Raffaels Stanza dell'Incendio: Zweck und Funktion (PDF)

Die Stanza dell'Incendio ist der letzte Raum in einer Reihe von Zimmern des vatikanischen Palastes, welche unter dem Namen 'die Stanzen des Vatikans' berühmt wurden. Ist irgendwo von den Stanzen die Rede, bezieht man sich meist nur auf die mittlere und berühmteste
Stanza: die Stanza della Segnatura. Die Stanza dell'Incendio hingegen ist wohl der am wenigsten beachtete Raum in der Literatur. Diese Arbeit beschäftigt sich nun mit diesem Zimmer und geht der Frage nach, inwiefern Dekoration und Funktion zusammenhängen. Nur vor dem Hintergrund der Zweckbestimmung kann das Programm im zeitgeschichtlichen Kontext verstanden und interpretiert werden. Die Frage nach der Funktion lässt sich nicht eindeutig klären, da zwei verschiedene Päpste den Raum für bestimmte Zwecke nutzten. Die Gestaltung des Raumes, so wie er heute zu sehen ist, verdanken wir den Pontifikaten Julius II. und Leos X. Der größte Teil der Dekoration stammt aus leoninischer Zeit. Lediglich die Deckenausmalung
unter Pietro Perugino wurde von Julius II. in Auftrag gegeben und 1508 begonnen. Daher wird sich ein Teil der Arbeit mit der Funktion unter Julius beschäftigen und dabei das Deckenfresko genauer untersuchen. Der Hauptteil ist Leo X. gewidmet und beschäftigt sich intensiv mit den Wandbildern und dem Herrscherzyklus in der Sockelzone.
Unter Berücksichtigung der schriftlichen Quellen dieser Zeit und deren Auswertung v. a. durch die Autoren Shearman, Quednau und Jacoby sollen die bisherigen Forschungsergebnisse bezüglich der Funktion der Stanza dell'Incendio zusammengetragen werden.
Raffael arbeitete unter großer Beteiligung seiner Werkstatt von 1514-1517 in der Stanza dell'Incendio. Entgegen der Chronologie der dargestellten Ereignisse der Wandbilder wurde zuerst mit dem Borgobrand begonnen. Es folgte die Ausmalung der Schlacht von Ostia, die Krönung Karls des Großen und zuletzt der Reinigungseid. Die Sockelzone entstand nach Entwürfen Raffaels und wurde hauptsächlich von Giulio Romano an der Wand ausgeführt.