Watermind
Es kann jederzeit passieren
Die junge Chemikerin CJ Reilly arbeitet für den Energiekonzern Quimicron. Ein Kraftwerk der Firma in Baton Rouge ist sowohl mit dem Sumpf Devil's Swamp als auch mit dem Meer verbunden. Als man den Sumpf trocken legen will, muss CJ vor Ort die...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Watermind “
Die junge Chemikerin CJ Reilly arbeitet für den Energiekonzern Quimicron. Ein Kraftwerk der Firma in Baton Rouge ist sowohl mit dem Sumpf Devil's Swamp als auch mit dem Meer verbunden. Als man den Sumpf trocken legen will, muss CJ vor Ort die Dekontaminierung vorbereiten.
Doch dort entdecken sie und ihr Kollege Max etwas Seltsames: Ein einzelner Teich ist mitten im Sommer völlig vereist. Als einer der Arbeiter in dem Teich zu Tode kommt, weiß CJ, dass der Giftmüll im Sumpf etwas Mörderisches erschaffen hat.
Klappentext zu „Watermind “
Carolyn nahm die Probe mit beiden Händen entgegen wie ein wertvolles Juwel oder wie eine tickende Bombe. Seit Jahrzehnten wird das verlassene Sumpfgebiet Devil s Swamp als Mülldeponie benutzt. Doch nun gelangen dort hochkomplexe Mikrochips in einen Tümpel voller Chemikalien und Biomasse. Sie setzen eine Kettenreaktion in Gang und eine neue Lebensform entsteht, anders als alles, was es bisher auf unserem Planeten gegeben hat. Aber ist sie friedlich oder eine tödliche Gefahr?
Ein Science-Thriller der Extraklasse
eine wahre Geschichte, die nur noch nicht geschehen ist.
Lese-Probe zu „Watermind “
Watermind von M. M. Buckner Prolog
Drei junge Akademiker in Westkanada waren am Boden zerstört, als sie miterleben mussten, wie ihr Wetterexperiment baden ging. Ihre kostbaren Minicomputer wurden in einem Sturm fortgeschwemmt. Jede dieser kleinen Maschinen war ein Wunderwerk der Mikrotechnik – mit wasserfesten Sensoren, Speichern, Prozessoren und Funkempfängern –, komplette Wetterstationen, nicht größer als Diamantsplitter.
Die 144 winzigen Dinger, die in einem drahtlosen Netzwerk miteinander verbunden waren und von weniger als einem Watt Sonnenlicht gespeist wurden, hätten hundert Jahre lang Klimadaten in den alten Wäldern von Alberta verarbeiten können. Stattdessen wurden die kostspieligen Stecknadelköpfe von den Bäumen gespült, rannen über den moosbewachsenen Boden, tröpfelten in den vom Regen angeschwollenen Milk River und strömten in Richtung Süden davon. Sie schwammen meilenweit synchron durch kanadische Gewässer und rauschten dann in einem kleinen dichten Verbund über die US-amerikanische Grenze. Nachdem sie den jadegrünen Missouri erreicht hatten, strudelten sie neun Wochen lang am Zusammenfluss mit dem Yellowstone River im Kreis, umspült von Düngemitteln, Maschinenöl und genetisch veränderten Weizenkeimen. Schließlich trieben 139 von ihnen ab und gerieten in das Ansaugrohr des Wasserkraftwerks von Garrison. Sie wurden durch eine Leitung gepresst und wild durch die Turbine gewirbelt, bevor sie ins Unterwasser drifteten. Ihre Schaltkreise knisterten mit neuen Informationen.
