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  • 5 Sterne

    12 von 16 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Dreamworx, 06.01.2019

    1900. Der 12-jährige schüchterne Leo Colston stammt aus eher ärmlichen Verhältnissen und wird von seinem Schulfreund Marcus Maudsley eingeladen, die Sommerferien bei ihm und seiner aristokratischen Familie in einem großen Herrenhaus auf einem Landsitz im englischen Norfolk zu verbringen. Leo möchte von der Familie akzeptiert werden und verliebt sich schon bald in Marcus ältere Schwester Marian, die mit Lord Trimingham verlobt werden soll, allerdings heimlich ein nicht standesgemäßes Techtelmechtel mit dem bäuerlichen Pächter Ted Burgess hat. Als Marcus erkrankt, ist Leo sich selbst überlassen und lässt sich aufgrund seiner Faszination für Marian von ihr dazu missbrauchen, als Botenjunge für kleine Botschaften und Liebesbriefe an Ted zu fungieren. Leo fühlt sich wichtig und ernstgenommen und führt diese Botengänge gewissenhaft aus, wohl auch, um sich damit die Anerkennung seiner Gastgeber und vor allem die von Marian zu sichern. Doch gleichzeitig behagt ihm die Situation nicht und er zieht sich immer mehr in sich zurück. Das Treiben von Marian bleibt indes nicht lange verborgen und das Unglück nimmt seinen Lauf…
    L. P. Harley hat mit seinem Buch „Ein Sommer in Brandham Hall“ einen wunderbaren Klassiker geschrieben, der nun in neuem Gewand wieder aufgelegt wird und auch heute noch verzaubern kann. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und gleichzeitig poetisch. Mit wunderschönen Bildern zaubert Harley den Leser in die adlige Welt der Familie Maudsley und in ein Herrenhaus, das man als einfacher Bürger sonst nicht einfach so betritt. Ob die Schilderung eines Cricketspiels oder die eiens Balles, alles ist sehr plastisch und fast greifbar. Die Geschichte erinnert an Ian McEwans Roman „Abbitte“, auch dort kam es zur Katastrophe aufgrund von Missverständnissen, mangelndem Vertrauen, Verlangen und Verrat. Gekonnt lässt Harley seinen Helden Leo als knapp 60-jährigen eine Zeitreise in die Vergangenheit antreten, als dieser sein altes Tagebuch von besagtem Sommer 1900 auf dem Dachboden wiederfindet und in Erinnerungen an damals schwelgt. Die aristokratische und etwas versnobte Welt war ihm völlig neu, es gab niemanden, der ihm Hilfe anbot, sich darin zurechtzufinden. Leo, der mit knapp 13 Jahren an der Schwelle zum Erwachenwerden steht, hat mit vielen Dingen zu kämpfen. Noch ist er ein Kind, das Verhalten der Erwachsenen ist ihm noch fremd, gerade das wird ihm zum Verhängnis, denn er kann die Intrigen und Machtkämpfe, die Täuschungen und die von der Gesellschaft vorgegebenen Verhaltensmuster nicht verstehen, dazu ist er zu naiv und unschuldig.
    Die Charaktere hat Hartley sehr differenziert und mit vielen Ecken und Kanten erschaffen, so dass sich dem Leser mehrere Welten auftun. Alle Protagonisten wirken sehr lebendig und authentisch und gerade das macht ihren Reiz aus. Leo ist ein schüchterner und zurückhaltender Junge aus armen Verhältnissen. Er wirkt oftmals viel zu ernsthaft, ihm fehlt eine gewisse Leichtigkeit. Aber gerade das macht sein Wesen aus, denn er befindet sich in einer ihm völlig unbekannten Welt, die ihn überfordert, wobei er nicht weiß, wie er sich verhalten soll. Für ihn ist nur wichtig, dass man ihn akzeptiert und er sich korrekt benimmt. Intrigen und Machtspielchen sind ihm fremd, dazu ist er einfach noch zu jung und unbedarft. Marcus ist ein Snob und man wundert sich, wie er mit Leo eigentlich befreundet sein kann. Als Freund ist er Leo keine große Hilfe. Marian ist eine Frau, die mit Leo und seiner verdeckten Zuneigung zu ihr spielt, indem sie ihn für ihre Zwecke einspannt. Aber sie ist auch diejenige, die sich um ihn kümmert, ihm neue Erfahrungen machen und neue Dinge sehen lässt.
    „Ein Sommer in Brandham Hall“ ist ein Stück Weltliteratur, dass den Leser mitnimmt in die zerrissene Gefühlswelt eines Jungen vor viktorianischem Hintergrund. Eine Gesellschaftsstudie, die sich kennenzulernen lohnt. Absolute Leseempfehlung!

