Bunkerwelten - Luftschutzanlagen in Norddeutschland
Nachdem britische Bomben im August 1940 erstmals auf Berlin niedergegangen waren, erließ Hitler am 10. Oktober 1940 das sogenannte Führer-Sofortprogramm.
In allen größeren deutschen Städten wurden ab Oktober...
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Produktinformationen zu „Bunkerwelten - Luftschutzanlagen in Norddeutschland “
Nachdem britische Bomben im August 1940 erstmals auf Berlin niedergegangen waren, erließ Hitler am 10. Oktober 1940 das sogenannte Führer-Sofortprogramm.
In allen größeren deutschen Städten wurden ab Oktober 1940 im Eilverfahren Luftschutzbunker errichtet. Der Wettlauf zwischen Bomben und Bunkern wurde zur größten Materialschlacht des 2. Weltkrieges. Michael Foedrowitz hat ihn hier erstmals umfassend dokumentiert.
Lese-Probe zu „Bunkerwelten - Luftschutzanlagen in Norddeutschland “
Bunkerwelten - Luftschutzanlagen in Norddeutschland von Michael FoedrowitzVorwort
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Niemand braucht der Kriegsgeneration anzugehören, um mit dem Wort Bunker sofort eine konkrete Vorstellung zu verbinden - so unterschiedlich diese im einzelnen auch sein mag. Das Wort selbst ist in seiner Verbindung mit der militärischen Entwicklung der Flug- und Raketentechnik gewissermaßen modern. Es bildet am Boden das Gegenstück zum Krieg aus der Luft, genauer zum Bombenkrieg und später Raketenkrieg. Meyers Konversationslexikon von 1894 kennt somit den Begriff des Bunkers in die sem Sinne noch nicht, sondern lediglich als Bezeichnung für den Kohlenraum auf Dampfschiffen, der heute seinerseits verschwunden ist - und mit ihm auch der Gebrauch des Begriffes in diesem Sinne.
Der Bombenkrieg des Zweiten Weltkrieges und die Bunker stehen nicht nur für den quantitativen Einsatz von Technik und Material mit der Folge enormer Zerstörung, sondern auch für einen qualitativen Schritt auf dem Weg zum »totalen Krieg«. Der Soldat sowohl der Söldnerheere als auch der Volksheere seit der Französischen Revolution kämpfte »im Felde«, jedenfalls sofern Staatlichkeit der kriegführenden Parteien bestand. Alles andere galt letztlich als Verstoß gegen die Ethik des bewaffneten Kampfes, so problematisch heute diese Zusammenhänge auch klingen mögen und gesehen werden. Der Soldat sollte »im Feld« die Heimat, die Familien sowie das Volk schützen. Der Bombenkrieg hob diese Situation auf und relativierte damit auch den Frontbegriff als Nachfolgebegriff des Feldes. Die Zivilbevölkerung trug nun nicht nur eine Hauptlast des Krieges und erfuhr am eigenen Leibe seine Brutalität, ihre Brechung als Produktionsfaktor im »technischen Krieg« wurde strategisches Ziel.
Die Geschichte der Bunker in Deutschland beginnt bereits vor dem Zweiten Weltkrieg und hält bis heute an, da noch zahlreiche Bunker auf unterschiedlichste Weise genutzt werden oder ihr Abriß noch nicht abgeschlossen ist. Wurden die Schutzsuchenden anfangs als »Klappstuhlge - schwa der« belächelt, so gab es später nicht wenige Ostfrontsoldaten auf Urlaub, die den neuerlichen Gang zur Front dem wehrlosen Warten im Beton vorzogen. Für fast die gesamte deutsche Großstadtbevölkerung waren die
Bun ker eine Frage des Überlebens. Die Dramatik der Schick sale ist ergreifend: Kleinkinder gingen im Gerenne und Gewühl verloren, Babys wurden in der Hitze und im Gestank der Bunker geboren. Fremdarbeiter und Gefangene wurden normalerweise nicht in die Bunker gelassen, sondern blieben den Angriffen schutzlos ausgesetzt. NSDAP-Funktionsträger suchten sich Privilegien zu sichern und brachten so Teile der Bevölkerung gegen sich auf.
