Bella Donner und wie alles begann / Bella Donner Bd.1
Ich hex' mir meine Familie!
Welches Mädchen träumt nicht davon, etwas ganz Besonderes zu sein, magische Kräfte zu haben oder fliegen zu können? So wie die kleine Bella Donner. Die meisten Mädchen in ihrer Klasse wünschen sich, eine Prinzessin zu sein....
Welches Mädchen träumt nicht davon, etwas ganz Besonderes zu sein, magische Kräfte zu haben oder fliegen zu können? So wie die kleine Bella Donner. Die meisten Mädchen in ihrer Klasse wünschen sich, eine Prinzessin zu sein....
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Produktinformationen zu „Bella Donner und wie alles begann / Bella Donner Bd.1 “
Klappentext zu „Bella Donner und wie alles begann / Bella Donner Bd.1 “
Ich hex' mir meine Familie!Welches Mädchen träumt nicht davon, etwas ganz Besonderes zu sein, magische Kräfte zu haben oder fliegen zu können? So wie die kleine Bella Donner. Die meisten Mädchen in ihrer Klasse wünschen sich, eine Prinzessin zu sein. Sie selbst wäre viel lieber eine Hexe. Noch größer ist nur ihr Wunsch nach einer richtigen Familie, die sie endlich aus dem Kinderheim abholt, in dem sie lebt. Als die geheimnisvolle Lilith das Kinderheim besucht, spürt Bella, dass beide Wünsche in Erfüllung gehen könnten ...
Der erste Band einer neuen magischen Serie mit vielen Illustrationen von Franziska Harvey - für kleinen Hexenmädchen und alle, die es werden wollen
Lese-Probe zu „Bella Donner und wie alles begann / Bella Donner Bd.1 “
Bella Donner und wie alles begann... von Ruth Symes1. Kapitel
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Vom Tag meiner Geburt an wollte ich eine Hexe sein. Zumindest glaube ich das. Natürlich kann ich mich an meine Geburt nicht mehr erinnern. Ich kann mich nicht mal daran erinnern, dass ich als Baby auf der Türschwelle des Tempelton-Kinderheims abgelegt wurde - obwohl ich mich viel weiter zurückerinnern kann als alle Leute, die ich kenne.
Meine erste Erinnerung ist, wie ich in meinem Kinderbett liege und eine buntlackierte Holzfrau mit einem spitzen Hut anschaue, um die drei kleine Besen herumfliegen. Das Hexen-Mobile hatte damals neben mir auf der Türschwelle des Kinderheims gelegen. Stundenlang konnte ich diesem Mobile zusehen.
Eines Tages, es war in einer Winternacht, und draußen wütete ein Sturm, konnte ich nicht schlafen und sah meinem Hexenmobile zu, wie es im Mondlicht tanzte. Sam, das Baby im Bettchen neben mir, schniefte vor sich hin - denn er hatte fast immer eine verstopfte Nase. Ich betrachtete seinen Schnuller, an dem er hin und wieder zufrieden nuckelte. Und auf einmal wollte ich diesen Schnuller haben. Unbedingt!
Ich wünschte ihn mir so sehr, wie ich mir noch nie etwas gewünscht hatte! Ich weiß nicht, was dann genau passiert ist, aber eben noch hatte ich mir den Schnuller mit aller Macht gewünscht - und im nächsten Augenblick hatte ich ihn! Ich saugte so heftig daran, wie ich konnte. Obwohl Sams Spucke daran klebte ... Es war klasse! Ich vergaß meine Angst vor dem Sturm, ich vergaß alles. Auf einmal war ich glücklich und schlief sofort ein!
Natürlich war Sam überhaupt nicht mehr glücklich, und er brüllte los! Er wollte der flugs herbeigeeilten Schwester Hadburga klarmachen, dass sein Schnuller geklaut worden war, aber sie verstand ihn natürlich nicht.
Ich saugte weiter und schaute zufrieden zu meinem Hexenmobile hoch. Die Hexe tanzte im Mondenschein, und mir war, als lächelte sie mir verschmitzt zu.