... mehr
Einen Monat lang werteten sie eine Kiste mit Diagnosechips für Traktoren aus, die im Lake Oahe entsorgt worden war. In der Nähe von Sioux City schwammen sie an einer Deponie vorbei, die verfaulende Reste von Eierschalen, Kaffeesatz, alten Computern und menschlichem Östrogen ausspuckte. Eine ganze Woche rotierten sie um einen kaputten Gameboy. Von dort führte sie der Missouri direkt ins Landesinnere, bis sie schließlich in den rostbraunen Mississippi eintauchten, den fünftgrößten Fluss der Welt. Der »Vater aller Ströme« war für sie ungemein faszinierend. Die kräftige Strömung riss knapp 400 000 Tonnen Abfall vom halben nordamerikanischen Kontinent mit sich. Die Minicomputer tanzten an Schrittmachern, Echoloten, Babymonitoren und elektronischen Autoschlüsseln vorbei. Sie leiteten Signale von verlorenen Hörgeräten und Speicherkarten weiter. GPS-gesteuerte Bojen gaben ihnen Orientierung.
Wenn sie Daten aufschnappten, wurden sie in ihr gemeinsames Wissen integriert. Südlich von St. Louis verfingen sich drei Minicomputer in einer Plastikeinkaufstüte, aber die Überlebenden sausten weiter, verarbeiteten Rotz, Sperma und Pentium-Chips.
Dort, wo der Ohio River schäumend hereinströmte, konferierten sie mit einem Mobiltelefon, das von seinem verzweifelten Besitzer von einer Brücke in Ithaca, New York, geworfen worden war. Der Arkansas River brachte ihnen Methamphetamine und Strontium 90. Trotz ihres Tempos, ihrer Neugier und ihrer Bereitschaft, neue Welten zu entdecken, schaffte nur ein einziger Minicomputer den weiten Weg bis zum Golf von Mexiko, wo er, abgeschnitten vom Netzwerk, schnell überlastet war und durchbrannte. Die 117 übriggebliebenen Stecknadelköpfe wurden vom Fluss in Baton Rouge angespült.
Fast ein Jahr, nachdem ihre Reise in Kanada begonnen hatte, landeten die Minicomputer weniger als dreihundert Kilometer vom Meer entfernt in einer fauligen Sumpflandschaft aus Petrochemikalien, ausgebrannten Autos, weggeworfenen Haushaltsgeräten und Schlamm. In dieser stinkenden Brühe entwickelten Frösche Buckel und Wucherungen, befielen Bakterien Batteriezellen und verließen aktive Chips ihre Hauptplatinen, um Algenansammlungen zu besiedeln. Das Wasser war voller Signale und Klingeltöne. Und die Minicomputer knüpften neue Verbindungen. Dieser Ort wurde Devil’s Swamp genannt. Erster TeilEntstehung1
Mittwoch, 9. März, 10.55 Uhr »Cool! Sexy Rhythmus!« CJ Reilly stand knietief in orangefarbenem Schlamm und bewegte ihre schmalen Hüften zur Musik aus ihrem iPod. »Hast du den Song geschrieben?« »Eh oui.« Max Pottevents schlug nach einem Moskito und nahm die Schaufel in die andere Hand. »Erzähl mir alles über diesen Zydeco«, sagte sie und schwang ihren Eimer. Der heiße Sumpf um sie herum stank nach totem Fisch, und trübe Regenbogenfarben marmorierten die Ölschichten auf den Tümpeln. Chemieabfälle schwärten im Schilf. An der Flussmündung schäumte der Devil’s Swamp wie ein nasser Schwamm. Max warf durch die Schutzbrille einen Blick auf ein anderes Feld, wo ihre Kollegen eine Lache aus gefährlichem Toluol beseitigten. »Zydeco? Das kommt von der musique créole. Ein bisschen französisch, spanisch und afrikanisch. Gib etwas Hip-Hop und Reggae dazu. Eine Prise Blues. Zydeco ist ein Mix wie Gumbo-Eintopf.«
Als sie tiefer in den Sumpf vordrangen, quatschte und saugte der Boden unter ihren Füßen, und die Innenseiten ihrer Schutzanzüge waren schweißnass. Beide trugen hüfthohe Stiefel, Schutzbrillen und Handschuhe, und beide – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – fanden die Unterhaltung schwierig.