Für die Bunker gab es keine »Stunde Null«, in ihnen hausten Schutzsuchende auch nach Kriegsende. Die Woh - nungs not durch die Zerstörung wurde durch den über Jahre nicht abreißenden Strom an Flüchtlingen und Vertriebenen in die Westzonen verschärft. Am Wirtschaftswunder vorbei blieben die Bunker wahre Elendsquartiere und waren teils bis in die siebziger Jahre hinein bewohnt. Sofern sie nicht von den Alliierten gesprengt wurden - was im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands die Regel war -, stellte sich später immer wieder die Frage der Verwendung aufs Neue. Der Zivilschutz im Westen prüfte ihre Wiederverwendung besonders seit dem Korea-Krieg, der Kuba-Krise und dem Bau der Mauer. Noch bis in die neunziger Jahre, dem endgültigen Ende des Kalten Krieges, wurden ihr umstrittener Um- und Ausbau betrieben und dafür teils erhebliche Mittel ausgegeben. 1989 wurde in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sogar geprüft, ob Bunker für die Unterbringung von DDR-Flüchtlingen in Frage kämen. 1992 dachte man angesichts der wachsenden Zahl an Obdachlosen an eine Nutzung vorhandener Bunker. Andere waren inzwischen an Bands als Übungsräume vermietet worden bzw. Gegenstand öffentlicher Kontroversen um ihre künst lerische Außengestaltung.
Die Bunker spiegeln nicht nur Aspekte der Kriegsgeschichte, sondern auch der Technikgeschichte, der Baugeschichte, der Stadtgeschichte, der Sozialgeschichte, der Frauengeschichte, der Psychologie, der Umweltgeschichte und sogar der Kunstgeschichte über mehr als so Jahre wider. An äußeren Anstößen zur Beschäftigung mit dem Luftkrieg und damit mit den Bunkern hat es bis hin zur umstrittenen Aufstellung des Denkmals in London für »Bomber-Harris«, dem Verantwortlichen für die Zerstö - rung Dresdens im Februar 1945, nicht gefehlt. Insofern ist es in höchstem Grade erstaunlich, daß mit dem Buch von Michael Foedrowitz nicht nur die erste in ihren Aspekten umfassende Arbeit zur Bunkergeschichte vorliegt, sondern das erste Buch zur Geschichte der Bunker in Deutschl and überhaupt. Dieser Umstand ist eigentlich so verblüffend, daß eine konventionelle Erklärung wie ein Verweis auf die oft schwierige und für aktenorientierte Historiker nicht unbedingt typische Quellenlage kaum beeindrucken kann: Beteiligte Baufirmen sind inzwischen in Konkurs gegangen und viele Archive in Müllcontainern gelandet, die Auswertung von Zeitungen und die Befragung von Zeitzeugen waren unentbehrlich. Hat die Histo-
rikerzunft hier versagt? Gab und gibt es vielleicht unbewußte Vorbehalte gegen Themen, die sich einer klaren und gleichzeitig moralisch positionierten Täter-Opfer-Klassifizierung entziehen?
Michael Foedrowitz, ein jüngerer Historiker des Jahrgangs 1953, hat das Material zusammengetragen und vor allem die schwindende Chance wahrgenommen, die Erlebnisgeneration zu befragen. Darin liegt sein weiterreichendes Verdienst, das über den Wert der Sammlung und die Zusammenstellung der Fakten hinausgeht.
Dr. Franz Kadell
Halle/Saale, den 24. Januar 1998
Planung und Bau der Bunker
Das »Führer-Sofortprogramm«
Der Beschluß von 1940
Als am Abend des 25. August 1940 britische Piloten in Hemswell und in Linton on Ouse ihre Bomber bestiegen, ahnten sie wohl nicht, was ihr bevorstehender Angriff auf Berlin in Bewegung setzen würde. Ihre Bomben lösten die Planung des größten zweckgebundenen Bauprojekts der Menschheitsgeschichte aus: Die Bevölkerung wichtiger deutscher Städte, die Militärbasen, Rüstungsstandorte und die Verkehrsknotenpunkte sollten durch Bunker umfassenden Schutz vor Luftangriffen erhalten.1 Doch dieses riesige Vorhaben überstieg von Anfang an die Grenzen des Machbaren, und so wurde nur ein Bruchteil der ursprünglich geplanten Bunker tatsächlich gebaut.
Bereits seit dem 8. August 1940 hatte die deutsche Luftwaffe Großangriffe auf Ziele in England geflogen, und in der Nacht vom 24. auf den 25. August hatte sie London bombardiert. Die Führung der britischen Bomberverbände entschloß sich nach diesem Angriff zu einem Vergeltungsschlag. Nachdem die britische Luftwaffe bereits seit Kriegsbeginn im September 1939 vereinzelt deutsche Städte in Nord- und Westdeutschland angegriffen hatte, flog sie nun in der Nacht vom 25. auf den 26. August 1940 den ersten geschlossenen Bombeneinsatz auf Berlin. Aber nur wenige der 81 Maschinen erreichten ihr Ziel, und so fielen lediglich etwa 22 Tonnen Bomben auf die nördlichen Stadtteile. Die Schäden waren im Vergleich zu Luftangriffen der folgenden Jahre eher unbedeutend, aber die deutschen Machthaber waren schockiert. War doch die »Reichshauptstadt« eigentlich die durch die Luftverteidigung am besten geschützte Stadt Deutschlands.
