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  • 3 Sterne

    7 von 11 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Elke H., 17.09.2020

    1980. Leander, Frida, Ringo und Linus, vier Zwölfjährige, aufgewachsen in einer niedersächsischen Land-WG, in der die Erwachsenen sich von den Reglementierungen der Gesellschaft befreien wollen und abgeschottet als Selbstversorger leben. Aber sie ignorieren auch geltende Gesetze wie die Schulpflicht, was letzten Endes dazu führt, dass die Kommune von den Behörden zerschlagen wird und man die Kinder aus ihrer gewohnten Umgebung reißt.

    Sie werden getrennt, bei Verwandten oder Pflegefamilien untergebracht, die sich mal mehr, mal weniger gut um sie kümmern und ihnen helfen sollen, sich in einer Welt zurechtzufinden, die ihnen komplett fremd ist. Zwar haben sie eine Ahnung von dem Leben dort draußen, aber diese speist sich im Wesentlichen aus dem, was die Erwachsenen ihnen eingetrichtert haben. Aber glücklicherweise gibt es da auch noch die Erinnerungen an die Klassiker der Weltliteratur, aus denen ihnen Konrad abends vorgelesen hat und die ihnen helfen, ihre neue Lebenssituation einzuordnen.

    Alternierend verfolgen wir in den nachfolgenden vierzig Jahren ihre Wege, ihre Versuche der Anpassung und der Rebellion und schlussendlich des Scheiterns.

    Der Roman lässt mich zwiespältig zurück. Auf der einen Seite ist da diese unglaublich beeindruckende Sprache, einfallsreich und fantasievoll, die jedem der vier Leben einen eigenen Klang verleiht. Auf der anderen Seite die Komplexität der Lebensgeschichten, und damit sind wir auch schon bei dem Punkt, an dem meine Kritik ansetzt. Ab knapp der Hälfte des Romans gehen die Pferde mit dem Autor durch, er kommt vom Hölzchen auf‘s Stöckchen. Eine dramatische Situation jagt die nächste, Klischeefallen nicht vermieden, eine Unmenge von Figuren ohne besondere Funktion für den Fortgang der jeweiligen Geschichte eingeführt. Komplexität schön und gut, aber man muss es ja nicht gleich übertreiben. So bleiben am Ende fast 1000 Seiten, prall gefüllt mit allerlei Überflüssigem, die man meiner Meinung nach durchaus ohne Qualitätsverlust hätte einkürzen können.

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  • 4 Sterne

    2 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Patricia W., 26.10.2020

    Eine Kommune mitten in der Abgeschiedenheit Norddeutschlands. Vier Kinder wachsen ohne Kontakt zur Außenwelt auf. Leander, Linus, Frida und Ringo werden regelrecht abgeschirmt. Der Hof, auf dem sie groß werden und auf dem sie täglich die Felder und Wiesen bewirtschaften und die Tiere versorgen, ist ihr Zuhause. Eines Tages jedoch finden sie etwas von dieser anderen Welt und auch sie werden gefunden. Ab dann ist nichts mehr wie es war. Rolf Lappert zeichnet in seinem Roman die Leben dieser vier Kinder bis ins Erwachsenenalter. Wie kommen sie in dieser für sie komplett neuen Welt klar? Wer überlebt oder wer trägt Schaden davon?

    Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Der Anfang und das Ende haben eine gewaltige sprachliche Eindringlichkeit und offenbaren jede erdenkliche Gefühlsebene. Besonders im ersten Drittel gab es vor allem zu Leander's Schulzeit noch einige Schmunzler und vereinzelt Lacher. Später verlief das Leben der Kinder leider nicht mehr wie erhofft. Eine Tür öffnete sich, kurz darauf schloss sie sich wieder. Jeder Neubeginn bedeutete kurz darauf wieder Abschied nehmen. Eine schlechte Nachricht nach der anderen folgte. Vor allem Ringo's Erzählungen erzeugten Momente, die mir Gänsehaut bereitet haben.

    "Nichts, denke ich. Aus mir ist ein Nichts geworden, ein Niemand. Ich bin die alten Männer, die ich gerettet habe, diese zukunftslosen Gestalten, abgelaufenen Modelle. Ich bin Ringo, den es nicht mehr gibt, bin Frida, die fortgegangen ist, ausgewandert in ein erfundenes Land, um mir in Tagträumen zu erscheinen und im Dunkeln aufzulauern."

    Selten liest man so wortgewandte Zeilen - fließend fügt sich alles zusammen. Abwechslung schafft Rolf Lappert durch die verschiedenen Erzählperspektiven und Tagebucheinträge. Einziger Minuspunkt ist der langwierige Mittelteil und die hinzukommenden Nebenfiguren. Viele Nebenfiguren sind einfach nur Einschübe und nehmen keinen Einfluss auf den Ausgang der Geschichte. Teilweise musste ich mich erst wieder sammeln und die Personen sortieren, wer zu wem gehört. Hier nahmen die detaillierten Schilderungen der einzelnen Figuren Formen ähnlich wie bei Irving an. Auf knapp 1000 Seiten gibt er Einblicke in die Gefühlswelt und die Lebenswege der ehemaligen Kommunenkinder. Keine leichte Kost. Oft reiht sich Drama an Drama und scheint kein Ende zu nehmen. Wie denn auch, wenn den Kindern das vertraute Zuhause weggenommen wurde?

