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  • 5 Sterne

    Elisabeth U., 04.11.2023

    Als Buch bewertet

    Ein erschütterndes Buch über Belfast, wo noch heute ganz gravierende die Nachwirkungen des Nordirlandkonflikts zu spüren sind und die Jugend keine Perspektive hat, die Arbeitslosigkeit, die Armut, der Drogen- und Alkoholkonsum, all dies ist die Folge jener Tristesse. Sean ist inzwischen 22 Jahre alt, hat in Liverpool Literaturwissenschaften studiert. Aber auch dort war keine Chane, eine Arbeit zu finden und so kehrt er nachhause zurück. Mit seinem Freund Ryan bewohnt er eine Wohnung in einem heruntergekommenen Haus. Doch auch dort hat er bald keine Bleibe mehr und er zieht zurück zu seiner Mutter und bewohnt dort eine kleine Besenkammer ohne Fenster. Seine Mutter ist schwer traumatisiert, sie hat als junge Frau den Krieg miterlebt und ist nicht nur einmal knapp den Tod entkommen. Von ihren Männern wurde sie verlassen und so zog sie die Kinder alleine auf. Sean jobbt als Aushilfskellner, trifft sich mit seinem Freunden, es fließt Alkohol und ohne Drogen geht keine Party. Da ihm das Geld hinten und vorne nicht reicht, stiehlt er sich Lebensmittel mit einer gut ausgeklügelten Taktik. Eines Nachts verprügelt er auf einer Party einen anderen Gast und schlägt ihn krankenhausreif. Er landet vor Gericht und kommt noch einmal vom Gefängnis davon und wird zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, die er auch ableistet. Einziger Halt in seinem desolaten Leben ist seine frühere Freundin Mairead. Doch dann nimmt er sein Schicksal nochmals in die Hand, findet ein Wohnung im Studentenviertel. Ob er sich nun ganz aus dem Sog dieser Stadt abwenden kann? Der Autor beschreibt hier eine Teil des Lebens von Sean. Trotz seines Studiums bekommt er keinen Job und muß Aushilfsarbeiten machen. Die Stadt und ihre Jugend sehen keine Perspektiven mehr und man kann sein tristen Leben nur noch im Rausch ertragen. Eine Milieustudie, die mich als Leser mehr als nachdenklich macht. Jahre nach dem Konflikt ist das Land und seine Bewohner noch nicht in die Höhe gekommen. Schonungslos wird hier das Leben gezeigt und es in alle Facetten beschrieben. Die Sprache ist sehr gut zu lesen und zu verstehen und es wird hier kein Blatt vor dem Mund genommen. Man liest das Buch und meint, in einem ganz anderen Leben zu sein. Das Buch macht Furore und läßt mich sehr nachdenklich zurück. Junge und dynamischen Leuten werden ständig Steine in den Weg gelegt. Allein schon das Cover erregt Aufsehen. Es zeigt in Großaufnahme den Mund eines Kindes, weit aufgerissen zu einem fürchterlichen Schrei,.

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  • 5 Sterne

    Adele, 08.01.2024

    Als Buch bewertet

    Identität, Klasse, Herkunft, Traumata und Machtlosigkeit in Nordirland

    Was bedeutet es im lange konflikt- und gewaltgebeutelten Nordirland als Kind der Arbeiterklasse aufzuwachsen? Michael Magee erzählt von vererbten Traumata, Gewalt, Armut, Drogenmissbrauch, Vorurteilen und Diskriminierung und immer wieder Machtlosigkeit angesichts einer traumatischen Vergangenheit und einem Gesellschafts- und Sozialsystem, das im Heute dem Individuum beinahe unüberwindbare Grenzen auflegt und ein Entkommen aus der Armuts- und Gewaltspirale damit fast unmöglich macht.

    Michael Magee wirft uns direkt in die Geschichte, sein Schreibstil ist flüssig und unmittelbar, erzählt aus der Perspektive von Sean, Anfang 20, aufgewachsen und lebend in einem wirtschaftlich und kulturell benachteiligten Teil von Belfast, in einer republikanischen Familie der Arbeiterklasse. Sean versucht im Laufe des Buchs sich von seiner Herkunft zu emanzipieren, ein gesundes, glückliches, seiner Neigung zur Literatur und zweifelslosen Begabung wie Intelligenz entsprechendes, Leben aufzubauen - und scheitert dabei immer wieder, an seinem Umfeld, seiner Familie, dem Gesellschaftssystem, seiner Herkunft und manchmal auch an sich selbst. Die Ich-Perspektive Seans ist sehr gut gewählt, um den schwierigen Lebensweg und das Milieu nachzuempfinden. Als Leser fühlt man mit Sean, erlebt oft die Ausweglosigkeit seiner Situation, und hofft immer wieder es möge sich irgendwo ein Horizont der Hoffnung auftun, damit Sean sein Potential wirklich leben kann. Ob das gelingen wird?