Im Herbst 1940 intensivierte die Royal Air Force (RAF) ihre Luftattacken gegen Deutschland. Allein im September 1940 wurde Berlin fünfzehnmal angegriffen. Die Küstenstädte an Nord- und Ostsee waren aufgrund ihrer Bedeutung für den Seekrieg und die Versorgung weitere Haupt ziele der britischen Bomber, wie auch einige andere Großstädte in Norddeutschland und das Rüstungszentrum Ruhrgebiet. Zunehmend zielten die Angriffe dabei auf Wohngebiete. So erlebte nun auch die deutsche Zivilbevölkerung die Leiden eines Luftkrieges, wie ihn deutsche Bomber bereits 1937 während des spanischen Bürgerkrieges in Guernica, im September 1939 in Warschau und im Mai 1940 in Rotterdam vorexerziert hatten.
Als Reaktion auf die ersten Bombenabwürfe auf Berlin befahl Hitler am 9. September 1940 den Bau von Flaktürmen im Stadtgebiet, die den Überflug feindlicher Flugzeuge über das Regierungsviertel verhindern sollten. Zwischen Oktober 1940 und April 1942 entstanden daraufhin die drei Flakturm-Paare »Zoo«, »Friedrichshain« und »Humboldthain« .2
Aber es war nicht mehr von der Hand zu weisen, daß England als Kriegsgegner nicht bezwungen werden konnte, sondern im Gegenteil seine Luftwaffe immer massiver die deutsche Zivilbevölkerung sowie die Wirtschafts- und Rüstungsstandorte bedrohte. Ein Umdenken in Sachen Luftschutz war daher unumgänglich. Bisher hatte man den »aktiven« Luftschutz mit einer starken Luftwaffe und der Flakartillerie gegenüber den »passiven« Maßnahmen des zivilen Luftschutzes vorgezogen. Deshalb waren in den norddeutschen Städten vor dem Herbst 1940 neben bloßen Deckungsgräben, Luftschutzkellern und ebenfalls nicht bombensicheren Sonderbauten in den Jahren 1939/40 nur vereinzelte Luftschutztürme für die Werften entstanden. Vor allem den Schutz der Zivilbevölkerung hatte man sträflich vernachlässigt. Das galt selbst für Berlin, wo noch im Herbst 1940 für weit weniger als zehn Prozent der 4,3 Millionen Einwohner Luftschutzräume zur Verfügung standen. Einzig Vorbeugemaßnahmen wie Brandschutzübungen und Maßnahmen zur Verdunkelung wurden in größerem Umfang vom Reichsluftschutzbund durchgeführt.
Hatte jemand Vorschläge zum umfangreichen Luftschutzbau öffentlich geäußert, so galt dies bisher als »zersetzend«, und es konnte geschehen, daß sogar mit der Einlieferung in ein Konzentrationslager gedroht wurde. Zu leicht hätte die Bevölkerung vom Bunkerbau auf die Ohnmacht gegenüber den feindlichen Luftangriffen schließen können.3 Nach den massiven Angriffen der britischen Luftwaffe gab es nun aber keine Wahl mehr, wollte man nicht den Unmut der Bevölkerung riskieren. Für Hitler dürfe es nicht so kommen wie in England. In Deutschland müsse die Führung handeln, bevor das Volk unzufrieden werde.4
Am 26. September 1940 befahl Hitler deshalb, daß »in ganz großem Umfange in Berlin Luftschutzräume hergestellt und eingerichtet« werden sollen.5 Vier Tage später ordnete er nach heftiger Kritik an den bis dahin nur vereinzelt durchgeführten baulichen Luftschutzmaßnahmen des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) an, in Berlin 1000 bis 2 000 Bunker für je 100 Personen zu bauen. Ebenfalls an diesem 30. September fand bei Hitler eine Besprechung mit den Leitern der Flakartillerie, des Luftschutzes, der Bauverwaltung und dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition, Fritz Todt, statt. Hitler betonte hier die Notwendigkeit von Schutzbauten für Personen, »die für die Staatsführung unersetzlich sind«.6 Für diese Bauten machte er genaue Vorgaben. Luftschutzräume von Staatsbauten müßten mindestens 1000-kg-Bomben widerstehen. Verwaltungsgebäude, Schulen und Museen waren entweder volltreffersicher auszubauen oder sollten für wertvolles Kulturgut bombensichere Luftschutzräume erhalten. Daneben waren auch die Luftschutzbauten für die Zivilbevölkerung Thema der Besprechung. Man erörterte Sofortmaßnahmen wie die Ausnutzung von Baulücken in Berlin für die Errichtung bombensicherer Luftschutzanlagen. Für die Zukunft wurde darüber hinaus der bombensichere Ausbau der Luftschutzräume in mehrgeschossigen Wohnbauten anvisiert.
