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  • 4 Sterne

    4 von 8 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Sigrid K., 24.09.2017 bei bewertet

    Ein Volk, ein Reich, ein Führer – ein Slogan oder mehr?

    Das vorliegende Buch ist einer von sieben Bänden der von Norbert Frei herausgegebenen Reihe und ist auch für sich allein lesbar. Der Autor Dietmar Süß gliedert sein Werk in vier Großkapitel, die allesamt in kleinere Abschnitte unterteilt werden. So wird in jedem Kapitel ein anderer Kernpunkt herausgearbeitet, entweder die soziale Lage der Bevölkerung, die Begeisterung der Jugend, die Kriegshierarchie oder der viel zu lang anhaltende Glaube an den Endsieg. Ergänzend zu den historischen Fakten werden von Süß viele Fallbeispiele zur Veranschaulichung der jeweiligen Thematik gebracht.

    Terror und Begeisterung
    Bereits im ersten Abschnitt geht Süß der Frage nach, wie denn nun ein Nationalsozialist zu definieren sei. Oft wird die Meinung vertreten, dass mit Nationalsozialisten durchwegs die Schläger der SS oder einige radikalisierte Kämpfer gemeint sind. Doch der Nationalsozialismus war nicht plötzlich über Deutschland hereingebrochen, er fand Unterstützer aus allen sozialen Gruppen – Arbeiter, Bauern, Angestellte, Studenten, Offiziere, …, in sämtlichen Glaubensrichtungen und schlich sich in familiäre Auseinandersetzungen. Es wurde offensichtlich, dass die Bevölkerung in ihrer Mehrheit bereit war, sich einer Politik nationaler „Erlösung“ zu unterwerfen.
    Die „Partei des Volkes“ war bestens organisiert, angewiesen auf noch so kleine Ortsgruppenleiter bzw. Blockwarte usw., die natürlich „arischer Rasse“ und „erbgesund“ sein mussten. Ständig an der Tagesordnung die Frage über die Volksgenossen: Stand er auf der richtigen Seite, hatte er die richtige Moral, die richtige Haltung? Denunziation und Stigmatisierung wurden zur Tagesordnung, ebenfalls der wichtige deutsche Gruß mit erhobenem rechtem Arm. Der Dreiklang „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ spiegelt den Wunsch nach nationaler Größe, verbunden mit dem im Zentrum stehenden Führer.

    Führer und Gefolgschaft
    In diesem Kapitel wird die Grausamkeit des Regimes an den Pranger gestellt. Die Volksgesundheit stand an vorderster Stelle, gesunde kampfkräftige junge Menschen wurden immerhin benötigt, um das Deutsche Reich zur verdienten nationalen Größe werden zu lassen. Da durften natürlich körperliche und geistige „Erbschäden“ (z.B. Epilepsie, Blindheit, angeborener Schwachsinn …) nicht durchschlagen und so entschied das Erbgesundheitsgericht darüber ob es präventiv zu einer Zwangssterilisation kommen sollte oder nicht. Vermutlich fielen insgesamt 400.000 Menschen diesem „Gesetz zur Verhütung“ zum Opfer.
    Der Nationalsozialismus eroberte sich seinen Platz im Festkalender diverser Städte, wollte mithilfe „Freut euch des Lebens“ und der Durchführung etlicher Festlichkeiten die Volksmoral stärken und ein Stück individuelles Vergnügen aufrechterhalten.

    Kriegerische Volksgemeinschaft
    Während Mitglieder der NSDAP die Gewaltbereitschaft unterstützte oder förderte, gab es ebenfalls diejenigen, die wegschauten oder sogar Verständnis aufbrachten. Die Pogrome schufen den Anfang einer Enteignungswelle, die Finanzbehörden erklärten sich bereit, Privateigentum der Juden „in Verwahrung“ zu nehmen, Korruption und Vertreibung standen an der Tagesordnung. Nachbarschaftliche Gemeinschaft wurde grundlegend verändert, Konfession und politische Einstellung zu einem Problem innerhalb von Familien- und Freundeskreis, Konflikte wurden über Denunziation ausgetragen und hatten oft schwerwiegende Folgen.

    Glauben, sterben, überleben
    Im letzten Kapitel wird noch einmal zur Gänze der Wahnsinn bewusst gemacht, welches Leid die Zivilbevölkerung zu tragen hatte, Flucht, Hunger und Tod standen an der Tagesordnung. Den Endsieg immer noch vor Augen, wurde wahllos gemordet und vertrieben, die Willkür ausgelebt. Hitler selbst verschwand mehr oder weniger in der Versenkung, vermied öffentliche Auftritte und bot somit den Grundstock wilder Spekulationen. Viele Überlebende kehrten traumatisiert und gebrochen nach Kriegsende in ihr Leben zurück und versuchten ihren Alltag zu bestreiten.

