Messy Lives / Ullstein eBooks (ePub)
Für ein unaufgeräumtes Leben
Leider schon ausverkauft
eBook (ePub)
- Lastschrift, Kreditkarte, Paypal, Rechnung
- Kostenloser tolino webreader
Produktdetails
Produktinformationen zu „Messy Lives / Ullstein eBooks (ePub)“
Lese-Probe zu „Messy Lives / Ullstein eBooks (ePub)“
Messy Lives von Katie RoipheFür ein unaufgeräumtes Leben
Inhalt
Einleitung 9
1 Wie wir heute leben 13
Der perverse Reiz des unaufgeräumten Lebens 15
Das Phantasieleben der berufstätigen Amerikanerin 24
Starporträts, flott gemacht 34
Wählt Schwester Frigidaire! 47
Kinder der Liebe 56
Frau kann nicht alles haben 61
Perfekte Eltern 65
Wessen Schule ist es noch mal? 74
Bemitleiden wir insgeheim kinderlose Frauen? 81
Der Weiblichkeitswahn bei Facebook 85
König Kind 90
2 In Zeiten wie diesen 95
Gesprengte Ketten 97
Die Alchimie stiller Bosheit 110
Unstille Amerikaner 124
3 Bücher 145
Die Nackten und die Hin- und Hergerissenen 147
Schreibende Frauen 161
Susan Sontag 167
Hasenherz schlägt nicht mehr 178
4 Das Internet etc. 183
Von einem Tag zum nächsten 185
Twitter-Krieg 193
Die Fakebook-Sprache 196
Der wütende Kommentator 201
Whiplash Girlchild In The Dark 206
Einleitung
... mehr
Aus meiner Schulzeit erinnere ich mich noch daran, wie schnell wir im Französischunterricht gelernt haben, dass, egal ob wir Camus, Sartre, Ionesco oder Voltaire lasen, die richtige Antwort auf jede Frage immer lautete: »L'hypocrisie de la bourgeoisie« - »die Scheinheiligkeit des Bürgertums«. Wir, allesamt Mädchen in marineblauer Uniform, hoben als die guten Schülerinnen, die wir waren, brav die Hand und gaben pflichtschuldig unsere Antwort, und Madame Camille, unsere hübsche Französischlehrerin, schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln. Ich fürchte, in diesem Buch wird eine vergleichbare thematische Festgelegtheit zutage treten.
Eines Tages bekam ich von einem Redakteur die Anfrage, einen Artikel über die enorme Popularität von Mad Men zu schreiben, und während ich mir eine Antwort aus den Fingern saugte, dachte ich zum ersten Mal über das unaufgeräumte Leben nach. Nachdem ich mir die Fernsehserie in ein paar Tagen zur Gänze reingezogen hatte - eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt weiterempfehlen kann -, hatte ich den Eindruck, dass unsere konservative Kultur fasziniert davon ist, Menschen dabei zuzusehen, wie sie zu viel trinken, zu viel rauchen und mit anderen Menschen, mit denen sie nicht verheiratet sind, im Bett landen, weil all das zusammen einen wirren Glamour hat, einen stylishen Retro-Kitzel. Zusammen mit meinem Artikel habe ich dann angefangen, über Unaufgeräumtheit als Wert nachzudenken, als positive Qualität, als eine in Vergessenheit geratene, durchaus nicht uninteressante Lebensweise. Die Art, wie viele meiner Bekannten leben, hatte mich schon seit längerem immer mal wieder zur Verzweiflung getrieben: diese offen zutage tretende Phantasielosigkeit, diese geistige Enge und dieser Provinzialismus in eigentlich liberalen, progressiven New Yorker Kreisen, vor allem diese von allen betriebene ständige Beschäftigung mit dem Thema Gesundheit und diesem nie offen verhandelten Vorurteil gegenüber denjenigen, die versuchen, anders zu leben. Jetzt fühlte sich diese Verzweiflung plötzlich nützlich und produktiv an.