Die meisten Babys aus dem Tempelton-Kinderheim fanden superschnell eine neue Familie - nur ich nicht. Und mein Freund Sam auch nicht.
Dabei hatten mich bis zu meinem fünften Geburtstag eine ganze Menge Familien aufnehmen wollen, weil ich süß und niedlich war - aber ich wollte natürlich nicht zu irgendwelchen Dahergelaufenen! Und bei Sam war es dasselbe. Unsere Familien sollten die allerbesten sein, und wenn das hieß, dass wir ein bisschen länger als die anderen Kinder warten mussten ... na, dann warteten wir eben. Kein Kind aus dem Tempelton-Kinderheim musste mit jemandem mitgehen und bei ihm leben, wenn es das nicht wollte - das war unser Glück.
Eines Tages hatten wir uns in dem alten Gewächshaus, unserem Geheimversteck hinter dem Kinderheim, verabredet. Sam hatte es mal ganz zufällig entdeckt, als er einem Marienkäfer hinterhergelaufen war, um rauszufinden, wo er wohnte. Man musste durch Unmengen von Brennnesseln und dichtes Gestrüpp kriechen, um dorthin zu gelangen - wirklich kein Ort, den andere Kinder toll gefunden hätten, und deshalb war er für uns genau richtig! Die Fensterscheiben waren entweder kaputt oder von grünem Schleim überzogen, denn hier wuchs nur Unkraut. Ich spuckte auf meinen Handballen, und dann spuckte Sam auf seinen Handballen, und dann drückten wir unsere Hände aneinander und schlossen einen Pakt: Wir würden uns nie mit dem Zweitbesten zufriedengeben.
Ich wünschte mir eine Familie, der es nichts ausmachte, dass ich eine Hexe war. Und Sam wollte eine Familie, die Kröten und Schnecken genauso mochte wie er. Sam war immer ein bisschen verdreckt oder klatschnass, weil er ständig nach Kaulquappen oder Spinnen oder anderen Krabbelviechern suchte. Einmal fand Schwester Hadburga sogar eine Kröte in seiner Hosentasche (er behauptete, er hätte sie gerettet).
Schwester Hadburga hatte Sam mehr als einmal gesagt, dass er sich ändern müsse, wenn er eine Familie finden wollte, aber Sam war das egal. Er war sich sicher, dass es irgendwo da draußen eine Familie gab, die ihn so lieben würde, wie er war.
Und wenn er sie auch mochte, dann waren das die Menschen, bei denen er leben wollte: Seine Für-immer-Familie.
Und ich war mir ganz sicher, dass es irgendwo da draußen eine Familie gab, der es nichts ausmachte, dass ich am liebsten eine Hexe sein wollte. Und das wäre dann meine Für-immer-Familie!
Sie brauchten nur ein bisschen Zeit, um uns zu finden, das war alles.
Erinnert ihr euch noch an die Sache mit Sams Schnuller?
Tja, in den darauffolgenden Jahren passierten noch eine Menge solcher seltsamen und unerklärlichen Dinge. Zum Beispiel als wir in den Kindergarten kamen. Unsere Erzieherin, Miss Willow, war sehr nett, und ich hätte sie glatt als Für-immer-Familie genommen. Aber als wir zusammen bastelten und malten und ich eine Hexe malte, sagte sie:
»Igitt, eine Hexe! Mal doch lieber etwas Schönes, Bella!« Nach diesem Satz war ihr duftiges rosa Kleid auf einmal voller schwarzer Farbflecke. Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte. Es war genau wie bei Sams Schnuller: Eben noch war die Farbe im Topf - und im nächsten Augenblick war sie auf Miss Willows Kleid. Sie war ziemlich sauer und sagte, ich wäre ein sehr ungezogenes Mädchen. Dabei war es gar nicht meine Schuld.
Ich hatte überhaupt nichts getan.
Als Sam und ich sechs waren, wurden wir zu Angelas Kostümfest eingeladen. Angela ging in unsere Klasse, aber sie konnte mich und Sam nicht besonders gut leiden. Sie redete nicht mit uns und wollte nicht neben uns sitzen oder mit uns spielen. Angelas Mutter hat uns wahrscheinlich aus Versehen eingeladen. Wir bekamen sonst nie Einladungen von den anderen Kindern.
