Vier Schnappschüsse und ein Todesfall / Hollywood Gossip Bd.2
Roman, Deutsche Erstausgabe
Cameron Dakota ist Starfotografin bei dem berüchtigten Klatschmagazin L.A. Informer. Nichts und niemand ist vor ihrer Kameralinse sicher. Als sie eines Abends dem attraktiven Schauspieler Trace Brody auflauert, um ein paar exklusive Aufnahmen von ihm zu...
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Cameron Dakota ist Starfotografin bei dem berüchtigten Klatschmagazin L.A. Informer. Nichts und niemand ist vor ihrer Kameralinse sicher. Als sie eines Abends dem attraktiven Schauspieler Trace Brody auflauert, um ein paar exklusive Aufnahmen von ihm zu machen, beobachtet sie, wie dieser von Unbekannten entführt wird. Die Polizei schenkt Cam keinen Glauben - sie hält das Ganze für einen Publicity Gag. Also macht Cam sich allein auf die Suche nach dem vermissten Schauspieler und gerät dabei schon bald selbst in große Gefahr.
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Hollywood Gossip - Vier Schnappschüsse und ein Todesfall von Gemma Halliday1
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»Komm schon, Baby, nur ein Stückchen nach rechts ...« Ich verlagerte das Gewicht und spürte, wie meine Füße taub wurden. »Das ist es«, beschwor ich ihn. »Genau da, so ist es recht ... ja!« Ich drückte auf den Auslöser und machte fünf schnelle Aufnahmen, bevor mein Motiv wieder hinter dem Vorhang aus Magnolienbäumen verschwand, die dem Anwesen Schatten spendeten. Ich stützte mich auf den Ellenbogen, um mein Werk im Display zu begutachten. Sexy. Ich hatte Trace Brody ohne T-Shirt und mit einem Bier in der Hand erwischt. Trotz des Teleobjektivs war ich zu weit weg, um das Etikett auf der Flasche erkennen zu können, aber ich wusste, dass er immer Bier trank, wenn das Thermometer über dreißig Grad kletterte. Für fruchtige Weine war er zu männlich und für die trendigen Martinis, die seine Nachbarn in Malibu bevorzugten, nicht prätentiös genug.
Ich beobachtete Trace nun schon mehrere Wochen lang, seit dem Moment, als sein Pressesprecher endlich die Gerüchte bestätigt hatte, dass sich der knackige junge Schauspieler mit Jamie Lee Lancaster verlobt hatte, Amerikas süßester Nachwuchsschauspielerin. Stellen Sie sich einfach Angelina und Brad vor, nur ohne die Tattoos und die Kinderschar. Dann sind Sie ziemlich nah dran. Dann stellen Sie sich vor, dass die beiden plötzlich ankündigen, eine Hochzeit unter freiem Himmel auf einer Klippe über der Küste von Malibu abhalten zu wollen. Die gesamte Presse machte sich vor Begeisterung in die Hose. Mein Chef, Felix Dunn, Chefredakteur des L. A. Informer, war da keine Ausnahme. Plötzlich war es nicht mehr so wichtig, die gute Britney zu überwachen. Nein, ich sollte jeden einzelnen Schritt, den Mr Brody bis zum großen Tag tat, nahtlos dokumentieren.
Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte. Ich verbringe meine Zeit lieber auf dem Hang über Trace' Milliarden-Dollar-Anwesen, inmitten einer Superreichen-Siedlung, als Britney bei ihrem nächsten Starbucks-Besuch nachzujagen. Immerhin bekam ich ihn auf diese Weise ohne T-Shirt zu sehen.
Ich streckte mich wieder im Gras aus und ignorierte das Kitzeln der Grashalme an meinem nackten Bauch, der zwischen der tief auf der Hüfte sitzenden Jeans und dem zu kurzen T-Shirt hervorlugte. (Der Fluch der über 1,80 Meter großen Frau - kein Kleidungsstück ist jemals lang genug.) Ich wischte mir eine Schweißperle von der Oberlippe, nahm die Kamera wieder hoch und suchte geduldig die Baumkronen ab - vielleicht konnte ich ja noch einen weiteren Blick auf mein Motiv erhaschen. »Komm schon, Trace. Sei so lieb!« Wie durch ein Wunder tauchte er genau in diesem Augenblick direkt vor meiner Linse auf. Manchmal hätte ich schwören können, dass er mich hörte. »Du bist wirklich toll! Jetzt zur Seite drehen und ... lächeln!«
Ich beobachtete, wie er das Bier auf dem Tisch abstellte. Er reckte die Arme gen Himmel, streckte sich und gähnte so ausgiebig wie ein sattes Raubtier. »Müde? Ein Filmstar zu sein ist ganz schön stressig, was?« Ich machte noch ein paar Aufnahmen. Trace legte den Kopf schräg und massierte sich den Nacken. Ich verlor ihn einen Moment lang aus den Augen, als er den Innenhof überquerte und auf den riesigen Swimmingpool zusteuerte, der mit einem unechten Wasserfall und einem als schäumende Lagune getarnten Whirlpool ausgestattet war. Ich bekam ihn wieder vor die Linse, als er geradewegs auf das Sprungbrett zumarschierte. »Lust auf eine kleine Runde im Pool?«, erkundigte ich mich bei dem verlassenen Berghang. Wie zur Antwort hielt Trace einen Zeh in das Wasser. Offensichtlich war er mit der Wassertemperatur zufrieden, denn er zuckte mit den Achseln und kletterte auf das Sprungbrett. Ich drückte auf den Auslöser und machte drei schnelle Aufnahmen. Er federte ein wenig auf dem Sprungbrett auf und ab und starrte hinunter in das kristallklare blaue Wasser. Aber er sprang nicht. Stattdessen glitten seine Hände zum Bund seiner Badehose, und in einer einzigen geschmeidigen Bewegung rutschte sie auf seine Knöchel hinab.
Ich erstarrte. Wie gebannt blickte ich durch die Linse, und eine kleine Schweißperle rann zwischen meinen Brüsten hinab. Möglicherweise vergaß ich sogar, Luft zu holen. Immerhin, der Finger am Auslöser schien noch zu funktionieren, denn ich schoss Fotos wie eine Verrückte. Felix würde einen Herzanfall bekommen, wenn er diese Bilder zu Gesicht bekam. Um mir dann eine Gehaltserhöhung anzubieten.
Trace kickte die Badehose mit dem Fuß zur Seite und bewegte seinen herrlich nackten Körper bis zur Sprungbrettkante. »Herr im Himmel, was für ein Prachtstück!«, flüsterte ich. Nicht, dass ich weniger erwartet hatte. Schließlich war er ein Filmstar. Aber das hier war mal ein Kerl, der ohne Bildnachbearbeitung auskam. Wie er es schaffte, so nahtlos braun zu sein, war mir ein Rätsel. Eins war sicher - würde er nackt in der Sonne baden, wüsste ich das inzwischen. Sein Körper hatte eine gleichmäßige, warme Honigfarbe - vom stahlharten Sixpack bis zum stahlharten ... na ja, Sie wissen schon!
