Merkur, Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Sonderheft - 9/10 - Neugier
Von europäischen Denken
Die Gier nach dem Neuen oder Wie Europa die Welt eroberte
Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der...
Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der...
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Die Gier nach dem Neuen oder Wie Europa die Welt eroberte
Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der Unterschied zu China, wo man bekanntlich das Schießpulver erfunden hat - aber daraus entstand keine innovative Dynamik.
Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der Unterschied zu China, wo man bekanntlich das Schießpulver erfunden hat - aber daraus entstand keine innovative Dynamik.
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Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der Unterschied zu China, wo man bekanntlich das Schießpulver erfunden hat - aber daraus entstand keine innovative Dynamik.Das Neue und die Sucht danach steht am Beginn der Moderne und damit am Beginn der europäischen Eroberung der Welt, die mittlerweile ihr Ende gefunden hat und auch in der erweiterten Form des "Westens" nun in Frage gestellt wird. Europa jedenfalls hat sich mental von seiner aggressiven Neugier verabschiedet, stattdessen werden Bewahren und Konservieren als humanes Modell gegen den zerstörerischen Kapitalismus angelsächsischer Prägung in Stellung gebracht - was vom Eintritt Chinas und Indiens in die globale Dynamik zu halten ist, ob dort das Neue im emphatischen Sinn entstehen wird, bleibt abzuwarten.
Neugier ist ein Grundmotiv europäischen Denkens, das Neue ist die Denkfigur der Moderne: Das Merkur-Doppelheft (Nr. 712/713) erscheint Mitte September.
Das Neue ist immer und überall. Aber in Europa, während der Renaissance, entstand diese Gier nach Neuem, dies systematische Suchen, dies Finden- und Erfindenwollen. Das war etwas Neues und eben der Unterschied zu China, wo man bekanntlich das Schießpulver erfunden hat - aber daraus entstand keine innovative Dynamik.
Das Neue und die Sucht danach steht am Beginn der Moderne und damit am Beginn der europäischen Eroberung der Welt, die mittlerweile ihr Ende gefunden hat und auch in der erweiterten Form des "Westens" nun in Frage gestellt wird. Europa jedenfalls hat sich mental von seiner aggressiven Neugier verabschiedet, stattdessen werden Bewahren und Konservieren als humanes Modell gegen den zerstörerischen Kapitalismus angelsächsischer Prägung in Stellung gebracht - was vom Eintritt Chinas und Indiens in die globale Dynamik zu halten ist, ob dort das Neue im emphatischen Sinn entstehen wird, bleibt abzuwarten.
Neugier ist ein Grundmotiv europäischen Denkens, das Neue ist die Denkfigur der Moderne: Das Merkur-Doppelheft (Nr. 712/713) erscheint Mitte September.
Das Neue und die Sucht danach steht am Beginn der Moderne und damit am Beginn der europäischen Eroberung der Welt, die mittlerweile ihr Ende gefunden hat und auch in der erweiterten Form des "Westens" nun in Frage gestellt wird. Europa jedenfalls hat sich mental von seiner aggressiven Neugier verabschiedet, stattdessen werden Bewahren und Konservieren als humanes Modell gegen den zerstörerischen Kapitalismus angelsächsischer Prägung in Stellung gebracht - was vom Eintritt Chinas und Indiens in die globale Dynamik zu halten ist, ob dort das Neue im emphatischen Sinn entstehen wird, bleibt abzuwarten.
Neugier ist ein Grundmotiv europäischen Denkens, das Neue ist die Denkfigur der Moderne: Das Merkur-Doppelheft (Nr. 712/713) erscheint Mitte September.
Bibliographische Angaben
- Maße: 15,5 x 1,6 x 24,3 cm
- Herausgegeben: Karl Heinz Bohrer, Kurt Scheel
- Verlag: Klett-Cotta
- EAN: 9783608971064
Lese-Probe zu „Merkur, Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Sonderheft - 9/10 - Neugier “
Ausschnitte aus dem Doppelheft September/Oktober 2008, Nr. 712/713Neugier. Vom europäischen Denken
Welchem Wunder ist es zu danken, dass sich die Welt so dramatisch zugunsten des Westens verändert hat? Woher bezieht Europa sein Wohlstandsprivileg? Es ist die Schicksalsfrage der Menschheit: Warum wurde die Menschheit gerade um das Jahr 1800 aus der Malthusianischen Falle befreit? Und warum hat sich die Wohlstandsrevolution nur in Europa ereignet? Neues Wissen allein ist dafür zwar eine notwendige, aber längst keine hinreichende Bedingung. Denn neues Wissen mag zwar seinem Erfinder zur intellektuellen Freude gereichen - solange es nicht fruchtbar wird, nützt es der übrigen Menschheit gar nichts. Das Wunder der plötzlichen europäischen Wachstumsgeschichte bleibt Deutungsaufgabe: Es geht gerade nicht nur um die Frage, wie das Neue in die Welt kommen konnte. Entscheidend für Wachstum und Wohlstand ist, wie es kommen konnte, dass das Neue einen fruchtbaren Nährboden fand. Keine Frage: Es sind die Ideen, die Wohlstand schaffen. Doch nicht alles, was eine Idee ist, ist