Während der Arbeit an meiner Promotion in Literaturwissenschaft habe ich gelernt, ein Gedicht sehr kleinteilig, Wort für Wort und Zeile für Zeile zu interpretieren, und in den hier vorliegenden Essays versuche ich, die Welt da draußen einem ganz ähnlichen Close reading zu unterziehen. Ich möchte die von uns verwendete Sprache auseinandernehmen und die in ihr subkutan wirksamen Bilder, Mythen und Annahmen offenlegen. Entlang unterschiedlichster Themen - sei es, dass ich der Etymologie eines Begriffs wie »love child« nachgehe oder mich mit den sexuellen Vorlieben US-amerikanischer Romanschriftsteller beschäftige - versuche ich jeweils ein Close reading unserer heutigen Kultur vorzunehmen. Zugunsten von Übersichtlichkeit und Klarheit habe ich die Texte kapitelweise geordnet, aber der Trenn- strich zwischen Kulturkritiken, Buchbesprechungen und persönlicheren Essays ist größtenteils ausgedacht; sie alle haben ihre Überschneidungen. In einer Besprechung zu einem meiner Bücher kam der anschauliche Begriff »Roiphe-Hasser« vor, und auch wenn mich das doch ein kleines bisschen trifft, so bin ich mir dessen bewusst, dass es ungewöhnlich viele Leute gibt, die meine Texte »hassen«, und dass ich etwas getan haben muss, um diesen Hass auf mich zu ziehen, wenn nicht gar zu schüren. Irgendwann habe ich mal gelesen, wie jemand mich als »die Unbequeme« beschrieb, was als Charakterisierung durchaus treffend ist. Aus einem höchstwahrscheinlich perversen Grund finde ich Themen oder Blickwinkel interessant, die dazu führen, dass die Menschen - manchmal sogar ich selbst - sich unwohl fühlen. Im echten Leben tue ich eine ganze Menge dafür, möglichen Konflikten und Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, weswegen es doch ein wenig überrascht, wie kampfeslustig ich in meinen Essays wirke, wie häufig ich Menschen verletze oder anderweitig wütend mache. Wie es dazu kommt, ist schwer zu erklären, und ich gebe zu, dass es als Daseinsform einigermaßen unglaubwürdig und unhaltbar ist, aber es scheint mein Weg zu sein: in Person friedfertig, auf dem Papier kämpferisch.
Einer meiner Studenten hat mal einen Radiobeitrag über Schriftsteller und ihre idealen Schreibbedingungen gemacht. Er war ein sehr ernsthafter und sehr schlauer Typ, und ich hätte ihm gerne schlaue, ernsthafte Antworten gegeben. Aber ich glaube, dass ich noch nie in meinem Leben »ideale Schreibbedingungen« gehabt, geschweige denn darüber nachgedacht habe. Ich musste ihm gestehen, dass meine idealen Schreibbedingungen sind, wenn es eine Deadline gibt und die Stromrechnung fällig ist.
Was Virginia Woolf über Romane schrieb, gilt auch für Essays und Artikel: Sie werden »nicht von körperlosen Wesen mitten in der Luft gewebt [...], sondern [sind] das Werk leidender Menschen [...], verknüpft mit grobstofflichen Dingen wie Gesundheit, Geld und den Häusern, in denen wir leben«. Und im Rückblick kann ich aus manchen der hier versammelten Essays die Umstände ihrer Entstehung herauslesen: ein fieberndes Baby, ein Monat ohne Schlaf, eine zerbrechende Ehe. Ich fürchte, das unaufgeräumte Leben ist nicht nur Thema dieser Essays, sondern steckt in den Sätzen selbst.
Als ich diese Sammlung zusammenstellte und die über einen langen Zeitraum entstandenen Texte sichtete - mit leichter Hand und mit großem Ernst geschriebene Texte, Aufsätze und Feuilletonartikel, Essays über Susan Sontag und über Scheidung -, hat es mich ein bisschen überrascht, ein Muster erkennen zu können: Themen, die mit einer gewissen Besessenheit bearbeitet werden, eine Sicht auf die Welt, die oft absichtlich, manchmal vielleicht auch aus einem perversen Antrieb heraus das Extreme umarmt und definitiv nicht immer besonders weit entfernt ist von der »hypocrisie de la bourgeoisie«. Madame Camille, wo auch immer sie ist, sollte zufrieden sein. Während ich das hier schreibe, ist auch mein eigenes Leben nicht gerade aufgeräumt. Meine beiden Kinder haben zwei verschiedene Väter, mit keinem von beiden bin ich zusammen. Es hat gedauert, auf dieses Niveau von Unaufgeräumtheit zu kommen, aber am Ende habe ich es geschafft.
Irgendwann mal habe ich jemandem geschrieben: »Ich bin ein eigentlich normaler Mensch, der als normaler Mensch irgendwie gescheitert ist. Vielleicht hat mich mein Scheitern aber auch befreit, so dass ich in Zukunft immer bunter und ausgefallener scheitern kann.« Diese Beschreibung meines Verhältnisses zu einem normalen Leben scheint mir ziemlich zutreffend zu sein, was dieses Buch, unter anderem, zu einer Verteidigung, einer Feier und einer Befragung genau dieses Scheiterns macht.