»Jamie Lee scheint mir eine ausgesprochen glückliche Frau zu sein, was, Trace?« Er beachtete mich nicht. Logisch. Irgendwo in meinem Hinterkopf wusste ich, dass es merkwürdig war, laut mit ihm zu sprechen. Aber ich konnte nicht anders. Er wusste nicht, dass es mich gab, und war doch seit sechs Wochen mein ständiger Begleiter. Aus sicherer Entfernung, versteht sich. Hätte ich ihm jemals tatsächlich von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, wäre mir wahrscheinlich der Schweiß ausgebrochen. Aber mit einer Kameralinse und einem Fußballfeld zwischen uns war ich so cool wie eine Gurke in der Wellness-Oase. Im persönlichen Gespräch? Tja, lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich war noch nie besonders gesellig. Ich mag andere Menschen, aber intelligente
Gespräche mit dem anderen Geschlecht zu führen und dabei charmant und geistreich zu wirken, ist nicht gerade meine Stärke. Wenn ich mich mit einem Mann unterhalte, laufe ich öfter mal rot an, und die wirklich schlagfertigen Antworten fallen mir immer erst dann ein, wenn der süße Typ zu der geistreichen Brünetten am Nebentisch weitergezogen ist. Man könnte es auch so sagen: So wie es Leute gibt, die mit ihren Topfpflanzen reden, rede ich eben mit Filmstars, die nicht wissen, dass ich existiere. Und jetzt gerade war dieser Filmstar so nackt, wie Gott ihn schuf.
Ich beobachtete, wie er die Hände über den Kopf hob, einmal auf und ab federte und dann in das klare blaue Wasser eintauchte. Schweiß lief mir über den Rücken, und ich konnte regelrecht spüren, wie das süße, kalte Nass meinen Körper umspülte. Ich erschauderte, und auf meinen Armen bildete sich eine Gänsehaut, während ich noch ein paar Fotos davon schoss, wie Trace aus den Fluten auftauchte. »Baby, das war umwerfend«, sagte ich zu ihm und hatte plötzlich Sehnsucht nach einer Zigarette. Ich beobachtete, wie er sich aus dem Wasser hievte; funkelnde Tröpfchen bedeckten seinen durchtrainierten Körper, und er wickelte sich ein Handtuch um die Taille, bevor er sein Bier vom Tisch nahm und ins Haus ging.
Ich richtete mich auf und legte die Kamera weg. Die Entfernung zwischen meinem einsamen Berghang und seinem schicken Pool wurde sofort offensichtlich, und ich stieß einen langen Atemzug aus, als sich die Glastür hinter ihm schloss. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich diese geschlossene Tür angestarrt hatte und den Anblick von Trace im Adamskostüm wieder und wieder vor meinem geistigen Auge Revue hatte passieren lassen, als plötzlich das Handy in meiner Hosentasche klingelte. »Cameron Dakota«, meldete ich mich. »Cam«, hörte ich die Stimme meines Bosses sagen, »wo sind Sie gerade?« »In Malibu. Warum?«
»Wir haben einen Tipp bekommen, dass Jamie Lee im Augenblick in Beverly Hills Brautkleider anprobiert«, sagte er. Sein britischer Akzent verlieh seinen Worten einen melodiösen Rhythmus. »Wie schnell können Sie dort sein?«
Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. »Wenn ich beim Rasen erwischt werde, bezahlt die Zeitung dann den Strafzettel?« Ich konnte förmlich hören, wie Felix' Geldbörse in der Stille am anderen Ende der Leitung einen Schmerzensschrei ausstieß. Schließlich gab er nach: »Okay.« »Geben Sie mir zwanzig Minuten!« Felix rasselte die Adresse der Boutique herunter, in der Jamie Lee gesehen worden war. Dann fügte er hinzu: »Wenn sie sich heute für ein Kleid entscheidet, dann möchte ich der Erste sein, der ein Foto davon hat, verstanden?« »Aye, aye, Boss!« »Und, Cam?« »Ja?« »Haben Sie heute ein paar gute Fotos von Trace geschossen?« Ich öffnete das Sichtfenster und betrachtete die Serie von Nacktfotos, die sogar ein Boulevardblatt wie der Informer würde zensieren müssen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Hab ich Sie je enttäuscht?« Was soll ich sagen? Starfotografin zu sein ist ein schmutziges Geschäft, aber irgendwer muss es ja tun.
2
Drei Stunden später war ich mit meinem Jeep unterwegs zu den Büros des L. A. Informer. Die Zeitungsredaktion war in einem alten Gebäude untergebracht, das einst als Apartmentkomplex für die aufstrebenden Sternchen des goldenen Hollywoodzeitalters gedient hatte. Doch leider war seit den legendären Vierzigern kaum etwas daran gemacht worden. Die Außenfassade wies noch immer denselben faden Beigeton auf wie damals, und die vielen Jahre kalifornischer Sonneneinstrahlung hatten zur Folge, dass die Farbe abblätterte. Über der Eingangstür wölbte sich noch immer dieselbe verblichene Markise, und dieselbe verrostete Feuertreppe klammerte sich halbherzig an die Seite des Gebäudes. Alles in allem sah es genauso heruntergekommen aus wie viele der ehemaligen Bewohner heute. Nur dass die Filmsternchen - im Gegensatz zum Gebäude - alle ein Facelifting hinter sich hatten.
Allerdings war die Miete günstig, die Lage erstklassig, und es gab jede Menge Parkplätze. Das war mehr, als man in L. A. üblicherweise erwarten konnte.
Ich sprang in den Aufzug und fuhr in den zweiten Stock, wo der Informer seine Büros hat. Anmutig schlängelte ich mich um die zahlreichen Büroboxen herum, in denen die Mitarbeiter des Informer geschäftig an ihren Kolumnen für die morgige Ausgabe tippten; ihre Gesichter waren in das blaue Leuchten der Computerbildschirme getaucht. Ich glitt in eine der Boxen, die sich ganz am hinteren Ende befand, meinem privaten Rückzugsort.
Während es um mich herum nur so wimmelte von Postern, farbigen Stifthaltern, Nippes und - im Falle unserer Büromanagerin - Kobolden und kleinen Püppchen, bevorzuge ich einen geordneten und pragmatisch eingerichteten Arbeitsplatz. Auf meinem Schreibtisch befand sich das absolute Minimum an Büromaterialien, und die stoffbezogenen Trennwände waren mit glänzenden, nüchternen Schwarz-Weiß-Aufnahmen bedeckt. Die meisten von ihnen zeigten Landschaften. Mit vielen Bäumen. Auf keiner einzigen war eine Berühmtheit zu sehen, die vor der Kamera herumstolziert.
