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  • 5 Sterne

    Elfriede K., 14.08.2016

    „...Weißt du, was ich schrecklich finde? Dass die NorMen aus ihrer eigenen Geschichte nicht lernen. Anstatt das sie mal etwas Gutes und Richtiges tun, zünden sie die Unterkünfte von Flüchtlingen an...“ (S. 332)

    Die Anthologie enthält 22 Erzählungen. Die Länge der Geschichten reicht von 10 Seiten bis etwa 25 Seiten. Jede Erzählung ist von einem anderen Autor. Alle aber haben sich an einem Thema orientiert. Es geht um Krieg und Kampf, um Flucht und Vertreibung, um die Suche nach einer neuen Heimat. Diese Punkte hat jeder der Autoren auf seine ganz eigene Art umgesetzt. Dabei spielen die meisten der Geschichten in der Welt der High Fantasy. Doch in fast allen Erzählungen hat auch die Spezis Mensch ihren Part.
    Schon das Vorwort hat ein besonderes Flair. Ein Meeresbewohner schwimmt durch das Mittlere Meer. Er hat sich eine besondere Aufgabe gestellt. Er beerdigt die Toten der Schiffe, die das rettende Ufer nicht erreichen und verschönert ihre Gräber mit Algen. Der Bezug zu unserer Gegenwart fällt sofort ins Auge. Das ist beabsichtigt.
    Ich kann hier nicht auf alle 22 Geschichten eingehen und möchte einige wenige auswählen.
    Die Geschichte „Elfenmohn“ wird in zwei Perspektiven erzählt. Die Enkelin fragt ihren Großvater, ob er noch Elfen gesehen hat. Er hatte vor Jahren zwei Elfen die Hilfe verweigert. Das hat er sich nie selbst vergeben. Im Rückblick wird erzählt, warum die Elfen damals auf der Flucht waren. Gut gefallen hat mir, dass nur die Ereignisse berichtet werden und jedes Urteil, jede Wertung unterbleibt. Es sollen noch etliche Jahre vergehen. Die Enkelin hat selbst Familie. Da steht eine junge Frau vor der Tür.
    In „Nebelsee“ treffe ich auch viel Seefahrerromantik. Gut ausgearbeitete Seemannsgespräche über die Hilfe für die fremde Frau, die sie aus der See gezogen haben, zeigen die unterschiedlichen Standpunkte. Die Geschichte hat ein überraschendes Ende.
    „Der Garten der tanzenden Sterne“ ist die romantischste der Geschichten. Der Gegensatz zwischen Flucht und der liebevollen Aufnahme durch einen Magier in einem Land, dass fast paradiesische Zustände aufweist, wird gut dargestellt. Was bleibt, ist die Hoffnung auf Frieden in der alten Heimat.
    „Zeit sich zu erheben“ wird von einem Ich-Erzähler gestaltet. Er beobachtet einen Mob und stellt die Frage: "...Heute ist es vielleicht eine Strohpuppe, doch was mag es morgen sein?..." Zwischendurch erzählt von seinem Erleben auf der Suche nach Ballons auf der Flucht. Die Szenen gehen unter die Haut.
    „Sonnenwende“ war eine der Geschichte, die einen vorderen Rang belegt hätte, falls ich mich für eine Reihenfolge entschieden hätte. Auf wenigen Seiten werden zwei Handlungsebenen verquickt. Es ist einerseits die Geschichte einer Flucht und andererseits die vom Untergang der reichen Stadt Plutos. Es fallen die vielen Parallelen zur Gegenwart auf.
    Obiges Zitat bezieht sich auf die letzte Geschichte. NorMen steht für uns Menschen. Das Zitat stammt von einer grauen Wölfin. Der magischen Welt ist es verboten, in die Welt der Menschen einzugreifen. Doch sie finden Wege zur Rettung derjenigen, die auf der Flucht sind. Auch hier geht ein Blick in die Vergangenheit.
    Die wenigen Beispiele zeigen schon, dass jeder Autor seine eigene Handschrift hat. Die Geschichten führen mich in die Welt der Orks und Elben, der Elfen und Lamien und weiterer magischer Wesen. Dabei räumt manche Geschichte mit altbekannten Vorstellungen und Vorurteilen auf. Einige der magischen Protagonisten verhalten sich ganz anders, als es der Kenner der High Fantasy erwartet. Sie scheinen lernfähiger als die Menschheit zu sein. Vorurteile werden ad acta gelegt. Historisch lassen sich die Geschichten unterschiedlich einordnen. Spannende Kämpfe spielen nur selten ein Rolle. Dafür werden die Mühen einer Flucht völlig unterschiedlich dargestellt. Es ist eine Zeit zwischen Hoffnung und Resignation.
    Natürlich habe ich meine Lieblingsgeschichten. Das ändert aber nichts daran, dass für mich alle Erzählungen gelungen waren. In jeder ließ sich ein wichtiger Grundgedanke ableiten, deren Nichtbeachtung zu Trauer und Tod führt. Jeder Leser ist gefragt, dass für sich selbst zu entdecken. Gleiches gilt für die unterschiedlichen Bezüge zur Gegenwart.
    Das Cover in gedeckten Farben mit den Reisewagen finde ich für das vorgegebene Thema als sehr gelungen.
    Die Anthologie hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie hat eine aktuelle Frage in einen völlig neuen Kontext gestellt und unter 22 Gesichtspunkten bearbeitet. Ich wünsche dem Buch viele aufgeschlossene Leser und gebe eine unbedingte Leseempfehlung.

