Die Erfindung der weiblichen Tugend (PDF)
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Im 18. Jahrhundert wird der Begriff der Tugend, ein zentraler Leitbegriff der französischen Aufklärung, erstmals auch auf Frauen bezogen. Die damit entstehende Theorie von "polarisierten Geschlechtscharakteren" bleibt in Frankreich jedoch zunächst umstritten. Anhand von Rousseaus Julie ou La Nouvelle Heloise und Laclos´ Les Liaisons dangereuses zeigt Pabst, wie der damals populäre Briefroman die Debatte um vertu und Geschlechterdifferenz spiegelt. Mit Louise d´Epinays Briefroman Histoire de Madame de Montbrillant wird außerdem ein von der Forschung weitgehend vergessenes Werk analysiert. Der Facettenreichtum des Tugenddiskurses lässt die Bedeutung des Aufklärungsdenkens für den in dieser Zeit entstehenden modernen Geschlechterdualismus in neuem Licht erscheinen.
Das Konzept weiblicher vertu ist ein wichtiger Bestandteil des Umbruchs von der vormodernen ein geschlechtlichen Geschlechtertheorie zum dualistischen Modell ›polarisierter Ge schlechtscharaktere‹, das sich im Laufe des 18. Jahrhunderts durchsetzt. Mit dem Tugendbegriff werden normative Setzungen von den Besonderheiten des weiblichen Geschlechtscharakters begründet und naturalisiert. Die Erfindung der weiblichen Tugend trägt entscheidend dazu bei, daß der Geschlechterdualismus zum Bestandteil des kulturellen Wissens wird.
Doch ist das neue Differenzdenken im Frankreich der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch durchaus umstritten. In einer kontroversen Auseinandersetzung um die Frage ›Hat die Tugend ein Geschlecht?‹, die ganz unterschied liche Denkmodelle hervor bringt, findet sich sogar die Ansicht, daß die Geschlechterdifferenz wie auch die geschlechtsspezifisch konzipierte vertu als soziokulturelle Konstrukte zu betrachten seien.
Im Kontext dieser Debatte um Tugend und Geschlechterdifferenz läßt sich der im betrachteten Zeitraum so populäre Briefroman als literarischer Ort kultureller Bedeutungsstiftung und Verständigungs prozesse begreifen. Die vertu spielt hier eine zentrale Rolle. Der neue Leitbegriff für weibliche – und indirekt durch die Abgrenzung davon auch männliche – Identitätskonstruktion wird in real wirkenden Welten versuchsweise durchgespielt, seine lebensprak tische Handlungsrelevanz und Taug lichkeit erprobt.
Dabei wird in den Romanen von Rousseau, d’Épinay, Cottin und Laclos ein jeweils unterschiedlich ausgeprägtes Spektrum an divergierenden Normen und Wertvor stellungen und verschiedenen Konstella tionen zwischenmenschlicher und zwischenge schlechtlicher Bezie
Es manifestieren sich hier Selbst- und Fremdwahrnehmungen der Geschlechter und ihres Verhältnisses zu einander, die sich im 18. Jahrhundert im grundlegenden Wandel befinden. Mit gattungs spezifischen Verfahren werden Über legungen zum moralischen Han deln der ge schlecht lichen Individuen und zu ihrer gesellschaft lichen Einbindung und Funktion artikuliert. Dabei eignet sich die spezifische Erzählweise des polyperspektivischen Briefromans in besonderem Maße, eine heterogene Vielfalt an Stimmen und Anschauungen darzustellen und miteinander zu verhandeln.
Der narrative Fokus auf die subjektiven Gedanken und Empfindungen des Individuums in Selbst- und Fremdanaly sen wie vor allem auch in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Normen wertet diese nachhaltig auf. Die wahrscheinlich und damit glaubwürdig wirkende Authentizitätsfiktion sowie die Illusion von Unmit telbarkeit der Erzählform im Briefroman können eine intensive affektiv identifikatorische Rezeptionshaltung begünstigen. Zumindest in den Augen der Zeitgenossen intensiviert dies die angestrebte moraldidaktische Wir kung der erzählten Geschichte auf die Leserinnen und Leser. In dieser Perspektive entspricht der roman par lettres in vortrefflicher Weise der im betrachteten Zeitraum vorherrschenden aufklärerisch-engagierten Literaturauffassung und kann als ein exzellentes ›Medium der Aufklärung‹ aufgefaßt werden.
- Autor: Esther Suzanne Pabst
- 2007, 340 Seiten, Deutsch
- Verlag: Wallstein Verlag GmbH
- ISBN-10: 3835320211
- ISBN-13: 9783835320215
- Erscheinungsdatum: 01.01.2007
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