 Sehr eindrücklich wird immer wieder auch der Nordirland-Konflikt und seine ständige Präsenz im kollektiven Gedächtnis von Seans Familie und Umfeld in die Geschichte eingewoben.

    Der liberalen Erzählung vom Aufstieg, in der jeder und jede es schaffen kann, wenn er oder sie sich nur genug anstrengt, setzt Magee ein allzu realistisches Bild einer Gesellschaft entgegen in der selbst härteste Arbeit oft nicht honoriert wird und dem Individuum durch erlebte wie vererbte Traumata, und ein klassenzementierendes Gesellschaftssystem massive Grenzen in seiner Entfaltung gesetzt werden. Damit ist der Roman nicht nur wirklich gute Literatur, sondern auch eine Form von Sozialstudie, die Magee mit Close to Home, hier gelungen ist. Unbedingt lesenswert!

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  • 5 Sterne

    AnnaMagareta, 04.11.2023

    Als Buch bewertet

    Schonungslos offen und tief berührend

    „Close to Home“ ist das Debüt des in Belfast lebenden Autors Michael Magee.

    Der 22-jährige Sean ist in Belfast aufgewachsen und wird täglich mit den Auswirkungen der Nachwirkungen des Nordirland-Konflikts konfrontiert. Obwohl er in Liverpool englische Literatur studiert hat, ist er nach seinem Abschluss nach Belfast zurückgekehrt und lebt dort - ebenso wie seine Freunde und Familie - unter prekären Wohnverhältnissen. Die Situation ist mehr als schwierig und an einen kontinuierlichen Job heranzukommen scheint fast unmöglich zu sein. Partys, Drogen und Alkohol beherrschen den Alltag und nachdem Sean bei einer Schlägerei seinen Gegner schwer verletzt hat, muss er vor Gericht.

    Die Ereignisse werden aus der Perspektive von Sean geschildert. Dadurch konnte ich mich sehr gut in seine Situation hineinversetzen.
    Diebstahl, Lügen und Betrug gehen ihm leicht von der Hand, Alkohol und Drogen sind etwas Alltägliches und eigentlich müsste ich entsetzt über sein Verhalten und Handeln sein. Aber das bin ich nicht, stattdessen machen mich die Verhältnisse unter denen Sean lebt betroffen. Ich spüre die deprimierende Hoffungs- und Trostlosigkeit, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint.

    Michael Magee beschreibt hier anschaulich die düstere Atmosphäre des Lebens in Nordirland. Kleine Hoffnungsschimmer verblassen ebenso schnell wie sie aufblitzen und es ist nur nur Seans Generation die leidet. Seine Mutter ist durch den Krieg traumatisiert, musste Gewalt und Unrecht hinnehmen wodurch sie in permanenter emotionaler Unsicherheit lebt.

    Obwohl es sich bei diesem Buch nur um einen kleinen Ausschnitt aus Seans Leben handelt, spiegelt es durch ihn, seine Freunde und Familie gelungen die Situation vieler Menschen in Nordirland wider.
    Es ist ein schonungslos offener, erschütternder, erschreckender und zugleich zutiefst berührender Roman, der mich gespannt auf weitere Werke des Autors warten lässt.