    Somit spannt Süß einen Bogen vom Anfang der 30er Jahre bis 1945. Der sachliche, flüssige Schreibstil des Autors macht das Buch gut lesbar. Durch die verschiedenen Kernpunkte und teilweise eingestreute Paradebeispiele wird das Thema gut aufgearbeitet und man findet als Leser einen breiten Querschnitt dieser Zeit. Der Autor stellt die Wahrnehmung durch Zeitgenossen und Erlebnisberichte in den Vordergrund, verbindet diese mit historischen Gegebenheiten und schafft somit ein lebendiges Buch. Einziger Kritikpunkt: Süß klammert Widerstandsbewegungen aus, erwähnt keinerlei Hilfsaktionen durch die Bevölkerung – dies stand hier wohl nicht im Fokus, wäre aus meiner Sicht jedoch erwähnenswert gewesen.

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  • 5 Sterne

    4 von 9 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Gertie G., 30.09.2017

    Der Verlag C.H.Beck hat eine mehrteilige Reihe zum Thema „Die Deutschen und der Nationalsozialismus“ herausgebracht. Vorliegendes Buch von Dietmar Süß ist eines davon.

    Da uns in Kürze keine Zeitzeugen mehr berichten können werden, wie sie diese Zeit er- und überlebt haben, ist es notwendig mit dem Abstand der Jahre die Schreckensherrschaft der Nazis zu beleuchten.

    Wer waren sie nun „Die Deutschen“? Sind alle der Propaganda des Diktators auf den Leim gegangen? Wie kann es sein, dass der größte Teil der Bevölkerung Deutschlands und Österreichs die Heilsversprechungen geglaubt hat? Und das quer durch alle
    Bildungsschichten? Und was ist mit der lahmen Verteidigung, von den Gräueln der Judenverfolgung nichts gewusst zu haben?

    In vier großen Kapiteln versucht der Autor diesen Mechanismen auf den Grund zu gehen. Dabei lässt er neben historischen Fakten auch Menschen dieser Zeit sprechen. Auch Briefe werden zitiert um uns die Bedingungen zu erklären, unter denen dieses Regime hatte sich so lange halten können.

    • Terror und Begeisterung
    • Führer und Gefolgschaft
    • Kriegerische Volksgemeinschaft
    • Glauben, sterben, überleben

    Innerhalb der Kapitel gibt es weitere Unterteilungen, so dass die manchmal schwierige Kost leichter lesbar ist.

    Das erste Kapitel „Terror und Begeisterung“ geht der Definition „Nationalsozialist“ nach. Wer ist nun ein solcher? Definitiv sind Juden und Kommunisten keine Nazis.
    Die landläufige Meinung, nur die Schergen der SA und SS wären Nazis, lässt sich nicht aufrechterhalten. Der Nationalsozialismus ist auch nicht wie ein Hagelsturm plötzlich über die Gesellschaft hereingebrochen. Auch die Weltwirtschaftskrise allein, hat die Nazis an die Macht gebracht.

    Vielmehr ist die Unterstützung für die Ideen mehr oder weniger schleichend in die Familien eingedrungen - quer durch alle Bevölkerungsschichten und Glaubensrichtungen. Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirchen haben sich nicht mit Ruhm bekleckert.

    Die Befürworter und Anhänger sind auf die Heilsversprechen der Agitatoren hereingefallen.

    Durch straffe Organisation, wenig Müßiggang (und selbst der wird im richtigen Sinn gestaltet) sowie ständige Propaganda, beeinflusst die Partei ihre Bürger. Nichts ist dem Zufall überlassen. Alles bestens organisiert.

    Die Menschen werden in zwei Klassen geteilt: in „arisch“, „erbgesund“ und „nützlich“ oder „unnütz“, „Volksschädling“ usw..

    Doch innerhalb der „richtigen“ Deutschen bleiben die Klassenschranken bestehen. Allerdings werden sie, durch entsprechende Rituale, wie dem „Deutschen Gruß“ oder den Dreiklang „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ brüllend zu einer amorphen Masse, die sich trefflich manipulieren lässt.

    Im zweiten Kapitel „Führer und Gefolgschaft“ stellt der Autor die Grausamkeit des Regimes dar, mit der, nicht der gesunden Norm entsprechende Menschen, einfach ermordet werden. Allerdings nicht ohne, vorher noch für allerlei medizinische Experimente gequält worden zu sein. In diesem Kapitel kommt klar heraus, dass man mehr über das Verschwinden von chronisch kranken, behinderten und/oder verwirrten Menschen wusste, als man später zugeben wird.

