Vermögen
Was wir haben, was wir können, was wir sind
Florian Felix Weyhs Vermögensbegriff geht weit über das Besitzen hinaus. Wahres Vermögen setzt sich zusammen aus dem was man hat, was man kann und was man ist.
Priester, Kinder und Künstler gehören nach herrschender ökonomischer Auffassung eher zu den...
Priester, Kinder und Künstler gehören nach herrschender ökonomischer Auffassung eher zu den...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Vermögen “
Klappentext zu „Vermögen “
Florian Felix Weyhs Vermögensbegriff geht weit über das Besitzen hinaus. Wahres Vermögen setzt sich zusammen aus dem was man hat, was man kann und was man ist.Priester, Kinder und Künstler gehören nach herrschender ökonomischer Auffassung eher zu den Habenichtsen dieser Welt. Ganz falsch, sagt Florian Felix Weyh. Kinder sind zwar eigentumslos, aber dennoch sehr vermögend, weil sie eine maximale Vielfalt an möglichen Lebensentwürfen bei umfassender Versorgung durch die Eltern haben. Auch Erwachsene können ohne Eigentum hoch vermögend sein: Wer im Alter von 20 einem Orden beitritt, der Privateigentum verbietet, ist lebenslang vermögender als seine Generationsgenossen, die ihre materiellen Umstände nach und nach verbessern.
Florian Felix Weyh zeigt, wie materielle und immaterielle Vermögen ineinander wirken und was sie für unser Leben bedeuten. Sein ganzheitlicher Ansatz öffnet dem Leser die Augen für ökonomische Zusammenhänge - auch da, wo er sie nicht für möglich gehalten hätte. Literarisch, geistreich und originell macht er für uns verständlich, welche ganz unterschiedlichen Lebensbereiche zur Sphäre des Vermögens gehören: Bildung, Talent, Gesundheit, die Herkunftsfamilie oder Freundschaften sind ebenso ein Vermögen, das materiellen Reichtum hervorbringen kann, wie Aktien oder Wohnungseigentum.
Lese-Probe zu „Vermögen “
1. Kapitel"All die schönen Dinge!"
Materielle Werte:Wo glänzt noch Ware, wo beginnt schon Müll?
Über dem Gewerbegebiet steigt die Morgensonne auf. Der riesige Parkplatzvor einem SB-Markt füllt sich mit alten VW-Bussen, zerbeultenKleintransportern, angejahrten Volvo-Kombis. Es ist Sonntag, 5.30 Uhr- nicht eben die Zeit, zu der man gerne aufsteht. Dennoch macht sichvon Mai bis Oktober jedes Wochenende ein ganzes Völkchen auf denWeg in die Vorstädte: Trödler aus Leidenschaft, professionelle Flohmarkthändler.Sie wissen genau, dass der richtige Standplatz über Wohlund Wehe des Tages entscheidet und die pralle Sonne vielleicht zuschnelleren Geschäftsabschlüssen führt, einem aber den Spaß am Handelnvergällt. Alte Hasen reklamieren ihre Stammplätze, Spätankömmlingemüssen nehmen, was der Flohmarktadel übrig lässt. Doch nichtnur Platzvorteile diktieren die frühe Ankunft. Profis kennen nämlichdie alte Kaufmannsregel, wonach der Gewinn im Einkauf liegt: Nichtum den Arbeitstag im Schatten zu verbringen, sind sie so früh aufgestanden,sondern weil sie wissen, dass sie in erster Reihe stehen müssen,wenn die Frischlinge anrollen.
Die Frischlinge?
Exakt - jene bemitleidenswerte Laien, die einmal im Jahr (oder einmalim Jahrzehnt oder gar nur einmal im Leben) einen Flohmarkt alsHändler aufsuchen. "Der Keller quillt über", mahnt die Mutter. "Lauraund Max spielen schon lange nicht mehr mit dem alten Zeug!" Nachmonatelangen Zusagen, es am nächsten Wochenende endlich zu tun,packt der Vater in den Sommerferien seufzend Kinder und Krempelein. Auch Umzüge bieten einen willkommenen Anlass, sich aufgestauterSchätze zu entledigen: Bücher, Kleider, Kerzenleuchter, Schallplatten,das Röhrenradio vom Urgroßvater und die lenkbaren Hudora-Rollschuheaus den Siebzigern (wieso hat man die eigentlich so langeaufgehoben?).
