Wie ich einmal versuchte, reich zu werden
Mein Jahr unter Spekulanten
Mein Jahr unter Spekulanten. Bis vor kurzem waren der preisgekrönten Journalistin Heike Faller Themen wie Aktienkurse, Altersvorsorge oder Vermögensbildung entweder ein Rätsel oder schlicht egal. Doch dann wollte sie es wissen. Sie nahm eine Auszeit und...
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Produktinformationen zu „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden “
Mein Jahr unter Spekulanten. Bis vor kurzem waren der preisgekrönten Journalistin Heike Faller Themen wie Aktienkurse, Altersvorsorge oder Vermögensbildung entweder ein Rätsel oder schlicht egal. Doch dann wollte sie es wissen. Sie nahm eine Auszeit und ging unter Investoren. Das Ziel: innerhalb eines Jahres 10.000 Euro verdoppeln! Doch dann kam der große Crash... »Ohne dieses Buch wären wir nie auf so unterhaltsame Weise durch die Welt der Finanzen und ihre schlimmste Krise seit Menschengedenken gereist.« (Die Welt)
Klappentext zu „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden “
Eigentlich sollte ich was mit meinem Geld machen, dachte Heike Faller jahrelang. Und tat: nichts. Appelle an die private Altersvorsorge versetzten sie in Tiefschlaf, Zahlenpost ließ sie liegen, den Wirtschaftsteil verstand sie nicht. So kam es, dass ihr Erspartes auf dem Konto vor sich hin dämmerte. Bis zwei abseitige Sparkassenberater aus der Oberpfalz ihr überraschende Spekulationsgewinne bescherten und sie auf eine Idee brachten: Es sollte doch möglich sein, in einem Jahr zehntausend Euro zu verdoppeln.Sie stürzt sich in die fremde Welt des Geldes. Auf der Suche nach Erfolgsanlagen trifft sie Londoner Jungtrader, skandinavische Risikoinvestoren, Kunstsammler und einen der reichsten Männer der Erde. Bereitwillig weihen die Finanzleute sie in ihre Strategien ein, erstaunt stellt sie fest, wie schnell sie dem Sog erliegt. Ihr Denken dreht sich fortan um Hebelzertifikate, Put-Optionen, Superzyklen. Und vor allem die Frage: Wie mache ich mir die hereinbrechende Krise zunutze? In einer wunderbaren Mischung aus journalistischer Recherche, Selbstbeobachtung und Erfahrungsbericht, die viele komische Momente und überraschende Begegnungen enthält, beschreibt die Amateurinvestorin die Erlebnisse eines turbulenten Jahres, in dem sie mitten in den Taumel der Finanzmärkte gerät.
- Sympathisch offen und bisweilen komisch: der Erfahrungsbericht einer Amateurinvestorin
- Ein aufschlussreicher Blick hinter die Kulissen der Finanzwelt in Zeiten der Krise
- Eine Abenteuerreise zwischen Bagdad, Berlin, London, Marbella, Niederbayern und New York
- Heike Faller ist mehrfach preisgekrönte Journalistin
"Wer Heike Faller auf ihrer Tour durch die Welt des Geldes begleitet, kann getrost einen Großteil der aktuellen Crash-Literatur beiseitelegen." -- Der Spiegel
