Like mich doch! / Ullstein eBooks (ePub)
Das Lustigste aus Facebook
Pärchen-Profilbilder, Food-Porn, Bahn-Bashing und too much information von totally den falschen Leuten: Das ist der Alltag auf Facebook. Die Autoren haben sich auf die Suche gemacht nach allem Skurrilen, Verblüffenden und Witzigen, das tagtäglich auf der...
sofort als Download lieferbar
eBook (ePub)
7.99 €
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenloser tolino webreader
Produktdetails
Produktinformationen zu „Like mich doch! / Ullstein eBooks (ePub)“
Pärchen-Profilbilder, Food-Porn, Bahn-Bashing und too much information von totally den falschen Leuten: Das ist der Alltag auf Facebook. Die Autoren haben sich auf die Suche gemacht nach allem Skurrilen, Verblüffenden und Witzigen, das tagtäglich auf der Plattform veröffentlicht wird. Sie sammeln die besten Posts, die witzigsten Dialoge und porträtieren die unterschiedlichen Nutzer: den Stalker, die Karteileiche, die Poetin, den Familienmenschen ... Und welcher Facebook-Typ bist du?
Lese-Probe zu „Like mich doch! / Ullstein eBooks (ePub)“
Like mich doch - das Lustigste aus Facebook von Mounia Meiborg und Steffen Jan Seibel ... mehr
Vorwort
Zehn Jahre hat Facebook auf dem Buckel. Das Gesichtsbuch ist für viele zum Buch der Bücher geworden. Die Bibel bräuchte dagegen dringend ein Update. In etwa so: Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen. Am siebten Tag schuf der Mensch sich noch mal neu - auf seinem Facebook-Profil. Und er war schöner, klüger und beliebter als zuvor. Er hatte 467 Freunde. Der Mensch sah, dass es gut war. Und seine Freunde klickten »gefällt mir«. Fünf Milliarden Mal wird jeden Tag der »Like«-Button angeklickt. Über eine Milliarde Facebook-Nutzer arbeiten an ihrem zweiten Ich. Ein ständiger Wettkampf um möglichst viele Likes: Jede Benachrichtigung, jede kleine Eins oben in der Ecke löst einen Endorphin-Schub aus. Wir alle spielen mit: Mit Posts, Fotos und Kommentaren versuchen wir, uns von unserer besten Seite zu zeigen. Und offenbaren dabei vor allem unsere Schwächen: Geltungsdrang und Selbstüberschätzung, Eitelkeit und Neid. Im Märchen »Schneewittchen« fragt die böse Königin den Zauberspiegel: »Wer ist die Schönste im ganzen Land?« Heute würde sie ein Foto hochladen. Täglich fragen wir Facebook, wo wir im Vergleich zu unseren Freunden stehen, was man von uns hält, wer wir sind. Ob Zauberspiegel oder soziales Netzwerk, das Ergebnis ist das gleiche: Schneewittchen ist tausendmal schöner. Egal, wie viele Likes wir bekommen - irgendeiner bekommt immer mehr. Das Beliebtheits-Ranking ist öffentlich und gnadenlos. Ein misslungener Witz liegt auf der Timeline wie ein Hundehaufen, um den alle einen Bogen machen: 0 Likes. Um im Getümmel nicht unterzugehen, haben wir uns professionalisiert. Wir konzentrieren uns auf das, was wir am besten können (und was unseren Freunden gefällt): Backen vielleicht? Dann wird die Schokotorte gepostet. Oder wir kommen viel rum? Die Urlaubsbilder aus dem Himalaja wollen wir niemandem vorenthalten. Der Nachwuchs ist wohlgeraten? Kleine Kinder findet jeder süß, denken wir und stellen ihre Fotos ins Netz. Wir werden zum ? Tagebuchschreiber, zum ? Internationalen, zum ? Familienmenschen. Von diesen und 17 weiteren Facebook-Typen handelt dieses Buch. All diesen Typen begegnen wir jeden Tag auf unserer Facebook-Startseite. Sie sind Teil