Die verleugnete Klasse / Edition Philosophie Bd.1 (ePub)

Bunte Phantasiewelten über eine "entstrukturierte Klassengesellschaft" (die noch nicht einmal den Schimmer einer Vorstellung von den bestehenden Macht- und Herrschaftsverhältnissen vermittelten) und Konstrukte über eine konsumgeprägte "Lebensstilisierung" (ein mit großer Unbedarftheit aus der Markt- und Konsumforschung übernommenes Konzept), sollten realistische Gesellschaftsbilder verdrängen: Sozialanalyse wurde zunehmend durch eine unverbindliche Vielfaltsbeschreibung abgelöst. Es wurde durch dieses Vorgehen zwar kein verlässliches Gesellschaftsbild, jedoch Ideologiemuster vermittelt, die geeignet waren, soziale Zusammenhänge und die Ursachen der krisenhaften Veränderungen der Lebensverhältnisse zu verschleiern. Geradezu tabuisiert war es, über die Ausbeutungsstrukturen als das innerste Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion, von der Marx gesprochen hat, zu reden. Mit dem Trugbild unbegrenzter Selbstgestaltungsmöglichkeiten der Lebensverhältnisse wurden gleichzeitig "die harten Strukturen sozialer Ungleichheit ... wegdifferenziert, wegpluralisiert, wegindividualisiert, wegdynamisiert', mit dem 'Schleier' der Individualisierungs- und Pluralisierungsprozesse 'verhüllt und unkenntlich gemacht'." Die Wortführer dieser ideologischen Offensive blieben ebenso gegenüber den unmittelbaren Lebenserfahrungen resistent, wie den empirischen Befunden, die zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran ließen, welchen prägenden Einfluss die gesellschaftlichen Strukturierungsprinzipien für die Gestaltung des individuellen Lebens besitzen: Auf allen relevanten sozialen Feldern, auf die sich die Individualisierungsthese und die mit ihr vielfältig verbundenen Lebensstilansätze begründend bezogen, konnte eine strukturell vermittelte Konstanz der Ungleichheit beobachtet werden (vgl. auch den Abschnitt "Lebensweise und Lebenschancen"), so dass es eigentlich nicht erst der neoliberalistischen Maßlosigkeiten und einer intensivierten Krisenentwicklung

Die Wiederentdeckung der Klassen Exkurs: Klassen- oder Geschlechterfrage? Arbeiterklasse und Klassenbegriff Transformation der Lohnarbeit Strukturveränderungen der Arbeiterklasse Exkurs: Produktivitätsentwicklung und Beschäftigungsbilanz Arbeit ohne Zukunft? Auf dem Weg in die Dienstleistungsgesellschaft? Exkurs: Realität und Methode Struktur der Lohnabhängigenklasse Objektives Widerspruchsprinzip Strukturelle Handlungsfähigkeit Bedingungen der Klassenkonstituierung Erweiterte Handlungsfelder Differenzierung und Entsolidarisierung Hierarchisches Industriesystem Arbeiterklasse und technische Intelligenz Das Ende der Angestelltenmentalität? Technologische Entwicklung und Qualifikation der Arbeitskraft Verändertes Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit Prosperitätskapitalismus und "Sozialstaat" Dezentralisierung und Kontrolle High-Tech-Kapitalismus Fremdbestimmung und Kompetenzgewinn Ausgrenzung und Leistungsdruck Prekarisierung und Ausbeutung Individualisierte Verarbeitung gesellschaftlicher Konflikterfahrungen Widerspruchserfahrung und Klassenbewußtsein Exkurs: Über die Habitus-Kategorie Bourdieus Klassenbewußtsein und Klassenhandeln Konflikterfahrung und Gesellschaftsbild Arbeit und Emanzipation Lebensweise und Lebenschancen Lernprozesse und Gestaltungsmöglichkeiten

"Ein solcher Beitrag über die Arbeiterklasse war schon lange fällig, er ist in dieser Präzision kaum noch zu übertreffen. Mit fundierter Argumentation wird das ganze Gewäsch vom 'Ende der Arbeitsgesellschaft', von der 'Dienstleistungsgesellschaft', ja vom 'Ende des Klassenkampfes' vom Tisch gewischt." (Walter Ruge in: junge Welt)