Aus der Mitschrift eines Teilnehmers an dem Treffen in Berlin geht hervor, daß für Hitler »der Luftschutz eine Angelegenheit sei, die nicht bejaht oder verneint werden könne, sondern zur Auflage gemacht wird. Das Ziel sei, einen möglichst hohen Grad von Luftsicherheit zu erreichen«.7 Die Maßnahmen in Berlin wurden deshalb ausgeweitet, und Hitler ordnete am 1 0. Oktober 1940 per »Führererlaß« das sogenannte Führer-Sofortprogramm an, das den Luftschutzbau reichsweit regelte. Geplant war, verschiedene bomben-, trümmer- und splittersichere Luftschutz bauten in einem noch nicht gekannten Umfang zu errichten. Das Programm hatte das hochgesteckte Ziel, mit Bunkeranlagen den »absoluten Volltrefferschutz für die gesamte Zivilbevölkerung« zu gewährleisten,8 und ging damit weit über den bisher verfolgten bloßen Splitterschutz hinaus.
Das auch als »Sonderaktion Luftschutzbau« bezeichnete »Sofortprogramm« umfaßte vor allem den Bunkerbau des Selbstschutzes, also die Bunker, die allein dem Schutz der Zivilbevölkerung dienten. Weitere Bunker für besondere Zwecke ergänzten das Programm: In Berlin wurden mindestens 70 Bunker im Programm »Mutter und Kind« errichtet, die allabendlich von Müttern mit ihren Kleinkindern genutzt werden sollten. Es folgten Bunker für Krankenhäuser, sogenannte OP-Bunker. Parallel zum »Sofortprogramm« entstanden bombensichere Luftschutzanlagen der Reichsbahn und des Werkluftschutzes (WLS), die für Bahnreisende, Bahnangestellte und Mitarbeiter der Industriebetriebe gedacht waren und stellenweise auch der sonstigen Bevölkerung offenstanden. Auch für die Wehrmacht wurden eigene Bunker gebaut. In Berlin sollten zudem der Reichsrundfunk sowie die Hotels »Adlon«, »Kaiserhof« und »Esplanade« eigene Bunker erhalten, ebenso die 16 Reichsministerien und die diplomatischen Vertretungen.
Entgegen den ersten Äußerungen, die gesamte Zivilbevölkerung zu schützen, wurden in das Programm dann doch nur »wehrwirtschaftliche Gemeinden« und Luftschutz - orte I.Ordnung9 einbezogen. Dies waren Städte, die mehr als 100 000 Einwohner hatten, durch Luftangriffe bedroht waren sowie wichtige Rüstungs- oder Militäranlagen aufwiesen bzw. strategische Bedeutung besaßen.
Das Bauprogramm wurde in mehreren »Wellen« durchgeführt, wobei selbst die erste und größte Welle nur 61 Städte10 betraf. Sogar einige Großstädte blieben beim Bunkerbau unberücksichtigt, da bei der Auswahl die Aufrechterhaltung der Rüstungsproduktion und strategische Überlegungen Priorität hatten. Beim Schutz der Zivilbevölkerung stand die Erhaltung der Arbeitskräfte für die Rüstungsindustrie im Vordergrund. In den 61 vom Reichsluftfahrtministerium am 13. Oktober 1940 festgelegten »Bunkerstädten« lebten zusammen rund 20 Millionen Menschen. Nach den ersten Plänen wollte man davon 54 Prozent bombensicher schützen.11 Die Bauzeit der I. Welle erstreckte sich von November 1940 bis Ende 1941, obwohl die Bauten eigentlich bis Sommer 1941 hätten fertiggestellt sein sollen. Im Zuge der I. Welle entstanden 839 Bunker mit 400 000 Schutzplätzen.12 Auch wenn man Unsicherheiten bei der Berechnung berücksichtigt,13 wurden die ursprünglichen Ziele also nicht annähernd erreicht.
An die I. schloß ab dem Sommer 1941 die II. Welle an, die anfangs 56 Städte umfaßte, dann aber auf 31 Städte reduziert wurde.14 Diese hatten ungefähr 15 Millionen Einwohner. Mittlerweile schätzte man die Grenzen des Machbaren realistischer ein. Die Planungen für die II. Welle sahen deshalb nur noch Schutzplätze für etwa 500 000 Menschen dieser 31 Städte vor, somit also nur für 3,3 Prozent der dortigen Bevölkerung.15 Mit verstärkten Abschlußdecken und Außenwänden reagierte man bei den Bauten der II. Welle auf die wachsende Durchschlagskraft der Bomben.