Sam war ganz aufgeregt, weil er gehört hatte, dass es im Garten von Angelas Eltern einen Teich mit Molchen gab. Ich war ganz aufgeregt, weil ich noch nie zu einem Fest außerhalb vom Kinderheim eingeladen worden war, ganz zu schweigen von einem Kostümfest! Wir hatten eine Verkleidungskiste in Tempelton, und darin waren ein Hexenkleid und ein Hexenhut. Ich wusste genau, als was ich zu dem Fest gehen würde.
Als wir bei Angela ankamen, rannte Sam gleich in den Garten zum Teich. Mir fiel auf, dass ich die einzige Hexe war. Alle anderen Mädchen waren entweder eine Fee oder eine Prinzessin.
»Du bist dran, Bella Donner«, sagte Angela, als wir Verstecken spielten. Alle rannten weg, und ich machte die Augen zu und zählte bis dreißig.
»Eins, zwei, drei, sieben ... zehn ... dreiundzwanzig ... neunundzwanzig ... « Fast richtig - ich war ja schließlich erst sechs, und Mathe war nicht gerade mein Lieblingsfach. Aber ich konnte alle sehr leicht finden. Ich musste mich nur konzentrieren, und schon wusste ich, wo sie waren - es war wie Hexerei.
»Angela ist auf dem Baum. Sarah und Jane sind hinter den Mülleimern. Tracy ist im Klo«, rief ich und hatte mich noch keinen Zentimeter bewegt.
Leider freuten sich die anderen Kinder gar nicht.
»Du hast geschummelt!«
»Gar nicht!«
»Du hast bestimmt heimlich gekuckt. Hinter den Mülleimern hat uns niemand sehen können.«
Aber ich hatte nicht geschummelt - ich hatte es einfach gewusst.
»Was hättest du gern auf dein Brötchen, Bella?«, fragte Angelas Mutter mich beim Geburtstagskakao.
»Regenwurmgelee! « Ich kicherte. »Hexen mögen Brötchen mit Regenwurmgelee. «
»Bäh! Igitt! Du bist ja fies, Bella Donner«, sagten die anderen Mädchen.
»Dein Name klingt wie ein Hexenname«, sagte Angela.
»Gut, nicht?!« Ich grinste, damit alle meine schwarz angemalten Schneidezähne sehen konnten - ich hatte nämlich im Bad die Wimperntusche von Angelas Mutter entdeckt. Den dunkellila Lidschatten und den schwarzen Nagellack aus dem Badezimmerschrank hätte ich am liebsten auch ausprobiert, aber das hatte ich mich nicht getraut.
»Aber am allermeisten mag ich Schnecken-Eis. Schleimig und glibberig - mmmhmmm! «
»Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte
Angela.
Ich gackerte mein Hexengelächter, das ich extra für dieses Fest eingeübt hatte.
Gerade da kam Sam vom Teich herein, er hielt einen Molch in der Hand und tropfte alles nass.
»Ich habe einen gefunden!«, rief er.
»Molchbrötchen, köstlich!«, sagte ich. (Natürlich hätte ich den Molch niemals wirklich gegessen - ich machte nur Spaß! Aber es war sehr komisch, wie sich alle vor Ekel krümmten.)
Angelas Mutter rief im Kinderheim an, und Millie, eine der Erzieherinnen, kam uns abholen.
»Ich möchte mich für die bei-
den entschuldigen«, sagte Millie zu Angelas Mutter.
»Wenn ich geahnt hätte, wie ungezogen diese Kinder sind, hätte ich sie nie eingeladen«, sagte Angelas Mutter.
»Eigentlich sind sie gar nicht so schlimm«, verteidigte uns Millie. »Moment mal«, sagte sie dann, holte den Lidschatten und den Nagellack unter meinem Hexenhut hervor und gab sie Angelas Mutter zurück.
»Das war ich nicht!«, rief ich erschrocken. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie die Sachen unter meinen Hut gekommen waren. Aber weder Millie noch Angelas Mutter glaubten mir.