Frischlinge treten in Wellen auf. Gegen neun, manchmal erst halbzehn, kommen die Väter mit den Kindern. Sie schleifen Säcke abgenutztenSpielzeugs hinter sich her,
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murren über die Marktgebührenund stellen sich unnachahmlich blöde beim Aufbau ihrer Tapeziertischean. Am Ende des Tages bleibt ihr Saldo negativ, da sie enormeGute-Laune-Kosten zu bestreiten haben (Cola, Zuckerwatte, Pommes),denn natürlich verlässt Laura und Max nach kurzer Zeit die Lust amVerkaufen, die ja doch nur Unlust am Warten bedeutet. Besser organisiert,duldsamer im Ausharren und unnachgiebiger in ihren Preisvorstellungensind dagegen die Umzugskrämer, die schon ab acht Uhr aufder Matte stehen. Richtig dicke Fische sehen jedoch anders aus, und sieschwimmen dem großen Schwarm voraus. Zum Beispiel jener respektableMercedes mit voll gepacktem Anhänger, der bereits um zehn nachsieben auf den Parkplatz rollt. Die Flohmarktprofis müssen nur in dieangespannten Gesichter der jungen Menschen blicken, um zu wissen,dass sich hier ein großer Fang ankündigt.
Eine Haushaltsauflösung!
Die Eltern gestorben, der Mietvertrag gekündigt, die Wohnung geräumt.Das heißt: Am Ende des Tages darf nichts mehr übrig sein. Entwederist alles verkauft oder es wandert in den mächtigen Müllcontainer,den der Marktbetreiber vorsorglich hat aufstellen lassen. Natürlichkönnten die jungen Leute auch Profis sein, doch diese Möglichkeit verwirftder geschulte Blick sofort. Die Umzugskartons auf dem Anhängersind nämlich neu, und die drei jungen Leute - nennen wir sie Anne,Christoph und Fabian - bestreiten wirklich zum ersten Mal einen Flohmarktverkauf.So reagieren sie zunächst verdutzt, als sie von wild gesti-kulierenden Menschen umringt werden. Eine Schlussverkaufshysterieist nichts dagegen! Christoph und Fabian wollen noch die Menge daranhindern, sich auf die Kartons zu stürzen, da setzt auch schon das gegenseitigeÜberbrüllen ein: "Was kostet die Lederjacke?"
"Ich biete fünfzig!"
"Achtzig!" Der Überbieter zückt ein Geldbündel.
"Diese Zinnkannen - sind die echt?", kreischt eine Frauenstimme.
"Wenn die echt sind, nehme ich das Dutzend für hundert."
"Neunzig für die Lederjacke!"
"Habt ihr noch mehr Märklin-Teile?", dröhnt ein mächtiger Bass.
"He Alter, erstens halte ich die gerade in der Hand, und zweitens istdas nur Fleischmann und nicht Märklin!"
"Egal, kaufe alle Eisenbahnsachen!", dröhnt der Bass unbeirrt. "Faller-Häuschen auch dabei?"
"Anzüge an mich! Mäntel auch!"
Anne, Christoph und Fabian sind sichtlich überfordert. Schon wechselnGeldscheine den Besitzer. Manchmal so schnell, dass die Verkäufergar nicht begreifen, welche Charge sie eben losgeworden sind. Egal,der Handel boomt, und so erfolgreich hatten sich die drei ihre Premierein ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Welche Nachfrage! Mankönnte glatt auf die Idee kommen, das Studium zu schmeißen und sichganz aufs Altwarengeschäft zu verlegen. Bloß woher nähme man denNachschub? Mit der Haushaltsauflösung liegen die Profis nämlich richtig:Im Abstand weniger Monate sind die drei jungen Leute erst zuHalb-, dann zu Vollwaisen geworden. Eine Woche brauchten sie, umdie elterlichen Habseligkeiten auf drei Haufen zu sortieren (Abfall, Erinnerungsstücke,Flohmarkt), Überbleibsel eines langen Konsumentenlebens:
ein Dutzend Zinnkannen von den Pauschalreisen nach Marokkound Tunesien; eine Vitrine "Eiche massiv" aus den Sechzigern,die sich als billiges Furnier mit Papprückwand erweist; kunstlederkaschierteBücher vom Bertelsmann-Lesering; Töpfe, Pfannen, Haushaltstechnik.Das teuerste Erbstück ist der acht Jahre alte Diesel-Mercedesmit Sitzheizung; auf dem Automarkt wird er ein paar Tausenderbringen.