"Ohne dieses Buch wären wir nie auf so unterhaltsame Weise durch die Welt der Finanzen und ihre schlimmste Krise seit Menschengedenken gereist. Nach der Lektüre des Buches wissen wir zumindest soviel, dass wir auf jeder Party in Finanzfragen mitreden können - ohne die Tortur der einschlägigen Fachliteratur durchlitten zu haben.... höchst unterhaltsam und lehrreich." -- Die Welt
"...ein wirklich großartige Dokument ihres Experiments. Hoffentlich wird sie damit reich." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Ohne dieses Buch wären wir nie auf so unterhaltsame Weise durch die Welt der Finanzen und ihre schlimmste Krise seit Menschengedenken gereist. Nach der Lektüre des Buches wissen wir zumindest soviel, dass wir auf jeder Party in Finanzfragen mitreden können - ohne die Tortur der einschlägigen Fachliteratur durchlitten zu haben.... höchst unterhaltsam und lehrreich." -- Die Welt
"...ein wirklich großartige Dokument ihres Experiments. Hoffentlich wird sie damit reich." -- Frankfurter Allgemeine Zeitung
Lese-Probe zu „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden “
Wie ich einmal versuchte, reich zu werden von Heike FallerWie alles anfing
Ich hatte einmal 40000 Euro. Jahrelang lag das Geld auf
dem Sparkonto, ohne sich zu vermehren, aber auch ohne
sich zu vermindern. Als ich 33 Jahre alt war, kaufte ich
davon vierzig Krügerrand-Münzen, vierzig Silberbarren zu
je einem Kilo, 1200 Gramm Palladium und zwölf dünne
Platinbarren. In einer Sparkasse in Bayern wurde das
Metall über einen Schalter geschoben, gefolgt von einer
Kassette, in der ich meine Schätze verwahren sollte. Auf
knisternden Zetteln quittierte ich den Erhalt von Edelmetallen
im Wert von 39500 Euro.
Es war ein Hochsommertag, draußen brannte die Sonne
auf Teer und Blech, drinnen stand ich fröstelnd hinter
getönten Scheiben im klimatisierten Schalterraum und
warf einen langen letzten Blick auf meinen Schatz. Es
waren die Ersparnisse meines ganzen Lebens, die ich in
diesem Moment vor mir hatte. Das Geld, das ich in zehn
Jahren von Gehältern und Honoraren zu Seite gelegt hatte;
die Erlöse eines Bausparvertrages, in den meine Eltern für
mich einbezahlt hatten; 1500 Euro, die meine Oma jedem
ihrer zwölf Enkel hinterlassen hat; sogar die Ersparnisse
meines kleinen orangefarbenen Kindersparbuchs, auf dem
ich Kommunionsgeschenke, Geburtsagsüberweisungen
und unzählige Sparschweinmünzen zusammengetragen
hatte. Nun war alles zusammengeflossen zu ein paar kühlen,
schweren Metallstücken, die ziemlich genau in eine
Schuhschachtel passten. Ich legte sacht den Deckel auf das
Kästlein, drehte ein Schlüsselchen im Schloss und schob
das Behältnis in einen kleinen Lastenaufzug, der sich,
nachdem ich eine Geheimzahl eingetippt hatte, quietschend
in die Tiefe senkte. Als Code wählte ich das Jahr, in
dem die Weltwirtschaftskrise begonnen hatte: 1929. Ein
bisschen so wie damals, hatte man mir gesagt, würde
... mehr
die
Welt aussehen, wenn ich eines fernen Tages wieder hier
stehen würde, um meine Schätze abzuholen.