Nachdem mein Essay »The Naked and the Conflicted« (»Die Nackten und die Hin- und Hergerissenen«) in der Buchbeilage der New York Times erschienen war, druckte die Zeitung folgenden Leserbrief ab:
Sie leisten nicht nur einen Beitrag zur völligen Vernichtung der literarischen Kultur, sondern auch zur Zerstörung unserer Zivilisation. Denken Sie mal darüber nach.
John Rendeiro (Union, New Jersey)
Ich habe diesen Kommentar im Büro an die Wand gepinnt, wo er als Inspiration für Tage, an denen ich nicht in die Gänge komme, bis heute hängt.
1 Wie wir heute leben
Der perverse Reiz des unaufgeräumten Lebens
Eines Tages bat mich ein Redakteur, über die enorme Popularität der Fernsehserie Mad Men zu schreiben. Ich hatte absolut Lust dazu, stand allerdings vor dem kleinen Problem, noch nie auch nur eine einzige Folge dieser Serie gesehen zu haben. Ich verbrachte dann so viele Tage damit, das nachzuholen, dass ich mich anschließend fast verpflichtet fühlte, meinen Artikel in einem Bleistiftrock auf einer Schreibmaschine zu tippen.
Ich konnte nachvollziehen, was die Menschen an Cocktails im Büro, an mit silbernen Feuerzeugen angezündeten Zigaretten, und an außerehelichen Besäufnissen von huttragenden Werbern so faszinierte. Der phänomenale Erfolg der Serie schien zumindest teilweise mit dem - verglichen mit unserer doch deutlich gesetzteren, aufgeklärteren Zeit - Kick der beiläufigen Verruchtheit und dem Glamour des eindrucksvoll unaufgeräumten, selbstzerstörerischen Verhaltens zu tun zu haben. Gesamtkulturell betrachtet, haben wir uns vom nachmittäglichen Herumhängen mit einem Drink in der Hand eher wegbewegt, und zwar in Richtung von Fitnessstudios, einem wertorientierten, ganzheitlichen Lebensstil, dem Übernehmen von Verantwortung und einer klaren Zielorientiertheit.
Die Serie bezieht ihr spezielles Prickeln aus genau diesem Unterschied, aus den Momenten, die in scharfem Kontrast stehen zu unserer heutigen Lebensweise. Wenn man all die hitzig-melancholischen Seitensprünge, die Cocktails trinkenden Schwangeren und die Siebenjährigen, die lernen, den perfekten Tom Collins zu mixen, so betrachtet, kann man sich bei dem Gedanken an unser eigenes, so viel besseres, gesünderes und vernünftigeres Leben eines puritani
© ullstein
Aus meiner Schulzeit erinnere ich mich noch daran, wie schnell wir im Französischunterricht gelernt haben, dass, egal ob wir Camus, Sartre, Ionesco oder Voltaire lasen, die richtige Antwort auf jede Frage immer lautete: »L'hypocrisie de la bourgeoisie« - »die Scheinheiligkeit des Bürgertums«. Wir, allesamt Mädchen in marineblauer Uniform, hoben als die guten Schülerinnen, die wir waren, brav die Hand und gaben pflichtschuldig unsere Antwort, und Madame Camille, unsere hübsche Französischlehrerin, schenkte uns ein aufmunterndes Lächeln. Ich fürchte, in diesem Buch wird eine vergleichbare thematische Festgelegtheit zutage treten.
Eines Tages bekam ich von einem Redakteur die Anfrage, einen Artikel über die enorme Popularität von Mad Men zu schreiben, und während ich mir eine Antwort aus den Fingern saugte, dachte ich zum ersten Mal über das unaufgeräumte Leben nach. Nachdem ich mir die Fernsehserie in ein paar Tagen zur Gänze reingezogen hatte - eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt weiterempfehlen kann -, hatte ich den Eindruck, dass unsere konservative Kultur fasziniert davon ist, Menschen dabei zuzusehen, wie sie zu viel trinken, zu viel rauchen und mit anderen Menschen, mit denen sie nicht verheiratet sind, im Bett landen, weil all das zusammen einen wirren Glamour hat, einen stylishen Retro-Kitzel. Zusammen mit meinem Artikel habe ich dann angefangen, über Unaufgeräumtheit als Wert nachzudenken, als positive Qualität, als eine in Vergessenheit geratene, durchaus nicht uninteressante Lebensweise. Die Art, wie viele meiner Bekannten leben, hatte mich schon seit längerem immer mal wieder zur Verzweiflung getrieben: diese offen zutage tretende Phantasielosigkeit, diese geistige Enge und dieser Provinzialismus in eigentlich liberalen, progressiven New Yorker Kreisen, vor allem diese von allen betriebene ständige Beschäftigung mit dem Thema Gesundheit und diesem nie offen verhandelten Vorurteil gegenüber denjenigen, die versuchen, anders zu leben. Jetzt fühlte sich diese Verzweiflung plötzlich nützlich und produktiv an.