»Du bist an allem schuld!«, sagte ich auf der Heimfahrt zu Sam. »Blöder Molchjäger.«
»Du bist schuld, weil du immer so eine doofe Hexe sein willst«, brüllte Sam zurück.
Im Kinderheim brachte Millie uns gleich zu Schwester Hadburgas Büro. Schwester Hadburga war befördert worden und war jetzt die Hausmutter.
Millie klopfte an die Tür, und Schwester Hadburga rief: »Herein.«
Sam und ich standen vor ihrem Schreibtisch. Sie war sehr, sehr verärgert.
»Ihr habt das Kinderheim in Verruf gebracht, und ich bin äußerst enttäuscht von euch«, sagte sie. Sam und ich sahen auf unsere Schuhe runter.
»Sam, du wirst von jetzt an nicht mehr mit Molchen, Würmern oder anderen ... Krabbeltieren spielen.«
»Aber das sind meine Freunde«, flüsterte Sam. »Willst du eine richtige Familie finden?«
»Ja, Schwester Hadburga«, sagte Sam. »Aber ...« Er wollte ihr erklären, dass er nur zu einer Familie gehen wollte, die es in Ordnung fand, wenn er mit Molchen, Würmern und anderen Krabbeltieren spielte.
»Dann tu bitte, was ich dir sage«, mahnte Schwester Hadburga.
»Ja, Schwester Hadburga«, antwortete Sam kleinlaut. Aber ich sah, wie er hinter seinem Rücken die Finger kreuzte, und wusste, dass er das nicht wirklich vorhatte.
»Und was dich betrifft, Isabella ... «
Ich hätte sie gern daran erinnert, dass ich lieber Bella genannt werden wollte. Aber sie sah mich so zornig an, dass ich lieber nichts sagte.
»Du wirst niemandem mehr auf die Nase binden, dass du gerne eine Hexe wärst«, sagte Schwester Hadburga. »Die Leute mögen das nicht, und du willst doch auch irgendwann eine Familie finden, oder?«
»Aber ... «
»Kein Aber und kein Wort mehr über Hexen! Hab ich mich klar ausgedrückt?«
Ich kreuzte wie Sam meine Finger hinter dem Rücken.
»Ja, Schwester Hadburga. «
Während der folgenden Wochen beschloss Sam bei zwei weiteren Familien, dass er von ihnen nicht adoptiert werden wollte, weil sie keine Tiere mochten und ganz besonders keine ekligen Kriechtiere wie Molche und Würmer. Und ich entschied mich gegen drei andere Familien. Die letzte Familie war besonders schrecklich gewesen. Die Bolsons hatten mich zu sich nach Hause eingeladen. Ich wusste von Anfang an, dass die Bolsons nicht die Richtigen für mich waren, aber Schwester Hadburga fand, ich sollte es auf einen Versuch ankommen lassen.
Ein schwerer Fehler.
Mr und Mrs Bolson verlangten, dass ich so lange an ihrem Esstisch sitzen blieb, bis ich das letzte Restchen Rosenkohl und Schwarzwurzeln aufgegessen hatte.
»Gemüse ist gesund«, sagte Mr Bolson.
Ich stocherte mit der Gabel in dem kalten Rosenkohl herum und wünschte, er möge verschwinden. Ich saß schon mindestens zwei Stunden an diesem Tisch, und es wurde einfach nicht weniger! Dann sagte ich zu Mrs Bolson, ich würde ihr eine Warze an die Nase zaubern, und zu Mr Bolson sagte ich, ich würde ihm heimlich Mäuseköttel in sein Müsli streuen. Danach waren sie nicht mehr so wild darauf, mich zu adoptieren. Und ich wollte sowieso nicht von ihnen adoptiert werden.
Allmählich begann ich mich zu fragen, ob ich jemals meine Für-immer-Familie finden würde.
»Sie muss irgendwo dort draußen sein«, tröstete mich Sam.
Aber ich war mir da nicht so sicher. Vielleicht gab es für mich keine Für-immer-Familie, oder vielleicht hatte sie aus Versehen ein anderes Mädchen adoptiert und braucht mich nun gar nicht mehr.