Ich verband die Kamera mit meinem Computer, und einige Klicks später öffnete sich auf meinem Flachbildschirm eine Fotoserie, die die temperamentvolle Miss Jamie Lee Lancaster zeigte. Die gebürtige New Yorkerin war vor drei Jahren zum ersten Mal auf dem Radar Hollywoods aufgetaucht. Sie hatte bei einem Independent-Filmprojekt mitgewirkt, das eine rekordverdächtige Anzahl von Oscarnominierungen eingeheimst hatte - und eine davon hatte der bis dahin völlig unbekannten Schauspielerin gegolten. Auch wenn sie in der Oscarnacht gegen eine alte Hollywoodveteranin verlor, die eine Nonne verkörpert hatte, so hatte sie sich doch in die Herzen (und die gewinnbringende Aufmerksamkeit) von Hollywood gespielt. Im darauffolgenden Sommer bekam sie die Hauptrolle in einer romantischen Komödie, die sich zum Überraschungserfolg der Saison entwickelte, und ein Jahr später ergatterte sie die Rolle ihres Lebens an der Seite von Trace Brody - in dem Actionstreifen Stirb schneller, der als Eröffnungsfilm am Memorial Day gezeigt wurde. Sie hatte Millionen verdient und das Interesse von Hollywoods begehrtestem Junggesellen geweckt - dessen Junggesellenstatus sie nun schnellstmöglich zu ändern gedachte. Ich scrollte durch die Fotos, die ich an diesem Nachmittag von ihr gemacht hatte. Jamie Lee in einer weißen, trägerlosen Robe. In einem elfenbeinfarbenen Kleid mit Spaghettiträgern. In einem schneeweißen Ding mit Puffärmeln, das sich wie ein Chiffontörtchen um ihre Knöchel bauschte. Insgesamt fünfzehn Kleider. Wie Sie sich denken können, hatte sie sich an diesem Tag für keines entschieden. Stattdessen hatte ich beobachtet, wie sie über die Unzulänglichkeit jedes einzelnen gejammert und wie sie in ihrer Hast, das nächste anzuprobieren, die hochpreisigen Kleider so achtlos beiseite gepfeffert hatte, als wären es T-Shirts vom Grabbeltisch. Angesichts der Tatsache, dass die Hochzeit bereits in drei Wochen stattfinden sollte, hätte man etwas mehr Entscheidungsfreudigkeit erwarten können. Doch in Jamie Lees Welt vollbrachten Schneiderateliers Wunder, wenn es um Änderungsarbeiten in letzter Minute ging. Von diesem Kleid hing die Zu- oder Absage für ihren nächsten Filmvertrag ab, und solange Fotografen wie ich sie jagten, war es unwahrscheinlich, dass wir die endgültige Version des meisterlichen Brautgewands vor dem gesegneten Tag selbst zu Gesicht bekommen würden.
Ich suchte ein paar der besten Aufnahmen aus, die ich, so gut es eben ging, durch die Glasfront von Bebes Brautmoden gemacht hatte, und speicherte sie in meinem Fotobearbeitungsprogramm. Dann machte ich mich an ein paar kleine Verschönerungsarbeiten - ich hellte die weißen Flächen weiter auf, schnitt den Obdachlosen heraus, der vor dem Salon herumhing, und retuschierte ein paar lose herumfliegende Strähnen um Jamie Lees Ohr herum. Dann schickte ich die Bilder über das sichere Informer-Netzwerk an Felix.
Als Nächstes warf ich einen Blick auf meine tägliche Aufgabenliste. Und stöhnte. Satte zwanzig Fotos. Mein Boss war nicht gerade das, was man spendierfreudig nennt. Genau genommen war ich die einzige festangestellte Fotografin, die der Informer zurzeit beschäftigte; Felix zog es vor, hin und wieder Fotos von Selbstständigen zu kaufen, statt ein weiteres Gehalt zu zahlen. Was zur Folge hatte, dass ich es war, die jedes einzelne Bild, das in unserem Büro landete, schneiden, bearbeiten und formatieren musste. Ich sah auf meine Armbanduhr. Zwanzig vor fünf. Wie standen meine Chancen, dass Felix mir die Überstunden bezahlte? »Hey, Cam!« Ich sah nach rechts und entdeckte ein Paar blutunterlaufene Augen, die mich über den Rand meiner Box hinweg musterten. Sie befanden sich in einem Gesicht mit Hängebacken, das von einem unordentlichen grauen Haarschopf umrahmt wurde - und dem ein neuer Haarschnitt spätestens im vergangenen Monat gut angestanden hätte. Max Beacon, der einzige Angestellte des Informer, der von Anfang an mit dabei gewesen war. Der Mann war ein Urgestein in mehr als einem Sinne - wenn man ihn so sah, machte er den Eindruck, als hätte er mindestens seit der Erfindung des Rades beim Informer gearbeitet. Um Max' Alter wiederum rankten sich zahlreiche Gerüchte. Manche behaupteten, dass seine Leber mindestens 103 sein musste; sie hatte schon mit einer täglichen Überdosis Jim Beam fertig werden müssen, als die anderen Mitarbeiter der Zeitung noch nicht einmal gezeugt waren - und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
Max schrieb für den Informer die Nachrufe, und seine eigene Todesanzeige, in der er detailliert seinen Tod durch Leberzirrhose beschreibt, war bereits fix und fertig. Er hatte sie an die stoffbezogene Wand seiner Bürobox geheftet - direkt über das Poster eines flauschigen Kätzchens, das sich mit einem trotzigen ›Halte durch, Baby‹ an einen Ast klammerte. Zu behaupten, dass er ein Original war, wäre eine Untertreibung gewesen. Schwierig, eine Type wie ihn nicht zu mögen. »Hey, Max! Was ist los?«, fragte ich. »Ich brauche dringend ein Foto für meine Story.« »Ein Toter?«
Max nickte. »Mädel. Jennifer ›Tootsie‹ Wilson. Hollywood-Sirene aus den Vierzigern.« »Cooler Name.« Obwohl er wahrscheinlich nicht echt war. Vermutlich lautete ihr richtiger Name Gertrude Burnbaum; oder irgendeine ähnlich grässliche Kombination. Die meisten Promis jener Zeit hatten sich augenblicklich falsche Namen zugelegt, als sie an der Westküste aufschlugen - eine Praxis, die immer noch nicht vollständig ausgestorben war, wie Sie an P. Diddy und Lady Gaga sehen können. »Wie ist sie gestorben?«, fragte ich. »Sie wurde '45 ermordet. Ich schreibe anlässlich ihres Todestages über sie.« »Ermordet, mmh? Ganz schön ›Film noir‹.« »Meinst du, dass du mir ein Bild von ihr raussuchen könntest?« Ich betrachtete meine ellenlange Aufgabenliste. »Ähm ... nun ja ...« »Danke, Kleines. Ich weiß das zu schätzen.« »Kein Problem.« Ich öffnete die Hollywood-Archivseite. »Also, wer hat sie umgebracht?«, fragte ich und gab das Jahr in die Suchmaschine der Seite ein. »Eifersüchtiger Ehemann? Liebhaber?«
Max zuckte mit den Achseln; dabei kollidierten seine Schultern mit seinen Hängebacken. »Weiß nicht. Die Polizei hat den Fall nie aufgeklärt.« Ich pfiff leise durch die Zähne. »Das wird sich gut verkaufen.«
»Das kann ich nur hoffen. Felix droht mir ständig, meine Artikel nur noch wöchentlich zu bringen. Er sagt, die Leute in Hollywood würden die Boulevardpresse nur lesen, um nachzuschauen, ob sie erwähnt werden. Und meine Klientel? Die sind zu tot zum Lesen.« »Autsch! Tut mir leid.«
Er zuckte wieder mit den Achseln. »Ich hab schon Schlimmeres überstanden.« »Ich schicke dir ein Bild von deinem ermordeten Starlet, sobald ich eins gefunden habe«, versprach ich. Max nickte, dann verschwand er hinter der Trennwand und schlurfte zurück zu seiner eigenen Bürobox. Ich gab Tootsies Namen in das Suchfeld ein und fand ein halbes Dutzend Aufnahmen von der bewussten Schauspielerin. Ich klickte die erste an, ein Schwarz-Weiß-Foto, und vergrößerte sie auf volle Bildschirmgröße. Tootsie war eine schlanke Frau, und die glänzende Vierzigerjahre-Frisur fiel ihr in einer sanften Welle auf die Schultern. Sie posierte auf einem Divan, hinter dem ein hauchdünner Vorhang herabfloss. Genau die Art von Inszenierung, die einem ›ehemaliger Hollywood-Glamour‹ entgegen schrie. Sie hatte blasse, ebenmäßige Haut und dunkle Lippen, die, wie ich nur mutmaßen konnte, mit dem blutroten Lippenstift bemalt waren, der damals so beliebt war. Eine Perlenkette war achtlos um ihren Nacken gewunden, und ihr blondes Haar saß perfekt. Ich konnte sie geradezu vor mir sehen, wie sie zusammen mit Cary Grant oder Clark Gable vor der Filmkamera stand und ihre Rolle tadellos beherrschte. In ihren Augen leuchtete eine gelassene Zuversicht, die mir sagte, dass sie das ebenfalls wusste. Im Vergleich zu Jamie Lee wirkte sie geradezu intellektuell. Ich gab meinen Benutzernamen und mein Passwort ein und zahlte das Honorar. Im Gegenzug wurde ich auf eine Seite mit einer hochaufgelösten Version des Fotos ohne Wasserzeichen weitergeleitet. Ich lud es rasch herunter und bearbeitete das Bild, um das Gesicht der Schauspielerin etwas zu vergrößern; dann schickte ich es Max.