CJ stellte ihren iPod lauter. »Ich höre Akkordeons, richtig? Was noch?« »Eh là, Akkordeon. Gitarre, Bass und Schlagzeug. Ich spiele frottoir, das gewellte Waschbrett. Macht den hübschen Sound.« CJ mochte seinen Akzent, der ein bisschen französisch klang, aber nicht ganz. Über den dunklen Locken trug er wie ein Pirat ein rotes Kopftuch. Er nannte es paryaka. »Oh, schau mal!« Sie bückte sich, um eine Mokassinschlange zu berühren.
»Halt!« Max packte ihren Arm. »Angst vor einer kleinen Schlange? Du hast mir doch beigebracht, wie man sie anfasst.« »Nicht diese. Geh langsam zurück.«
Sie kickte die tödliche Schlange mit dem Stiefel weg und tanzte dann lachend zwischen den Rohrkolben davon. Max runzelte die Stirn und folgte ihr. Berge von Müll waren vom Fluss herbeigetragen worden, und CJ bemerkte einen rostigen weißen Kasten, der an einem Zypressenstumpf lag. »Mein Gott, ein alter Apple-Computer! « Sie trat gegen den ausgeschlachteten Computer und den Baumstumpf und fischte dann einen zerdrückten Joint aus ihrer Tasche. »Hier können wir uns hinsetzen.« Max warf erneut einen Blick zu dem in einiger Entfernung arbeitenden Team. Sie wusste, was er sagen würde. »Nicht weit genug, lamie. Sie können uns sehen.« »Du bist paranoid. Denen ist völlig egal, was wir tun.« Sie zündete den Joint an und zog daran. »Lass uns lieber heute Abend rauchen«, sagte Max zum zweiten Mal an diesem Vormittag. Als sie die Schutzbrille anhob, um den Schweiß abzuwischen, sah er die feuchten Rillen auf ihren weißen Wangen und biss sich auf die Lippen. Sie sah so zerbrechlich aus. In ihren Augen mischten sich sämtliche Farben, die Augen haben konnten: grau, grün, blau, braun, schwarz. Und sie veränderten sich wie vorbeiziehende Wolken – genauso wie die Stimmungen dieser Frau.
CJ drückte den Joint aus. Sie war mürrisch und rastlos – prämenstruell. Um diese Zeit des Monats hätte sie auf ihrem eigenen Schatten herumtrampeln können. »Deine Musik ist gut. Du solltest etwas daraus machen.« Max senkte den Kopf. »Ist nur eine private Aufnahme. Fürs Studio brauchen wir largan – Geld.« Er wusste, dass sie nichts von Musik verstand, aber die Freundlichkeit in ihrer Stimme tat ihm gut. Für Max war CJs Anwesenheit in diesem stinkenden Sumpf wie eine Schneeflocke im Frühling – etwas, das nicht von Dauer war. Sie hatten sich vor zwei Monaten bei diesem Job kennengelernt. Seit sechs Wochen waren sie Liebende. Als er für sie einen Weg durch die nassen, brusthohen Brombeersträucher bahnte, fragte sie ihn über seine Texte, die Melodie, den synkopierten Beat aus. Er versuchte, korrekt zu sprechen und alles zu erklären, aber der Tag war heiß, und sie war abgelenkt. Mit den Handschuhen fächelte sie sich Luft zu. »Ich hasse diesen Anzug.« Max schüttelte den Kopf. »Ceegie, der ist Vorschrift. Wir müssen ihn tragen.« »Mm.« Sie stopfte Handschuhe und Schutzbrille in die Taschen und zog den Reißverschluss des Schutzanzugs bis zur Taille herunter.
Max biss sich auf die Lippen. »Kind, du bekommst Spritzer in die Augen. Macht Augenkrebs.« »Nenn mich nicht Kind.« Sie war zweiundzwanzig, und Max war nur drei Jahre älter als sie. Sie wand sich aus der oberen Hälfte des Schutzanzugs und verknotete die Ärmel, damit sie nicht herabbaumelten. Feuchte Flecken waren über ihr Baumwollunterhemd verteilt, und sie bemerkte, wie er ihre Brustwarzen betrachtete, die sich aufrichteten. Durch die Schutzbrille sahen seine braunen Augen golden aus. Sie schleppten sich weiter durch weichen schwarzen Morast. Messerscharfe Palmettopalmen sägten an ihren Schutzanzügen, und nach kurzer Zeit waren sie von Dickicht umgeben. Max hatte keine Lust, sich auf hundert Hektar vergiftetem Treibsand zu verlaufen. Er überprüfte seinen Handgelenkkompass von Ranger Joe. Die Nadel schlug heftig von Osten nach Norden aus. Das hatte sie noch nie getan.
