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  • 5 Sterne

    Ramona S., 10.04.2024

    Clara leidet an Agoraphobie und hat seit Jahrzehnten ihre Wohnung kaum verlassen. Doch dann tut sich plötzlich eine eigenartige Möglichkeit auf: Laut dem Nachlass ihres früheren Geliebten befinden sich gleich zwei verschollene Manuskripte des spanischen Landesschriftstellers Miguel de Cervantes in Spanien verborgen. Clara packt das Jagdfieber. Doch wie soll sie allein und auf sich gestellt all diese Hürden zwischen Berlin bis nach Granada überwinden? Clara beschließt eine List und "heuert" den Teenager Ben an unter einem Vorwand, mit ihr gemeinsam diese Reise anzutreten. Was sie nicht weiß, Ben ist totkrank ...

    Auf den Spuren erst ihres ehemaligen Liebhabers, später Cervantes und seinen wohl berühmtesten Charakter begibt man sich mit einem alten, klapprigen R4 auf die Reise, und man als Leser ist voll mit dabei. Und es ist ein Vergnügen, dieses Abenteuer zu lesen und somit quasi hautnah dabei zu sein.

    Den Autoren gelingt vor allem die Charakterisierung ihrer beiden Helden hervorragend. Clara, die vom Leben gezeichnete und gebeutelte Frau, die seit 20 Jahren an ihre Wohnung gefesselt ist kommt dabei ebenso glaubhaft rüber wie der Teenager und oftmals hormongesteuerte Ben, dessen einziger Wunsch vor seinem Tod es ist, Sex mit einer Frau zu haben.

    In mir kam vor allem bei der Wahl des R4 diverse Erinnerungen auf. Meine Schwester fuhr einen R4-Kastenwagen, zu dessen ... weniger stolzen Nachbesitzerin sie mich erkoren hatte - leider (oder Göttin sei Dank) kam ihrem Plan der TÜV dazwischen. Heute denke ich manchmal an die gute alte Klapperkiste zurück und denke mir, die Herzchengardinen würden mich mittlerweile so gar nicht mehr stören. Und immerhin, das Ding hatte einen riesigen Laderaum und fuhr tapfer seine vier Gänge.

    Manche Dinge verfolgen habe ich festgestellt, als ich über dieses Buch gestolpert bin. Vor nicht allzu langer Zeit erinnerte ich mich an meine erste Begegnung mit Don Quijote und wie er mich damals gefesselt hat - im zarten Alter von 9 glaube ich. Und eingedenk des Alters der Geschichten, man denke daran, wie viel der Ritter von der traurigen Gestalt selbst 500 Jahre später noch Einlass und Einfluss auf unseren heutigen Sprachschatz hat. Nur allein der Gebrauch des Bildes vom Kampf gegen die Windmühlen - und Hand aufs Herz, wer hat sich nicht schon einmal so gefühlt?

    In ihren Rollen aber tauschten Clara und Ben im Verlauf des Romans ihre Plätze. Ist es zu Beginn Clara, die gegen ihre eigenen Dämonen in Form einer starken Phobie ankämpfen muss, so wandelt sich gerade Ben im Laufe der Geschichte immer weiter vom hormongesteuerten Teenager zum jungen Helden. Beeindruckt war ich über seine Reaktion nach dem Stierlauf in Pamplona. Clara ist die einzige, die klar erkennt, dass er es tatsächlich gewagt hat, während die anderen enttäuscht sind von ihm, der seinen Stier, seinen eigenen Angaben zufolge, in der Flasche und nicht auf der Straße fand. Da war mehr Selbsteinsicht am Werk als man ihm zunächst zugetraut hätte.

    Clara, die sich vom Kampf gegen ihre eigenen Windmühlen zu einer Mentorin entwickelt für den jungen Ben, in dem sie mehr Potenzial erkennt als er selbst von sich glaubt besitzen zu können. Auf der anderen Seite bleibt Ben seiner Rolle als Sancho Panza treu selbst als er selbst schon lange ein Held ist und hilft Clara bei den täglichen Besorgungen, zu denen sie nicht fähig ist.

    Es ist dann enttäuschend, als die beiden schließlich in Granada ankommen und alles anders kommt als gedacht. Die Reise wird abgebrochen und beide kehren zurück nach Berlin, denn für Ben haben sich Spenderorgane gefunden. Doch bis er schließlich in der Klinik dem Chefarzt gegenübersteht ist es bereits zu spät und die Organe vergeben. Als Leser fühlt man diese Enttäuschung geradezu körperlich, erlebt Bens anschließendes Siechtum mit und wünscht sich nichts mehr als den kräftigen jungen Mann vom Jakobsweg zurück.

