Günther Prien - Mein Weg nach Scapa Flow (PDF)
Sonderausgabe zum 70. Todestag - mit historischer Kommentierung
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Produktinformationen zu „Günther Prien - Mein Weg nach Scapa Flow (PDF)“
Sonderausgabe zum 70. Todestag - mit historischer Kommentierung
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1. Der Absprung (S. 11-12) Das war in Leipzig im schlimmen Sommer 1923. Die Inflation hatte uns alle geplündert. Unsere Eltern waren arm geworden. Die Straßen, durch die wir gingen, sahen grau, schmutzig und verwahrlost aus.
Es regnete.
"Wollen wirs heute sagen?" fragte Heinz.
Ich dachte an meine Mutter und zögerte.
"Ich glaube, mein Alter kriegt einen Schlaganfall", meinte Heinz munter und ließ seine Hand bedeutungsschwer durch die Luft sausen.
Die Aussicht auf väterliche Prügel konnte ihn nicht erschüttern. Er war gleich hart im Geben wie im Nehmen!
Vor unserer Haustür verabschiedeten wir uns. Nach ein paar Schritten drehte Heinz sich um und rief:
"Ich sags meinem alten Herrn heute, bestimmt!" und er bog, seine Mappe schwenkend, um die Ecke.
Ich ging die Treppe hinauf. Es war eine enge, ausgetretene Holztreppe, nur dürftig erhellt von den kleinen Flurfenstern, die nach dem Hof hinausgingen. Wir wohnten im zweiten Stock. Meine Mutter machte mir auf. Sie war in der Malschürze.
"Pscht, leise sein, Günther", flüsterte sie, "Herr Buzelius schläft noch."
Es war der dicke Student, der gleich rechts neben dem Eingang wohnte. Er war schon im vierzehnten Semester. Bis mittags lag er im Bett. Er sagte, er könne am besten im Liegen arbeiten.
Durch die Tür rasselte sein Schnarchen.
Ich ging nach hinten ins Berliner Zimmer. Der Tisch war schon gedeckt. Liese-Lotte und Hans-Joachim saßen da in ihren hohen Kinderstühlchen, blaß und verschüchtert. Auf dem Vertiko lagen drei Briefe in blauen Umschlägen: Rechnungen!
Meine Mutter kam herein und brachte das Essen. Es gab Graupensuppe.
Wir aßen schweigend.
"Ists viel?" fragte ich und deutet mit dem Kopf auf die blauen Umschläge.
"Das Schlimmste ist der Zahnarzt", seufzte sie und fügte hinzu:"Leute, die nichts zu beißen haben, brauchen ja eigentlich gar keine Zähne."
Ich sah sie an. In ihrem gutmütigen, runden Gesicht war ein gequälter, verbitterter Zug. Nein, ich konnte ihrs nicht sagen,
... mehr
wenigstens heute nicht.
Nach dem Essen, während sie den Tisch abräumte, sagte sie: "Wenn du deine Schularbeiten gemacht hast, kannst du mal die Spitzen zu Kleewitz und Bramfeld bringen. Es ist wieder ein Karton angekommen." Ich nickte. Es war kein angenehmer Auftrag, aber schließlich lebten wir davon. Meine Tante kaufte die Spitzen im Erzgebirge auf, meine Mutter vertrieb sie in Leipzig an kleine Läden und Privatkundschaft. Es war ein mageres Brot, und manchmal kams vor, daß es ganz ausblieb. Erst gegen Abend machte ich mich auf den Weg. Der Karton war unmäßig groß, und es war mir peinlich, von Schulkameraden gesehen zu werden.
Der Laden lag am Neumarkt. Ein kleines Geschäft mit einem winzigen Schaufenster, in dem altmodische Wäschestücke lagen, Nachthemden mit Lochstickerei, Filetdeckchen und Klöppelspitze - unsere Klöppelspitzen. Es sah aus, als wäre ein Wäscheschrank aus den achtziger Jahren in dieses Schaufenster ausgekippt worden. Im Laden war die ältere der beiden Schwestern Kleewitz, eine kleine, dürre Frau mit spitzer Nase und schwarzen Vogelaugen.
"Guten Abend", sagte ich und stellte meinen Karton auf die Glasplatte des Ladentisches.
"Ich soll die Spitzen meiner Mutter bringen."
"Kannst wohl auch nicht früher kommen", raunzte sie, "jetzt wo`s dunkel wird ."
Sie nahm den Deckel vom Karton und fing an, in den Spitzen herumzuwühlen.