der digitalen Familie, die wir immer um uns haben: am Schreibtisch. Im Zug. Im Bett. Auch wenn wir sie manchmal lieber nicht sehen würden. Denn beim Blick auf den Nachrichtenstrom wundern wir uns regelmäßig: Sind das wirklich unsere Freunde? Und warum haben wir uns die ausgesucht? Auch wenn wir selbst nicht perfekt sind - die anderen sind oft noch merkwürdiger. Der Neo-Hippie, der zu jeder erdenklichen Demo einlädt, egal, ob Anti-Walfang oder Anti-Atomkraft (der ? Aktivist). Die Teilzeit-Sängerin, die einen permanent dazu auffordert, das selbstgedrehte Musik-Video zu liken (die ? Künstlerin). Der Unternehmensberater, der so tut, als sei er 30 Stunden am Tag für seinen Job unterwegs (der ? Karrierist). Um diese Typen aufzuspüren und ihre Merkmale zu bestimmen, haben wir in freier Wildbahn recherchiert. Wir haben die Profile unserer Facebook-Freude durchforstet. Wir haben Bekannte aufgefordert, uns Fundstücke zu schicken. Wir haben uns Passwörter von Freunden ausgeliehen, um auf Hunderte weiterer Profile zuzugreifen. Und wir haben festgestellt, dass das gar nicht nötig gewesen wäre, weil erstaunlich viele Nutzer- Profile öffentlich sind. Wir haben ein paar Bücher gelesen (na ja, durchgeblättert), und wir waren im Selbstversuch 24 Stunden auf Facebook - ohne Pause, ohne Schlaf, ohne andere Beschäftigungsmöglichkeiten. Wir wollten sehen, wie sich das anfühlt (grässlich). Wir haben erforscht, wie weit Selbstdarstellung und Realität auseinanderklaffen. Und siehe da: Niemand gibt sich auf Facebook als völlig anderer Mensch aus. Aber das Netzwerk wirkt wie ein Brennglas und vergrößert ausgewählte Eigenschaften. Meist nicht die besten. Wer abends in der Kneipe etwas zu lang über die eigenen Erfolge spricht, postet auf Facebook gerne mal »super Meeting in Shanghai« und »After-Work-Bier mit den besten Kollegen der Welt«. Wer den neuen Partner auf Partys wie ein Luxus-Accessoire präsentiert und ihm demonstrativ die Zunge in den Hals steckt, betreibt auf Facebook professionelle Pärchen-PR: inszenierte Fotos vom Candle-Light-Dinner, gegenseitiges Dauer-Liken und zum Valentinstag ein »Ich liebe dich!« auf der Timeline. In irgendeine Schublade passt jeder. Und wer sich nicht sofort als ? Witzbold oder ? Nerd erkennt, kann am Ende des Buches den Test machen. ? Stalker, ? Checker oder ? Ratgeberin? Noch nie war der Weg zur Selbsterkenntnis so kurz. Was tröstlich ist: Wir sind nicht die einzigen Idioten, die sich anstrengende, eitle und pseudo-originelle Freunde ausgesucht haben. Es geht uns allen so. Und vielleicht nerven wir auch selbst auf Facebook, mit unserer »gefällt-mir«-Gier? Aber wäre die Welt ohne »Like« wirklich eine bessere? Würde der Wettlauf um Anerkennung und Zustimmung aufhören? Könnte Facebook ein Ort sein, wo Menschen aufeinandertreffen, ohne immer nur ihre beste Seite zeigen zu müssen? Wenn der nur für die Timeline gemixte Cocktail nicht mehr mit »gefällt mir« belohnt werden könnte - würde sich dann etwas ändern? Wir haben keine Antwort gefunden. Aber, um es mit Schlagerstar Joy Flemming zu sagen: Ein Like kann eine Brücke sein. Um Leuten ein Kompliment zu machen, die sonst zu schüchtern sind, es anzunehmen. Um sich bei alten Freunden zu melden, wenn man nicht weiß, was man sagen soll. Um jemandem eine winzige Freude zu machen. Wenn der Like-Button ein eigenes Profil hätte: Wir würden »gefällt mir« klicken.