Nachdem ich das erledigt hatte, machte ich mich an Felix' Aufgabenliste. Eine Stunde später hatte ich sie schließlich abgearbeitet und eine beeindruckende Auswahl von Fotos für die morgige Ausgabe vorliegen. Bevor ich ging, überprüfte ich noch ein letztes Mal meine E-Mails und durchsuchte sie nach Hinweisen auf Promi-Veranstaltungen, die heute Abend angesagt waren und eine zeitnahe Betreuung benötigten. Oben auf den Hügeln fand eine Party statt, bei der die üblichen Verdächtigen erwartet wurden. Nichts wirklich Interessantes. Ein Gerücht, dass Courtney Cox einen Babybauch hätte, was ich mir zur späteren Überprüfung vormerkte. Wenn das stimmte, dann würde ich sie am Sonntag auf dem Obst-und-Gemüse-Markt erwischen. In einer Mail stand, dass Joan River eine neue Nase hätte - schon wieder. Offen gestanden war es mir ein Rätsel, wie man die eine von der anderen unterscheiden sollte. Aber ich notierte mir trotzdem, bald die Schönheitschirurgenrunde zu machen. Diese Post-OP-Fotos, in denen die Promis bandagiert wie Mumien waren, verkauften sich immer sehr gut. Ich tat gerade meine Pflicht als brave Informer-Angestellte, indem ich mein Twitterpublikum über das Neueste von der Promi-Hochzeitsvorbereitungsfront informierte, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Ich sah hoch und stellte fest, dass eine Frau mit auberginenfarbenen Strähnchen und einem pinken, mit Totenschädeln verzierten T-Shirt vor meinem Schreibtisch stand.
»Hat sie sich schon für ein Kleid entschieden?«, fragte sie und schielte auf den Tweet auf meinem Bildschirm. Tina Bender war unter den Tratschkolumnisten des Informer die exzentrische und unumstrittene Königin. Sie brachte es fertig, die schmutzigen Geheimnisse jedes einzelnen Menschen
in dieser Stadt zutage zu fördern, Trace und Jamie Lee nicht ausgenommen. Als ich vor zwei Jahren vom Informer angeheuert wurde, hatten Tina und ich uns sofort angefreundet. Äußerlich hätten wir nicht unterschiedlicher sein können, aber ich hatte ihren frechen, direkten Stil von Anfang an bewundert. Die meiste Zeit wünschte ich mir, nur halb so viel Mumm zu haben wie sie. »Nö. Die Kleiderfrage ist immer noch nicht entschieden. Aber du wirst es als Erste erfahren.«
»Verdammt! Ich hab heute nichts Vernünftiges und hatte auf etwas gehofft, mit dem ich meine Kolumne etwas aufpeppen kann.« Ich zog eine Augenbraue hoch. »Wie wäre es mit einem Schauspieler der ersten Liga, der nackt beim Schwimmen erwischt wurde?« Tina boxte mich in die Schulter. »Raus damit! Ehrlich? Wer?« »Trace Brody.« »Mannomann!« Sie beugte sich vor. »Du hast Trace' Pipimann gesehen?«
Ich nickte. Dabei konnte ich mir ein dümmliches Grinsen nicht verkneifen, als ich an seinen Bilderbuchkörper dachte. Wahre Kunst, sag ich Ihnen! »Schieß los!« »Was willst du wissen?« »Nürnberger oder Thüringer Rostbratwurst?« Ich unterdrückte ein Lachen. »Ähm, definitiv die Rostbratwurst.« »Jamie Lee hat wirklich Glück.« Und wie! Ich schielte auf meine Schreibtischuhr. »Alles Weitere kann ich dir beim Abendessen erzählen. Chinesisch?« Tina biss sich auf die Lippen. »Ach, ich wünschte, ich hätte Zeit. Aber ich habe heute Abend schon was vor.« Ich hob eine Augenbraue. »Heißer Tipp?« Sie schüttelte den Kopf. »Nee, ich geh mit Cal zu einer Feuerwaffenmesse.«
Ich grinste. »Waffenmesse? Nennt man das heutzutage so?« Cal war der hochgewachsene Leibwächter, mit dem sich Tina seit Kurzem traf. Und wenn ich sage ›treffen‹, dann meine ich damit, dass sie jeden wachen Moment zusammen verbrachten und umeinander herumscharwenzelten wie zwei Teenager. Die meiste Zeit bewegten sie sich auf dem haarfeinen Grat zwischen unglaublich romantisch und Übelkeit erregend. Aber Cal war der erste Mann, bei dem Tina es offenbar ernst meinte, deswegen war ich nachsichtig.
»Nein«, erklärte sie. »Ich meine eine echte Waffenmesse. Cal möchte, dass ich mir eine Knarre zulege. Er will mir dabei helfen, eine auszusuchen.« »Hast du jemals eine Pistole abgefeuert?« Sie zuckte mit den Schultern. »Es gibt für alles ein erstes Mal. Ich hoffe nur, dass sie auch ein pinkfarbenes Modell haben.«
Ich grinste. »Viel Glück«, sagte ich. »Ich schicke dir die Brody-Fotos.« »Wundervoll! Und hey, tu mir einen Gefallen ...« Tina hielt über beide Schultern nach Zuhörern Ausschau und fuhr dann fort: »Falls heute Abend noch irgendwas Interessantes reinkommt, schickst du es mir dann weiter? Allie ist mir in letzter Zeit immer zuvorgekommen, und das lässt mich gar nicht gut aussehen.«
Allie Quick war der Neuzugang unter den Informer-Mitarbeitern und hatte es irgendwie geschafft, sich in die Rolle von Tinas Erzfeindin zu manövrieren. Was, wenn man die beiden nebeneinanderstellte, unvermeidbar erschien. Allie war blond, temperamentvoll und hatte die Figur eines Playboy-Häschens - war also so ziemlich die Verkörperung von allem, was Tina nicht war. Ich persönlich hatte keine Probleme mit ihr, allerdings musste ich auch nicht mit ihr um Seitenanteile konkurrieren. »Mach ich«, versprach ich, während Tina schon mit einem Abschiedswinken weitermarschierte. Was vermutlich hieß, dass ich allein zum Chinesen musste. Schon wieder.