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  • 5 Sterne

    SofieW, 10.11.2023

    Als Buch bewertet

    Selbstfindung und ein Weg heraus, die Folgen eines Kriegskonflikts währen lange nach

    Der 22-jährige Sean hat sich schon einmal aufgemacht, um sich von den Traumata seiner Familie, den Nordirlandkonflikt erlebt zu haben, zu lösen. Er hat Literaturwissenschaften studiert. Doch jetzt ist er wieder zurück in seinem alten zuhause. Mit dem, was er vorzuweisen hat, eine passende Arbeit zu finden, war aussichtslos und nun hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, verbringt seine Zeit mit Alkoholkonsum und Drogen, um der Perspektivlosigkeit und der inneren . Machtlosigkeit, sein Leben zu gestalten, kurzzeitig zu entkommen. Dann, eines Nachts, verprügelt er auf einer Party, berauscht, einen Mann. Der Schock über das, was er getan hat, ist groß. Das Gefängnis bleibt ihm zum Glück noch einmal erspart. Stattdessen hat er Sozialstunden abzuleisten. Und er beschließt, es noch einmal zu versuchen, sich selbst aus dem Sumpf herauszuziehen und eine Chance zu suchen, wo doch eigentlich keine ist.
    Dieses Buch nimmt einen mit, mitten hinein in diese so bittere reale Welt dieser Zeit danach. Der Krieg ist beendet, doch gut ist nichts. Die Menschen haben schwere Traumata erlitten, dafür steht Seans Mutter, die so unaussprechlich schlimme Dinge erlebt hat während des Nordirlandkonflikts. Und unweigerlich mit im Boot sind die Kinder, die nun erwachsen, leben sollen, als wäre dies alles nie geschehen. Wir begleiten diesen jungen Mann, fühlen die Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung und dann doch wieder ein Gefühl von Perspektive, das Kraft gibt und sie erneut zurückbringt, die Hoffnung auf ein wirkliches Leben.
    Mit viel Authentizität kommt diese Geschichte daher und sie berührt. Schaut hinein in dieses Buch, es ist es wert, gelesen zu werden.

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  • 5 Sterne

    2 von 4 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    mimitatis_buecherkiste, 29.02.2024

    Als Buch bewertet

    Sean torkelt ziellos durchs Leben, er hält sich mit Aushilfsjobs über Wasser, lässt keine Gelegenheit aus, um sich zu betrinken und Drogen zu nehmen. Als der Zweiundzwanzigjährige eines Abends einen anderen Mann niederschlägt, kommt er nicht so glimpflich davon. Der Richter verhängt Sozialstunden und eine empfindliche Geldstrafe, Sean verliert erst Job und dann seine Wohnung. Langsam wird ihm klar, dass er so nicht weitermachen kann, er fängt an zu begreifen, dass nur er selbst etwas daran ändern kann.

    Jeder von uns wünscht sich ein gutes Leben, wie aber erreicht man dieses, wenn die äußeren Umstände scheinbar immer gegen einen sind? So ergeht es Sean im Buch. Aufgewachsen in Armut, schafft er als einziger der drei Brüder zumindest einen Universitätsabschluss, mit dem er letztendlich nichts anfangen kann. Die Nachwirkungen der Nordirland-Konflikte sind noch zu spüren, die Arbeitslosigkeit nach der Rezession hoch, da ist es einfacher, sich wegzudröhnen, um zu vergessen, als die Kraft aufzubringen, sich täglich dem Alltag zu stellen.

    Sean dabei zuzusehen, wie er kämpfte, scheiterte, sich hochrappelte, fiel und wieder aufstand, verlangte mir einiges ab. Anfangs gab er sich selbst gegenüber nicht mal zu, woran es lag, dass so vieles fürchterlich schief gelaufen war. Mir gefiel, dass er reflektierte, sich wiederholt fragte, woran das lag. So manches Mal hätte ich ihn gerne geschüttelt, ihm zugerufen, er soll etwas lassen oder gefragt, was er da eigentlich macht. Ein großartiges Debüt über die Möglichkeiten, wie man doch noch etwas aus seinem Leben macht, wie man vielleicht den Absprung schafft. Volle Punktzahl und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

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  • 5 Sterne

    Hornita, 06.11.2023

    Als Buch bewertet

    Eindringlich;
    Das Buch ist aus der Sicht von Sean geschrieben, dessen Drama sein Herkunftsmilieu ist. Es herrscht Hoffnungslosigkeit und jeder, der versucht sich heraus zu kämpfen, wird von sogenannten Freunden wieder nach unten gezogen. Obwohl Sean ein abgeschlossenes Studium hat, findet er keinen vernünftigen Job. Durch das Studium passt er aber auch nicht mehr wirklich in sein Ursprungsmilieu. Durch diese Geschichte bekommt man Verständnis für die Situation in Nordirland, aber auch Angst um die vielen jungen Leute, die in dieser Situation gefangen sind. Der Schreibstil ist angenehm, das Buch lässt sich wirklich gut lesen. Trotz der teilweise hoffnungslosen Situationen will man weiterlesen und erfahren, ob Sean den Absprung schafft. Die Charaktere fand ich alle glaubhaft und sehr gut getroffen und im Ganzen ist der Roman fast eine soziologische Studie. Mir hat es sehr gut gefallen und ich würde gerne eine Fortsetzung lesen!