»Was ist los?« Das Marihuana machte CJ albern. Sie packte sein Handgelenk, um sich die tanzende Kompassnadel anzusehen. »Das muss eine magnetische Interferenz sein. Kraftlinien oder so etwas.« Als sie ein Wäldchen aus Tupelobäumen erreichten, horchte Max auf das Rauschen des Flusses, um sich zu orientieren. Dann schlug er mit seiner Schaufel auf ein Gewirr von Stechwinden. Er drosch so kräftig auf das dornige Gewächs ein, dass er beinahe auf die andere Seite purzelte, als er durchbrach.
»Ho!« Er gewann sein Gleichgewicht wieder und starrte auf das, was vor ihm lag. CJ schloss zu ihm auf und ließ ihren Eimer fallen. »Was ist das?« Sie standen nebeneinander auf einer matschigen Böschung und blickten zu einem langen, kommaförmigen Teich hinunter, der von fauligem Gras gesäumt und mit einer Schicht aus … Eis bedeckt war. Sie sahen sich erstaunt an und wandten sich dann wieder dem gefrorenen Teich zu. Schmelzwasser schwamm dünn auf der Oberfläche, und darüber schimmerte feiner Nebel. CJ kniete sich hin und berührte das Eis mit der Fingerspitze. »Wie konnte sich bei diesem Wetter Eis bilden?« »Zieh deine Handschuhe an, lamie.« Max hob mit der Schaufel einen großen Stein auf und warf ihn auf den gefrorenen Teich. Während er mehrere Meter weit darüberschlitterte, lauschte Max dem Klang. »Hört sich nicht wie Eis an.« Bevor er sie zurückhalten konnte, kroch CJ auf den Teich. »Komm zurück, Mädchen!« Max versuchte ihre Hand zu packen, verfehlte sie aber. Er fluchte leise, während sie kichernd weiterkroch.
»Siehst du? Es trägt mein Gewicht. Ich wette, dieser Teich ist vollständig durchgefroren.« Max stand am Ufer und wünschte sich, sie käme zurück. Er wusste, dass sie es nicht tun würde. Er konnte nicht in Worte fassen, was er in dem Moment empfand – nur dass sie von irgendetwas getrieben wurde. Prüfend schlug er mit der Schaufel auf das Eis, und es klang wie eine Blechtrommel. Ein Fis, stellte er fest. Als er es noch einmal tat, sank die Schaufel ein paar Zentimeter ins Eis und steckte dann fest. »Huh«, sagte er. Die Schaufel ließ sich nicht mehr herausziehen. Er packte den Griff mit beiden Händen, stemmte die Füße gegen den Boden und zog. Doch dann rutschte er auf dem schlammigen Ufer aus und fiel hin. CJ brach in Gelächter aus. »Gute Arbeit, König Arthur.« Max’ Gesicht lief dunkel an, und sie war sich nicht sicher, ob er die Anspielung auf das Schwert im Stein verstanden hatte. Er hatte die Highschool nicht abgeschlossen. Das war nur eins von vielen kleinen Dingen, die sie trennten. Sie unterdrückte ein Lächeln und kroch zu ihm. Die Schaufel stand wie eine Fahnenstange im Eis, und ihre Berührung versetzte sie in Schwingung. Als sie seitlich wegrutschte und mit einem Klappern umfiel, sprang CJ auf. »Mauvais«, flüsterte Max. CJ berührte das glatte Eis. »Sie hat keine Spur hinterlassen. Über der Stelle hat sich das Eis einfach wieder geschlossen.«
© Droemer/Knaur Verlag
Übersetzung: Bernhard Kempen
Wenn sie Daten aufschnappten, wurden sie in ihr gemeinsames Wissen integriert. Südlich von St. Louis verfingen sich drei Minicomputer in einer Plastikeinkaufstüte, aber die Überlebenden sausten weiter, verarbeiteten Rotz, Sperma und Pentium-Chips.
