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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Lena, 25.07.2022

    Als Buch bewertet

    Leo und Simon sind seit über zehn Jahren ein Paar und leben mit ihrer Katze Daan in einer kleinen Wohnung in Brüssel. Beide verbindet sie eine tragische Vergangenheit, denn jeder von ihnen hat seine Mutter verloren und keine enge Beziehung zu ihren Vätern. Ihre Liebesbeziehung füllt sie vollkommen aus. Genauso wenig wie sie eine enge familiäre Bindung haben, haben sie kaum enge Freunde. Sie sind kreative Köpfe, wobei das Talent beruflich nur von Simon ausgelebt wird, der als Grafikdesigner arbeitet. Leo traut ihrer schriftstellerischer Ader weniger über den Weg und begnügt sich mit einem Job als Verkäuferin in einem Umstandsmodegeschäft, der ihr ein sicheres Einkommen bietet.
    Ihre enge Beziehung gerät ins Wanken, als Simon eines nachts tätowiert nach Hause kommt, völlig überdreht und energiegeladen ist und Leo eröffnet gekündigt zu haben, um sich selbstständig zu machen. In den nächsten Wochen und Monaten leidet Simon an Selbstüberschätzung, schläft kaum noch, räumt die Wohnung um, tätigt unzählige Onlineeinkäufe für sein Unternehmertum und entwickelt eine zunehmende Paranoia, fühlt sich verfolgt und verliert allmählich den Bezug zur Realität.
    Leo ist hilflos, erkennt Simon nicht wieder und sieht lange zu wie er sich selbst und ihre Beziehung zerstört, bis sie sich Hilfe sucht. Sie schreibt sich zudem den Kummer von ihrer Seele und ahnt nicht, dass sie damit eine Katastrophe auslösen könnte und ihr nur wenig Zeit bleibt, diese zu verhindern.

    Der Roman handelt im Jahr 2018, als sich Simon zu verändern beginnt und ist aus der Perspektive seiner Freundin Leo geschildert. Während der chronologisch verlaufenden Handlung, die sich zu einer Abwärtsspirale entwickelt, in der sich beide Hauptfiguren zu verlieren drohen, zeigen kürzere Einblicke ins Jahr 2019, wie sich eine Katastrophe anbahnt.
    Die Geschichte ist sehr intensiv, kein Thriller, aber ein wahrer Pageturner. Sie schildert eine intime, schamlose Paarbeziehung, die unerwartet auseinanderzubrechen droht, als einer von ihnen in ein seelisches Ungleichgewicht gerät und eine Psychose entwickelt.
    Eindringlich und schonungslos wird erzählt, wie Leo hilflos und auf sich alleingestellt dabei zusieht, wie sie ihren Freund, zu dem sie eine so vertrauensvolle Beziehung führte, nach und nach verliert. Sie weiß nicht was sie tun soll, denn jede Intervention fühlt sich wie ein Verrat an. Leo ist in Sorge um Simon und fürchtet sein unkontrolliertes Handeln, nimmt ihn aber gleichzeitig vor Außenstehenden in Schutz. Sie wird zu einer Co-Kranken.

    "Ich bin nicht da" ist ein Portrait einer innigen Paarbeziehung und ein Roman über psychische Gesundheit, der nicht aus der Sicht des Kranken, sondern des Angehörigen geschrieben ist. Medizinische Aspekte, Therapie, Medikamente und Heilung spielen keine wesentliche Rolle. Ungläubig verfolgt man, wie schnell sich ein Mensch verändert und zu welchen Handlungen er fähig ist.
    Es ist eine erschütternde, mitnehmende Geschichte, die nichts beschönigt, die Tabus bricht und die durch die Ich-Perspektive und die spürbare Hilflosigkeit der Protagonistin erschreckend real wirkt. Pendelnd zwischen Hoffnung und Verzweiflung fragt man sich selbst, wann man in solch einer Situation eingreifen würde und wann es zu einem Vertrauensbruch führen würde.
    Lize Spit bleibt vergleichbar mit "Und es schmilzt" ihrem schnörkellosen, sehr direkten Schreibstil treu, ohne die Empathie für ihre Figuren zu verlieren. Es ist eine fordernde Lektüre, die den langsamen Verlust eines geliebten Menschen beschreibt und die durch die kurzen Abschnitte in der Gegenwart, die wie ein Countdown geschildert sind, für Spannung sorgt, die sich durch die sehr detaillierte Beschreibung von Simons Wesensveränderung etwas verliert.

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  • 4 Sterne

    ninchenpinchen, 12.09.2022

    Als Buch bewertet

    Außer Kontrolle

    Lize Spit hat sich viel Zeit gelassen für ihren neuen dicken Roman. 571 Seiten. Wir mussten etwa vier Jahre warten und hatten so die Zeit das unvergessliche Werk „Und es schmilzt“ zu verdauen.

    Hier sind die Protagonisten älter geworden, wie die Autorin selbst etwa. Leo ist um die zwanzig, als es losgeht und um die dreißig, als es aufhört. Simon, Leos Partner und fast einziger Freund ist ungefähr drei Jahre älter als sie. Das Paar wohnt wie die Autorin in Brüssel. Leo hat Regie und Drehbuchschreiben an der Filmakademie studiert, arbeitet aber als Verkäuferin in einem Umstandsmodegeschäft. Simon ist Grafikdesigner, begnadet und sehr erfolgreich. LS lässt sich viel Zeit für die Entwicklung ihrer Figuren.