Glücklicherweise irrte ich mich. Kurze Zeit später tauchte jemand im Kinderheim auf ... Jemand, der sich völlig von allen Menschen unterschied, denen ich bis dahin begegnet war.
Schon als ich Lilith das erste Mal auf das Kinderheim zukommen sah, wusste ich, dass sie etwas ganz Besonderes war, und ich wünschte mir, dass sie etwas Besonderes für mich sein sollte. Lilith musste einfach meine Für-immer-Familie werden, koste es, was es wolle.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
Vom Tag meiner Geburt an wollte ich eine Hexe sein. Zumindest glaube ich das. Natürlich kann ich mich an meine Geburt nicht mehr erinnern. Ich kann mich nicht mal daran erinnern, dass ich als Baby auf der Türschwelle des Tempelton-Kinderheims abgelegt wurde - obwohl ich mich viel weiter zurückerinnern kann als alle Leute, die ich kenne.
Meine erste Erinnerung ist, wie ich in meinem Kinderbett liege und eine buntlackierte Holzfrau mit einem spitzen Hut anschaue, um die drei kleine Besen herumfliegen. Das Hexen-Mobile hatte damals neben mir auf der Türschwelle des Kinderheims gelegen. Stundenlang konnte ich diesem Mobile zusehen.
Eines Tages, es war in einer Winternacht, und draußen wütete ein Sturm, konnte ich nicht schlafen und sah meinem Hexenmobile zu, wie es im Mondlicht tanzte. Sam, das Baby im Bettchen neben mir, schniefte vor sich hin - denn er hatte fast immer eine verstopfte Nase. Ich betrachtete seinen Schnuller, an dem er hin und wieder zufrieden nuckelte. Und auf einmal wollte ich diesen Schnuller haben. Unbedingt!
Ich wünschte ihn mir so sehr, wie ich mir noch nie etwas gewünscht hatte! Ich weiß nicht, was dann genau passiert ist, aber eben noch hatte ich mir den Schnuller mit aller Macht gewünscht - und im nächsten Augenblick hatte ich ihn! Ich saugte so heftig daran, wie ich konnte. Obwohl Sams Spucke daran klebte ... Es war klasse! Ich vergaß meine Angst vor dem Sturm, ich vergaß alles. Auf einmal war ich glücklich und schlief sofort ein!
Natürlich war Sam überhaupt nicht mehr glücklich, und er brüllte los! Er wollte der flugs herbeigeeilten Schwester Hadburga klarmachen, dass sein Schnuller geklaut worden war, aber sie verstand ihn natürlich nicht.
Ich saugte weiter und schaute zufrieden zu meinem Hexenmobile hoch. Die Hexe tanzte im Mondenschein, und mir war, als lächelte sie mir verschmitzt zu.
Die meisten Babys aus dem Tempelton-Kinderheim fanden superschnell eine neue Familie - nur ich nicht. Und mein Freund Sam auch nicht.
Dabei hatten mich bis zu meinem fünften Geburtstag eine ganze Menge Familien aufnehmen wollen, weil ich süß und niedlich war - aber ich wollte natürlich nicht zu irgendwelchen Dahergelaufenen! Und bei Sam war es dasselbe. Unsere Familien sollten die allerbesten sein, und wenn das hieß, dass wir ein bisschen länger als die anderen Kinder warten mussten ... na, dann warteten wir eben. Kein Kind aus dem Tempelton-Kinderheim musste mit jemandem mitgehen und bei ihm leben, wenn es das nicht wollte - das war unser Glück.
Eines Tages hatten wir uns in dem alten Gewächshaus, unserem Geheimversteck hinter dem Kinderheim, verabredet. Sam hatte es mal ganz zufällig entdeckt, als er einem Marienkäfer hinterhergelaufen war, um rauszufinden, wo er wohnte. Man musste durch Unmengen von Brennnesseln und dichtes Gestrüpp kriechen, um dorthin zu gelangen - wirklich kein Ort, den andere Kinder toll gefunden hätten, und deshalb war er für uns genau richtig! Die Fensterscheiben waren entweder kaputt oder von grünem Schleim überzogen, denn hier wuchs nur Unkraut. Ich spuckte auf meinen Handballen, und dann spuckte Sam auf seinen Handballen, und dann drückten wir unsere Hände aneinander und schlossen einen Pakt: Wir würden uns nie mit dem Zweitbesten zufriedengeben.