Während der Arbeit an meiner Promotion in Literaturwissenschaft habe ich gelernt, ein Gedicht sehr kleinteilig, Wort für Wort und Zeile für Zeile zu interpretieren, und in den hier vorliegenden Essays versuche ich, die Welt da draußen einem ganz ähnlichen Close reading zu unterziehen. Ich möchte die von uns verwendete Sprache auseinandernehmen und die in ihr subkutan wirksamen Bilder, Mythen und Annahmen offenlegen. Entlang unterschiedlichster Themen - sei es, dass ich der Etymologie eines Begriffs wie »love child« nachgehe oder mich mit den sexuellen Vorlieben US-amerikanischer Romanschriftsteller beschäftige - versuche ich jeweils ein Close reading unserer heutigen Kultur vorzunehmen. Zugunsten von Übersichtlichkeit und Klarheit habe ich die Texte kapitelweise geordnet, aber der Trenn- strich zwischen Kulturkritiken, Buchbesprechungen und persönlicheren Essays ist größtenteils ausgedacht; sie alle haben ihre Überschneidungen. In einer Besprechung zu einem meiner Bücher kam der anschauliche Begriff »Roiphe-Hasser« vor, und auch wenn mich das doch ein kleines bisschen trifft, so bin ich mir dessen bewusst, dass es ungewöhnlich viele Leute gibt, die meine Texte »hassen«, und dass ich etwas getan haben muss, um diesen Hass auf mich zu ziehen, wenn nicht gar zu schüren. Irgendwann habe ich mal gelesen, wie jemand mich als »die Unbequeme« beschrieb, was als Charakterisierung durchaus treffend ist. Aus einem höchstwahrscheinlich perversen Grund finde ich Themen oder Blickwinkel interessant, die dazu führen, dass die Menschen - manchmal sogar ich selbst - sich unwohl fühlen. Im echten Leben tue ich eine ganze Menge dafür, möglichen Konflikten und Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, weswegen es doch ein wenig überrascht, wie kampfeslustig ich in meinen Essays wirke, wie häufig ich Menschen verletze oder anderweitig wütend mache. Wie es dazu kommt, ist schwer zu erklären, und ich gebe zu, dass es als Daseinsform einigermaßen unglaubwürdig und unhaltbar ist, aber es scheint mein Weg zu sein: in Person friedfertig, auf dem Papier kämpferisch.
Einer meiner Studenten hat mal einen Radiobeitrag über Schriftsteller und ihre idealen Schreibbedingungen gemacht. Er war ein sehr ernsthafter und sehr schlauer Typ, und ich hätte ihm gerne schlaue, ernsthafte Antworten gegeben. Aber ich glaube, dass ich noch nie in meinem Leben »ideale Schreibbedingungen« gehabt, geschweige denn darüber nachgedacht habe. Ich musste ihm gestehen, dass meine idealen Schreibbedingungen sind, wenn es eine Deadline gibt und die Stromrechnung fällig ist.
Was Virginia Woolf über Romane schrieb, gilt auch für Essays und Artikel: Sie werden »nicht von körperlosen Wesen mitten in der Luft gewebt [...], sondern [sind] das Werk leidender Menschen [...], verknüpft mit grobstofflichen Dingen wie Gesundheit, Geld und den Häusern, in denen wir leben«. Und im Rückblick kann ich aus manchen der hier versammelten Essays die Umstände ihrer Entstehung herauslesen: ein fieberndes Baby, ein Monat ohne Schlaf, eine zerbrechende Ehe. Ich fürchte, das unaufgeräumte Leben ist nicht nur Thema dieser Essays, sondern steckt in den Sätzen selbst.
Als ich diese Sammlung zusammenstellte und die über einen langen Zeitraum entstandenen Texte sichtete - mit leichter Hand und mit großem Ernst geschriebene Texte, Aufsätze und Feuilletonartikel, Essays über Susan Sontag und über Scheidung -, hat es mich ein bisschen überrascht, ein Muster erkennen zu können: Themen, die mit einer gewissen Besessenheit bearbeitet werden, eine Sicht auf die Welt, die oft absichtlich, manchmal vielleicht auch aus einem perversen Antrieb heraus das Extreme umarmt und definitiv nicht immer besonders weit entfernt ist von der »hypocrisie de la bourgeoisie«. Madame Camille, wo auch immer sie ist, sollte zufrieden sein. Während ich das hier schreibe, ist auch mein eigenes Leben nicht gerade aufgeräumt. Meine beiden Kinder haben zwei verschiedene Väter, mit keinem von beiden bin ich zusammen. Es hat gedauert, auf dieses Niveau von Unaufgeräumtheit zu kommen, aber am Ende habe ich es geschafft.