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  • 5 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    M., 15.07.2019 bei bewertet

    Sehr vielschichtig mit toller Prosa

    Dies ist eine Neuauflage inklusive Neuübersetzung. Erstmalig ist der Roman 1953 unter dem Titel "The Go- Between" in Großbritannien erschienen und bislang schon zweimal verfilmt worden.
    Der hier gewählte deutsche Titel passt aber ebenfalls sehr gut.

    Worum geht es: England 1952. Leo Colston findet sein altes Tagebuch. Es dauert ein wenig, bis er sich erinnert....an den Sommer 1900, den er, fast 13 jährig, bei seinem Schulkameraden Marcus auf dessen Gutssitz Brandham Hall verbracht hat. Fast völlig verdrängt hatte er die dortigen Ereignisse, die sein folgendes Leben allerdings überschatten und prägen sollten. So wurde er Bibliothekar, statt wie erträumt Schriftsteller und statt eine Familie zu gründen, liess er sich nie auf eine Frau ein.

    Leo als Junge ist ganz anders. Er ist sehr sensibel, mehr in der Phantasie zu Hause, denn in der Realität. Er verklärt die Dinge des Lebens, romantisch und magisch. Er ist ein sehr gefühlvoller Mensch, himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, mit einer Leidenschaft fürs Extreme. Er macht sich zudem viele Gedanken über das richtige Verhalten, über Sünde, Schuld und Moral.
    Leo verliebt sich in Brandham Hall das erste Mal, in Marian, die ältere Schwester von Marcus, weiss es allerdings gar nicht so recht. Diese wiederum ist Lord Trimingham versprochen, liebt aber eigentlich den Pächter und Bauern Ted Burgess. Marian und Ted bitten Leo, ihre wechselseitigen Briefe zu überbringen. Er tut dies auch, im ersten Glauben dies seien geschäftliche Briefe, wird aber immer unruhiger, als er erkennt, worum es eigentlich geht. Es könnte alles fatale Konsequenzen haben...

    Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben. Die elegante, gewählte Prosa gefiel mir sehr, mit all ihren Metaphern und der gut beschriebenen Stimmung, mit all den bösen Vorahnungen und dem stets drohendem Unheil, welches verhängnisvoll über den Köpfen schwebt. Der Stil ist manchmal pathetisch, oft sehr eindrücklich, tiefgründig, lebendig und neben der ganzen Dramataik- auch amüsant (hier gefielen mir die Flachsereien zwischen Marcus und Leo sehr gut sowie die stetige Besorgnis Leos, dass im Gottesdienst nicht mehr als 50 Strophen gesungen werden, da er mehr stehend nicht schaffen und dann wahrscheinlich umkippen würde).

    Die sehr interessanten Charaktere sind fein und komplex angelegt und wirken dadurch sehr authentisch und überzeugend. Vor allem Leo ist sehr tief und differenziert gezeichnet, was mir unheimlich gut gefallen hat! Seine kindliche Sicht, seine Fragen, seine Zweifel, seine Neugier, seine Empfindsamkeit, all das wird sehr authentisch wiedergegeben. Sein Schicksal hat mich sehr berührt.

    Der Roman beleuchtet vor allem die soziologisch-politische und psychologische Ebene. Es geht um die gesellschaftliche Etikette der damaligen Zeit und die Problematiken der Standesunterschiede sowie um das Heranwachsen und die Bewältigung innerer und äußerer Konflikte. Romantik versus Vernunft ist ebenfalls ein deutliches Thema, der Roman ist jedoch sehr vielschichtig, so dass man hier noch sehr viel mehr entdecken kann.