auch von Relevanz. Häufig sind wir noch nicht einmal in der Lage, die mögliche Relevanz des Neuen zu erkennen. Schon die Römer wussten sehr viel über die optischen Eigenschaften des Glases - warum haben sie dann nicht die Brille erfunden? Wie konnte sich dagegen aus Newtons Gravitationsgesetzen die klassische Mechanik entwickeln, und wie konnte diese zur Grundlage der Sicherheitstechnik im modernen Automobilbau (und vielem mehr) werden? Offenbar müssen aus Erfindung und Entdeckung Innovationen werden, soll das Neue Wirkung entfalten. Ob Wissen fruchtbar werden kann, wird ganz entscheidend beeinflusst von den Chancen der Menschen, Teilhabe an diesem Wissen zu erwerben. Mit anderen Worten: Die wirtschaftliche Bedeutung relevanten Wissens ist abhängig von den Zugangskosten. Denn auch für das Wissen braucht es Märkte. Wo es für Wissen eine Nachfrage (und einen Preis) gibt, bilden sich Anreize für
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Wissensproduzenten, sich neue Ideen einfallen zu lassen. Solche Märkte können, wie alle Märkte, effizient oder weniger effizient sein. Sie können monopolistisch, oligopolistisch oder wettbewerblich organisiert sein. Das alles hat entscheidenden Einfluss auf die Zugangskosten, also die Preise, welche für die Partizipation an den Innovationen gezahlt werden müssen. Anbieter und Nachfrager beziehen daraus die Signale, ob weiteres Nachdenken, Forschen und Ideenproduzieren sich lohnen könnte. "Intellektuelle Unternehmer", die Produzenten solch neuen Wissens, werden ihre Ideen zu Markte tragen, um die Öffentlichkeit von deren Relevanz zu überzeugen. Es gibt die einen, die neue Ideen verkaufen, indem sie andere von deren Wahrheitsgehalt zu überzeugen suchen. Andere machen sich neue Ideen zu eigen , indem sie aus den vorhandenen intellektuellen Menüs das ihnen Gemäße und Nützliche auswählen. Kurzum: Die industrielle Revolution nach 1800 fiel nicht vom Himmel. Dass die Menschheit der Malthusianischen Falle entkommen konnte, ist auf explodierende Wissensmärkte vor 1800 zurückzuführen. Seit dem 15. Jahrhundert hatten sich dort nicht nur die Angebotsbedingungen - die Anreize zur Wissensproduktion - entscheidend verbessert, auch die Nachfrage nach relevantem Wissen nahm rapide zu, was an den dramatisch sinkenden Zugangskosten liegt. Der Wissenssprung der Menschheit ist eine Folge von Marktöffnung. Offene Märkte sind immer ein Segen für die Menschheit. Das zeigt sich nicht zuletzt an den Wissensmärkten in der europäischen Moderne. Besonderes Verdienst gebührt Francis Bacon (1561 bis 1626), der zum Propheten einer "industriellen Aufklärung" wurde, vertrat er doch die Auffassung, dass Wissen sozial und kollektiv organisiert und verteilt werden müsse und dass es dessen prometheischer Zweck sei, von der Gesellschaft zur Steigerung des Wohlstands angewandt zu werden.
Rainer Hank, Was weiß der Markt schon Neues?
Im Blick auf di
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Autoren-Porträt
Karl Heinz Bohrer, geboren 1932, Professor für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Bielefeld, seit 1984 Herausgeber des MERKUR. 2007 wurde Karl Heinz Bohrer der Heinrich-Mann-Preis verliehen. Kurt Scheel, geboren 1948, studierte Germanistik, Politische Wissenschaft, Soziologie in Hamburg, München, Berlin. 1977 bis 1980 DAAD-Lektor für deutsche Literatur und Sprache an der Universität Hiroshima. Ab 1980 Redakteur, seit 1991 Herausgeber des Merkur.
Inhaltsverzeichnis zu „Merkur, Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Sonderheft - 9/10 - Neugier “
Aus dem Inhalt:Volker Gerhardt: Kleine Apologie des Neuen
Christian Meier: Das Neue und die Grenzen der Polis
Jürgen Paul Schwindt: Das Neue bei den Griechen und Römern
Alexander Demandt: Neuerungen in der Spätantike
Enno Rudolph: Die Renaissance und der Aufstieg Europas
Martin Seel: Neugier als Laster und als Tugend
Thomas Macho: Wie steht die nichtwestliche Welt zum Neuen
Karl Heinz Kohl: Das Neue in indigenen Kulturen
Helga Nowotny: Die kulturelle Vielfalt der Neugier
Siegfried Kohlhammer: Das Alte und das Neue in Japan
Paul Michael Lützeler: Zeigt sich die Neue Welt in China
Christina Bartz / Niels Werber: Zyklik - zur Erwartbarkeit des Neuen
Jens Hacke: Im Sattel der Moderne
Hans-Peter Müller: Über das Verhältnis von Tradition und Modernität
Karsten Fischer: Das Neue und die Politik
Norbert Bolz: Über die Legitimität der Innovation
Rainer Hank: Wettbewerb als Entdeckungsverfahren
Jörg Lau: Risikoreligion und Zukunftsneid
Thomas Speckmann: Alte Lehren für neue Konflikte
Harry Lehmann: Zehn Thesen zur Kunstkritik Hans Ulrich Gumbrecht: Stagnation
Jason Potts: Zu einer Theorie der Mode
Beate Meierfrankenfeld: Mensch und Maschine im digitalen Zeitalter
Hilmar Schmundt: Ortsbesichtigung einer Utopie
Ralf Bönt: Die Entdeckung des Lichts
Michael Rutschky: Zentrum und Peripherie
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