Bis zum 29. Januar 1942 waren 1215 Bunker der I. und II. Welle im Rohbau fertiggestellt, 513 weitere befanden sich im Bau. Die Zahl der Bunker stieg bis zum Mai 1943 auf fast 3 000.16 Bis Ende 1941 wurden zwischen 4,2 und 4,8 Millionen Kubikmeter Beton verbaut, das Bauvolumen stieg bis Mai 1943 dann nur noch auf etwa 6 Millionen Kubikmeter Beton für bombensichere Bunker des Selbstschutzes. Hier machte sich der Übergang zu einem Notausbauprogramm ab 1942 bemerkbar.
Ab Anfang 1943 hat die amerikanische Luftwaffe die Nachtangriffe der Royal Air Force mit eigenen Tagangriffen ergänzt. Diese Intensivierung des Bombenkrieges machte im Mai 1943 ein Ausweitungsprogramm haupt - sächlich für Luftschutzorte II. Ordnung nötig, obwohl noch nicht alle Bauten der II. Welle vollendet waren. Das Ausweitungsprogramm sah vor allem die Anlage von Luftschutzstollen vor, die angesichts der kritischen Baustoff- und Arbeitskräftelage am ehesten zu realisieren waren. Bunkerbauten nach der II. Welle erhielten die Be - zeich nung »Zusatzprogramm«, in einigen Städten auch III. Welle genannt. Noch am 16. März 1945 wurde die Aufnahme weiterer Luftschutzorte im Zuge des erweiterten »Führer-Sofortprogramms« diskutiert, doch das waren schon Geistergespräche.
Die im Zuge der III. Welle erstellten Luftschutzstollen kommen zu den bis Mai 1943 errichteten Bunkern hinzu, so daß die Zahl der insgesamt bis Kriegsende fertiggestellten Bunker für den Selbstschutz bei über 3 000 liegen dürfte. Zählt man die Bunker den Programmen für Krankenhausbunker, Bunker der Reichsbahn, Industrie und Wehrmacht hinzu, so läßt sich die Zahl der insgesamt erstellten Bunker grob auf 6 000 schätzen.17
Genehmigte Lizenzausgabe für
Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Niemand braucht der Kriegsgeneration anzugehören, um mit dem Wort Bunker sofort eine konkrete Vorstellung zu verbinden - so unterschiedlich diese im einzelnen auch sein mag. Das Wort selbst ist in seiner Verbindung mit der militärischen Entwicklung der Flug- und Raketentechnik gewissermaßen modern. Es bildet am Boden das Gegenstück zum Krieg aus der Luft, genauer zum Bombenkrieg und später Raketenkrieg. Meyers Konversationslexikon von 1894 kennt somit den Begriff des Bunkers in die sem Sinne noch nicht, sondern lediglich als Bezeichnung für den Kohlenraum auf Dampfschiffen, der heute seinerseits verschwunden ist - und mit ihm auch der Gebrauch des Begriffes in diesem Sinne.
Der Bombenkrieg des Zweiten Weltkrieges und die Bunker stehen nicht nur für den quantitativen Einsatz von Technik und Material mit der Folge enormer Zerstörung, sondern auch für einen qualitativen Schritt auf dem Weg zum »totalen Krieg«. Der Soldat sowohl der Söldnerheere als auch der Volksheere seit der Französischen Revolution kämpfte »im Felde«, jedenfalls sofern Staatlichkeit der kriegführenden Parteien bestand. Alles andere galt letztlich als Verstoß gegen die Ethik des bewaffneten Kampfes, so problematisch heute diese Zusammenhänge auch klingen mögen und gesehen werden. Der Soldat sollte »im Feld« die Heimat, die Familien sowie das Volk schützen. Der Bombenkrieg hob diese Situation auf und relativierte damit auch den Frontbegriff als Nachfolgebegriff des Feldes. Die Zivilbevölkerung trug nun nicht nur eine Hauptlast des Krieges und erfuhr am eigenen Leibe seine Brutalität, ihre Brechung als Produktionsfaktor im »technischen Krieg« wurde strategisches Ziel.
Die Geschichte der Bunker in Deutschland beginnt bereits vor dem Zweiten Weltkrieg und hält bis heute an, da noch zahlreiche Bunker auf unterschiedlichste Weise genutzt werden oder ihr Abriß noch nicht abgeschlossen ist. Wurden die Schutzsuchenden anfangs als »Klappstuhlge - schwa der« belächelt, so gab es später nicht wenige Ostfrontsoldaten auf Urlaub, die den neuerlichen Gang zur Front dem wehrlosen Warten im Beton vorzogen. Für fast die gesamte deutsche Großstadtbevölkerung waren die
Bun ker eine Frage des Überlebens. Die Dramatik der Schick sale ist ergreifend: Kleinkinder gingen im Gerenne und Gewühl verloren, Babys wurden in der Hitze und im Gestank der Bunker geboren. Fremdarbeiter und Gefangene wurden normalerweise nicht in die Bunker gelassen, sondern blieben den Angriffen schutzlos ausgesetzt. NSDAP-Funktionsträger suchten sich Privilegien zu sichern und brachten so Teile der Bevölkerung gegen sich auf.
