betraten sie sonst dieses Haus, wenn der erste Akt schon seinem Ende zuging, da Verspätung doch gute Manier der Vornehmen ist. Heute aber flüsterten sie erregt und pressiert miteinander, drängten sich gegenseitig vom Spiegel weg, zupften die Locken, tupften die Wangen, wiegten sich in den Hüften, und verschwanden, da niemand sie hinderte, ihre weitläufigen Röcke raffend, über die Treppen im ersten Stockwerk der Logen.
Jetzt war das feierlich-lichte Foyer ganz leer, das Büfett im Hintergrund unbewacht, obwohl man darauf eine ziemliche Reihe von Champagnergläsern und einige Schüsseln mit glanzvoll ausgebotenen Speisen bemerken konnte. Deutlich durchfauchte das Gaslicht die tiefe Stille. Nur dann und wann drang durch die dickgepolsterten Türen des Saals das Tutti des Orchesters: einzelne grimmige Akkorde, wie wenn in einem Nebenraum ein unhörbares Gespräch plötzlich zum Streit wird und aufbegehrend trotzige Worte fallen.
Der lange Gang hingegen, der vom Vestibül des Theaters zum Canal la Fenice führt, war nur von drei Petroleumlampen über den Notausgängen erhellt. Er lief dunkel den Riesenkörper des Zuschauer- und Bühnensaals entlang, der wie ein Meerschiff im Dock zu hängen schien. Zwei kleine Stiegen führten zu Eingangstüren empor, aus deren runden Fensterchen das grünlich-gelbe Festlicht mit den Strahlen eines Sommernachmittags ins Dunkel lugte. Durch Gucklöcher konnte man auch die Konstruktion der Unterbühne betrachten, wo beim Schein einer abgeblendeten Laterne der Feuerwächter der apathischen Trauer seines Berufs nachhing.
In dem dämmrigen Gang patrouillierte mit tönendem Schritt ein alter Mensch in der dunkelgrünen Livree des Theaterbediensteten. Er trug den weißen ausgeschnittenen Bart der kaiserköniglich österreichischen Zeit, der eigens erfunden worden war, um ein Stück Brust für gewisse Orden und Ehrenzeichen frei zu lassen. Diese Barttracht war hier unter alten Leuten keine Seltenheit, denn man schrieb das Jahr 1882, und nicht viel mehr als ein Jahrzehnt seit Befreiung Venetiens und seit der Einigung des Königsreichs war vergangen.
Der Alte hielt ein erregt düsteres Selbstgespräch. Er schien mit seinem heutigen Dienst übel zufrieden zu sein. Immer wieder schritt er schallend auf und ab, als hätte er es darauf angelegt, sich durch Widerspruch zur Geltung zu bringen, den Leuten im Saal zu zeigen, daß er auf seinem Posten sei, und übrigens in uneingestandener Bosheit das Spiel zu stören. Plötzlich hob er den Kopf, seine schon etwas gebeugte Gestalt bekam Gewicht, er ging mit jener Amtslangsamkeit, mit der sich der Polizist ruhig an die Stätte eines Vergehens begibt, einem Herrn entgegen, der den Gang gemächlich herankam.
"Kein Zugang heute! Der Eintritt verboten! Es findet hier eine private Feierlichkeit statt!"
Der also abgefertigte Herr trug einen dunkelbraunen Überrock und hielt seinen schwarzen Schlapphut in der Hand. Er blieb ruhig vor dem Livrierten stehn und sah ihn mit langsamen, sehr blauen, etwas feuchten Augen an, deren Blick erst aus der Ferne zurückgeholt werden mußte. Dieser Augen abwesendverträumte Kühnheit war von der stark vorspringenden Stirnwölbung überdunkelt und drückte nicht Ärger, sondern nur eine leichte Verwunderung aus, daß jemand diesen Einspruch gewagt hatte.
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Autoren-Porträt von Franz Werfel
Franz Werfel (1890 - 1945) wurde als Kaufmannssohn in Prag geboren. Während seines Studiums befreundete er sich mit Franz Kafka und Max Brod. 1917 lernte er Alma Mahler-Gropius kennen, die er später in Wien heiratete. Die Werfels emigrierten 1938 nach Frankreich, von wo sie zusammen mit Golo Mann zu Fuß über die Pyrenäen nach Spanien flohen. Über Lissabon gelangten sie schließlich in die USA. Franz Werfel starb an einem Herzleiden in Los Angeles.
Bibliographische Angaben
- Autor: Franz Werfel
- 2009, 1, 445 Seiten, Maße: 14 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: C. Bertelsmann
- ISBN-10: 3570580040
- ISBN-13: 9783570580042
Rezension zu „Verdi “
"Aus den Jahren nach dem ersten Weltkrieg stammt auch der Roman seiner großen Leidenschaft - der Liebe zur Musik. (...) Der Opernfreund verdankt der Liebe Werfels sehr viel, unter anderem das Buch 'Verdi - Roman der Oper', in dessen Mittelpunkt Begegnungen zwischen Wagner und Werfel stehen."
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