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
»Komm schon, Baby, nur ein Stückchen nach rechts ...« Ich verlagerte das Gewicht und spürte, wie meine Füße taub wurden. »Das ist es«, beschwor ich ihn. »Genau da, so ist es recht ... ja!« Ich drückte auf den Auslöser und machte fünf schnelle Aufnahmen, bevor mein Motiv wieder hinter dem Vorhang aus Magnolienbäumen verschwand, die dem Anwesen Schatten spendeten. Ich stützte mich auf den Ellenbogen, um mein Werk im Display zu begutachten. Sexy. Ich hatte Trace Brody ohne T-Shirt und mit einem Bier in der Hand erwischt. Trotz des Teleobjektivs war ich zu weit weg, um das Etikett auf der Flasche erkennen zu können, aber ich wusste, dass er immer Bier trank, wenn das Thermometer über dreißig Grad kletterte. Für fruchtige Weine war er zu männlich und für die trendigen Martinis, die seine Nachbarn in Malibu bevorzugten, nicht prätentiös genug.
Ich beobachtete Trace nun schon mehrere Wochen lang, seit dem Moment, als sein Pressesprecher endlich die Gerüchte bestätigt hatte, dass sich der knackige junge Schauspieler mit Jamie Lee Lancaster verlobt hatte, Amerikas süßester Nachwuchsschauspielerin. Stellen Sie sich einfach Angelina und Brad vor, nur ohne die Tattoos und die Kinderschar. Dann sind Sie ziemlich nah dran. Dann stellen Sie sich vor, dass die beiden plötzlich ankündigen, eine Hochzeit unter freiem Himmel auf einer Klippe über der Küste von Malibu abhalten zu wollen. Die gesamte Presse machte sich vor Begeisterung in die Hose. Mein Chef, Felix Dunn, Chefredakteur des L. A. Informer, war da keine Ausnahme. Plötzlich war es nicht mehr so wichtig, die gute Britney zu überwachen. Nein, ich sollte jeden einzelnen Schritt, den Mr Brody bis zum großen Tag tat, nahtlos dokumentieren.
Nicht, dass es mir etwas ausgemacht hätte. Ich verbringe meine Zeit lieber auf dem Hang über Trace' Milliarden-Dollar-Anwesen, inmitten einer Superreichen-Siedlung, als Britney bei ihrem nächsten Starbucks-Besuch nachzujagen. Immerhin bekam ich ihn auf diese Weise ohne T-Shirt zu sehen.
Ich streckte mich wieder im Gras aus und ignorierte das Kitzeln der Grashalme an meinem nackten Bauch, der zwischen der tief auf der Hüfte sitzenden Jeans und dem zu kurzen T-Shirt hervorlugte. (Der Fluch der über 1,80 Meter großen Frau - kein Kleidungsstück ist jemals lang genug.) Ich wischte mir eine Schweißperle von der Oberlippe, nahm die Kamera wieder hoch und suchte geduldig die Baumkronen ab - vielleicht konnte ich ja noch einen weiteren Blick auf mein Motiv erhaschen. »Komm schon, Trace. Sei so lieb!« Wie durch ein Wunder tauchte er genau in diesem Augenblick direkt vor meiner Linse auf. Manchmal hätte ich schwören können, dass er mich hörte. »Du bist wirklich toll! Jetzt zur Seite drehen und ... lächeln!«
Ich beobachtete, wie er das Bier auf dem Tisch abstellte. Er reckte die Arme gen Himmel, streckte sich und gähnte so ausgiebig wie ein sattes Raubtier. »Müde? Ein Filmstar zu sein ist ganz schön stressig, was?« Ich machte noch ein paar Aufnahmen. Trace legte den Kopf schräg und massierte sich den Nacken. Ich verlor ihn einen Moment lang aus den Augen, als er den Innenhof überquerte und auf den riesigen Swimmingpool zusteuerte, der mit einem unechten Wasserfall und einem als schäumende Lagune getarnten Whirlpool ausgestattet war. Ich bekam ihn wieder vor die Linse, als er geradewegs auf das Sprungbrett zumarschierte. »Lust auf eine kleine Runde im Pool?«, erkundigte ich mich bei dem verlassenen Berghang. Wie zur Antwort hielt Trace einen Zeh in das Wasser. Offensichtlich war er mit der Wassertemperatur zufrieden, denn er zuckte mit den Achseln und kletterte auf das Sprungbrett. Ich drückte auf den Auslöser und machte drei schnelle Aufnahmen. Er federte ein wenig auf dem Sprungbrett auf und ab und starrte hinunter in das kristallklare blaue Wasser. Aber er sprang nicht. Stattdessen glitten seine Hände zum Bund seiner Badehose, und in einer einzigen geschmeidigen Bewegung rutschte sie auf seine Knöchel hinab.
Ich erstarrte. Wie gebannt blickte ich durch die Linse, und eine kleine Schweißperle rann zwischen meinen Brüsten hinab. Möglicherweise vergaß ich sogar, Luft zu holen. Immerhin, der Finger am Auslöser schien noch zu funktionieren, denn ich schoss Fotos wie eine Verrückte. Felix würde einen Herzanfall bekommen, wenn er diese Bilder zu Gesicht bekam. Um mir dann eine Gehaltserhöhung anzubieten.
Trace kickte die Badehose mit dem Fuß zur Seite und bewegte seinen herrlich nackten Körper bis zur Sprungbrettkante. »Herr im Himmel, was für ein Prachtstück!«, flüsterte ich. Nicht, dass ich weniger erwartet hatte. Schließlich war er ein Filmstar. Aber das hier war mal ein Kerl, der ohne Bildnachbearbeitung auskam. Wie er es schaffte, so nahtlos braun zu sein, war mir ein Rätsel. Eins war sicher - würde er nackt in der Sonne baden, wüsste ich das inzwischen. Sein Körper hatte eine gleichmäßige, warme Honigfarbe - vom stahlharten Sixpack bis zum stahlharten ... na ja, Sie wissen schon!
»Jamie Lee scheint mir eine ausgesprochen glückliche Frau zu sein, was, Trace?« Er beachtete mich nicht. Logisch. Irgendwo in meinem Hinterkopf wusste ich, dass es merkwürdig war, laut mit ihm zu sprechen. Aber ich konnte nicht anders. Er wusste nicht, dass es mich gab, und war doch seit sechs Wochen mein ständiger Begleiter. Aus sicherer Entfernung, versteht sich. Hätte ich ihm jemals tatsächlich von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden, wäre mir wahrscheinlich der Schweiß ausgebrochen. Aber mit einer Kameralinse und einem Fußballfeld zwischen uns war ich so cool wie eine Gurke in der Wellness-Oase. Im persönlichen Gespräch? Tja, lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich war noch nie besonders gesellig. Ich mag andere Menschen, aber intelligente
Gespräche mit dem anderen Geschlecht zu führen und dabei charmant und geistreich zu wirken, ist nicht gerade meine Stärke. Wenn ich mich mit einem Mann unterhalte, laufe ich öfter mal rot an, und die wirklich schlagfertigen Antworten fallen mir immer erst dann ein, wenn der süße Typ zu der geistreichen Brünetten am Nebentisch weitergezogen ist. Man könnte es auch so sagen: So wie es Leute gibt, die mit ihren Topfpflanzen reden, rede ich eben mit Filmstars, die nicht wissen, dass ich existiere. Und jetzt gerade war dieser Filmstar so nackt, wie Gott ihn schuf.