Für die Bunker gab es keine »Stunde Null«, in ihnen hausten Schutzsuchende auch nach Kriegsende. Die Woh - nungs not durch die Zerstörung wurde durch den über Jahre nicht abreißenden Strom an Flüchtlingen und Vertriebenen in die Westzonen verschärft. Am Wirtschaftswunder vorbei blieben die Bunker wahre Elendsquartiere und waren teils bis in die siebziger Jahre hinein bewohnt. Sofern sie nicht von den Alliierten gesprengt wurden - was im sowjetisch besetzten Teil Deutschlands die Regel war -, stellte sich später immer wieder die Frage der Verwendung aufs Neue. Der Zivilschutz im Westen prüfte ihre Wiederverwendung besonders seit dem Korea-Krieg, der Kuba-Krise und dem Bau der Mauer. Noch bis in die neunziger Jahre, dem endgültigen Ende des Kalten Krieges, wurden ihr umstrittener Um- und Ausbau betrieben und dafür teils erhebliche Mittel ausgegeben. 1989 wurde in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sogar geprüft, ob Bunker für die Unterbringung von DDR-Flüchtlingen in Frage kämen. 1992 dachte man angesichts der wachsenden Zahl an Obdachlosen an eine Nutzung vorhandener Bunker. Andere waren inzwischen an Bands als Übungsräume vermietet worden bzw. Gegenstand öffentlicher Kontroversen um ihre künst lerische Außengestaltung.
Die Bunker spiegeln nicht nur Aspekte der Kriegsgeschichte, sondern auch der Technikgeschichte, der Baugeschichte, der Stadtgeschichte, der Sozialgeschichte, der Frauengeschichte, der Psychologie, der Umweltgeschichte und sogar der Kunstgeschichte über mehr als so Jahre wider. An äußeren Anstößen zur Beschäftigung mit dem Luftkrieg und damit mit den Bunkern hat es bis hin zur umstrittenen Aufstellung des Denkmals in London für »Bomber-Harris«, dem Verantwortlichen für die Zerstö - rung Dresdens im Februar 1945, nicht gefehlt. Insofern ist es in höchstem Grade erstaunlich, daß mit dem Buch von Michael Foedrowitz nicht nur die erste in ihren Aspekten umfassende Arbeit zur Bunkergeschichte vorliegt, sondern das erste Buch zur Geschichte der Bunker in Deutschl and überhaupt. Dieser Umstand ist eigentlich so verblüffend, daß eine konventionelle Erklärung wie ein Verweis auf die oft schwierige und für aktenorientierte Historiker nicht unbedingt typische Quellenlage kaum beeindrucken kann: Beteiligte Baufirmen sind inzwischen in Konkurs gegangen und viele Archive in Müllcontainern gelandet, die Auswertung von Zeitungen und die Befragung von Zeitzeugen waren unentbehrlich. Hat die Histo-
rikerzunft hier versagt? Gab und gibt es vielleicht unbewußte Vorbehalte gegen Themen, die sich einer klaren und gleichzeitig moralisch positionierten Täter-Opfer-Klassifizierung entziehen?
Michael Foedrowitz, ein jüngerer Historiker des Jahrgangs 1953, hat das Material zusammengetragen und vor allem die schwindende Chance wahrgenommen, die Erlebnisgeneration zu befragen. Darin liegt sein weiterreichendes Verdienst, das über den Wert der Sammlung und die Zusammenstellung der Fakten hinausgeht.
Dr. Franz Kadell
Halle/Saale, den 24. Januar 1998
Planung und Bau der Bunker
Das »Führer-Sofortprogramm«
Der Beschluß von 1940
Als am Abend des 25. August 1940 britische Piloten in Hemswell und in Linton on Ouse ihre Bomber bestiegen, ahnten sie wohl nicht, was ihr bevorstehender Angriff auf Berlin in Bewegung setzen würde. Ihre Bomben lösten die Planung des größten zweckgebundenen Bauprojekts der Menschheitsgeschichte aus: Die Bevölkerung wichtiger deutscher Städte, die Militärbasen, Rüstungsstandorte und die Verkehrsknotenpunkte sollten durch Bunker umfassenden Schutz vor Luftangriffen erhalten.1 Doch dieses riesige Vorhaben überstieg von Anfang an die Grenzen des Machbaren, und so wurde nur ein Bruchteil der ursprünglich geplanten Bunker tatsächlich gebaut.