Der Tagebuchschreiber
Wer er ist
Ein guter Tag beginnt mit einem guten Post. »Phantastisch geschlafen, und jetzt scheint auch noch die Sonne. Herrlich!«, schreibt er um kurz nach acht. Um 9.33 Uhr notiert er: »Frischgepresster Orangensaft im Kaffee Einstein, lecker!!«, gefolgt von »Schade. Das Glas ist schon leer« um 9.52 Uhr und »Mist, ich muss arbeiten. Hab aber keine Lust« um 10.05 Uhr. Der Tagebuchschreiber ist ein Chronist seines Lebens - und das gilt nicht nur für die Highlights. Nichts ist zu klein, zu unwichtig oder zu alltäglich, um es aufzuschreiben. Während altmodische Schreiber ihre Gedanken einem Notizbuch mit rotem Samt-Einband anvertrauen, das sie stets mit einem Schlüsselchen verschließen und unter dem Kopfkissen verstecken, macht sich der moderne Tagebuchschreiber diese Mühe nicht mehr. Wozu auch? Es darf ruhig jeder sehen, was er erlebt. Drei Tage an der Ostsee? Da sollen die Freunde auch was von haben. Ein Fotoalbum mit 192 Bildern: Er bei der Wattwanderung. Er mit einer Tasse Ostfriesentee. Er auf einem Pferd vor dem Sonnenuntergang. Aber nicht nur Urlaube werden dokumentiert, sondern vor allem der Alltag: so langweilig, nervig und ereignisarm, wie er eben ist. Die U-Bahn fährt schon wieder nicht? Schnell ein Foto vom Schild »Schienenersatzverkehr«. Keinen Platz im ICE mehr bekommen? Mit einem Post vom Handy steht es sich schon besser im Gang. Was der Tagebuchschreiber betreibt, ist Lokaljournalismus: Live-Berichterstattung per Smartphone, fast jede Minute aktualisiert. Der Krisenherd liegt für ihn weder im Nahen Osten noch in Nordkorea. Sondern in der Postfiliale, im Fastfood-Restaurant, im eigenen Kühlschrank. Überhaupt ist Essen immer wieder ein Thema - egal, ob der Tagebuchschreiber gerade »Riesenkohldampf« hat oder Bauchweh von den vielen Gummibärchen. Der Kuchen kommt ohne Kollateralschäden aus dem Ofen? Schnell ein Foto vom »yummy Feigen-Marzipan-Gugelhupf «, und dann heißt es warten, bis die Likes kommen. Einen Kuchen für eine Freundin zu backen, die Geburtstag hat, käme dem Chronisten nicht in den Sinn: Er backt für die Timeline. Leben, um davon zu erzählen hat der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Marquez seine Autobiographie genannt. Der Tagebuchschreiber hält sich streng an dieses Motto. Nur dass er weniger erlebt hat. Kein Wunder: Neben dem Posten bleibt ja kaum noch Zeit für Abenteuer. Der Chronist des eigenen Lebens würde sich nie durch die gesammelten Posts seiner 432 Freunde klicken. Die anderen sind Zuschauer, Statisten oder bestenfalls Nebenfiguren in dem Stück, in dem er Regisseur und Hauptdarsteller zugleich ist. Der Tagebuchschreiber ist der Mittelpunkt seines eigenen Universums: Wichtig ist, was mit ihm zu tun hat. Der Klimawandel? Nur relevant, wenn der Chronist beim Blick aus dem Fenster im März noch Schnee liegen sieht. Der neue Flughafen in Berlin wird nicht fertig? Zu blöd, dass er schon ein Ticket gekauft hat! Besonders gut - das hat der Chronist schon längst gemerkt - kommen bei den Freunden Dinge an, die sie auch gerade erleben - also das Wetter, Streiks im öffentlichen Dienst und Feiertage. Zu Ostern postet er ein Nestchen mit gefärbten Eiern: »Happy Easter!!!!« »In guten wie in schlechten Zeiten«, dieser Treueschwur gilt auch für den Tagebuchschreiber und seine Beziehung zu Facebook. Wo andere versuchen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, hat er kein Problem damit, Schwächen zuzugeben. Er schreibt, wenn er einen »Scheiß-Tag« oder eine »furchtbare Nacht« hatte, geht dabei aber nicht so weit wie der Exhibitionist. Seine Taktik: Er hält sich möglichst vage - damit die Freunde nachfragen. Der Tagebuchschreiber ist wie eine Kaffeemaschine mit kaputtem Filter: Ständig blubbert und tröpfelt es. Aber am Ende kommt wenig dabei raus - zumindest für die Freunde. Ihm selbst hilft sein Geschreibsel. Das zeigt eine wissenschaftliche Studie. Je mehr Menschen online von sich preisgeben, desto weniger einsam fühlen sie sich, fanden Forscher von der Freien Universität Berlin heraus. Diejenigen, die ihren Status häufig aktualisierten, fühlten sich glücklicher und mehr mit ihren Freunden verbunden. Überraschenderweise war es dabei egal, ob die Freunde auf die Postings reagierten.