Bis zu diesem Tag im August 2004 hatte ich mich nie ernsthaft
mit Geld beschäftigt. Meine Ersparnisse lagen auf
einem Sparkonto, und manchmal rief ein Bankberater bei
mir an, um mit mir über Vermögensbildung zu sprechen,
ein Wort, das auf mich eine einschläfernde Wirkung ausübte,
die nur von »Altersvorsorge« oder »Rentenreform«
übertroffen wurde. Ich sagte, dass ich darüber nachdenken
würde, aber ich vergaß es sofort wieder. Ich sagte, dass ich
zurückrufen würde, aber ich rief nie zurück. Ich hatte
mehr Geld als ich zum Leben brauchte, noch mehr haben
zu wollen, womöglich auf Kosten anderer, erschien mir
gierig, potenziell unmoralisch, schlechtes Karma. Ich hatte
seit Jahren eine sichere und gut bezahlte Arbeit als Redakteurin,
und ich wusste, dass ich immer genug verdienen
würde. Das sollte reichen. Allein der Ausdruck »sein Geld
für sich arbeiten lassen« löste bei mir unangenehme Assoziationen
aus. Schließlich arbeitete ich selbst. Und zwar
gern. Auch war mir nicht klar, welchen Unterschied zehn
Prozent Rendite, die das Geld mir im besten Fall einbringen
würde, in meinem Leben machen sollten. Wenn ich
doch manchmal für die Idee entflammte, reich zu werden,
dann deshalb, weil mir jemand von der Vervielfachung seiner
Ersparnisse erzählte. Das hätte mich interessiert. Aber
ob ich nun 40000 oder 44000 auf dem Konto hatte – ich
würde es nicht mal merken, hatte aber den Verdacht, dass
andere es merken könnten, und zwar schmerzlich. Denn
würde ich mich damit nicht mitschuldig machen am
Unglück und Elend in der Welt? Woher sollte ich wissen,
ob ich auf diese Weise nicht stille Teilhaberin an Waffengeschäften
oder Kinderarbeitsprofiteur würde? Ich habe
keine Zeit, dachte ich, auch noch herauszufinden, ob ich
mit meinen Investitionen nicht anderen das Leben schwer
mache.
Außerdem habe ich ein Problem damit, Zahlenpost aufzumachen.
Weshalb ich es nicht mal mitkriegen würde, wenn
mein Fonds pleiteginge. Jahre später, als zittriges Ömchen,
würde ich vielleicht einen hoffnungsvollen Blick in die vergilbten
Unterlagen werfen und feststellen, dass der Fondsmanager
aus Frankfurt irgendwann seinen tollen Fonds
zugemacht hat.
So kam es, dass mein Geld jahrelang auf dem Konto vor
sich hin dämmerte, ohne zu- oder abzunehmen, wenn
man mal von dem Inflationsprozent absieht, aber für solche
Details hatte ich damals noch keinen Blick. Sogar den
Aufstieg und Fall der New Economy habe ich verschlafen:
Während meine Kollegen jeden Morgen an ihre Bildschirme
stürzten, um den Stand ihrer Depots zu überprüfen,
während es in meinem Bekanntenkreis die ersten Aktienmillionäre
gab und wenig später die ersten Leute sehr bitter
über ihre Bankberater sprachen, tat ich: nichts. Wenn
mal wieder ein Azubi vorgeschickt wurde, um mich, die
letzte aktienlose Kundin der Deutschen Bank, anzurufen,
dachte ich arrogant: Der größte Luxus, den man sich von
seinem Geld leisten kann, Junge, ist es, sich nicht mit Geld
auseinandersetzen zu müssen, aber das verstehst du jetzt
noch nicht. Kann sein, dass ich es in abgeschwächter Form
auch mal so gesagt habe. Vor allem aber war ich zu verwirrt,
um wirklich etwas zu tun, aber das Gute daran war,
dass ich, als der Sturm sich gelegt hatte, immer noch dasselbe
hübsche Sümmchen auf meinem Konto hatte.
Irgendwann 2001, die Aktien waren bereits im Sturzflug,
dachte ich, dass jetzt vielleicht meine Chance für einen
späten Einstieg gekommen sei. Ich dackelte mit meinem
Reisepass zur Deutschen Bank Unter den Linden, um beim
nächsten Höhenflug dabeizusein. Denn, so viel war mir
klar geworden, wenn ich bald von Millionären umgeben
sein würde, dann würde ich meine private Inflation erleben:
Meine Freunde würden Dinnerpartys in von Peter
Zumthor einfühlsam in die Landschaft eingepassten
Wochenendhäusern geben und Barcelona-Chairs zum
Nachtisch verspeisen, und ich, ich wäre zwar auf dem
Papier nicht ärmer geworden, aber halt ärmer als alle
anderen. »Irgendwann werden die Menschen nicht mehr
arbeiten«, sagte ein Kollege in der Morgenkonferenz. Sogar
meine Handwerker-Cousins in Bayern ließen sich von
ihren Aktiengewinnen damals Whirlpools ins Badezimmer
einbauen, und meine ewig sparsamen Eltern waren den
Sommer über zum Trekking nach Nepal geflogen. Ich habe
Geld wirklich nie mit Lebensqualität verwechselt, aber die
Ärmste von allen wollte ich auch nicht sein.