Bereits seit dem 8. August 1940 hatte die deutsche Luftwaffe Großangriffe auf Ziele in England geflogen, und in der Nacht vom 24. auf den 25. August hatte sie London bombardiert. Die Führung der britischen Bomberverbände entschloß sich nach diesem Angriff zu einem Vergeltungsschlag. Nachdem die britische Luftwaffe bereits seit Kriegsbeginn im September 1939 vereinzelt deutsche Städte in Nord- und Westdeutschland angegriffen hatte, flog sie nun in der Nacht vom 25. auf den 26. August 1940 den ersten geschlossenen Bombeneinsatz auf Berlin. Aber nur wenige der 81 Maschinen erreichten ihr Ziel, und so fielen lediglich etwa 22 Tonnen Bomben auf die nördlichen Stadtteile. Die Schäden waren im Vergleich zu Luftangriffen der folgenden Jahre eher unbedeutend, aber die deutschen Machthaber waren schockiert. War doch die »Reichshauptstadt« eigentlich die durch die Luftverteidigung am besten geschützte Stadt Deutschlands.
Im Herbst 1940 intensivierte die Royal Air Force (RAF) ihre Luftattacken gegen Deutschland. Allein im September 1940 wurde Berlin fünfzehnmal angegriffen. Die Küstenstädte an Nord- und Ostsee waren aufgrund ihrer Bedeutung für den Seekrieg und die Versorgung weitere Haupt ziele der britischen Bomber, wie auch einige andere Großstädte in Norddeutschland und das Rüstungszentrum Ruhrgebiet. Zunehmend zielten die Angriffe dabei auf Wohngebiete. So erlebte nun auch die deutsche Zivilbevölkerung die Leiden eines Luftkrieges, wie ihn deutsche Bomber bereits 1937 während des spanischen Bürgerkrieges in Guernica, im September 1939 in Warschau und im Mai 1940 in Rotterdam vorexerziert hatten.
Als Reaktion auf die ersten Bombenabwürfe auf Berlin befahl Hitler am 9. September 1940 den Bau von Flaktürmen im Stadtgebiet, die den Überflug feindlicher Flugzeuge über das Regierungsviertel verhindern sollten. Zwischen Oktober 1940 und April 1942 entstanden daraufhin die drei Flakturm-Paare »Zoo«, »Friedrichshain« und »Humboldthain« .2
Aber es war nicht mehr von der Hand zu weisen, daß England als Kriegsgegner nicht bezwungen werden konnte, sondern im Gegenteil seine Luftwaffe immer massiver die deutsche Zivilbevölkerung sowie die Wirtschafts- und Rüstungsstandorte bedrohte. Ein Umdenken in Sachen Luftschutz war daher unumgänglich. Bisher hatte man den »aktiven« Luftschutz mit einer starken Luftwaffe und der Flakartillerie gegenüber den »passiven« Maßnahmen des zivilen Luftschutzes vorgezogen. Deshalb waren in den norddeutschen Städten vor dem Herbst 1940 neben bloßen Deckungsgräben, Luftschutzkellern und ebenfalls nicht bombensicheren Sonderbauten in den Jahren 1939/40 nur vereinzelte Luftschutztürme für die Werften entstanden. Vor allem den Schutz der Zivilbevölkerung hatte man sträflich vernachlässigt. Das galt selbst für Berlin, wo noch im Herbst 1940 für weit weniger als zehn Prozent der 4,3 Millionen Einwohner Luftschutzräume zur Verfügung standen. Einzig Vorbeugemaßnahmen wie Brandschutzübungen und Maßnahmen zur Verdunkelung wurden in größerem Umfang vom Reichsluftschutzbund durchgeführt.