Ich beobachtete, wie er die Hände über den Kopf hob, einmal auf und ab federte und dann in das klare blaue Wasser eintauchte. Schweiß lief mir über den Rücken, und ich konnte regelrecht spüren, wie das süße, kalte Nass meinen Körper umspülte. Ich erschauderte, und auf meinen Armen bildete sich eine Gänsehaut, während ich noch ein paar Fotos davon schoss, wie Trace aus den Fluten auftauchte. »Baby, das war umwerfend«, sagte ich zu ihm und hatte plötzlich Sehnsucht nach einer Zigarette. Ich beobachtete, wie er sich aus dem Wasser hievte; funkelnde Tröpfchen bedeckten seinen durchtrainierten Körper, und er wickelte sich ein Handtuch um die Taille, bevor er sein Bier vom Tisch nahm und ins Haus ging.
Ich richtete mich auf und legte die Kamera weg. Die Entfernung zwischen meinem einsamen Berghang und seinem schicken Pool wurde sofort offensichtlich, und ich stieß einen langen Atemzug aus, als sich die Glastür hinter ihm schloss. Ich bin mir nicht sicher, wie lange ich diese geschlossene Tür angestarrt hatte und den Anblick von Trace im Adamskostüm wieder und wieder vor meinem geistigen Auge Revue hatte passieren lassen, als plötzlich das Handy in meiner Hosentasche klingelte. »Cameron Dakota«, meldete ich mich. »Cam«, hörte ich die Stimme meines Bosses sagen, »wo sind Sie gerade?« »In Malibu. Warum?«
»Wir haben einen Tipp bekommen, dass Jamie Lee im Augenblick in Beverly Hills Brautkleider anprobiert«, sagte er. Sein britischer Akzent verlieh seinen Worten einen melodiösen Rhythmus. »Wie schnell können Sie dort sein?«
Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. »Wenn ich beim Rasen erwischt werde, bezahlt die Zeitung dann den Strafzettel?« Ich konnte förmlich hören, wie Felix' Geldbörse in der Stille am anderen Ende der Leitung einen Schmerzensschrei ausstieß. Schließlich gab er nach: »Okay.« »Geben Sie mir zwanzig Minuten!« Felix rasselte die Adresse der Boutique herunter, in der Jamie Lee gesehen worden war. Dann fügte er hinzu: »Wenn sie sich heute für ein Kleid entscheidet, dann möchte ich der Erste sein, der ein Foto davon hat, verstanden?« »Aye, aye, Boss!« »Und, Cam?« »Ja?« »Haben Sie heute ein paar gute Fotos von Trace geschossen?« Ich öffnete das Sichtfenster und betrachtete die Serie von Nacktfotos, die sogar ein Boulevardblatt wie der Informer würde zensieren müssen. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Hab ich Sie je enttäuscht?« Was soll ich sagen? Starfotografin zu sein ist ein schmutziges Geschäft, aber irgendwer muss es ja tun.
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Drei Stunden später war ich mit meinem Jeep unterwegs zu den Büros des L. A. Informer. Die Zeitungsredaktion war in einem alten Gebäude untergebracht, das einst als Apartmentkomplex für die aufstrebenden Sternchen des goldenen Hollywoodzeitalters gedient hatte. Doch leider war seit den legendären Vierzigern kaum etwas daran gemacht worden. Die Außenfassade wies noch immer denselben faden Beigeton auf wie damals, und die vielen Jahre kalifornischer Sonneneinstrahlung hatten zur Folge, dass die Farbe abblätterte. Über der Eingangstür wölbte sich noch immer dieselbe verblichene Markise, und dieselbe verrostete Feuertreppe klammerte sich halbherzig an die Seite des Gebäudes. Alles in allem sah es genauso heruntergekommen aus wie viele der ehemaligen Bewohner heute. Nur dass die Filmsternchen - im Gegensatz zum Gebäude - alle ein Facelifting hinter sich hatten.
Allerdings war die Miete günstig, die Lage erstklassig, und es gab jede Menge Parkplätze. Das war mehr, als man in L. A. üblicherweise erwarten konnte.
Ich sprang in den Aufzug und fuhr in den zweiten Stock, wo der Informer seine Büros hat. Anmutig schlängelte ich mich um die zahlreichen Büroboxen herum, in denen die Mitarbeiter des Informer geschäftig an ihren Kolumnen für die morgige Ausgabe tippten; ihre Gesichter waren in das blaue Leuchten der Computerbildschirme getaucht. Ich glitt in eine der Boxen, die sich ganz am hinteren Ende befand, meinem privaten Rückzugsort.
Während es um mich herum nur so wimmelte von Postern, farbigen Stifthaltern, Nippes und - im Falle unserer Büromanagerin - Kobolden und kleinen Püppchen, bevorzuge ich einen geordneten und pragmatisch eingerichteten Arbeitsplatz. Auf meinem Schreibtisch befand sich das absolute Minimum an Büromaterialien, und die stoffbezogenen Trennwände waren mit glänzenden, nüchternen Schwarz-Weiß-Aufnahmen bedeckt. Die meisten von ihnen zeigten Landschaften. Mit vielen Bäumen. Auf keiner einzigen war eine Berühmtheit zu sehen, die vor der Kamera herumstolziert.
Ich verband die Kamera mit meinem Computer, und einige Klicks später öffnete sich auf meinem Flachbildschirm eine Fotoserie, die die temperamentvolle Miss Jamie Lee Lancaster zeigte. Die gebürtige New Yorkerin war vor drei Jahren zum ersten Mal auf dem Radar Hollywoods aufgetaucht. Sie hatte bei einem Independent-Filmprojekt mitgewirkt, das eine rekordverdächtige Anzahl von Oscarnominierungen eingeheimst hatte - und eine davon hatte der bis dahin völlig unbekannten Schauspielerin gegolten. Auch wenn sie in der Oscarnacht gegen eine alte Hollywoodveteranin verlor, die eine Nonne verkörpert hatte, so hatte sie sich doch in die Herzen (und die gewinnbringende Aufmerksamkeit) von Hollywood gespielt. Im darauffolgenden Sommer bekam sie die Hauptrolle in einer romantischen Komödie, die sich zum Überraschungserfolg der Saison entwickelte, und ein Jahr später ergatterte sie die Rolle ihres Lebens an der Seite von Trace Brody - in dem Actionstreifen Stirb schneller, der als Eröffnungsfilm am Memorial Day gezeigt wurde. Sie hatte Millionen verdient und das Interesse von Hollywoods begehrtestem Junggesellen geweckt - dessen Junggesellenstatus sie nun schnellstmöglich zu ändern gedachte. Ich scrollte durch die Fotos, die ich an diesem Nachmittag von ihr gemacht hatte. Jamie Lee in einer weißen, trägerlosen Robe. In einem elfenbeinfarbenen Kleid mit Spaghettiträgern. In einem schneeweißen Ding mit Puffärmeln, das sich wie ein Chiffontörtchen um ihre Knöchel bauschte. Insgesamt fünfzehn Kleider. Wie Sie sich denken können, hatte sie sich an diesem Tag für keines entschieden. Stattdessen hatte ich beobachtet, wie sie über die Unzulänglichkeit jedes einzelnen gejammert und wie sie in ihrer Hast, das nächste anzuprobieren, die hochpreisigen Kleider so achtlos beiseite gepfeffert hatte, als wären es T-Shirts vom Grabbeltisch. Angesichts der Tatsache, dass die Hochzeit bereits in drei Wochen stattfinden sollte, hätte man etwas mehr Entscheidungsfreudigkeit erwarten können. Doch in Jamie Lees Welt vollbrachten Schneiderateliers Wunder, wenn es um Änderungsarbeiten in letzter Minute ging. Von diesem Kleid hing die Zu- oder Absage für ihren nächsten Filmvertrag ab, und solange Fotografen wie ich sie jagten, war es unwahrscheinlich, dass wir die endgültige Version des meisterlichen Brautgewands vor dem gesegneten Tag selbst zu Gesicht bekommen würden.