Die Bankberaterin sagte irgendetwas von den drei Säulen
jedes Investments, und dann fiel das schlafinduzierende
Wort »Bundesschatzbriefe«. Ich sagte, ich wolle Risiko,
Risiko, Risiko, alles auf eine Karte, alles verlieren oder
mein Geld vervielfachen. Mein Job sei sicher und das, was
ich habe, zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Im
Nachhinein bewundere ich ihre Selbstbeherrschung, denn
das, was ich für eine gute Gelegenheit zum Einstieg gehalten
hatte, war, wie ich später, peinlich berührt von mir
selbst, in Zeitungen nachlas, der totale Zusammenbruch
der New Economy. Sie gab mir schließlich eine Broschüre
mit, in der von Risikoklassen und Risikostreuung die Rede
war. Aber kaum hatte ich mich für die gefährlichste Klasse
entschieden, fiel mir wieder ein, dass dann womöglich
Kinder schuften und Soldaten sterben mussten, und das
für einen Profit, den ich nicht mal bemerkte. Da wollte ich
lieber bescheiden, aber guten Gewissens bei der Ökobank
anlegen, was ich natürlich nie tat.
Ich habe erst Jahre nach dem Crash der New Economy
erfahren, dass ich nicht die Einzige war, die dem Treiben
verwirrt zuschaute. Die Geschichten in meinem Freundeskreis
ähneln sich. Ein Ostberliner Krankengymnast hat
eine bescheidene Summe (10000 Euro) seit der Wende auf
dem Sparbuch liegen und auch von zu Hause kein Erbe zu
erwarten. Er ist Anfang fünfzig, und wenn er nicht bald
eine gute Idee hat, wird er als Rentner Gitarre in der Berliner
U-Bahn spielen. Ich kann gut verstehen, dass er in eine
Angststarre verfallen ist. Kaum einer spart systematisch.
Der eine oder andere hat eine Lebensversicherung oder
zahlt eine Wohnung zu horrenden Zinsen ab, während das
Ersparte auf einem Drei-Prozent-Zinsen-Konto liegt, wo
sein Eigentümer es in Sicherheit wähnt. Am schlimmsten
sieht es bei den Leuten aus, die wirklich knapp bei Kasse
sind.
Copyright © 2009 Deutsche Verlags-Anstalt
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Printed in Germany
ISBN 978-3-421-04385-6
Umschlagillustration: Tobias Doetsch, Berlin
Autorenfotos: Michael Biedowicz, Berlin
Welt aussehen, wenn ich eines fernen Tages wieder hier
stehen würde, um meine Schätze abzuholen.
