Alles ist erleuchtet
Ein junger Amerikaner reist in die Ukraine. Im Gepäck hat er das vergilbte Foto einer Frau namens Augustine. Sie soll im II. Weltkrieg seinen Großvater vor den Nazis gerettet haben. Er will Augustine finden - und den Ort, aus dem seine Familie stammt....
Ein junger Amerikaner reist in die Ukraine. Im Gepäck hat er das vergilbte Foto einer Frau namens Augustine. Sie soll im II. Weltkrieg seinen Großvater vor den Nazis gerettet haben. Er will Augustine finden - und den Ort, aus dem seine Familie stammt. Gemeinsam mit einem alten Ukrainer, dessen angeberischem Neffen und einem Hund macht er sich auf den Weg.
"Alles ist erleuchtet" wurde bereits mit Elijah Wood in der Hauptrolle verfilmt!
»Ein Geniestreich.« Die ZEIT
Allesist erleuchtet von Jonathan Foer
LESEPROBE
EineOuvertüre zum Beginn einer sehr harten Reise
Meingesetzlicher Name ist Alexander Perchow. Aber alle meine Freunde nennen mich Alex,weil das eine Version meines gesetzlichen Namens ist, die man lässigersprechen kann. Mutter nennt mich »Alexi-nerv-mich-nicht«, weil ich sie immernerve. Wenn Sie wissen wollen, warum ich sie immer nerve: Das liegt daran, dassich immer mit Freunden woanders bin und so viel Geld verbreite und so vieleandere Dinge ausführe, die eine Mutter nerven. Vater hat mich immer Schapkagenannt, wegen der Pelzmütze, die ich sogar im Sommermonat getragen habe. Erhat aufgehört, mich so zu nennen, weil ich ihm befohlen habe, mich nicht mehrso zu nennen. Es klang für mich wie ein kleiner Junge, und ich habe mich immersehr stark und potent gefunden. Ich habe viele, viele Freundinnen, das könnenSie mir glauben, und sie haben alle verschiedene Namen für mich. Eine nenntmich »Baby«, nicht weil ich ein Baby bin, sondern weil sie mich bekümmert. Eineandere nennt mich »Ganze Nacht«. Wollen Sie wissen, warum? Ich habe eineFreundin, die mich »Geld« nennt, weil ich um sie herum so viel Geld verbreite.Sie leckt meine Lippen dafür. Ich habe einen winzigen Bruder, der mich »Alli«nennt. Ich stehe nicht so sehr auf diesen Namen, aber auf ihn stehe ich sehr,also erlaube ich ihm, dass er mich Alli nennt, okay. Was seinen Namen angeht:Er ist »Klein-Igor«, aber Vater nennt ihn »Tollpatsch«, weil erständig gegen irgendwas spaziert. Erst vier Tage her hat er ein blaues Augegekriegt, weil er mit einer Mauer falschen Umgang hatte. Wenn Sie wissenwollen, wie der Name meiner Hündin ist: Er ist Sammy Davis jr. jr. Sie hatdiesen Namen, weil Sammy Davis jr. Großvaters geliebter Sänger war, und dieHündin gehört ihm, nicht mir, weil ich es nicht bin, der denkt, dass er blindist.
Was mich angeht, so bin ich I9'71 gezeugt, im selben Jahrwie Jonathan Safran Foer, mein erstklassiger Freund, der auch der Held dieserGeschichte ist. Ehrlich gesagt ist mein Leben sehr gewöhnlich. Wie ich erwähnthabe, tue ich allein und mit anderen viele gute Sachen, aber das sindgewöhnliche Sachen. Ich stehe auf amerikanische Filme. Ich stehe auf Neger,besonders auf Michael Jackson. Ich stehe darauf, sehr viel Geld in berühmtenNachtclubs in Odessa zu verbreiten. Lamborghini Countachs sind hervorragend,und Cappuccinos auch. Viele Mädchen wollen mit nur Verkehr haben, in vielenschönen Arrangements, nicht nur dem Betrunkenen Känguru, dem Gorki-Kitzler unddem Unnachgiebigen Zoowärter. Wenn Sie wissen wollen, warum so viele Mädchenmit mir Verkehr haben wollen: Das liegt daran, dass ich ein sehr erstklassigerMensch bin. Ich bin häuslich, aber auch ernsthaft komisch, und das sind Dinge,mit denen man gewinnt. Aber trotzdem kenne ich viele, die auf schnelle Wagenund berühmte Diskotheken stehen. Es gibt so viele, die denSputnik-Busen-Fummler ausführen - das endet immer mit einem Geschleime aus derunteren Gesichtshälfte -, dass ich sie gar nicht an allen meinen Händen zählenkann. Es gibt sogar viele, die Alex heißen. (Drei allein in meinem Haus!) Darumschäumte ich auch vor Begeisterung, nach Lutsk zu fahren und für JonathanSafran Foer zu übersetzen. Das würde etwas Ungewöhnliches sein.