Dabei murmelte sie unablässig vor sich hin:
"Natürlich wieder ungebleicht .und immer dasselbe Muster: Gottesaugen, immerzu Gottesaugen. Kein Mensch fragt heute mehr nach Gottesaugen. Ich habs doch schon letztes Mal gesagt!"
Ich sagte nichts.
Die Ladentür schellte, und eine Kundin kam herein.
Fräulein Kleewitz ließ mich stehen und bediente. Es war wunderbar zu sehen, wie freundlich ihr Gesicht wurde, und zu hören, wie schmelzend ihre Stimme klang, als sie mit der Kundin sprach.
Ich stand da und beobachtete alles. Ja, so waren sie, diese Krämerseelen: krumme Rücken nach oben, Fußtritte nach unten.
Die Kundin zog ab mit einem Paket Stecknadeln, und Fräulein Kleewitz wandte sich wieder meinem Karton zu. Sie scharrte darin wie ein Huhn, das nach Würmern gräbt, und wieder fing sie an zu murmeln: "Die Muster waren ganz anders, viel hübscher viel exakter gearbeitet am liebsten würde ich das Zeug überhaupt nicht abnehmen ."
"Na dann ", legte ich los.
Sie hob ruckartig den Kopf und sah mich an. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und ihr Mund öffnete sich vor Spannung. Noch ein Wort von mir und sie schmiß mich raus, zusammen mit den Spitzen. Ich wußte das so genau, als wenn sies gesagt hätte. Und ich dachte an meine Mutter und die Geschwister zu Hause und schwieg.
"Sagtest du ewas?" fragte sie.
"Nein!"
"Na, ich möchte auch nichts gehört haben", schloß sie triumphierend.
Dann ging sie zur Kasse und zählte die Scheine auf den Tisch.
Ich dankte und ging.
Draußen brannte ich mir erst mal eine Zigarette an. Obwohl es noch hell war und ein Lehrer mich jeden Augenblick dabei erwischen konnte. Nein, so ging das nicht weiter. Ich mußte raus hier, wenn ich nicht ersticken sollte.
Heinz sprach heute mit seinem Vater, daß wir beide zur See gehen wollten, und ich mußte mit meiner Mutter darüber reden. Am besten vielleicht schon heute.
Zu Hause schlang ich hastig mein Abendbrot runter und ging auf mein Zimmer. Es war ein kleines, schmales Zimmer zum Hof hinaus.
Ein Feldbett stand darin, Tisch, Stuhl, Waschkommode und ein Bücherbord. Wenn man ganz nah ans Fenster trat, konnte man ein kleines Stück vom Himmel sehen.
Über meinem Bett hing ein Bild. Es stelle Vasco Da Gama dar. Ich liebte ihn am meisten von den großen Seehelden der Vergangenheit. Immer wieder las ich die Geschichte seines Lebens. Wie er losfuhr, ein siebenundzwanzigjähriger Mann, mit drei Schiffen, kaum größer als Fischerboote, wie er unter unsäglichen Strapazen Afrika umsegelte, wie er Indien eroberte und dann heimkam, vom König begrüßt und vom Volk umjubelt.
Wenn ich doch auch hinaus könnte und ein solches Leben führen! Aber meine Mutter hatte kein Geld daran war nicht vorbeizukommen. Und ich selbst besaß zwar einundneunzig Schwedenkronen, die ich mir auf der Messe durch Führung von Ausländern verdient hatte. Ob einundneunzig Kronen reichten zum Besuch der Seemannsschule?
Nach dem Essen, während sie den Tisch abräumte, sagte sie: "Wenn du deine Schularbeiten gemacht hast, kannst du mal die Spitzen zu Kleewitz und Bramfeld bringen. Es ist wieder ein Karton angekommen." Ich nickte. Es war kein angenehmer Auftrag, aber schließlich lebten wir davon. Meine Tante kaufte die Spitzen im Erzgebirge auf, meine Mutter vertrieb sie in Leipzig an kleine Läden und Privatkundschaft. Es war ein mageres Brot, und manchmal kams vor, daß es ganz ausblieb. Erst gegen Abend machte ich mich auf den Weg. Der Karton war unmäßig groß, und es war mir peinlich, von Schulkameraden gesehen zu werden.
