White Devil: Das Grauen kehrt zurück
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Als sein bester Freund ermordet wird, erkennt Matt, dass er nicht paranoid ist, sondern es mit einem sehr realen Feind zu tun hat. Verschlüsselte Botschaften bringen ihn auf die Spur des nächsten Opfers und schnell wird klar, dass der tödliche Tanz mit dem Teufel erneut begonnen hat...
White Devil: Das Grauen kehrt zurück von Paul Johnston
Die schwarze Katze rieb ihre Flanke an Mary Malones fleischigem Arm. Sie saßen vor
dem Fenster im dritten Stock des Hauses in der Ifield Road, Fulham, West London.
"Ja, Noir", sagte die Schriftstellerin und blickte hinab auf die Grabsteine des Brompton
Cemetery. "Eine fürchterliche Nacht. Aber du musst ja nicht nach draußen."
Die Katze warf ihr einen hochmütigen Blick zu, sprang von ihrem Schoß und strebte
zur Treppe.
"Eigensinniges Tier!" Mary wandte sich wieder dem hohen Fenster zu und schaute
erneut hinaus. Es war bisher ein kalter Februar, der Frost hatte das Gras niedergedrückt.
Erst in den letzten paar Tagen war die Temperatur leicht gestiegen, und die Abende
wurden neblig. Der Schriftstellerin kam es so vor, als wären die Nebelschwaden über den
Gräbern wie der Atem von ruhelosen Schläfern in der kalten Erde. Aber sie hatte schon
immer eine lebhafte Fantasie gehabt.
Mary ging zu ihrem Schreibtisch. Sie hatte etwa die Hälfte ihres neusten Doctor-
Kasabus-Krimis fertig. Die Serie spielte im Paris des achtzehnten Jahrhunderts, und ihr
Held war ein freidenkerischer Mediziner, der außerdem noch ein geheimes Leben als
Ermittler führte, in dem er sich auf Fälle religiöser Natur spezialisiert hatte – Priester, die
Morde sanktionierten, Erbinnen, die man in Nonnenklöster wegsperrte, Bischöfe, die
Knaben sexuell missbrauchten. Zu ihrem eigenen Erstaunen hatte sie sich damit eine
große Leserschaft auf beiden Seiten des Atlantiks erschrieben. Nicht, dass sie ihren
Fans je persönlich begegnet wäre. Mit einer Größe von knapp einsfünfundfünfzig, gut
fünfundneunzig Kilo Lebendgewicht und einem Gesicht, das allenfalls im Radio
präsentabel war, blieb sie lieber für sich. Erinnerungen an die Schulzeit – an die
Gesichter von rotznasigen Gören, die voller Begeisterung auf dem „Nilpferd“ der Klasse
herumhackten – konnten sie an schlechten Tagen immer noch zum Weinen bringen.
Mary Malone (richtiger Name: Shirley Higginbottom) lehnte sich in ihrem extra für sie
konstruierten Bürostuhl zurück und blickte auf die Textzeilen. Sie spürte, wie wieder
einmal eine dieser periodischen Wellen von Melancholie über sie kam. Was hatten ihr
zwanzig Jahre Schufterei, erst an der Schreibmaschine und dann am Computer, denn
schon gebracht? Fünfundzwanzig Bücher, hohe Auflagen, ein paar gute Besprechungen,
jeden Tag eine Masse E-Mails von ihren Fans – die meisten mit freundlichem Lob, aber
einige auch von Leuten, die nicht verbargen, dass sie unbedingt wissen wollten, wie sie
aussähe. Sie hatte es nie zugelassen, dass ein Autorenfoto von ihr veröffentlicht wurde,
sie veranstaltete keine Lesungen und tauchte bei den Treffen der Krimiautoren niemals
auf. Ihr Gesicht und ihre Figur gingen nur sie selbst etwas an.