Bis zu diesem Tag im August 2004 hatte ich mich nie ernsthaft
mit Geld beschäftigt. Meine Ersparnisse lagen auf
einem Sparkonto, und manchmal rief ein Bankberater bei
mir an, um mit mir über Vermögensbildung zu sprechen,
ein Wort, das auf mich eine einschläfernde Wirkung ausübte,
die nur von »Altersvorsorge« oder »Rentenreform«
übertroffen wurde. Ich sagte, dass ich darüber nachdenken
würde, aber ich vergaß es sofort wieder. Ich sagte, dass ich
zurückrufen würde, aber ich rief nie zurück. Ich hatte
mehr Geld als ich zum Leben brauchte, noch mehr haben
zu wollen, womöglich auf Kosten anderer, erschien mir
gierig, potenziell unmoralisch, schlechtes Karma. Ich hatte
seit Jahren eine sichere und gut bezahlte Arbeit als Redakteurin,
und ich wusste, dass ich immer genug verdienen
würde. Das sollte reichen. Allein der Ausdruck »sein Geld
für sich arbeiten lassen« löste bei mir unangenehme Assoziationen
aus. Schließlich arbeitete ich selbst. Und zwar
gern. Auch war mir nicht klar, welchen Unterschied zehn
Prozent Rendite, die das Geld mir im besten Fall einbringen
würde, in meinem Leben machen sollten. Wenn ich
doch manchmal für die Idee entflammte, reich zu werden,
dann deshalb, weil mir jemand von der Vervielfachung seiner
Ersparnisse erzählte. Das hätte mich interessiert. Aber
ob ich nun 40000 oder 44000 auf dem Konto hatte – ich
würde es nicht mal merken, hatte aber den Verdacht, dass
andere es merken könnten, und zwar schmerzlich. Denn
würde ich mich damit nicht mitschuldig machen am
Unglück und Elend in der Welt? Woher sollte ich wissen,
ob ich auf diese Weise nicht stille Teilhaberin an Waffengeschäften
oder Kinderarbeitsprofiteur würde? Ich habe
keine Zeit, dachte ich, auch noch herauszufinden, ob ich
mit meinen Investitionen nicht anderen das Leben schwer
mache.
Außerdem habe ich ein Problem damit, Zahlenpost aufzumachen.
Weshalb ich es nicht mal mitkriegen würde, wenn
mein Fonds pleiteginge. Jahre später, als zittriges Ömchen,
würde ich vielleicht einen hoffnungsvollen Blick in die vergilbten
Unterlagen werfen und feststellen, dass der Fondsmanager
aus Frankfurt irgendwann seinen tollen Fonds
zugemacht hat.
So kam es, dass mein Geld jahrelang auf dem Konto vor
sich hin dämmerte, ohne zu- oder abzunehmen, wenn
man mal von dem Inflationsprozent absieht, aber für solche
Details hatte ich damals noch keinen Blick. Sogar den
Aufstieg und Fall der New Economy habe ich verschlafen:
Während meine Kollegen jeden Morgen an ihre Bildschirme
stürzten, um den Stand ihrer Depots zu überprüfen,
während es in meinem Bekanntenkreis die ersten Aktienmillionäre
gab und wenig später die ersten Leute sehr bitter
über ihre Bankberater sprachen, tat ich: nichts. Wenn
mal wieder ein Azubi vorgeschickt wurde, um mich, die
letzte aktienlose Kundin der Deutschen Bank, anzurufen,
dachte ich arrogant: Der größte Luxus, den man sich von
seinem Geld leisten kann, Junge, ist es, sich nicht mit Geld
auseinandersetzen zu müssen, aber das verstehst du jetzt
noch nicht. Kann sein, dass ich es in abgeschwächter Form
auch mal so gesagt habe. Vor allem aber war ich zu verwirrt,
um wirklich etwas zu tun, aber das Gute daran war,
dass ich, als der Sturm sich gelegt hatte, immer noch dasselbe
hübsche Sümmchen auf meinem Konto hatte.
Irgendwann 2001, die Aktien waren bereits im Sturzflug,
dachte ich, dass jetzt vielleicht meine Chance für einen
späten Einstieg gekommen sei. Ich dackelte mit meinem
Reisepass zur Deutschen Bank Unter den Linden, um beim
nächsten Höhenflug dabeizusein. Denn, so viel war mir
klar geworden, wenn ich bald von Millionären umgeben
sein würde, dann würde ich meine private Inflation erleben:
Meine Freunde würden Dinnerpartys in von Peter
Zumthor einfühlsam in die Landschaft eingepassten
Wochenendhäusern geben und Barcelona-Chairs zum
Nachtisch verspeisen, und ich, ich wäre zwar auf dem
Papier nicht ärmer geworden, aber halt ärmer als alle
anderen. »Irgendwann werden die Menschen nicht mehr
arbeiten«, sagte ein Kollege in der Morgenkonferenz. Sogar
meine Handwerker-Cousins in Bayern ließen sich von
ihren Aktiengewinnen damals Whirlpools ins Badezimmer
einbauen, und meine ewig sparsamen Eltern waren den
Sommer über zum Trekking nach Nepal geflogen. Ich habe
Geld wirklich nie mit Lebensqualität verwechselt, aber die
Ärmste von allen wollte ich auch nicht sein.