Der Laden lag am Neumarkt. Ein kleines Geschäft mit einem winzigen Schaufenster, in dem altmodische Wäschestücke lagen, Nachthemden mit Lochstickerei, Filetdeckchen und Klöppelspitze - unsere Klöppelspitzen. Es sah aus, als wäre ein Wäscheschrank aus den achtziger Jahren in dieses Schaufenster ausgekippt worden. Im Laden war die ältere der beiden Schwestern Kleewitz, eine kleine, dürre Frau mit spitzer Nase und schwarzen Vogelaugen.
"Guten Abend", sagte ich und stellte meinen Karton auf die Glasplatte des Ladentisches.
"Ich soll die Spitzen meiner Mutter bringen."
"Kannst wohl auch nicht früher kommen", raunzte sie, "jetzt wo`s dunkel wird ."
Sie nahm den Deckel vom Karton und fing an, in den Spitzen herumzuwühlen.
Dabei murmelte sie unablässig vor sich hin:
"Natürlich wieder ungebleicht .und immer dasselbe Muster: Gottesaugen, immerzu Gottesaugen. Kein Mensch fragt heute mehr nach Gottesaugen. Ich habs doch schon letztes Mal gesagt!"
Ich sagte nichts.
Die Ladentür schellte, und eine Kundin kam herein.
Fräulein Kleewitz ließ mich stehen und bediente. Es war wunderbar zu sehen, wie freundlich ihr Gesicht wurde, und zu hören, wie schmelzend ihre Stimme klang, als sie mit der Kundin sprach.
Ich stand da und beobachtete alles. Ja, so waren sie, diese Krämerseelen: krumme Rücken nach oben, Fußtritte nach unten.
Die Kundin zog ab mit einem Paket Stecknadeln, und Fräulein Kleewitz wandte sich wieder meinem Karton zu. Sie scharrte darin wie ein Huhn, das nach Würmern gräbt, und wieder fing sie an zu murmeln: "Die Muster waren ganz anders, viel hübscher viel exakter gearbeitet am liebsten würde ich das Zeug überhaupt nicht abnehmen ."
"Na dann ", legte ich los.
Sie hob ruckartig den Kopf und sah mich an. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, und ihr Mund öffnete sich vor Spannung. Noch ein Wort von mir und sie schmiß mich raus, zusammen mit den Spitzen. Ich wußte das so genau, als wenn sies gesagt hätte. Und ich dachte an meine Mutter und die Geschwister zu Hause und schwieg.
"Sagtest du ewas?" fragte sie.
"Nein!"
"Na, ich möchte auch nichts gehört haben", schloß sie triumphierend.
Dann ging sie zur Kasse und zählte die Scheine auf den Tisch.
Ich dankte und ging.
Draußen brannte ich mir erst mal eine Zigarette an. Obwohl es noch hell war und ein Lehrer mich jeden Augenblick dabei erwischen konnte. Nein, so ging das nicht weiter. Ich mußte raus hier, wenn ich nicht ersticken sollte.
Heinz sprach heute mit seinem Vater, daß wir beide zur See gehen wollten, und ich mußte mit meiner Mutter darüber reden. Am besten vielleicht schon heute.
Zu Hause schlang ich hastig mein Abendbrot runter und ging auf mein Zimmer. Es war ein kleines, schmales Zimmer zum Hof hinaus.
Ein Feldbett stand darin, Tisch, Stuhl, Waschkommode und ein Bücherbord. Wenn man ganz nah ans Fenster trat, konnte man ein kleines Stück vom Himmel sehen.
Über meinem Bett hing ein Bild. Es stelle Vasco Da Gama dar. Ich liebte ihn am meisten von den großen Seehelden der Vergangenheit. Immer wieder las ich die Geschichte seines Lebens. Wie er losfuhr, ein siebenundzwanzigjähriger Mann, mit drei Schiffen, kaum größer als Fischerboote, wie er unter unsäglichen Strapazen Afrika umsegelte, wie er Indien eroberte und dann heimkam, vom König begrüßt und vom Volk umjubelt.
Wenn ich doch auch hinaus könnte und ein solches Leben führen! Aber meine Mutter hatte kein Geld daran war nicht vorbeizukommen. Und ich selbst besaß zwar einundneunzig Schwedenkronen, die ich mir auf der Messe durch Führung von Ausländern verdient hatte. Ob einundneunzig Kronen reichten zum Besuch der Seemannsschule?
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Bibliographische Angaben
- Autor: Günter Lauke
- 2011, 195 Seiten, Deutsch
- Herausgegeben: Günter Lauke
- Verlag: LaukeMedia
- ISBN-10: 3000263454
- ISBN-13: 9783000263453
- Erscheinungsdatum: 01.01.2011
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