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  • 5 Sterne

    Anja S., 06.11.2023

    Als Buch bewertet

    Dieser Roman hat es in sich, er entführt uns in die schlimmsten Ecken in Belfast zu Sean und seinen Freunden und seiner Familie. Sehr bedrückend und unverblümt schreibt Magee hier und lässt ein sehr realistisches Bild von dieser Zeit entstehen, geprägt von Drogen, Gewalt, Arbeitslosigkeit und Wohnungsnotstand. Er lässt hier die Protagonisten sprechen. Wir erfahren durch ihre eigenen Geschichten von den verschiedenen Problemen. Die Jugendlichen haben keine Perspektive, die Erwachsenen kämpfen mit den Nachwirkungen der IRA und des Nordirlandkonfliktes sowie den aktuellen Problemen.

    Wir erfahren hier vor allem wie Sean sich durch sein Leben kämpft, sich mit diversen Jobs über Wasser hält , einer Wohnung, in der man eigentlich nicht leben kann, seinen schwierigen Familienverhältnissen und wie er, bedingt durch die Körperverletzung, sich auf den schwierigen Weg zu sich selbst begibt.

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  • 4 Sterne

    Brenda_wolf, 06.11.2023

    Als Buch bewertet

    Teufelskreis
    Sean ist 22 Jahre alt, ohne Aussicht auf eine positive Zukunft. Er hat zwar einen Uni-Abschluss in der Tasche, bekommt aber keinen Job. Er lebt in einem Stadtteil von Belfast in dem die Menschen in Armut leben. Die Nachwirkungen der Nordirland-Konflikte sind noch spürbar. Sean jobbt in einem schlecht bezahlten Job in einem Nachtclub. Er träumt davon Schriftsteller zu werden. Noch hängt er in einem Teufelskreis aus Partys und Drogen fest und landet schließlich vor Gericht, weil er einen Mann niedergeschlagen hat.

    Michael Magee gelingt es sehr gut die hoffnungslose Lebenssituation von Sean und seinem Umfeld einzufangen. Seans Mutter leidet unter Angstzuständen. Seit ihrer Jugend ist sie auf Valium. Die Schüsse und Anschlägen der IRA belasten sie noch heute. Seans älterer Bruder Anthony hängt ebenfalls voll durch. Er wurde in seiner Kindheit missbraucht.

    ‚Close to home‘ ist ein gut geschriebenes Debüt eines talentierten Autors. Die Zeichnungen von Sean und seinen Freunden kommen realistisch rüber. Das wilden Partyleben ist ein Ausdruck der Trostlosigkeit, ein Ablenken und zeigt doch die Verletzlichkeit. Das Kriegstrauma der Eltern und Großeltern wirkt in der nachfolgenden Generation nach. Meinen vollen Respekt hat Mairead, sie kommt ebenfalls aus diesem Milieu, doch sie scheint die Kurve bekommen zu haben. Sie versucht sich eine bessere Zukunft aufzubauen. Dem Autor gelingt es, die Leser mitzunehmen. Die Atmosphäre ist fast durchweg bedrückend, gezeichnet von Perspektivlosigkeit. Die Suizidrate in den vom Nordirlandkonflikt betroffenen Gebieten ist noch 20 Jahre Friedensprozess sehr hoch. Eigentlich kein Wunder, wenn man keine positive Wende für sein Leben sieht.

    Mein Lieblingssatz: Der äußere Eindruck trügt oft. Erlaub dir kein schnelles Urteil über jemanden.‘

    Fazit: Ein gutgeschriebenes Debüt, doch die beschriebene Atmosphäre ist kaum zu ertragen. Kein Buch, dass ich ein zweites Mal lesen möchte.

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  • 4 Sterne

    nayezi, 08.11.2023

    Als Buch bewertet

    Ein Roman mit einer bedrückenden Stimmung sowie bewegender Geschichte, die einen bis zum Ende hin nicht loslässt. Das Buch ist von einer tiefen Verzweiflung geprägt und vermittelt authentisch sowie emotional die Nachwirkungen der Nordirland-Konflikte.