"Verdammter Mist!" Sie versuchte, die aufsteigende Bitterkeit zu unterdrücken. Sie
konnte nun mal nicht haben, was alle anderen hatten – einen Mann, Kinder, ein normales
Familienleben; Freunde, die sie auf Partys umlagerten. Stattdessen verbrachte sie ihre
Abende damit, die Fotos von schönen jungen weiblichen und attraktiven jungen
männlichen Krimiautoren auf deren Websites zu betrachten. Ihre eigenen Bücher
verkauften sich besser als die der meisten von denen, aber sie befand sich
nichtsdestotrotz in einem selbst auferlegten Exil, eine einundfünfzig Jahre alte Eremitin,
ein abstoßendes Scheusal.
Mary stemmte sich schwerfällig aus dem Stuhl und ging hinunter in das Wohnzimmer
im Erdgeschoss. Der tägliche Kampf mit der Treppe stellte ihre einzige körperliche
Aktivität dar, die an ihrem Gewichtsproblem aber auch nichts zu ändern vermochte.
"Genug Selbstmitleid für heute", sagte sie und goss sich einen Gin Tonic ein, der
hauptsächlich aus ersterem bestand. Sie wollte zum Sofa und griff auf dem Weg dorthin
nach der letzten Ausgabe von Clues.
Sie ließ sowohl das Glas als auch das Magazin fallen, als sie ein plötzliches,
ohrenbetäubendes Aufjaulen irgendwo hinten im Haus hörte.
"Verflucht!" Mary holte ein paarmal tief Luft, dann schlurfte sie zu der Tür mit der
Katzenklappe, die hinaus in den Garten führte. „Noir!“, rief sie. "Was machst du schon
wieder? Komm sofort rein, Noir!" Sie knipste das Licht an.
Und spürte, wie sich ihr der Magen umdrehte.
Der Kopf ihres geliebten Katers Noir kam durch die Katzenklappe ins Haus, aber er
war vom Körper abgetrennt.
Mary Malone ließ ein langes Stöhnen hören. "Nein", keuchte sie. "Nein ..." Trotz ihres
Ekels ging sie weiter auf den blutigen Katzenkopf zu. Sie war noch ein paar Schritte von
der Tür entfernt, als sie merkte, dass jemand die Klinke gedrückt hielt. Sie starrte in die
Finsternis hinter dem Glas, ihr Herz hämmerte. Sie konnte nur einen undeutlichen
Schatten erkennen. Aber der Gedanke, sich umzudrehen und wegzurennen, kam ihr erst
gar nicht – sie wusste, dass sie sich sowieso nicht schnell genug bewegen könnte.
Dann wurde die Tür mit einem Ruck aufgerissen, und eine Gestalt trat herein, die von
Kopf bis Fuß schwarz gekleidet war. In der rechten Hand hielt die Gestalt ein
blutverschmiertes Messer und in der linken Noirs kopflosen Körper, den sie der
Schriftstellerin vor die Füße warf.
Mary konnte nicht sprechen, brachte keinen einzigen Ton heraus.
Die Gestalt kam auf sie zu und hielt ihr die Klinge horizontal an die Kehle. Dann
tauchte unter der Kapuze ein Gesicht auf, aber es war kein menschliches Gesicht. Die
Maske war weiß, und die Augenhöhlen hatten rote Ringe. Am Kinn klebte ein
Ziegenbärtchen, und die Lippen waren in einem höhnischen Grinsen nach oben
gezogen. Das Schlimmste aber war, dass die ganze Oberfläche der Maske mit farblosen
Warzen und Beulen bedeckt schien. Mittelalterliche Darstellungen von Menschen, die der
Pest zum Opfer fielen, rasten durch Mary Malones Hirn.
Endlich fand sie ihre Stimme wieder. "Was hat das alles zu bedeuten?", keuchte sie.
"Wer sind Sie?"
Der Eindringling nickte langsam. "Ich glaube, das wissen Sie nur zu genau, Mary."
Die Stimme war fest. Und nach einer kurzen Pause: "Sie stehen dem Teufel von
Angesicht zu Angesicht gegenüber."
Ein lauter Aufschlag war zu hören, als die ohnmächtig gewordene Autorin zu Boden
fiel.
© 2008 BY PAUL JOHNSTON
- Autor: Paul Johnston
- 2009, 476 Seiten, Maße: 12,7 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Schnell, Volker
- Übersetzer: Volker Schnell
- Verlag: MIRA Taschenbuch
- ISBN-10: 3899416686
- ISBN-13: 9783899416688
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