Vorwort
Zehn Jahre hat Facebook auf dem Buckel. Das Gesichtsbuch ist für viele zum Buch der Bücher geworden. Die Bibel bräuchte dagegen dringend ein Update. In etwa so: Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen. Am siebten Tag schuf der Mensch sich noch mal neu - auf seinem Facebook-Profil. Und er war schöner, klüger und beliebter als zuvor. Er hatte 467 Freunde. Der Mensch sah, dass es gut war. Und seine Freunde klickten »gefällt mir«. Fünf Milliarden Mal wird jeden Tag der »Like«-Button angeklickt. Über eine Milliarde Facebook-Nutzer arbeiten an ihrem zweiten Ich. Ein ständiger Wettkampf um möglichst viele Likes: Jede Benachrichtigung, jede kleine Eins oben in der Ecke löst einen Endorphin-Schub aus. Wir alle spielen mit: Mit Posts, Fotos und Kommentaren versuchen wir, uns von unserer besten Seite zu zeigen. Und offenbaren dabei vor allem unsere Schwächen: Geltungsdrang und Selbstüberschätzung, Eitelkeit und Neid. Im Märchen »Schneewittchen« fragt die böse Königin den Zauberspiegel: »Wer ist die Schönste im ganzen Land?« Heute würde sie ein Foto hochladen. Täglich fragen wir Facebook, wo wir im Vergleich zu unseren Freunden stehen, was man von uns hält, wer wir sind. Ob Zauberspiegel oder soziales Netzwerk, das Ergebnis ist das gleiche: Schneewittchen ist tausendmal schöner. Egal, wie viele Likes wir bekommen - irgendeiner bekommt immer mehr. Das Beliebtheits-Ranking ist öffentlich und gnadenlos. Ein misslungener Witz liegt auf der Timeline wie ein Hundehaufen, um den alle einen Bogen machen: 0 Likes. Um im Getümmel nicht unterzugehen, haben wir uns professionalisiert. Wir konzentrieren uns auf das, was wir am besten können (und was unseren Freunden gefällt): Backen vielleicht? Dann wird die Schokotorte gepostet. Oder wir kommen viel rum? Die Urlaubsbilder aus dem Himalaja wollen wir niemandem vorenthalten. Der Nachwuchs ist wohlgeraten? Kleine Kinder findet jeder süß, denken wir und stellen ihre Fotos ins Netz. Wir werden zum ? Tagebuchschreiber, zum ? Internationalen, zum ? Familienmenschen. Von diesen und 17 weiteren Facebook-Typen handelt dieses Buch. All diesen Typen begegnen wir jeden Tag auf unserer Facebook-Startseite. Sie sind Teil der digitalen Familie, die wir immer um uns haben: am Schreibtisch. Im Zug. Im Bett. Auch wenn wir sie manchmal lieber nicht sehen würden. Denn beim Blick auf den Nachrichtenstrom wundern wir uns regelmäßig: Sind das wirklich unsere Freunde? Und warum haben wir uns die ausgesucht? Auch wenn wir selbst nicht perfekt sind - die anderen sind oft noch merkwürdiger. Der Neo-Hippie, der zu jeder erdenklichen Demo einlädt, egal, ob Anti-Walfang oder Anti-Atomkraft (der ? Aktivist). Die Teilzeit-Sängerin, die einen permanent dazu auffordert, das selbstgedrehte Musik-Video zu liken (die ? Künstlerin). Der Unternehmensberater, der so tut, als sei er 30 Stunden am Tag für seinen Job unterwegs (der ? Karrierist). Um diese Typen aufzuspüren und ihre Merkmale zu bestimmen, haben wir in freier Wildbahn recherchiert. Wir haben die Profile unserer Facebook-Freude durchforstet. Wir haben Bekannte aufgefordert, uns Fundstücke zu schicken. Wir haben uns Passwörter von Freunden ausgeliehen, um auf Hunderte weiterer Profile zuzugreifen. Und wir haben festgestellt, dass das gar nicht nötig gewesen wäre, weil erstaunlich viele Nutzer- Profile öffentlich sind. Wir haben ein paar Bücher gelesen (na ja, durchgeblättert), und wir waren im Selbstversuch 24 Stunden auf Facebook - ohne Pause, ohne Schlaf, ohne andere Beschäftigungsmöglichkeiten. Wir