Ich wünschte mir eine Familie, der es nichts ausmachte, dass ich eine Hexe war. Und Sam wollte eine Familie, die Kröten und Schnecken genauso mochte wie er. Sam war immer ein bisschen verdreckt oder klatschnass, weil er ständig nach Kaulquappen oder Spinnen oder anderen Krabbelviechern suchte. Einmal fand Schwester Hadburga sogar eine Kröte in seiner Hosentasche (er behauptete, er hätte sie gerettet).
Schwester Hadburga hatte Sam mehr als einmal gesagt, dass er sich ändern müsse, wenn er eine Familie finden wollte, aber Sam war das egal. Er war sich sicher, dass es irgendwo da draußen eine Familie gab, die ihn so lieben würde, wie er war.
Und wenn er sie auch mochte, dann waren das die Menschen, bei denen er leben wollte: Seine Für-immer-Familie.
Und ich war mir ganz sicher, dass es irgendwo da draußen eine Familie gab, der es nichts ausmachte, dass ich am liebsten eine Hexe sein wollte. Und das wäre dann meine Für-immer-Familie!
Sie brauchten nur ein bisschen Zeit, um uns zu finden, das war alles.
Erinnert ihr euch noch an die Sache mit Sams Schnuller?
Tja, in den darauffolgenden Jahren passierten noch eine Menge solcher seltsamen und unerklärlichen Dinge. Zum Beispiel als wir in den Kindergarten kamen. Unsere Erzieherin, Miss Willow, war sehr nett, und ich hätte sie glatt als Für-immer-Familie genommen. Aber als wir zusammen bastelten und malten und ich eine Hexe malte, sagte sie:
»Igitt, eine Hexe! Mal doch lieber etwas Schönes, Bella!« Nach diesem Satz war ihr duftiges rosa Kleid auf einmal voller schwarzer Farbflecke. Ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte. Es war genau wie bei Sams Schnuller: Eben noch war die Farbe im Topf - und im nächsten Augenblick war sie auf Miss Willows Kleid. Sie war ziemlich sauer und sagte, ich wäre ein sehr ungezogenes Mädchen. Dabei war es gar nicht meine Schuld.
Ich hatte überhaupt nichts getan.
Als Sam und ich sechs waren, wurden wir zu Angelas Kostümfest eingeladen. Angela ging in unsere Klasse, aber sie konnte mich und Sam nicht besonders gut leiden. Sie redete nicht mit uns und wollte nicht neben uns sitzen oder mit uns spielen. Angelas Mutter hat uns wahrscheinlich aus Versehen eingeladen. Wir bekamen sonst nie Einladungen von den anderen Kindern.
Sam war ganz aufgeregt, weil er gehört hatte, dass es im Garten von Angelas Eltern einen Teich mit Molchen gab. Ich war ganz aufgeregt, weil ich noch nie zu einem Fest außerhalb vom Kinderheim eingeladen worden war, ganz zu schweigen von einem Kostümfest! Wir hatten eine Verkleidungskiste in Tempelton, und darin waren ein Hexenkleid und ein Hexenhut. Ich wusste genau, als was ich zu dem Fest gehen würde.
Als wir bei Angela ankamen, rannte Sam gleich in den Garten zum Teich. Mir fiel auf, dass ich die einzige Hexe war. Alle anderen Mädchen waren entweder eine Fee oder eine Prinzessin.
»Du bist dran, Bella Donner«, sagte Angela, als wir Verstecken spielten. Alle rannten weg, und ich machte die Augen zu und zählte bis dreißig.
»Eins, zwei, drei, sieben ... zehn ... dreiundzwanzig ... neunundzwanzig ... « Fast richtig - ich war ja schließlich erst sechs, und Mathe war nicht gerade mein Lieblingsfach. Aber ich konnte alle sehr leicht finden. Ich musste mich nur konzentrieren, und schon wusste ich, wo sie waren - es war wie Hexerei.