    Leo hat zwei Freundinnen: Indra und Lotte. Ihre Mutter verunglückte tödlich und zum Vater will sie keinen Kontakt. Bei Simon ist es ähnlich, seine Mutter starb und der Vater agiert in Italien. Es gibt nur Fernkontakt, durchaus häufiger, aber es kommt nie zu persönlichen Begegnungen während dieser Geschichte. Bei Leo verschwindet so nach und nach die eine Freundin aus ihrem Leben: Indra. Und einzig mit Lotte, ihrer Kollegin im Geschäft, teilt sie Freud und Leid. Simons Vater wird ab und zu von Leo informiert, aber zurück kommen nur wenig hilfreiche Vorschläge.

    Als Coen in der Agentur anfängt, in der Simon beschäftigt ist, eskaliert die Lage: Simon wird zunehmend paranoid. Aber auch Leo verändert sich. „Ich war schon genauso paranoid wie er, seine Krankheit hatte auch mein Gehirn infiziert.“ (Seite 199)
    Spät sorgt sie dafür, dass Simon eingeliefert wird. „Dieses Ding, das in ihm hauste, musste erst ganz aus ihm raus, bevor ich ihn wieder bei mir haben wollte.“ (Seite 287)

    In der Psychiatrie arbeitet auch Dr. „Einhorn“, den Leo und Simon auch vorher konsultiert hatten. Sieben Wochen währt die stationäre Behandlung, in der Simon medikamentös gedämpft wird. Mehr soll hier, an dieser Stelle, nicht verraten werden. Auf jeden Fall hat dieses Buch es in sich. Verschiedentlich erinnerte ich mich an Terézia Moras beeindruckenden Roman „Das Ungeheuer“. Nur dass dort der Protagonist erst posthum erfährt, wie schlimm es wirklich um seine Frau bestellt war. Und hier ist Leo live dabei, harrt aus und verhält sich selbst teilweise extrem grenzwertig. So legt sie einmal ein Reiskorn auf sein Kopfkissen, um zu kontrollieren, ob er geschlafen hat, bzw. sich ins Bett gelegt hat. Auch ihre seltsame Starre, dass sie viel zu wenig bis nichts unternimmt, um zumindest für sich die Situation in den Griff zu kriegen, finde ich bedenklich.

    Überhaupt fiel mir auf, was für verhängnisvolle und auch extrem übertriebene Rollen die ewig eingeschalteten Handys der Protagonisten spielen. Da wird sich schon gegenseitig zu-gesimst, während man im selben Zimmer am selben Tisch sitzt. Oder beim Radfahren werden E-Mails gelesen oder beantwortet. Was ist das für eine kranke Gesellschaft?

    Der Roman ist in drei Ebenen eingeteilt: die Gegenwartsebene, in der Leo versucht ein Verbrechen zu verhindern; die Entwicklungsgeschichte des Paares und schlussendlich im Hauptteil der Verlauf von Simons Krankheit gepaart mit der Ohnmacht der Ärzte und der Pharmaindustrie.

    Fazit: Ein ungewöhnlicher Roman, sehr empfehlenswert für hartgesottene Gemüter und ein würdiger Nachfolger für „Und es schmilzt“. Einige Stellen im ersten Drittel fand ich etwas aufgebläht, dennoch 4,5 verdiente Sterne.

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  • 4 Sterne

    Regina K., 23.08.2022

    Als Buch bewertet

    Leo und Simon waren bereits seit 10 Jahren zusammen und führten eine liebevolle und harmonische Beziehung. Simon war als Grafikdesigner erfolgreich, Leo, die gelernte Drehbuchschreiberin, hatte bisher wenig Zutrauen zu ihren Schreibkünsten, arbeitete daher in einem exklusiven Laden für werdende Mütter.

    Eines Abends kommt Simon völlig überdreht, und mit einem Tattoo am Hals heim. Er hätte gekündigt und wolle sich selbstständig machen. Voller Begeisterung widmet er sich dem Vorhaben. Er lässt sich immer mehr gehen, entzog sich dem gewohnten Tagesrhythmus, schlief kaum noch. Leo glaubt anfangs noch an eine vorübergehende geistige Verwirrung, die sich sicher bald wieder legen würde. Doch dann gerät Simons Verfolgungswahn außer Kontrolle.

    Lize Spit führt uns mit ihrer Geschichte vor Augen, was es mit einem Menschen macht, der an einer bipolaren Störung erkrankt. Aber auch wie sehr der Partner sich selbst dabei droht zu verlieren. Es war für mich als Leser unerträglich, diesen Wandel zu erleben. Durch Rückblicke erfährt man etwas über ihre einst harmonische und sehr liebevolle Beziehung. Und diese beginnt immer mehr zu schwinden. Leo gibt sich dabei immer mehr auf, zumal sie beginnt, diesen Zustand vor Anderen zu verbergen.

    Die Autorin lässt die Geschichte durch die Augen von Leo erzählen. Man durchlebt einen nicht enden wollenden Gefühlsschwall, einer Person, die sich nach ihrem alten Simon sehnt, oft bis ans Ende ihrer Kräfte darum kämpft. Im Vordergrund steht hierbei nicht die erkrankte Person, sondern der Partner, der unvorbereitet in diese Situation geworfen wird.

    Wie bereits bei "Und es schmilzt" überzeugt die Autorin wieder mit ihrer gekonnten Sprachgewalt, die jegliche Emotionen und Personen vor dem Leser entfalteten ließ. Einziger Negativpunkt war für mich die Länge der Geschichte. Über 570 Seiten ließen einige Passagen sehr ausgedehnt erscheinen, teilweise ermüden. Dennoch hat mich Lize Split wieder begeistern können. Eine Geschichte, die dem Leser sehr nah geht und noch lange im Gedächtnis verbleiben wird.

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