wollten sehen, wie sich das anfühlt (grässlich). Wir haben erforscht, wie weit Selbstdarstellung und Realität auseinanderklaffen. Und siehe da: Niemand gibt sich auf Facebook als völlig anderer Mensch aus. Aber das Netzwerk wirkt wie ein Brennglas und vergrößert ausgewählte Eigenschaften. Meist nicht die besten. Wer abends in der Kneipe etwas zu lang über die eigenen Erfolge spricht, postet auf Facebook gerne mal »super Meeting in Shanghai« und »After-Work-Bier mit den besten Kollegen der Welt«. Wer den neuen Partner auf Partys wie ein Luxus-Accessoire präsentiert und ihm demonstrativ die Zunge in den Hals steckt, betreibt auf Facebook professionelle Pärchen-PR: inszenierte Fotos vom Candle-Light-Dinner, gegenseitiges Dauer-Liken und zum Valentinstag ein »Ich liebe dich!« auf der Timeline. In irgendeine Schublade passt jeder. Und wer sich nicht sofort als ? Witzbold oder ? Nerd erkennt, kann am Ende des Buches den Test machen. ? Stalker, ? Checker oder ? Ratgeberin? Noch nie war der Weg zur Selbsterkenntnis so kurz. Was tröstlich ist: Wir sind nicht die einzigen Idioten, die sich anstrengende, eitle und pseudo-originelle Freunde ausgesucht haben. Es geht uns allen so. Und vielleicht nerven wir auch selbst auf Facebook, mit unserer »gefällt-mir«-Gier? Aber wäre die Welt ohne »Like« wirklich eine bessere? Würde der Wettlauf um Anerkennung und Zustimmung aufhören? Könnte Facebook ein Ort sein, wo Menschen aufeinandertreffen, ohne immer nur ihre beste Seite zeigen zu müssen? Wenn der nur für die Timeline gemixte Cocktail nicht mehr mit »gefällt mir« belohnt werden könnte - würde sich dann etwas ändern? Wir haben keine Antwort gefunden. Aber, um es mit Schlagerstar Joy Flemming zu sagen: Ein Like kann eine Brücke sein. Um Leuten ein Kompliment zu machen, die sonst zu schüchtern sind, es anzunehmen. Um sich bei alten Freunden zu melden, wenn man nicht weiß, was man sagen soll. Um jemandem eine winzige Freude zu machen. Wenn der Like-Button ein eigenes Profil hätte: Wir würden »gefällt mir« klicken.
Der Tagebuchschreiber
Wer er ist
Ein guter Tag beginnt mit einem guten Post. »Phantastisch geschlafen, und jetzt scheint auch noch die Sonne. Herrlich!«, schreibt er um kurz nach acht. Um 9.33 Uhr notiert er: »Frischgepresster Orangensaft im Kaffee Einstein, lecker!!«, gefolgt von »Schade. Das Glas ist schon leer« um 9.52 Uhr und »Mist, ich muss arbeiten. Hab aber keine Lust« um 10.05 Uhr. Der Tagebuchschreiber ist ein Chronist seines Lebens - und das gilt nicht nur für die Highlights. Nichts ist zu klein, zu unwichtig oder zu alltäglich, um es aufzuschreiben. Während altmodische Schreiber ihre Gedanken einem Notizbuch mit rotem Samt-Einband anvertrauen, das sie stets mit einem Schlüsselchen verschließen und unter dem Kopfkissen verstecken, macht sich der moderne Tagebuchschreiber diese Mühe nicht mehr. Wozu auch? Es darf ruhig jeder sehen, was er erlebt. Drei Tage an der Ostsee? Da sollen die Freunde auch was von haben. Ein Fotoalbum mit 192 Bildern: Er bei der Wattwanderung. Er mit einer Tasse Ostfriesentee. Er auf einem Pferd vor dem Sonnenuntergang. Aber nicht nur Urlaube werden dokumentiert, sondern vor allem der Alltag: so langweilig, nervig und ereignisarm, wie er eben ist. Die U-Bahn fährt schon wieder nicht? Schnell ein Foto vom Schild »Schienenersatzverkehr«. Keinen Platz im ICE mehr bekommen? Mit einem Post vom Handy steht es sich schon besser im Gang. Was der Tagebuchschreiber betreibt, ist Lokaljournalismus: Live-Berichterstattung per Smartphone, fast