    Gleichzeitig dringt der Nationalsozialismus immer tiefer in den Alltag ein. Religiöse Feste werden im Sinne der Machthaber umgedeutet. Der Aufschrei der Kirchen bleibt wieder aus.

    Das dritte Kapitel „Kriegerische Volksgemeinschaft“ widmet sich dem behördlich verordneten und moralisch geduldeten Raubzügen an jüdischem Eigentum. Hier gibt es mehrere Gruppierungen:

    • jene, die sich schamlos am Vermögen der Juden bereichern (Mitarbeiter von Behörden, Dienststellen und Bonzen des Regimes)
    • jene, die auf ein Schnäppchen hoffen und recht wenig Unrechtsbewusstsein besitzen
    • jene, die wenigstens versuchen, einen halbwegs angemessen Preis zu bezahlen und die deswegen ein schlechtes Gewissen haben und Angst vor einem späteren „Zahltag“
    • die letzte Gruppe, nämlich jene, die sich an dem entwürdigenden Gerangel um fremdes Eigentum nicht beteiligt haben, ist die kleinste

    Denunziationen, Spitzeldienst usw. nehmen überhand. Selbst in der eigenen Familie ist man sich nicht mehr sicher, ob nicht die eine oder andere Bemerkung im Spaß oder Zorn hingeworfen, nicht den Abtransport in das nächste KZ bedeutet.

    Im letzten Kapitel „Glauben, leben, sterben“ wird nochmals der ganze Wahnsinn des Regimes zusammengefasst. Obwohl nun den meiste klar ist, dass der Krieg verloren ist, wird weiter für den „Endsieg“ getrommelt: Sinnlose Durchhalteparolen, Willkür bei Verhaftungen und Hinrichtungen, immer mehr Entbehrungen bei der Zivilbevölkerung.

    Manche haben ihren Glauben verloren, andere finden in gerade wieder, allerdings abseits der etablierten Kirchen.

    Ein spannendes Detail wird hervorgehoben: In den späteren Jahren des Krieges verschwindet Hitler beinahe von der Bildfläche. Auch seine Radioansprachen werden weniger. Es scheint, als ob er die Fäden nicht mehr alleine in der Hand hielte. Seine Adlaten wie Goebbels, Speer usw. toben sich in seinem Namen aus. Dass sich der Diktator rarmacht, gibt Anlass zu wilden Spekulationen, die allerdings nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden.

    Nachfolgender Faktor ist ebenso zynisch wie makaber: Die sogenannte „Leichentrauung“. Um nämlich in den „Genuss“ einer Witwen- und Waisenrente zu kommen, muss die deutsche Frau mit einem Soldaten verheiratet gewesen sein, denn ein uneheliches Kind, nein das geht gar nicht. Wenn nun eine schwangere Verlobte die Heiratsabsichten glaubhaft darstellen konnte, griff man zu eben dieser Art der Trauung, um wenigstens die finanzielle Versorgung zu gewährleisten.

    Meine Meinung:

    Dietmar Süß spannt in seinem Buch einen Bogen von Beginn der 1930er Jahre bis nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945.
    In eindringlicher Sprache, jedoch ohne Pathos, legt er seinen Lesern Tatsachen vor. Die Zeitzeugenberichte sind sorgfältig recherchiert und perfekt eingearbeitet.

    Trotz der vielen Zahlen, Daten Fakten lässt sich das Buch
    sehr gut lesen.

    Ein kleiner Fehler ist mir als Österreicherin beinahe schmerzhaft in die Augen gestochen: „im oberösterreichischen Leoben“ (S. 263). Leoben war und ist immer eine Stadt in der Steiermark.

    Obwohl dieses Buch der zweite Teil einer Reihe ist, kann es für sich alleine gelesen werden. Ich denke jedoch, die anderen Bücher zu lesen, wäre ein gute Ergänzung.

    Das sind:

    • „Dass ihr mich gefunden habt“ (Sybille Steinbacher)
    • „Ihr wisst, wollt es aber nicht wissen“ (Markus Roth)
    • „Ein Leben wie ein Traum“ (Moritz Föllmer)
    • „Kanonen statt Butter“ (Tim Schanetzky)
    • „Dieser Krieg ist der große Rassenkrieg“ (Birthe Kundrus)
    • „Es gibt keine Nazis in Deutschland“ (Norbert Frei)

    Gerade letzteren Titel lohnt es sicher, angesichts der aktuellen politischen Lage in Deutschland und auch Österreich, zu lesen. Vielleicht ist es doch noch möglich, das gänzliche Abdriften in den rechten Sumpf hintanzuhalten.

    Fazit:

    Ein sehr informatives Buch, das vor allem durch seine sachliche Sprache und durch die Einarbeitung von authentischen Quellen besticht. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

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