    Fazit: Ein toll geschriebener, dramatisch ausgefeilter, psychologisch fein beobachteter und sehr berührender Roman, samt interessantem Sittengemälde und Lebensgefühl Englands um 1900.
    Absolut empfehlenswert!

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  • 5 Sterne

    https://lieslos.blog/, 24.08.2020

    Meine Gedanken und Eindrücke zu „Ein Sommer in Brandham Hall“ von L. P. Hartley.

    Der englische Klassiker, der 1953 erstmals erschien, im ausklingenden viktorianischen England spielt und ein lebendiges Bild vom britischen Adel um 1900 skizziert, ist gleichzeitig Sittengemälde, Liebesgeschichte und Zeugnis der emotionalen Karussellfahrten der Jugend und Mühsal des Erwachsenwerdens.

    „Ein Sommer in Brandham Hall“ ist ein zauberhafter, bewegender und raffiniert komponierter Roman, in dem Liebe, Sehnsucht, Eifersucht, Verrat und Verlust der kindlichen Unschuld eine zentrale Rolle spielen. Der altbekannte innere Konflikt zwischen Vernunft und Gefühl steht im Focus und darüber hinaus geht es auch um Etikette und Standesunterschiede.

    1952 findet der 64-jährige Leo sein altes Tagebuch wieder und mithilfe der enthaltenen Aufzeichnungen erinnert er sich an den Sommer 1900, der wegweisend für sein Leben war.
    Diesen bedeutsamen und unvergesslichen, gleichermaßen schönen wie tragischen Sommer verbrachte der damals noch ziemlich verträumte, romantische und sensible Leo bei seinem Schulkameraden Marcus auf Brandham Hall.
    Dort lernte er die Liebe kennen, die sich allerdings als komplexes Unterfangen entpuppte.
    Er verliebte sich in Marcus‘ ältere Schwester Marian, die einem Lord versprochen war und ihrerseits den Pächter Ted liebte.
    Leo wurde zum Botschafter dieser Liebe, was ein Wagnis darstellte und Risiken barg.

    Die elegante Sprache mit ihren wunderschönen Metaphern gefiel mir gut und die Atmosphäre, in der Unheilvolles und Verhängnisvolles mitschwingt, war spürbar.
    Neben dem Dramatischen kommt aber auch das Amüsante nicht zu kurz. Immer wieder musste ich schmunzeln.

    Wir lernen verschiedene und unterschiedliche Charaktere kennen, die jeweils differenziert und facettenreich dargestellt werden. Besonders der etwas naive, neugierige, feinfühlige und zweifelnde Leo kam mir sehr nahe.

    Hartley schrieb gleichermaßen unaufgeregt wie eindringlich. Er war ein feiner Beobachter, der detailliert beschreiben konnte und ein unterhaltsames und interessantes Werk geschrieben hat, dass mir viel Lesevergnügen bereitete.

    Sehr zu empfehlen!

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  • 5 Sterne

    leseratte1310, 30.04.2019 bei bewertet

    Leo Colston findet beim Aufräumen sein „Tagebuch für das Jahr 1900“ und er erinnert sich an den Sommer auf dem Landgut der Eltern seines besten Freundes. Zu dem Zeitpunkt war er zwölf Jahre alt und noch sehr unbedarft. Nur so konnte er in den Strudel hineingezogen werden, der in einer Katastrophe endete.
    „Ein Sommer in Brandham Hall“ erschien bereits im Jahr 1953 unter dem Titel „The Go-Between“ und wird jetzt neu herausgegeben. Der Schreibstil ist wundervoll zu lesen, er ist bildhaft und sehr poetisch.
    Die Verlobung von Marian, der Tochter des Hauses, mit Lord Trimingham steht bald bevor, als Leo Liebesbotschaften zwischen Marian und dem Pächter Ted Burgess überbringt. Leo stammt aus ärmlichen Verhältnissen und ihm imponiert die Umgebung in der sein aristokratischer Schulfreund Marcus Maudsley aufwächst. Dabei hat es mich verwundert, wie die beiden so unterschiedlichen Jungen befreundet sein können. Leo möchte die Anerkennung der Familie und lässt sich daher von Marian einspannen. Zunehmend aber fühlt er sich mit seinem Botendienst unwohl. Natürlich bleibt Marians Treiben nicht verborgen und die Katastrophe ist nicht mehr aufzuhalten.
    Leo ist nicht mehr richtig Kind, aber auch noch nicht erwachsen. Es ist eine aufregende Zeit, in der er sich selbst noch nicht gefunden hat. Da ist es verständlich, dass die schöne Marian das Chaos von Leos Gefühle noch zusätzlich durcheinanderbringt. Er begreift in seiner Naivität nicht, was da geschieht und dass er getäuscht wird. Die Folgen sind für ihn verheerend.
    Die Charaktere sind lebendig und individuelle gezeichnet. Nur aus dem Zusammenspiel dieser Personen ist der Verlauf der Geschichte zu erklären.
    Mir hat dieser sehr atmosphärische Roman sehr gut gefallen.