Dort, wo der Ohio River schäumend hereinströmte, konferierten sie mit einem Mobiltelefon, das von seinem verzweifelten Besitzer von einer Brücke in Ithaca, New York, geworfen worden war. Der Arkansas River brachte ihnen Methamphetamine und Strontium 90. Trotz ihres Tempos, ihrer Neugier und ihrer Bereitschaft, neue Welten zu entdecken, schaffte nur ein einziger Minicomputer den weiten Weg bis zum Golf von Mexiko, wo er, abgeschnitten vom Netzwerk, schnell überlastet war und durchbrannte. Die 117 übriggebliebenen Stecknadelköpfe wurden vom Fluss in Baton Rouge angespült.
Fast ein Jahr, nachdem ihre Reise in Kanada begonnen hatte, landeten die Minicomputer weniger als dreihundert Kilometer vom Meer entfernt in einer fauligen Sumpflandschaft aus Petrochemikalien, ausgebrannten Autos, weggeworfenen Haushaltsgeräten und Schlamm. In dieser stinkenden Brühe entwickelten Frösche Buckel und Wucherungen, befielen Bakterien Batteriezellen und verließen aktive Chips ihre Hauptplatinen, um Algenansammlungen zu besiedeln. Das Wasser war voller Signale und Klingeltöne. Und die Minicomputer knüpften neue Verbindungen. Dieser Ort wurde Devil’s Swamp genannt. Erster TeilEntstehung1
Mittwoch, 9. März, 10.55 Uhr »Cool! Sexy Rhythmus!« CJ Reilly stand knietief in orangefarbenem Schlamm und bewegte ihre schmalen Hüften zur Musik aus ihrem iPod. »Hast du den Song geschrieben?« »Eh oui.« Max Pottevents schlug nach einem Moskito und nahm die Schaufel in die andere Hand. »Erzähl mir alles über diesen Zydeco«, sagte sie und schwang ihren Eimer. Der heiße Sumpf um sie herum stank nach totem Fisch, und trübe Regenbogenfarben marmorierten die Ölschichten auf den Tümpeln. Chemieabfälle schwärten im Schilf. An der Flussmündung schäumte der Devil’s Swamp wie ein nasser Schwamm. Max warf durch die Schutzbrille einen Blick auf ein anderes Feld, wo ihre Kollegen eine Lache aus gefährlichem Toluol beseitigten. »Zydeco? Das kommt von der musique créole. Ein bisschen französisch, spanisch und afrikanisch. Gib etwas Hip-Hop und Reggae dazu. Eine Prise Blues. Zydeco ist ein Mix wie Gumbo-Eintopf.«
Als sie tiefer in den Sumpf vordrangen, quatschte und saugte der Boden unter ihren Füßen, und die Innenseiten ihrer Schutzanzüge waren schweißnass. Beide trugen hüfthohe Stiefel, Schutzbrillen und Handschuhe, und beide – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – fanden die Unterhaltung schwierig.
CJ stellte ihren iPod lauter. »Ich höre Akkordeons, richtig? Was noch?« »Eh là, Akkordeon. Gitarre, Bass und Schlagzeug. Ich spiele frottoir, das gewellte Waschbrett. Macht den hübschen Sound.« CJ mochte seinen Akzent, der ein bisschen französisch klang, aber nicht ganz. Über den dunklen Locken trug er wie ein Pirat ein rotes Kopftuch. Er nannte es paryaka. »Oh, schau mal!« Sie bückte sich, um eine Mokassinschlange zu berühren.