An der Universität habe ich in meinem zweiten Jahr Englischmaßlos gute Leistungen gehabt. Das war eine sehr imposante Sache, denn meinLehrer hatte Scheiße zwischen den Ohren. Mutter war so stolz auf mich, dass siesagte: »Alexi-nerv-mich-nicht, du hast mich so stolz gemacht.« Ich erkundigtemich, ob sie mir eine Lederhose kaufen wollte, aber sie sagte nein. »Shorts?«»Nein.« Vater war auch stolz. Er sagte: »Schapka«, und ich sagte: »Nenn michnicht so«, und er sagte: »Alex, du hast Mutter so stolz gemacht.«
Mutter ist eine bescheidene Frau. Sehr, sehr bescheiden. Sieschuftet in einem kleinen Café in einer Stunde Entfernung von unserem Haus. Siegibt den Leuten Essen und Trinken, und sie sagt: »Ich steige für eine Stunde inden Autobus und arbeite den ganzen Tag, indem ich Dinge tue, die ich hasse. Undwillst du wissen, warum? Für dich, Alexi-nerv-mich-nicht! Eines Tages wirst dufür mich Dinge tun, die du hasst. Das bedeutet es, eine Familie zu sein.« Abersie betrachtet nicht, dass ich schon jetzt Dinge für sie tue, die ich hasse.Ich höre ihr zu, wenn sie mit mir spricht. Ich weigere mich, über mein winzigesTaschengeld zu klagen. Und habe ich erwähnt, dass ich sie nicht so viel nerve,wie ich es mir wünsche? Aber ich tue diese Dinge nicht, weil wir eine Familiesind. Ich tue sie, weil sie normaler Anstand sind. Das ist ein Ausdruck, denmir der Held beigebracht hat. Ich tue sie, weil ich kein Scheißarschloch bin.Das ist noch ein Ausdruck, den mir der Held beigebracht hat.
Vater schuftet für ein Reisebüro, das Heritage Touring getauftist. Es ist für Juden wie den Helden, die danach sehnen, das erhebende LandAmerika zu verlassen und bescheidene Dörfer in Polen und der Ukraine zubesuchen. Vaters Reisebüro beschafft einen Übersetzer, einen Führer und einenFahrer für die Juden, die versuchen, die Plätze auszugraben, wo ihre Familienfrüher gelebt haben. Okay, bis zu dieser Reise hatte ich nie einen Judenkennen gelernt. Aber das war ihr Fehler, nicht meiner, denn ich war immerbereit - man könnte sogar schreiben: ich glühte darauf-, einen kennen zulernen. Ich will auch diesmal wahrheitlich sein und erwähnen, dass ich vor derReise vorgestellt hatte, dass Juden Scheiße zwischen den Ohren haben. Das liegtdaran, dass ich von Juden nur wusste, dass sie Vater viel Geld dafür bezahlen,um im Urlaub von Amerika in die Ukraine zu fahren. Aber dann habe ich JonathanSafran Foer kennen gelernt, und ich kann Ihnen sagen: Er hat keine Scheißezwischen den Ohren. Er ist ein genialer Jude.
Genauso wie der Tollpatsch, den ich nie Tollpatsch, sondernimmer Klein-Igor nenne. Er ist ein erstklassiger junge. Für mich ist jetztklar, dass er ein sehr starker und potenter Mann werden und sein Gehirn vieleMuskeln haben wird. Weil er ein so stiller junge ist, sprechen wir nicht mitgroßer Lautstärke, aber ich bin sicher, dass wir Freunde sind, und ich glaube,dass ich keine Nicht-Wahrheiten verbreite, wenn ich schreibe, dass wir dieallergrößten Freunde sind. Ich habe Klein-Igor beigebracht, ein Mann von dieserWelt zu sein. Zum Beispiel habe ich ihm drei Tage vorher ein schmutzigesMagazin gezeigt, damit er die vielen Positionen ansehen kann, in denen ichverkehre. »Das ist neunundsechzig«, sagte ich zu ihm und hielt ihm das Heft vordie Augen. Ich zeigte mit den Fingern - mit zwei Fingern - auf das Geschehen,damit er es nicht übersah. »Warum nennt man es neunundsechzig?«, fragte er,denn er ist ein Mensch, der auf Neugier brennt. »Weil es 1969 erfundenworden ist. Mein Freund Gregorij kennt einen Freund vom Neffen des Erfinders.«»Und was haben die Leute vor 1969 gemacht?« »Sie haben nur geblasen und die Zauberdoseausgeleckt, aber nie im Chor.« Wenn es nach mir geht, wird er ein VIP werden.
Hier beginnt die Geschichte.
(...)
© S. Fischer Verlag
Übersetzung: Dirk van Gunsteren
- Autor: Jonathan Safran Foer
- 2012, 14. Aufl., 384 Seiten, Maße: 12,5 x 19 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Gunsteren, Dirk van
- Übersetzer: Dirk van Gunsteren
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596156289
- ISBN-13: 9783596156283
- Erscheinungsdatum: 01.02.2005
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