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  • 5 Sterne

    1 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    leseratte1310, 30.04.2019

    Leo Colston findet beim Aufräumen sein „Tagebuch für das Jahr 1900“ und er erinnert sich an den Sommer auf dem Landgut der Eltern seines besten Freundes. Zu dem Zeitpunkt war er zwölf Jahre alt und noch sehr unbedarft. Nur so konnte er in den Strudel hineingezogen werden, der in einer Katastrophe endete.
    „Ein Sommer in Brandham Hall“ erschien bereits im Jahr 1953 unter dem Titel „The Go-Between“ und wird jetzt neu herausgegeben. Der Schreibstil ist wundervoll zu lesen, er ist bildhaft und sehr poetisch.
    Die Verlobung von Marian, der Tochter des Hauses, mit Lord Trimingham steht bald bevor, als Leo Liebesbotschaften zwischen Marian und dem Pächter Ted Burgess überbringt. Leo stammt aus ärmlichen Verhältnissen und ihm imponiert die Umgebung in der sein aristokratischer Schulfreund Marcus Maudsley aufwächst. Dabei hat es mich verwundert, wie die beiden so unterschiedlichen Jungen befreundet sein können. Leo möchte die Anerkennung der Familie und lässt sich daher von Marian einspannen. Zunehmend aber fühlt er sich mit seinem Botendienst unwohl. Natürlich bleibt Marians Treiben nicht verborgen und die Katastrophe ist nicht mehr aufzuhalten.
    Leo ist nicht mehr richtig Kind, aber auch noch nicht erwachsen. Es ist eine aufregende Zeit, in der er sich selbst noch nicht gefunden hat. Da ist es verständlich, dass die schöne Marian das Chaos von Leos Gefühle noch zusätzlich durcheinanderbringt. Er begreift in seiner Naivität nicht, was da geschieht und dass er getäuscht wird. Die Folgen sind für ihn verheerend.
    Die Charaktere sind lebendig und individuelle gezeichnet. Nur aus dem Zusammenspiel dieser Personen ist der Verlauf der Geschichte zu erklären.
    Mir hat dieser sehr atmosphärische Roman sehr gut gefallen.

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  • 5 Sterne

    yellowdog, 02.05.2019 bei bewertet

    Dieser Roman von 1953 beeindruckt durch seine stilistische Brillanz und die geschickt gewählte Struktur,
    In einer Klammer, bestehend aus Prolog und Epilog erzählt der Icherzähler Leo Conte von einem Sommer 1900, den er bei einem Schulfreund auf einem vornehmen Anwesen verbrachte, Brandham Hall.
    Er war damals 12 Jahre alt. Ausgehend von einem wiedergefundenen Tagebuch aus dieser Zeit erinnert er sich 50 Jahre später an diesen Sommer, der für ihn so prägend war. Er bewunderte die vornehme Familie, vor allen die schöne Marian, für die er ein Vertrauter wird. Er spielt den "Postboten" für sie und bringt Zettelchen von oder zu ihren Verehrern. Doch irgendwann eskaliert die Situation, aber hier möchte ich nicht zu viel verraten.

    Viel spielt sich im Inneren des Jungen ab, ab und zu reflektiert von dem Erwachsenen Leo, der schließlich nach so langer Zeit noch einmal nach Brandham Hall zurückkehrt.