Ich suchte ein paar der besten Aufnahmen aus, die ich, so gut es eben ging, durch die Glasfront von Bebes Brautmoden gemacht hatte, und speicherte sie in meinem Fotobearbeitungsprogramm. Dann machte ich mich an ein paar kleine Verschönerungsarbeiten - ich hellte die weißen Flächen weiter auf, schnitt den Obdachlosen heraus, der vor dem Salon herumhing, und retuschierte ein paar lose herumfliegende Strähnen um Jamie Lees Ohr herum. Dann schickte ich die Bilder über das sichere Informer-Netzwerk an Felix.
Als Nächstes warf ich einen Blick auf meine tägliche Aufgabenliste. Und stöhnte. Satte zwanzig Fotos. Mein Boss war nicht gerade das, was man spendierfreudig nennt. Genau genommen war ich die einzige festangestellte Fotografin, die der Informer zurzeit beschäftigte; Felix zog es vor, hin und wieder Fotos von Selbstständigen zu kaufen, statt ein weiteres Gehalt zu zahlen. Was zur Folge hatte, dass ich es war, die jedes einzelne Bild, das in unserem Büro landete, schneiden, bearbeiten und formatieren musste. Ich sah auf meine Armbanduhr. Zwanzig vor fünf. Wie standen meine Chancen, dass Felix mir die Überstunden bezahlte? »Hey, Cam!« Ich sah nach rechts und entdeckte ein Paar blutunterlaufene Augen, die mich über den Rand meiner Box hinweg musterten. Sie befanden sich in einem Gesicht mit Hängebacken, das von einem unordentlichen grauen Haarschopf umrahmt wurde - und dem ein neuer Haarschnitt spätestens im vergangenen Monat gut angestanden hätte. Max Beacon, der einzige Angestellte des Informer, der von Anfang an mit dabei gewesen war. Der Mann war ein Urgestein in mehr als einem Sinne - wenn man ihn so sah, machte er den Eindruck, als hätte er mindestens seit der Erfindung des Rades beim Informer gearbeitet. Um Max' Alter wiederum rankten sich zahlreiche Gerüchte. Manche behaupteten, dass seine Leber mindestens 103 sein musste; sie hatte schon mit einer täglichen Überdosis Jim Beam fertig werden müssen, als die anderen Mitarbeiter der Zeitung noch nicht einmal gezeugt waren - und daran hatte sich bis heute nichts geändert.
Max schrieb für den Informer die Nachrufe, und seine eigene Todesanzeige, in der er detailliert seinen Tod durch Leberzirrhose beschreibt, war bereits fix und fertig. Er hatte sie an die stoffbezogene Wand seiner Bürobox geheftet - direkt über das Poster eines flauschigen Kätzchens, das sich mit einem trotzigen ›Halte durch, Baby‹ an einen Ast klammerte. Zu behaupten, dass er ein Original war, wäre eine Untertreibung gewesen. Schwierig, eine Type wie ihn nicht zu mögen. »Hey, Max! Was ist los?«, fragte ich. »Ich brauche dringend ein Foto für meine Story.« »Ein Toter?«
Max nickte. »Mädel. Jennifer ›Tootsie‹ Wilson. Hollywood-Sirene aus den Vierzigern.« »Cooler Name.« Obwohl er wahrscheinlich nicht echt war. Vermutlich lautete ihr richtiger Name Gertrude Burnbaum; oder irgendeine ähnlich grässliche Kombination. Die meisten Promis jener Zeit hatten sich augenblicklich falsche Namen zugelegt, als sie an der Westküste aufschlugen - eine Praxis, die immer noch nicht vollständig ausgestorben war, wie Sie an P. Diddy und Lady Gaga sehen können. »Wie ist sie gestorben?«, fragte ich. »Sie wurde '45 ermordet. Ich schreibe anlässlich ihres Todestages über sie.« »Ermordet, mmh? Ganz schön ›Film noir‹.« »Meinst du, dass du mir ein Bild von ihr raussuchen könntest?« Ich betrachtete meine ellenlange Aufgabenliste. »Ähm ... nun ja ...« »Danke, Kleines. Ich weiß das zu schätzen.« »Kein Problem.« Ich öffnete die Hollywood-Archivseite. »Also, wer hat sie umgebracht?«, fragte ich und gab das Jahr in die Suchmaschine der Seite ein. »Eifersüchtiger Ehemann? Liebhaber?«
Max zuckte mit den Achseln; dabei kollidierten seine Schultern mit seinen Hängebacken. »Weiß nicht. Die Polizei hat den Fall nie aufgeklärt.« Ich pfiff leise durch die Zähne. »Das wird sich gut verkaufen.«
»Das kann ich nur hoffen. Felix droht mir ständig, meine Artikel nur noch wöchentlich zu bringen. Er sagt, die Leute in Hollywood würden die Boulevardpresse nur lesen, um nachzuschauen, ob sie erwähnt werden. Und meine Klientel? Die sind zu tot zum Lesen.« »Autsch! Tut mir leid.«
Er zuckte wieder mit den Achseln. »Ich hab schon Schlimmeres überstanden.« »Ich schicke dir ein Bild von deinem ermordeten Starlet, sobald ich eins gefunden habe«, versprach ich. Max nickte, dann verschwand er hinter der Trennwand und schlurfte zurück zu seiner eigenen Bürobox. Ich gab Tootsies Namen in das Suchfeld ein und fand ein halbes Dutzend Aufnahmen von der bewussten Schauspielerin. Ich klickte die erste an, ein Schwarz-Weiß-Foto, und vergrößerte sie auf volle Bildschirmgröße. Tootsie war eine schlanke Frau, und die glänzende Vierzigerjahre-Frisur fiel ihr in einer sanften Welle auf die Schultern. Sie posierte auf einem Divan, hinter dem ein hauchdünner Vorhang herabfloss. Genau die Art von Inszenierung, die einem ›ehemaliger Hollywood-Glamour‹ entgegen schrie. Sie hatte blasse, ebenmäßige Haut und dunkle Lippen, die, wie ich nur mutmaßen konnte, mit dem blutroten Lippenstift bemalt waren, der damals so beliebt war. Eine Perlenkette war achtlos um ihren Nacken gewunden, und ihr blondes Haar saß perfekt. Ich konnte sie geradezu vor mir sehen, wie sie zusammen mit Cary Grant oder Clark Gable vor der Filmkamera stand und ihre Rolle tadellos beherrschte. In ihren Augen leuchtete eine gelassene Zuversicht, die mir sagte, dass sie das ebenfalls wusste. Im Vergleich zu Jamie Lee wirkte sie geradezu intellektuell. Ich gab meinen Benutzernamen und mein Passwort ein und zahlte das Honorar. Im Gegenzug wurde ich auf eine Seite mit einer hochaufgelösten Version des Fotos ohne Wasserzeichen weitergeleitet. Ich lud es rasch herunter und bearbeitete das Bild, um das Gesicht der Schauspielerin etwas zu vergrößern; dann schickte ich es Max.