jede Minute aktualisiert. Der Krisenherd liegt für ihn weder im Nahen Osten noch in Nordkorea. Sondern in der Postfiliale, im Fastfood-Restaurant, im eigenen Kühlschrank. Überhaupt ist Essen immer wieder ein Thema - egal, ob der Tagebuchschreiber gerade »Riesenkohldampf« hat oder Bauchweh von den vielen Gummibärchen. Der Kuchen kommt ohne Kollateralschäden aus dem Ofen? Schnell ein Foto vom »yummy Feigen-Marzipan-Gugelhupf «, und dann heißt es warten, bis die Likes kommen. Einen Kuchen für eine Freundin zu backen, die Geburtstag hat, käme dem Chronisten nicht in den Sinn: Er backt für die Timeline. Leben, um davon zu erzählen hat der kolumbianische Schriftsteller Gabriel García Marquez seine Autobiographie genannt. Der Tagebuchschreiber hält sich streng an dieses Motto. Nur dass er weniger erlebt hat. Kein Wunder: Neben dem Posten bleibt ja kaum noch Zeit für Abenteuer. Der Chronist des eigenen Lebens würde sich nie durch die gesammelten Posts seiner 432 Freunde klicken. Die anderen sind Zuschauer, Statisten oder bestenfalls Nebenfiguren in dem Stück, in dem er Regisseur und Hauptdarsteller zugleich ist. Der Tagebuchschreiber ist der Mittelpunkt seines eigenen Universums: Wichtig ist, was mit ihm zu tun hat. Der Klimawandel? Nur relevant, wenn der Chronist beim Blick aus dem Fenster im März noch Schnee liegen sieht. Der neue Flughafen in Berlin wird nicht fertig? Zu blöd, dass er schon ein Ticket gekauft hat! Besonders gut - das hat der Chronist schon längst gemerkt - kommen bei den Freunden Dinge an, die sie auch gerade erleben - also das Wetter, Streiks im öffentlichen Dienst und Feiertage. Zu Ostern postet er ein Nestchen mit gefärbten Eiern: »Happy Easter!!!!« »In guten wie in schlechten Zeiten«, dieser Treueschwur gilt auch für den Tagebuchschreiber und seine Beziehung zu Facebook. Wo andere versuchen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, hat er kein Problem damit, Schwächen zuzugeben. Er schreibt, wenn er einen »Scheiß-Tag« oder eine »furchtbare Nacht« hatte, geht dabei aber nicht so weit wie der Exhibitionist. Seine Taktik: Er hält sich möglichst vage - damit die Freunde nachfragen. Der Tagebuchschreiber ist wie eine Kaffeemaschine mit kaputtem Filter: Ständig blubbert und tröpfelt es. Aber am Ende kommt wenig dabei raus - zumindest für die Freunde. Ihm selbst hilft sein Geschreibsel. Das zeigt eine wissenschaftliche Studie. Je mehr Menschen online von sich preisgeben, desto weniger einsam fühlen sie sich, fanden Forscher von der Freien Universität Berlin heraus. Diejenigen, die ihren Status häufig aktualisierten, fühlten sich glücklicher und mehr mit ihren Freunden verbunden. Überraschenderweise war es dabei egal, ob die Freunde auf die Postings reagierten.
... weniger
Bibliographische Angaben
- Autoren: Mounia Meiborg , Steffen Jan Seibel
- 2014, 1. Auflage, 224 Seiten, Deutsch
- Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
- ISBN-10: 3843710023
- ISBN-13: 9783843710022
- Erscheinungsdatum: 09.05.2014
Abhängig von Bildschirmgröße und eingestellter Schriftgröße kann die Seitenzahl auf Ihrem Lesegerät variieren.
eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Größe: 2.15 MB
- Ohne Kopierschutz
Family Sharing
eBooks und Audiobooks (Hörbuch-Downloads) mit der Familie teilen und gemeinsam genießen. Mehr Infos hier.
Kommentar zu "Like mich doch! / Ullstein eBooks"
0 Gebrauchte Artikel zu „Like mich doch! / Ullstein eBooks“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Like mich doch! / Ullstein eBooks".
Kommentar verfassen