    Es ist ein sehr britisches Buch, das unter dem Originaltitel The Go-between ein großer Erfolg wurde und zum Beispiel Ian McEwan zu seinem Roman Abbitte (OT: Atonement) inspirierte, das ganz ähnlich angelegt ist.

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  • 5 Sterne

    0 von 1 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    helena, 15.07.2019

    Sehr vielschichtig mit toller Prosa

    Dies ist eine Neuauflage inklusive Neuübersetzung. Erstmalig ist der Roman 1953 unter dem Titel "The Go- Between" in Großbritannien erschienen und bislang schon zweimal verfilmt worden.
    Der hier gewählte deutsche Titel passt aber ebenfalls sehr gut.

    Worum geht es: England 1952. Leo Colston findet sein altes Tagebuch. Es dauert ein wenig, bis er sich erinnert....an den Sommer 1900, den er, fast 13 jährig, bei seinem Schulkameraden Marcus auf dessen Gutssitz Brandham Hall verbracht hat. Fast völlig verdrängt hatte er die dortigen Ereignisse, die sein folgendes Leben allerdings überschatten und prägen sollten. So wurde er Bibliothekar, statt wie erträumt Schriftsteller und statt eine Familie zu gründen, liess er sich nie auf eine Frau ein.

    Leo als Junge ist ganz anders. Er ist sehr sensibel, mehr in der Phantasie zu Hause, denn in der Realität. Er verklärt die Dinge des Lebens, romantisch und magisch. Er ist ein sehr gefühlvoller Mensch, himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt, mit einer Leidenschaft fürs Extreme. Er macht sich zudem viele Gedanken über das richtige Verhalten, über Sünde, Schuld und Moral.
    Leo verliebt sich in Brandham Hall das erste Mal, in Marian, die ältere Schwester von Marcus, weiss es allerdings gar nicht so recht. Diese wiederum ist Lord Trimingham versprochen, liebt aber eigentlich den Pächter und Bauern Ted Burgess. Marian und Ted bitten Leo, ihre wechselseitigen Briefe zu überbringen. Er tut dies auch, im ersten Glauben dies seien geschäftliche Briefe, wird aber immer unruhiger, als er erkennt, worum es eigentlich geht. Es könnte alles fatale Konsequenzen haben...

    Der Roman ist in der Ich-Form geschrieben. Die elegante, gewählte Prosa gefiel mir sehr, mit all ihren Metaphern und der gut beschriebenen Stimmung, mit all den bösen Vorahnungen und dem stets drohendem Unheil, welches verhängnisvoll über den Köpfen schwebt. Der Stil ist manchmal pathetisch, oft sehr eindrücklich, tiefgründig, lebendig und neben der ganzen Dramataik- auch amüsant (hier gefielen mir die Flachsereien zwischen Marcus und Leo sehr gut sowie die stetige Besorgnis Leos, dass im Gottesdienst nicht mehr als 50 Strophen gesungen werden, da er mehr stehend nicht schaffen und dann wahrscheinlich umkippen würde).

    Die sehr interessanten Charaktere sind fein und komplex angelegt und wirken dadurch sehr authentisch und überzeugend. Vor allem Leo ist sehr tief und differenziert gezeichnet, was mir unheimlich gut gefallen hat! Seine kindliche Sicht, seine Fragen, seine Zweifel, seine Neugier, seine Empfindsamkeit, all das wird sehr authentisch wiedergegeben. Sein Schicksal hat mich sehr berührt.

    Der Roman beleuchtet vor allem die soziologisch-politische und psychologische Ebene. Es geht um die gesellschaftliche Etikette der damaligen Zeit und die Problematiken der Standesunterschiede sowie um das Heranwachsen und die Bewältigung innerer und äußerer Konflikte. Romantik versus Vernunft ist ebenfalls ein deutliches Thema, der Roman ist jedoch sehr vielschichtig, so dass man hier noch sehr viel mehr entdecken kann.

    Fazit: Ein toll geschriebener, dramatisch ausgefeilter, psychologisch fein beobachteter und sehr berührender Roman, samt interessantem Sittengemälde und Lebensgefühl Englands um 1900.
    Absolut empfehlenswert!

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