Die Bankberaterin sagte irgendetwas von den drei Säulen
jedes Investments, und dann fiel das schlafinduzierende
Wort »Bundesschatzbriefe«. Ich sagte, ich wolle Risiko,
Risiko, Risiko, alles auf eine Karte, alles verlieren oder
mein Geld vervielfachen. Mein Job sei sicher und das, was
ich habe, zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Im
Nachhinein bewundere ich ihre Selbstbeherrschung, denn
das, was ich für eine gute Gelegenheit zum Einstieg gehalten
hatte, war, wie ich später, peinlich berührt von mir
selbst, in Zeitungen nachlas, der totale Zusammenbruch
der New Economy. Sie gab mir schließlich eine Broschüre
mit, in der von Risikoklassen und Risikostreuung die Rede
war. Aber kaum hatte ich mich für die gefährlichste Klasse
entschieden, fiel mir wieder ein, dass dann womöglich
Kinder schuften und Soldaten sterben mussten, und das
für einen Profit, den ich nicht mal bemerkte. Da wollte ich
lieber bescheiden, aber guten Gewissens bei der Ökobank
anlegen, was ich natürlich nie tat.
Ich habe erst Jahre nach dem Crash der New Economy
erfahren, dass ich nicht die Einzige war, die dem Treiben
verwirrt zuschaute. Die Geschichten in meinem Freundeskreis
ähneln sich. Ein Ostberliner Krankengymnast hat
eine bescheidene Summe (10000 Euro) seit der Wende auf
dem Sparbuch liegen und auch von zu Hause kein Erbe zu
erwarten. Er ist Anfang fünfzig, und wenn er nicht bald
eine gute Idee hat, wird er als Rentner Gitarre in der Berliner
U-Bahn spielen. Ich kann gut verstehen, dass er in eine
Angststarre verfallen ist. Kaum einer spart systematisch.
Der eine oder andere hat eine Lebensversicherung oder
zahlt eine Wohnung zu horrenden Zinsen ab, während das
Ersparte auf einem Drei-Prozent-Zinsen-Konto liegt, wo
sein Eigentümer es in Sicherheit wähnt. Am schlimmsten
sieht es bei den Leuten aus, die wirklich knapp bei Kasse
sind.
Copyright © 2009 Deutsche Verlags-Anstalt
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Printed in Germany
ISBN 978-3-421-04385-6
Umschlagillustration: Tobias Doetsch, Berlin
Autorenfotos: Michael Biedowicz, Berlin
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Autoren-Porträt von Heike Faller
Heike Faller, geb. 1971, besuchte nach dem Abitur die Deutsche Journalistenschule in München. Sie studierte Ethnologie und Germanistik und war für 'Brigitte', 'Geo' und das 'SZ Magazin' tätig. Seit 1999 arbeitet sie als Redakteurin im Ressort 'Leben' der 'Zeit'. 1997 erhielt sie den Axel-Springer-Preis für Nachwuchsjournalisten und 2006 den Emma-Journalistinnen-Preis.
Bibliographische Angaben
- Autor: Heike Faller
- 2009, 1, 231 Seiten, Maße: 13,8 x 22 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: DVA
- ISBN-10: 342104385X
- ISBN-13: 9783421043856
Rezension zu „Wie ich einmal versuchte, reich zu werden “
»Heike Fallers Abenteuer in der fremden und bizarren Finanzwelt sind faszinierend, gelegentlich irre komisch, immer aber lehrreich.«
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