Nachdem ich das erledigt hatte, machte ich mich an Felix' Aufgabenliste. Eine Stunde später hatte ich sie schließlich abgearbeitet und eine beeindruckende Auswahl von Fotos für die morgige Ausgabe vorliegen. Bevor ich ging, überprüfte ich noch ein letztes Mal meine E-Mails und durchsuchte sie nach Hinweisen auf Promi-Veranstaltungen, die heute Abend angesagt waren und eine zeitnahe Betreuung benötigten. Oben auf den Hügeln fand eine Party statt, bei der die üblichen Verdächtigen erwartet wurden. Nichts wirklich Interessantes. Ein Gerücht, dass Courtney Cox einen Babybauch hätte, was ich mir zur späteren Überprüfung vormerkte. Wenn das stimmte, dann würde ich sie am Sonntag auf dem Obst-und-Gemüse-Markt erwischen. In einer Mail stand, dass Joan River eine neue Nase hätte - schon wieder. Offen gestanden war es mir ein Rätsel, wie man die eine von der anderen unterscheiden sollte. Aber ich notierte mir trotzdem, bald die Schönheitschirurgenrunde zu machen. Diese Post-OP-Fotos, in denen die Promis bandagiert wie Mumien waren, verkauften sich immer sehr gut. Ich tat gerade meine Pflicht als brave Informer-Angestellte, indem ich mein Twitterpublikum über das Neueste von der Promi-Hochzeitsvorbereitungsfront informierte, als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Ich sah hoch und stellte fest, dass eine Frau mit auberginenfarbenen Strähnchen und einem pinken, mit Totenschädeln verzierten T-Shirt vor meinem Schreibtisch stand.
»Hat sie sich schon für ein Kleid entschieden?«, fragte sie und schielte auf den Tweet auf meinem Bildschirm. Tina Bender war unter den Tratschkolumnisten des Informer die exzentrische und unumstrittene Königin. Sie brachte es fertig, die schmutzigen Geheimnisse jedes einzelnen Menschen
in dieser Stadt zutage zu fördern, Trace und Jamie Lee nicht ausgenommen. Als ich vor zwei Jahren vom Informer angeheuert wurde, hatten Tina und ich uns sofort angefreundet. Äußerlich hätten wir nicht unterschiedlicher sein können, aber ich hatte ihren frechen, direkten Stil von Anfang an bewundert. Die meiste Zeit wünschte ich mir, nur halb so viel Mumm zu haben wie sie. »Nö. Die Kleiderfrage ist immer noch nicht entschieden. Aber du wirst es als Erste erfahren.«
»Verdammt! Ich hab heute nichts Vernünftiges und hatte auf etwas gehofft, mit dem ich meine Kolumne etwas aufpeppen kann.« Ich zog eine Augenbraue hoch. »Wie wäre es mit einem Schauspieler der ersten Liga, der nackt beim Schwimmen erwischt wurde?« Tina boxte mich in die Schulter. »Raus damit! Ehrlich? Wer?« »Trace Brody.« »Mannomann!« Sie beugte sich vor. »Du hast Trace' Pipimann gesehen?«
Ich nickte. Dabei konnte ich mir ein dümmliches Grinsen nicht verkneifen, als ich an seinen Bilderbuchkörper dachte. Wahre Kunst, sag ich Ihnen! »Schieß los!« »Was willst du wissen?« »Nürnberger oder Thüringer Rostbratwurst?« Ich unterdrückte ein Lachen. »Ähm, definitiv die Rostbratwurst.« »Jamie Lee hat wirklich Glück.« Und wie! Ich schielte auf meine Schreibtischuhr. »Alles Weitere kann ich dir beim Abendessen erzählen. Chinesisch?« Tina biss sich auf die Lippen. »Ach, ich wünschte, ich hätte Zeit. Aber ich habe heute Abend schon was vor.« Ich hob eine Augenbraue. »Heißer Tipp?« Sie schüttelte den Kopf. »Nee, ich geh mit Cal zu einer Feuerwaffenmesse.«
Ich grinste. »Waffenmesse? Nennt man das heutzutage so?« Cal war der hochgewachsene Leibwächter, mit dem sich Tina seit Kurzem traf. Und wenn ich sage ›treffen‹, dann meine ich damit, dass sie jeden wachen Moment zusammen verbrachten und umeinander herumscharwenzelten wie zwei Teenager. Die meiste Zeit bewegten sie sich auf dem haarfeinen Grat zwischen unglaublich romantisch und Übelkeit erregend. Aber Cal war der erste Mann, bei dem Tina es offenbar ernst meinte, deswegen war ich nachsichtig.
»Nein«, erklärte sie. »Ich meine eine echte Waffenmesse. Cal möchte, dass ich mir eine Knarre zulege. Er will mir dabei helfen, eine auszusuchen.« »Hast du jemals eine Pistole abgefeuert?« Sie zuckte mit den Schultern. »Es gibt für alles ein erstes Mal. Ich hoffe nur, dass sie auch ein pinkfarbenes Modell haben.«
Ich grinste. »Viel Glück«, sagte ich. »Ich schicke dir die Brody-Fotos.« »Wundervoll! Und hey, tu mir einen Gefallen ...« Tina hielt über beide Schultern nach Zuhörern Ausschau und fuhr dann fort: »Falls heute Abend noch irgendwas Interessantes reinkommt, schickst du es mir dann weiter? Allie ist mir in letzter Zeit immer zuvorgekommen, und das lässt mich gar nicht gut aussehen.«
Allie Quick war der Neuzugang unter den Informer-Mitarbeitern und hatte es irgendwie geschafft, sich in die Rolle von Tinas Erzfeindin zu manövrieren. Was, wenn man die beiden nebeneinanderstellte, unvermeidbar erschien. Allie war blond, temperamentvoll und hatte die Figur eines Playboy-Häschens - war also so ziemlich die Verkörperung von allem, was Tina nicht war. Ich persönlich hatte keine Probleme mit ihr, allerdings musste ich auch nicht mit ihr um Seitenanteile konkurrieren. »Mach ich«, versprach ich, während Tina schon mit einem Abschiedswinken weitermarschierte. Was vermutlich hieß, dass ich allein zum Chinesen musste. Schon wieder.
© 2012 LYX verlegt durch EGMONT Verlagsgesellschaften mbH
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Autoren-Porträt von Gemma Halliday
Gemma Halliday arbeitete in den unterschiedlichsten Berufen unter anderem als Schauspielerin, Vorschullehrerin und Telefonmedium, bevor sie Liebesromane zu schreiben begann. Seither wurde sie mehrfach mit Genrepreisen ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Gemma Halliday
- 2012, 317 Seiten, Maße: 12,6 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Frauke Lengermann
- Verlag: LYX
- ISBN-10: 3802584368
- ISBN-13: 9783802584367
Kommentar zu "Vier Schnappschüsse und ein Todesfall / Hollywood Gossip Bd.2"
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