    "Wir sind niemand, wenn wir nicht zusammen sind. Zu viert sind wir eine Geschichte mit einem Anfang und einem im Dachbodendunkel geduldig erwarteten Ende. Einzeln sind wir Wörter, unbegreifliche Sätze. Was uns ausmacht, ist das Zurücklassen, das neu Anfangen, das Zurechtfinden und Verlorengehen. Wir müssen lernen, ich zu sein, und scheitern."

    Ein beeindruckendes Werk, das ich sicher mehrmals in die Hand nehmen werde, um die Erzählungen erneut auf mich wirken zu lassen.

    Durchhalten lohnt sich hier, auch wenn die Seitenzahl schon sehr erschreckend ist. Das Ende war überraschend für mich und ließ mich mit gefühlt tausend Fragen zurück. Einerseits habe ich mir innerlich die Haare gerauft, andererseits hätte ich den Schluss selbst nicht besser hinbekommen und letztendlich ist er einfach perfekt umgesetzt.

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  • 5 Sterne

    3 von 5 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Webervogel, 11.11.2020

    Gelungenes Epos

    An diesem Buch hat der Autor vier Jahre lang gearbeitet, was keineswegs erstaunt. Er entwirft zwar keine ganze Welt, aber vier Lebensgeschichten mit sehr unterschiedlichen Verläufen. Mit großer erzählerischer Leichtigkeit erzählt er mal von dieser Entwicklung, mal von jener – legt hier seinen Fokus auf eine Kleinigkeit und überspringt in einem anderen Abschnitt mehrere Jahre. Wie man wohl einen so vielschichtigen 976-Seiten-Roman schreiben und dann aber auch irgendwann wieder beenden kann?

    Ralf Lapperts „Leben ist ein unregelmäßiges Werk“ ist ein von einer überschaubaren Situation ausgehendes Epos: Vier Kinder, alle um die 12 oder 13 Jahre alt, werden aus einer Kommune im Kampstedter Bruch befreit, in der sie sich nie gefangen gefühlt haben. Die drei Jungen und das Mädchen sind dort bei neun Erwachsenen aufgewachsen. Sie sind weder irgendwo gemeldet noch haben sie eine Schule besucht oder den Hof und seine Umgebung je verlassen. Nun werden sie auseinandergerissen und zu nie gesehenen Verwandten und Pflegefamilien gebracht. Es ist Ende der 1970er Jahre und nach ein paar Wochen oder Monaten endet sowohl das mediale Interesse an den Kindern als auch ihre psychologische Betreuung. Sie werden in Schulen gesteckt und sollen ab jetzt funktionieren – das klappt mal mittelmäßig und mal schlechter.

    Da Frida, Leander, Linus und Ringo keine Verbindung mehr haben, werden ihre Geschichten getrennt voneinander erzählt. Fridas und Leanders Leben wird relativ chronologisch vor den Lesenden ausgebreitet, während Ringos 50-jähriges Ich seinen Werdegang vor allem durch Selbstauskünfte, die er einer Journalistin gibt, enthüllt. Dem Autor gibt das die Möglichkeit für viele, kleine Cliffhänger, wenn mal wieder ein Kapitel mit einem Paukenschlag endet und das nächste mit einer der anderen Figuren weitergeht. Zudem bleibt der Roman nicht immer bei den ehemaligen Kommunenkindern: Einige ihrer Bekanntschaften bekommen ebenfalls ein Eigenleben – manchmal, bevor sie überhaupt als Bekannte eingeführt werden. Und so passiert es, dass einige Passagen plötzlich von jemand gänzlich Unbekanntem handeln und sich der Bezug zum restlichen Roman erst nach und nach ergibt. Das könnte stören, tut es aber nicht – zu meiner großen Verblüffung war Kapitel für Kapitel so fesselnd geschrieben, dass ich dem Autor einfach vertrauensvoll lesend gefolgt bin. Grund dafür war sicher, dass die Charaktere so stimmig und die Variationen im Erzähltempo äußerst gelungen sind. Lappert beherrscht es meisterhaft, kleine Begebenheiten detailliert zu schildern, doch ebenso kann er Wochen und Monate, sogar Jahre in ein paar Sätzen zusammenfassen, die trotzdem noch dicht erzählt sind.

    Und so fängt dieser Roman halbwegs überschaubar an und wird dann immer größer, weitverzweigter, umfassender. Nebenschauplätze kommen dazu, werden zu Hauptschauplätzen und verschwinden wieder, Figuren werden ausführlich eingeführt und spielen entweder eine größere Rolle oder versinken schnell in der Bedeutungslosigkeit – hier lässt sich nie erahnen, was als nächstes geschieht. Die 976 Seiten vergehen zwar nicht wie im Flug, aber doch erstaunlich schnell. Ein großes Lesevergnügen.

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