Winnenden (ePub)

SIE IST PECHSCHWARZ, (S. 20-21)

die gesamte Titelseite der Winnender Zeitung. Menschen halten sie am Tag danach fassungslos am Frühstückstisch in Händen. In riesigen Lettern prangt ein »Warum?« darauf. Acht Sonderseiten widmet die Kleinstadtzeitung mit ihrer verkauften Auflage von 8177 Exemplaren dem schrecklichen Ereignis. Bereits um 7.30 Uhr ist die Zeitung an allen vier Tankstellen der Stadt ausverkauft. Der kleine Kiosk am historischen Marktplatz hat zu dieser Zeit noch ein paar Exemplare übrig - die neben einem gigantischen, über einem halben Meter hohen Stapel von Bild-Zeitungen auf dem Tresen liegen.

»Das Blutbad« titelt Bild. Die Geschäfte am Kiosk gehen gut. »Darauf könnt’ ich verzichten«, sagt die ältere Kioskbesitzerin, dann schießen ihr Tränen in die Augen.  Es ist der Tag danach. Die Stadt ist wie betäubt an diesem Morgen. Donnerstag ist Markttag in Winnenden. Gewöhnlich herrscht reges, fröhliches Treiben zwischen den Fachwerkhäusern der kleinen Stadt. Man trifft sich, man kennt sich, man schwätzt miteinander auf dem Markt. Heute ist der Markt leer. Nur jeder zweite Stand ist besetzt, kaum einer kauft etwas. Alle Gesichter wie erstarrt. Kamerateams versuchen, die leeren Gesichter einzufangen.

Die Stille. Die Fassungslosigkeit. Nie zuvor hat sich ein Kamerateam für diese Stadt interessiert. Gut, außer im letzten Jahr, da wurden hier ein paar Szenen gedreht. Für einen Krimi. Das war Stadtgespräch.  Der Krimi von gestern ist Stadtschweigen. Die Menschen können mit der Situation hier nur schwer umgehen. Äußert man der Bäckersfrau oder Apothekerin gegenüber auch nur ein »Schlimm, gell?«, brechen sie in Tränen aus. Ebenso ihre Kunden. 

Es ist 8.45 Uhr, die Glocken läuten wieder. Die Glocken aller drei großen Kirchen in der

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