    Der Autor überzeugt mit einem wundervollen Schreibstil der Einen in die Handlung hineinzieht und Einen die Gedankengänge sowie Gefühle des Protagonisten zu 100% nachvollziehen lässt. Mein einziger Kritikpunkt ist der, dass die wörtliche Rede ohne Anführungszeichen war, was besonders zu Beginn sehr anstrengend zu lesen gewesen ist.

    Alles in allem also ein gut geschriebenes Buch mit einem ernsten und auch etwas erdrückenden Thema.

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  • 5 Sterne

    0 von 2 Kunden fanden diese Bewertung hilfreich

    Marikita, 06.11.2023

    Als Buch bewertet

    Nicht so blühende Landschaften auf der grünen Insel

    Sean ist Anfang 20, wohnt in Belfast, hat in Liverpool sein Studium der englischen Literatur abgeschlossen und lebt, zurück in seiner Heimatstadt von prekären Jobs in der Gastronomie. Sean hat aber auch einen anderen jungen Mann kürzlich bei einer Auseinandersetzung körperlich angegriffen und verletzt, woraus Sozialstunden resultieren, welche er in einer Art Gartenbaubetrieb ableisten muss.

    Sean kommt aus eher ärmlicheren Verhältnissen mit mehreren Geschwistern in einem Patchworkverbund. Seans Mutter hat die Ausschreitungen und Anschläge des Nordirlandkonflikts noch voll miterlebt und war teilweise auch in derartige Aktionen involviert.

    Sean hat sich eigentlich mit seinem Uniabschluss ein Stück Freiheit und gewisse Optionen erarbeitet, kann diese aber nicht stringent umsetzen und wird immer wieder, wie magnetisch, in die ihn umgebende Welt aus Drogen/Sucht, Armut, Gewalt, Mißbrauch, Betrug sowie Arbeits - und Wohnungslosigkeit hineingezogen.

    Die meisten Personen, welche man im Roman kennen lernt, sind durch die destruktiven Umstände, traumatisiert und orientierungslos. Die (katholische) Kirche kann den Betroffenen scheinbar auch keinen Halt bieten, sondern verschärft oft Situationen aus Sicht des Protagonisten noch (MIíßbrauch in katholischen Heimen, Korruption...). Es gibt in diesem Chaos demnach nur wenige Figuren, bei denen Sean Halt finden kann. Dazu gehört Mairéad, seine Freundin aus Kindertagen. Obwohl die Verbindung zunächst unverbindlicher Natur zu sein scheint, ist sie in ihrem Wesen wie sich zeigt, sehr stabil, gegenseitig und verlässlich. Immer wieder scheint Sean sich aus trostlosen Situationen aufzurappeln und einen guten Neuanfang zu machen, der ihn endlich aus seiner Misere katapultieren soll. Die Zukunft wird zeigen müssen, ob sich Sean auch auf Dauer eine stabile Existenz ohne Exzesse aufbauen kann.

    Michael Magees Schreibstil ist atemlos. Schonungslos treibt seine Hauptfigur Sean die LeserInnen in seiner direkten doch einnehmenden, teilweise brutal ehrlichen Ich-Erzählung durch Gegebenheiten, Handlungen und Anschauungen, die sich in schneller Abfolge rund um ihn und in ihm ereignen. Man erhält als Leser/in den Eindruck, als säße man in Seans Kopf und würde dort alles in Echtzeit miterleben. Gegenwart und Vergangenheit scheinen dabei teilweise in Seans Gedankenstrom zu verschmelzen. Michael Magee schafft es meiner Meinung nach optimal, die Situation in Nordirland früher und gegenwärtig anhand seiner Erzählweise und -perspektive darzustellen.

    Er legt empfindliche Stellen und Traumata der (nordirischen) Gesellschaft wie Mißbrauch,Arbeitslosigkeit, Drogensucht und Gewalt offen, er nimmt die LeserInnen mit in Seans innerstes Erleben und Erinnern. Das Buch ist wie eine literarische Sozialstudie, die auch insbesondere deutlich macht, wie schwer es ist (aus ex- und intrinsischen Beweggründen) oder einem gemacht wird, solchen problembehafteten Milieus zu entfliehen oder diese aufzulösen.

    Für mich ein kleines Meisterwerk, dieses Buch

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