Irgendwann mal habe ich jemandem geschrieben: »Ich bin ein eigentlich normaler Mensch, der als normaler Mensch irgendwie gescheitert ist. Vielleicht hat mich mein Scheitern aber auch befreit, so dass ich in Zukunft immer bunter und ausgefallener scheitern kann.« Diese Beschreibung meines Verhältnisses zu einem normalen Leben scheint mir ziemlich zutreffend zu sein, was dieses Buch, unter anderem, zu einer Verteidigung, einer Feier und einer Befragung genau dieses Scheiterns macht.
Nachdem mein Essay »The Naked and the Conflicted« (»Die Nackten und die Hin- und Hergerissenen«) in der Buchbeilage der New York Times erschienen war, druckte die Zeitung folgenden Leserbrief ab:
Sie leisten nicht nur einen Beitrag zur völligen Vernichtung der literarischen Kultur, sondern auch zur Zerstörung unserer Zivilisation. Denken Sie mal darüber nach.
John Rendeiro (Union, New Jersey)
Ich habe diesen Kommentar im Büro an die Wand gepinnt, wo er als Inspiration für Tage, an denen ich nicht in die Gänge komme, bis heute hängt.
1 Wie wir heute leben
Der perverse Reiz des unaufgeräumten Lebens
Eines Tages bat mich ein Redakteur, über die enorme Popularität der Fernsehserie Mad Men zu schreiben. Ich hatte absolut Lust dazu, stand allerdings vor dem kleinen Problem, noch nie auch nur eine einzige Folge dieser Serie gesehen zu haben. Ich verbrachte dann so viele Tage damit, das nachzuholen, dass ich mich anschließend fast verpflichtet fühlte, meinen Artikel in einem Bleistiftrock auf einer Schreibmaschine zu tippen.
Ich konnte nachvollziehen, was die Menschen an Cocktails im Büro, an mit silbernen Feuerzeugen angezündeten Zigaretten, und an außerehelichen Besäufnissen von huttragenden Werbern so faszinierte. Der phänomenale Erfolg der Serie schien zumindest teilweise mit dem - verglichen mit unserer doch deutlich gesetzteren, aufgeklärteren Zeit - Kick der beiläufigen Verruchtheit und dem Glamour des eindrucksvoll unaufgeräumten, selbstzerstörerischen Verhaltens zu tun zu haben. Gesamtkulturell betrachtet, haben wir uns vom nachmittäglichen Herumhängen mit einem Drink in der Hand eher wegbewegt, und zwar in Richtung von Fitnessstudios, einem wertorientierten, ganzheitlichen Lebensstil, dem Übernehmen von Verantwortung und einer klaren Zielorientiertheit.
Die Serie bezieht ihr spezielles Prickeln aus genau diesem Unterschied, aus den Momenten, die in scharfem Kontrast stehen zu unserer heutigen Lebensweise. Wenn man all die hitzig-melancholischen Seitensprünge, die Cocktails trinkenden Schwangeren und die Siebenjährigen, die lernen, den perfekten Tom Collins zu mixen, so betrachtet, kann man sich bei dem Gedanken an unser eigenes, so viel besseres, gesünderes und vernünftigeres Leben eines puritani
© ullstein
... weniger
Bibliographische Angaben
- Autor: Katie Roiphe
- 2013, 1. Auflage, 240 Seiten, Deutsch
- Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
- ISBN-10: 3843704716
- ISBN-13: 9783843704717
- Erscheinungsdatum: 25.10.2013
Abhängig von Bildschirmgröße und eingestellter Schriftgröße kann die Seitenzahl auf Ihrem Lesegerät variieren.
eBook Informationen
- Dateiformat: ePub
- Größe: 0.89 MB
- Ohne Kopierschutz
Family Sharing
eBooks und Audiobooks (Hörbuch-Downloads) mit der Familie teilen und gemeinsam genießen. Mehr Infos hier.
Kommentar zu "Messy Lives / Ullstein eBooks"
0 Gebrauchte Artikel zu „Messy Lives / Ullstein eBooks“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
Schreiben Sie einen Kommentar zu "Messy Lives / Ullstein eBooks".
Kommentar verfassen