»Angela ist auf dem Baum. Sarah und Jane sind hinter den Mülleimern. Tracy ist im Klo«, rief ich und hatte mich noch keinen Zentimeter bewegt.
Leider freuten sich die anderen Kinder gar nicht.
»Du hast geschummelt!«
»Gar nicht!«
»Du hast bestimmt heimlich gekuckt. Hinter den Mülleimern hat uns niemand sehen können.«
Aber ich hatte nicht geschummelt - ich hatte es einfach gewusst.
»Was hättest du gern auf dein Brötchen, Bella?«, fragte Angelas Mutter mich beim Geburtstagskakao.
»Regenwurmgelee! « Ich kicherte. »Hexen mögen Brötchen mit Regenwurmgelee. «
»Bäh! Igitt! Du bist ja fies, Bella Donner«, sagten die anderen Mädchen.
»Dein Name klingt wie ein Hexenname«, sagte Angela.
»Gut, nicht?!« Ich grinste, damit alle meine schwarz angemalten Schneidezähne sehen konnten - ich hatte nämlich im Bad die Wimperntusche von Angelas Mutter entdeckt. Den dunkellila Lidschatten und den schwarzen Nagellack aus dem Badezimmerschrank hätte ich am liebsten auch ausprobiert, aber das hatte ich mich nicht getraut.
»Aber am allermeisten mag ich Schnecken-Eis. Schleimig und glibberig - mmmhmmm! «
»Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte
Angela.
Ich gackerte mein Hexengelächter, das ich extra für dieses Fest eingeübt hatte.
Gerade da kam Sam vom Teich herein, er hielt einen Molch in der Hand und tropfte alles nass.
»Ich habe einen gefunden!«, rief er.
»Molchbrötchen, köstlich!«, sagte ich. (Natürlich hätte ich den Molch niemals wirklich gegessen - ich machte nur Spaß! Aber es war sehr komisch, wie sich alle vor Ekel krümmten.)
Angelas Mutter rief im Kinderheim an, und Millie, eine der Erzieherinnen, kam uns abholen.
»Ich möchte mich für die bei-
den entschuldigen«, sagte Millie zu Angelas Mutter.
»Wenn ich geahnt hätte, wie ungezogen diese Kinder sind, hätte ich sie nie eingeladen«, sagte Angelas Mutter.
»Eigentlich sind sie gar nicht so schlimm«, verteidigte uns Millie. »Moment mal«, sagte sie dann, holte den Lidschatten und den Nagellack unter meinem Hexenhut hervor und gab sie Angelas Mutter zurück.
»Das war ich nicht!«, rief ich erschrocken. Ich hatte wirklich keine Ahnung, wie die Sachen unter meinen Hut gekommen waren. Aber weder Millie noch Angelas Mutter glaubten mir.
»Du bist an allem schuld!«, sagte ich auf der Heimfahrt zu Sam. »Blöder Molchjäger.«
»Du bist schuld, weil du immer so eine doofe Hexe sein willst«, brüllte Sam zurück.
Im Kinderheim brachte Millie uns gleich zu Schwester Hadburgas Büro. Schwester Hadburga war befördert worden und war jetzt die Hausmutter.
Millie klopfte an die Tür, und Schwester Hadburga rief: »Herein.«
Sam und ich standen vor ihrem Schreibtisch. Sie war sehr, sehr verärgert.
»Ihr habt das Kinderheim in Verruf gebracht, und ich bin äußerst enttäuscht von euch«, sagte sie. Sam und ich sahen auf unsere Schuhe runter.
»Sam, du wirst von jetzt an nicht mehr mit Molchen, Würmern oder anderen ... Krabbeltieren spielen.«
»Aber das sind meine Freunde«, flüsterte Sam. »Willst du eine richtige Familie finden?«
»Ja, Schwester Hadburga«, sagte Sam. »Aber ...« Er wollte ihr erklären, dass er nur zu einer Familie gehen wollte, die es in Ordnung fand, wenn er mit Molchen, Würmern und anderen Krabbeltieren spielte.
»Dann tu bitte, was ich dir sage«, mahnte Schwester Hadburga.