Eine Haushaltsauflösung!
Die Eltern gestorben, der Mietvertrag gekündigt, die Wohnung geräumt.Das heißt: Am Ende des Tages darf nichts mehr übrig sein. Entwederist alles verkauft oder es wandert in den mächtigen Müllcontainer,den der Marktbetreiber vorsorglich hat aufstellen lassen. Natürlichkönnten die jungen Leute auch Profis sein, doch diese Möglichkeit verwirftder geschulte Blick sofort. Die Umzugskartons auf dem Anhängersind nämlich neu, und die drei jungen Leute - nennen wir sie Anne,Christoph und Fabian - bestreiten wirklich zum ersten Mal einen Flohmarktverkauf.So reagieren sie zunächst verdutzt, als sie von wild gesti-kulierenden Menschen umringt werden. Eine Schlussverkaufshysterieist nichts dagegen! Christoph und Fabian wollen noch die Menge daranhindern, sich auf die Kartons zu stürzen, da setzt auch schon das gegenseitigeÜberbrüllen ein: "Was kostet die Lederjacke?"
"Ich biete fünfzig!"
"Achtzig!" Der Überbieter zückt ein Geldbündel.
"Diese Zinnkannen - sind die echt?", kreischt eine Frauenstimme.
"Wenn die echt sind, nehme ich das Dutzend für hundert."
"Neunzig für die Lederjacke!"
"Habt ihr noch mehr Märklin-Teile?", dröhnt ein mächtiger Bass.
"He Alter, erstens halte ich die gerade in der Hand, und zweitens istdas nur Fleischmann und nicht Märklin!"
"Egal, kaufe alle Eisenbahnsachen!", dröhnt der Bass unbeirrt. "Faller-Häuschen auch dabei?"
"Anzüge an mich! Mäntel auch!"
Anne, Christoph und Fabian sind sichtlich überfordert. Schon wechselnGeldscheine den Besitzer. Manchmal so schnell, dass die Verkäufergar nicht begreifen, welche Charge sie eben losgeworden sind. Egal,der Handel boomt, und so erfolgreich hatten sich die drei ihre Premierein ihren kühnsten Träumen nicht vorgestellt. Welche Nachfrage! Mankönnte glatt auf die Idee kommen, das Studium zu schmeißen und sichganz aufs Altwarengeschäft zu verlegen. Bloß woher nähme man denNachschub? Mit der Haushaltsauflösung liegen die Profis nämlich richtig:Im Abstand weniger Monate sind die drei jungen Leute erst zuHalb-, dann zu Vollwaisen geworden. Eine Woche brauchten sie, umdie elterlichen Habseligkeiten auf drei Haufen zu sortieren (Abfall, Erinnerungsstücke,Flohmarkt), Überbleibsel eines langen Konsumentenlebens:
ein Dutzend Zinnkannen von den Pauschalreisen nach Marokkound Tunesien; eine Vitrine "Eiche massiv" aus den Sechzigern,die sich als billiges Furnier mit Papprückwand erweist; kunstlederkaschierteBücher vom Bertelsmann-Lesering; Töpfe, Pfannen, Haushaltstechnik.Das teuerste Erbstück ist der acht Jahre alte Diesel-Mercedesmit Sitzheizung; auf dem Automarkt wird er ein paar Tausenderbringen.
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Autoren-Porträt von Florian F. Weyh
Florian Felix Weyh, geboren 1963 in Düren, lebt als Autor und Publizist in Berlin. Er ist ständiger Mitarbeiter des Deutschlandradios und schrieb Theaterstücke, Hörspiele und Essays, für die er zahlreiche Auszeichnungen erhielt.
Bibliographische Angaben
- Autor: Florian F. Weyh
- 2006, 318 Seiten, Maße: 22,5 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: AB - Die Andere Bibliothek
- ISBN-10: 3821856378
- ISBN-13: 9783821856377
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