»Halt!« Max packte ihren Arm. »Angst vor einer kleinen Schlange? Du hast mir doch beigebracht, wie man sie anfasst.« »Nicht diese. Geh langsam zurück.«
Sie kickte die tödliche Schlange mit dem Stiefel weg und tanzte dann lachend zwischen den Rohrkolben davon. Max runzelte die Stirn und folgte ihr. Berge von Müll waren vom Fluss herbeigetragen worden, und CJ bemerkte einen rostigen weißen Kasten, der an einem Zypressenstumpf lag. »Mein Gott, ein alter Apple-Computer! « Sie trat gegen den ausgeschlachteten Computer und den Baumstumpf und fischte dann einen zerdrückten Joint aus ihrer Tasche. »Hier können wir uns hinsetzen.« Max warf erneut einen Blick zu dem in einiger Entfernung arbeitenden Team. Sie wusste, was er sagen würde. »Nicht weit genug, lamie. Sie können uns sehen.« »Du bist paranoid. Denen ist völlig egal, was wir tun.« Sie zündete den Joint an und zog daran. »Lass uns lieber heute Abend rauchen«, sagte Max zum zweiten Mal an diesem Vormittag. Als sie die Schutzbrille anhob, um den Schweiß abzuwischen, sah er die feuchten Rillen auf ihren weißen Wangen und biss sich auf die Lippen. Sie sah so zerbrechlich aus. In ihren Augen mischten sich sämtliche Farben, die Augen haben konnten: grau, grün, blau, braun, schwarz. Und sie veränderten sich wie vorbeiziehende Wolken – genauso wie die Stimmungen dieser Frau.
CJ drückte den Joint aus. Sie war mürrisch und rastlos – prämenstruell. Um diese Zeit des Monats hätte sie auf ihrem eigenen Schatten herumtrampeln können. »Deine Musik ist gut. Du solltest etwas daraus machen.« Max senkte den Kopf. »Ist nur eine private Aufnahme. Fürs Studio brauchen wir largan – Geld.« Er wusste, dass sie nichts von Musik verstand, aber die Freundlichkeit in ihrer Stimme tat ihm gut. Für Max war CJs Anwesenheit in diesem stinkenden Sumpf wie eine Schneeflocke im Frühling – etwas, das nicht von Dauer war. Sie hatten sich vor zwei Monaten bei diesem Job kennengelernt. Seit sechs Wochen waren sie Liebende. Als er für sie einen Weg durch die nassen, brusthohen Brombeersträucher bahnte, fragte sie ihn über seine Texte, die Melodie, den synkopierten Beat aus. Er versuchte, korrekt zu sprechen und alles zu erklären, aber der Tag war heiß, und sie war abgelenkt. Mit den Handschuhen fächelte sie sich Luft zu. »Ich hasse diesen Anzug.« Max schüttelte den Kopf. »Ceegie, der ist Vorschrift. Wir müssen ihn tragen.« »Mm.« Sie stopfte Handschuhe und Schutzbrille in die Taschen und zog den Reißverschluss des Schutzanzugs bis zur Taille herunter.
Max biss sich auf die Lippen. »Kind, du bekommst Spritzer in die Augen. Macht Augenkrebs.« »Nenn mich nicht Kind.« Sie war zweiundzwanzig, und Max war nur drei Jahre älter als sie. Sie wand sich aus der oberen Hälfte des Schutzanzugs und verknotete die Ärmel, damit sie nicht herabbaumelten. Feuchte Flecken waren über ihr Baumwollunterhemd verteilt, und sie bemerkte, wie er ihre Brustwarzen betrachtete, die sich aufrichteten. Durch die Schutzbrille sahen seine braunen Augen golden aus. Sie schleppten sich weiter durch weichen schwarzen Morast. Messerscharfe Palmettopalmen sägten an ihren Schutzanzügen, und nach kurzer Zeit waren sie von Dickicht umgeben. Max hatte keine Lust, sich auf hundert Hektar vergiftetem Treibsand zu verlaufen. Er überprüfte seinen Handgelenkkompass von Ranger Joe. Die Nadel schlug heftig von Osten nach Norden aus. Das hatte sie noch nie getan.