»Ja, Schwester Hadburga«, antwortete Sam kleinlaut. Aber ich sah, wie er hinter seinem Rücken die Finger kreuzte, und wusste, dass er das nicht wirklich vorhatte.
»Und was dich betrifft, Isabella ... «
Ich hätte sie gern daran erinnert, dass ich lieber Bella genannt werden wollte. Aber sie sah mich so zornig an, dass ich lieber nichts sagte.
»Du wirst niemandem mehr auf die Nase binden, dass du gerne eine Hexe wärst«, sagte Schwester Hadburga. »Die Leute mögen das nicht, und du willst doch auch irgendwann eine Familie finden, oder?«
»Aber ... «
»Kein Aber und kein Wort mehr über Hexen! Hab ich mich klar ausgedrückt?«
Ich kreuzte wie Sam meine Finger hinter dem Rücken.
»Ja, Schwester Hadburga. «
Während der folgenden Wochen beschloss Sam bei zwei weiteren Familien, dass er von ihnen nicht adoptiert werden wollte, weil sie keine Tiere mochten und ganz besonders keine ekligen Kriechtiere wie Molche und Würmer. Und ich entschied mich gegen drei andere Familien. Die letzte Familie war besonders schrecklich gewesen. Die Bolsons hatten mich zu sich nach Hause eingeladen. Ich wusste von Anfang an, dass die Bolsons nicht die Richtigen für mich waren, aber Schwester Hadburga fand, ich sollte es auf einen Versuch ankommen lassen.
Ein schwerer Fehler.
Mr und Mrs Bolson verlangten, dass ich so lange an ihrem Esstisch sitzen blieb, bis ich das letzte Restchen Rosenkohl und Schwarzwurzeln aufgegessen hatte.
»Gemüse ist gesund«, sagte Mr Bolson.
Ich stocherte mit der Gabel in dem kalten Rosenkohl herum und wünschte, er möge verschwinden. Ich saß schon mindestens zwei Stunden an diesem Tisch, und es wurde einfach nicht weniger! Dann sagte ich zu Mrs Bolson, ich würde ihr eine Warze an die Nase zaubern, und zu Mr Bolson sagte ich, ich würde ihm heimlich Mäuseköttel in sein Müsli streuen. Danach waren sie nicht mehr so wild darauf, mich zu adoptieren. Und ich wollte sowieso nicht von ihnen adoptiert werden.
Allmählich begann ich mich zu fragen, ob ich jemals meine Für-immer-Familie finden würde.
»Sie muss irgendwo dort draußen sein«, tröstete mich Sam.
Aber ich war mir da nicht so sicher. Vielleicht gab es für mich keine Für-immer-Familie, oder vielleicht hatte sie aus Versehen ein anderes Mädchen adoptiert und braucht mich nun gar nicht mehr.
Glücklicherweise irrte ich mich. Kurze Zeit später tauchte jemand im Kinderheim auf ... Jemand, der sich völlig von allen Menschen unterschied, denen ich bis dahin begegnet war.
Schon als ich Lilith das erste Mal auf das Kinderheim zukommen sah, wusste ich, dass sie etwas ganz Besonderes war, und ich wünschte mir, dass sie etwas Besonderes für mich sein sollte. Lilith musste einfach meine Für-immer-Familie werden, koste es, was es wolle.
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© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main
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Autoren-Porträt von Ruth Symes
Symes, RuthRuth Symes schreibt Geschichten für Kinder aller Altersstufen, also auch für erwachsene Leser. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Hunden in Bedfordshire, England.
Harvey, Franziska
Franziska Harvey, geboren 1968, studierte Illustration und Kalligraphie und arbeitet als freie Illustratorin für verschiedene Verlage und Agenturen. Sie lebt mit ihrer Familie in Frankfurt am Main.
Bibliographische Angaben
- Autor: Ruth Symes
- Altersempfehlung: 6 - 8 Jahre
- 2012, 3. Aufl., 144 Seiten, mit Abbildungen, Maße: 14,7 x 22,1 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Schindler, Nina
- Übersetzer: Nina Schindler
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596854636
- ISBN-13: 9783596854639
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