    Das Leben ist unfair, die große Erkenntnis, die bereits Cervantes für seinen Don Quijote aufstellte. Doch entgegen dem guten Don, der sich schlicht weigerte, die Realität anzukernnen, stellt sich Ben der seinen. Und wieder einmal übernimmt Clara das Ruder und ein vorletzter Haken wird geschlagen. Es kann nicht immer alles glücklich enden, das Leben besteht aus nichts anderem als schlechten Entscheidungen in noch schlechteren Situationen.

    Was mir besonders gefiel an diesem Roman war der Humor, über den beide, Clara und Ben, ausgestattet sind und der vielleicht auch etwas früher dazu führt, dass sie beide so gut miteinander auskommen. Sie versuchen zu kämpfen gegen ihre eigenen Windmühlen - nur jede Windmühle zieht im realen Leben eine Erkenntnis nach sich, die sehr oft zu einem sehr zynischen Weltbild führt (fragt mich, laut einer Freundin bin ich die Meisterin des Zynismus). Man weiß, man verliert, gleich in welche Richtung man sich wendet, doch man kämpft weiter, wenn man sich auch oft genug fragt, warum man es eigentlich tut.

    Was ebenfalls nicht unerwähnt blieben sollte sei an dieser Stelle erwähnt: Hervorragend geschilderte Action-Szenen, die das Kopfkino so richtig in Gang setzen. Klasse geschildert!

    Alles in allem bleibt ein Roman, der nachdenklich macht, während er gleichzeitig sehr unterhaltsam ist. Es ist keine leichte Kost, die hier serviert wird, aber als Leser klebt man geradezu an den Seiten. Selten sind mir Charaktere so nahe gekommen wie Clara und Ben. Ein besonderer Roman.

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  • 4 Sterne

    Frank W. W., 09.04.2024

    Auf der Suche nach Leandra

    Der 19-jährige Ben ‚lebt‘ auf der Station für unheilbar Kranke in einem Ber­liner Kranken­haus. Wenn sich für ihn nicht schnells­tens Spen­der­organe fin­den, hat er nur noch kurze Zeit zu leben. Als er im Inter­net ein gleich­alt­ri­ges Mäd­chen ken­nen­lernt, büxt er aus, um die­ses per­sön­lich zu tref­fen. Er trifft je­doch nur eine ältere Frau, Clara, an, die ihm er­zähl, dass seine An­ge­be­tete kurz­fris­tig nach Stras­bourg fah­ren musste. Clara über­redet Ben, ge­mein­sam dort­hin zu fah­ren, da sie selbst wegen einer Erb­schaft nach Spa­nien will. Dumm nur, dass Ben kei­nen Füh­rer­schein hat und das Auto sei­nes ver­stor­be­nen Groß­va­ters nicht mal zu­ge­las­sen ist.
    Mit dieser Ausgangslage verspricht der Roman von Eduard Freund­linger und Natali van Otterlo na­tür­lich schon eine tur­bu­lente Reise, die eini­ges Chaos ver­spricht. Die Pa­ral­le­len zu Don Qui­jote fin­den sich gleich in mehr­facher Hin­sicht. Nicht nur, dass das Grab des Don-Qui­jote-Autors Miguel Cer­van­tes das eigent­liche Ziel des weib­lichen Teils des un­ge­wöhn­li­chen Prota­gonis­ten-Duos ist, wecken auch die un­glei­chen Reise­ge­fähr­ten Erin­ne­rungen an den Rit­ter und sei­nen Be­glei­ter. Genau wie ihre un­frei­wil­ligen Vor­bil­der wis­sen auch Ben und Clara nicht wirk­lich, was sie tun. Dass beide Ge­heim­nisse vor­ein­an­der haben, er­leich­tert die An­ge­le­gen­heit auch nicht.
    Um wirklich in die Story hineinzufinden, brauchte ich einige Sei­ten. Dann ent­wickelte die Ge­schichte aber ihren Reiz. Un­ab­hängig von der ohne­hin schon ver­fah­re­nen Situ­ation hat der Leser immer das Ge­fühl, irgend­etwas noch nicht zu durch­schauen – und behält damit immer wie­der recht. Ob einem das doch ziem­lich über­ra­schende Ende über­zeu­gen kann, fällt dann aller­dings eher in die Kate­go­rie „Ge­schmacks­sache“. Dass man nicht unter­hal­ten wird, kann man dem Buch aber de­fi­ni­tiv nicht vor­wer­fen.

    Fazit:
    Ein düster-humorvoller Roadtrip mit vielen überraschenden Momen­ten und völ­lig un­er­war­te­ten Auf­klä­rungen.

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