»Was ist los?« Das Marihuana machte CJ albern. Sie packte sein Handgelenk, um sich die tanzende Kompassnadel anzusehen. »Das muss eine magnetische Interferenz sein. Kraftlinien oder so etwas.« Als sie ein Wäldchen aus Tupelobäumen erreichten, horchte Max auf das Rauschen des Flusses, um sich zu orientieren. Dann schlug er mit seiner Schaufel auf ein Gewirr von Stechwinden. Er drosch so kräftig auf das dornige Gewächs ein, dass er beinahe auf die andere Seite purzelte, als er durchbrach.
»Ho!« Er gewann sein Gleichgewicht wieder und starrte auf das, was vor ihm lag. CJ schloss zu ihm auf und ließ ihren Eimer fallen. »Was ist das?« Sie standen nebeneinander auf einer matschigen Böschung und blickten zu einem langen, kommaförmigen Teich hinunter, der von fauligem Gras gesäumt und mit einer Schicht aus … Eis bedeckt war. Sie sahen sich erstaunt an und wandten sich dann wieder dem gefrorenen Teich zu. Schmelzwasser schwamm dünn auf der Oberfläche, und darüber schimmerte feiner Nebel. CJ kniete sich hin und berührte das Eis mit der Fingerspitze. »Wie konnte sich bei diesem Wetter Eis bilden?« »Zieh deine Handschuhe an, lamie.« Max hob mit der Schaufel einen großen Stein auf und warf ihn auf den gefrorenen Teich. Während er mehrere Meter weit darüberschlitterte, lauschte Max dem Klang. »Hört sich nicht wie Eis an.« Bevor er sie zurückhalten konnte, kroch CJ auf den Teich. »Komm zurück, Mädchen!« Max versuchte ihre Hand zu packen, verfehlte sie aber. Er fluchte leise, während sie kichernd weiterkroch.
»Siehst du? Es trägt mein Gewicht. Ich wette, dieser Teich ist vollständig durchgefroren.« Max stand am Ufer und wünschte sich, sie käme zurück. Er wusste, dass sie es nicht tun würde. Er konnte nicht in Worte fassen, was er in dem Moment empfand – nur dass sie von irgendetwas getrieben wurde. Prüfend schlug er mit der Schaufel auf das Eis, und es klang wie eine Blechtrommel. Ein Fis, stellte er fest. Als er es noch einmal tat, sank die Schaufel ein paar Zentimeter ins Eis und steckte dann fest. »Huh«, sagte er. Die Schaufel ließ sich nicht mehr herausziehen. Er packte den Griff mit beiden Händen, stemmte die Füße gegen den Boden und zog. Doch dann rutschte er auf dem schlammigen Ufer aus und fiel hin. CJ brach in Gelächter aus. »Gute Arbeit, König Arthur.« Max’ Gesicht lief dunkel an, und sie war sich nicht sicher, ob er die Anspielung auf das Schwert im Stein verstanden hatte. Er hatte die Highschool nicht abgeschlossen. Das war nur eins von vielen kleinen Dingen, die sie trennten. Sie unterdrückte ein Lächeln und kroch zu ihm. Die Schaufel stand wie eine Fahnenstange im Eis, und ihre Berührung versetzte sie in Schwingung. Als sie seitlich wegrutschte und mit einem Klappern umfiel, sprang CJ auf. »Mauvais«, flüsterte Max. CJ berührte das glatte Eis. »Sie hat keine Spur hinterlassen. Über der Stelle hat sich das Eis einfach wieder geschlossen.«
© Droemer/Knaur Verlag
Übersetzung: Bernhard Kempen
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Autoren-Porträt von M. M. Buckner
M.M. Buckner studierte Englische Literatur und Creative Writing in Memphis, Harvard und Boston. Sie arbeitete im Marketing verschiedener Unternehmen, zuletzt als Vizepräsidentin. Parallel dazu begann M.M. Buckner, sich für den Umweltschutz zu engagieren - und zu schreiben. Ihre Romane wurden mehrfach preisgekrönt, unter anderem mit dem renommierten Phillip-K-Dick-Award.
Bibliographische Angaben
- Autor: M. M. Buckner
- 2008, 464 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Bernhard Kempen
- Verlag: DROEMER KNAUR
- ISBN-10: 3426501279
- ISBN-13: 9783426501276
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