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  • 4 Sterne

    Meike A., 31.08.2016

    In dieser Anthologie sind 22 ganz unterschiedliche Kurzgeschichten zum Thema Flucht zusammengetragen. Doch so real und erschreckend auch der Hintergrund ist, es handelt sich bei diesen Geschichten durchweg um Werke aus dem Bereich der High-Fantasy. Auch wenn die Parallelen zur aktuellen Zeitgeschichte gewollt und teils schwer zu übersehen sind, so bleibt es doch jedem Leser selbst überlassen, ob er einen Bezug zur Realität herstellen will oder einfach nur die Vielfalt dieser Anthologie genießen mag.

    Die Geschichten sind eindringlich und berührend, machen nachdenklich und erschüttern, doch es gibt auch immer wieder Lichtblicke und Hoffnungsschimmer, so dass nicht nur die Protagonisten, sondern auch der Leser immer wieder aufatmen kann. Mal steht die Flucht im Vordergrund, mal die Ängste, das Leid und die Not der Flüchtenden. Doch auch diejenigen, die um Hilfe ersucht werden, bekommen eine Stimme und ihre Gedanken, Hoffnungen und Sorgen werden geschildert.

    In den meisten Geschichten ist den Fantasyanteil sehr gut eingewoben. Es besteht kein Zweifel, dass wir uns in phantastischen Welten bewegen, aber dennoch wirken die Geschichten authentisch, ganz unabhängig davon, dass wir Elfen und Orks, Menschen, Drachen und weiteren Märchen- und Sagengestalten begegnen.

    In vielen Geschichten gibt es Überraschungen und nicht alle Wesen handeln so, wie es meist in der Fantasywelt üblich ist. So kommt die Hilfe - ebenso wie bei uns - manchmal von einer Seite, von der aus man sie am wenigsten erwarten hätte. Vorurteile werden aufgebrochen und hinterfragt und der Leser wird indirekt immer wieder aufgefordert, sich selbst eine Meinung zu bilden, zu handeln und nicht wegzusehen.

    Bei so unterschiedlichen Geschichten, die mal düster, mal dramatisch, dann wieder voller Hoffnung oder auch einfach nur aufrüttelnd sind, haben mir nicht alle gleich gut gefallen, doch das ist für eine Sammlung von Geschichten ja normal. Auf einige Geschichten möchte ich gerne genauer eingehen, da ich sie entweder sehr gelungen und/oder einfach sehr besonders fand.

    In „Raols Reise“ von Lila Lestrange war es für mich sehr eindringlich beschrieben, wie ganz normale Menschen plötzlich aus ihrem Leben gerissen werden und völlig vom Krieg überrascht werden. Von jetzt auf gleich ist alles anders und die eigenen Möglichkeiten etwas zu tun sind sehr beschränkt.

    In Tamara Schadts „Elfenmohn“ hat es mir sehr gefallen, dass über niemanden ein Urteil gefällt wird - weder über die hilfesuchenden Elfen, noch über die Menschen, die helfen oder auch die Hilfe ablehnen.

    Besonders gelungen war für mich die Geschichte „Nebelsee“ von Stefan Schweikert. Ich hatte beinahe das Gefühl, selbst mit auf dem Schiff zu sein und die Unruhe unter den Matrosen und Söldnern hautnah mitzuerleben. Vor allem das Ende hat mich überzeugt. Nur zu gerne hätte ich hier weitergelesen.

    Der Verlauf der Geschichte „Das Ende der Unschuld“ von Bianca Peiler ist beklemmend und macht nochmals deutlich, dass die Schrecken des Krieges nicht vor dem einfachen Volk, vor den Alten und Schwachen Halt machen und dass jeder betroffen sein kann.

    Eher spannend als berührend war Nikolaj Kohlers Werk „Der letzte der Sieben“, doch es zeigt sehr anschaulich, dass Vorurteile nie gut sind, egal ob man jemanden oder etwas in den Himmel lobt oder verflucht. Die Wahrheit kann stets anders sein.

    Ähnlich ist es bei Ulf Fildebrand. Sein Protagonist muss in „Von Orks und Menschen“ lernen, dass Orks nicht gleich Orks sind und sie sich ändern können. Niemand in dieser Geschichte ist eindeutig schwarz oder weiß und lässt sich so einfach in eine Schublade stecken.

    Fabian Dombrowskis Beitrag „Zeit sich zu erheben“ hebt sich allein durch seinen Stil von den restlichen Geschichten ab. Der Leser wird direkt angesprochen und es wird an ihn appelliert etwas zu tun. In dieser Geschichte stellt sich mir die Frage, wie weit man gehen darf, um die Leute aufzurütteln. Der Sprecher will, dass die Leute sich erheben. Ein hehres Ziel - doch kann und will er das friedlich erreichen?

    Zuletzt möchte ich noch Anna Eichenbach erwähnen. Ihre Geschichte, „Der Garten der tanzenden Sterne“, ist trotz aller Schrecken vor allem zum Ende hin Märchenhaft und ich mochte die Geschichte sehr.

    Mein Fazit: Ich denke, dass jeder Leser in dieser Anthologie eine Geschichte finden wird, die ihn persönlich berührt, unabhängig davon, ob er regelmäßig Fantasy liest ist oder nicht. Das heikle Thema Flüchtlinge wird meines Erachtens nach gut aufgegriffen und gerade die vielfältigen Blickwinkel und Sichtweisen machen nachdenklich und zeigen, wie wichtig es ist, sich erst einmal ein genaues Bild zu machen, bevor man vorschnell urteilt.

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