Hatte jemand Vorschläge zum umfangreichen Luftschutzbau öffentlich geäußert, so galt dies bisher als »zersetzend«, und es konnte geschehen, daß sogar mit der Einlieferung in ein Konzentrationslager gedroht wurde. Zu leicht hätte die Bevölkerung vom Bunkerbau auf die Ohnmacht gegenüber den feindlichen Luftangriffen schließen können.3 Nach den massiven Angriffen der britischen Luftwaffe gab es nun aber keine Wahl mehr, wollte man nicht den Unmut der Bevölkerung riskieren. Für Hitler dürfe es nicht so kommen wie in England. In Deutschland müsse die Führung handeln, bevor das Volk unzufrieden werde.4
Am 26. September 1940 befahl Hitler deshalb, daß »in ganz großem Umfange in Berlin Luftschutzräume hergestellt und eingerichtet« werden sollen.5 Vier Tage später ordnete er nach heftiger Kritik an den bis dahin nur vereinzelt durchgeführten baulichen Luftschutzmaßnahmen des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) an, in Berlin 1000 bis 2 000 Bunker für je 100 Personen zu bauen. Ebenfalls an diesem 30. September fand bei Hitler eine Besprechung mit den Leitern der Flakartillerie, des Luftschutzes, der Bauverwaltung und dem Reichsminister für Bewaffnung und Munition, Fritz Todt, statt. Hitler betonte hier die Notwendigkeit von Schutzbauten für Personen, »die für die Staatsführung unersetzlich sind«.6 Für diese Bauten machte er genaue Vorgaben. Luftschutzräume von Staatsbauten müßten mindestens 1000-kg-Bomben widerstehen. Verwaltungsgebäude, Schulen und Museen waren entweder volltreffersicher auszubauen oder sollten für wertvolles Kulturgut bombensichere Luftschutzräume erhalten. Daneben waren auch die Luftschutzbauten für die Zivilbevölkerung Thema der Besprechung. Man erörterte Sofortmaßnahmen wie die Ausnutzung von Baulücken in Berlin für die Errichtung bombensicherer Luftschutzanlagen. Für die Zukunft wurde darüber hinaus der bombensichere Ausbau der Luftschutzräume in mehrgeschossigen Wohnbauten anvisiert.
Aus der Mitschrift eines Teilnehmers an dem Treffen in Berlin geht hervor, daß für Hitler »der Luftschutz eine Angelegenheit sei, die nicht bejaht oder verneint werden könne, sondern zur Auflage gemacht wird. Das Ziel sei, einen möglichst hohen Grad von Luftsicherheit zu erreichen«.7 Die Maßnahmen in Berlin wurden deshalb ausgeweitet, und Hitler ordnete am 1 0. Oktober 1940 per »Führererlaß« das sogenannte Führer-Sofortprogramm an, das den Luftschutzbau reichsweit regelte. Geplant war, verschiedene bomben-, trümmer- und splittersichere Luftschutz bauten in einem noch nicht gekannten Umfang zu errichten. Das Programm hatte das hochgesteckte Ziel, mit Bunkeranlagen den »absoluten Volltrefferschutz für die gesamte Zivilbevölkerung« zu gewährleisten,8 und ging damit weit über den bisher verfolgten bloßen Splitterschutz hinaus.
Das auch als »Sonderaktion Luftschutzbau« bezeichnete »Sofortprogramm« umfaßte vor allem den Bunkerbau des Selbstschutzes, also die Bunker, die allein dem Schutz der Zivilbevölkerung dienten. Weitere Bunker für besondere Zwecke ergänzten das Programm: In Berlin wurden mindestens 70 Bunker im Programm »Mutter und Kind« errichtet, die allabendlich von Müttern mit ihren Kleinkindern genutzt werden sollten. Es folgten Bunker für Krankenhäuser, sogenannte OP-Bunker. Parallel zum »Sofortprogramm« entstanden bombensichere Luftschutzanlagen der Reichsbahn und des Werkluftschutzes (WLS), die für Bahnreisende, Bahnangestellte und Mitarbeiter der Industriebetriebe gedacht waren und stellenweise auch der sonstigen Bevölkerung offenstanden. Auch für die Wehrmacht wurden eigene Bunker gebaut. In Berlin sollten zudem der Reichsrundfunk sowie die Hotels »Adlon«, »Kaiserhof« und »Esplanade« eigene Bunker erhalten, ebenso die 16 Reichsministerien und die diplomatischen Vertretungen.
Entgegen den ersten Äußerungen, die gesamte Zivilbevölkerung zu schützen, wurden in das Programm dann doch nur »wehrwirtschaftliche Gemeinden« und Luftschutz - orte I.Ordnung9 einbezogen. Dies waren Städte, die mehr als 100 000 Einwohner hatten, durch Luftangriffe bedroht waren sowie wichtige Rüstungs- oder Militäranlagen aufwiesen bzw. strategische Bedeutung besaßen.
Das Bauprogramm wurde in mehreren »Wellen« durchgeführt, wobei selbst die erste und größte Welle nur 61 Städte10 betraf. Sogar einige Großstädte blieben beim Bunkerbau unberücksichtigt, da bei der Auswahl die Aufrechterhaltung der Rüstungsproduktion und strategische Überlegungen Priorität hatten. Beim Schutz der Zivilbevölkerung stand die Erhaltung der Arbeitskräfte für die Rüstungsindustrie im Vordergrund. In den 61 vom Reichsluftfahrtministerium am 13. Oktober 1940 festgelegten »Bunkerstädten« lebten zusammen rund 20 Millionen Menschen. Nach den ersten Plänen wollte man davon 54 Prozent bombensicher schützen.11 Die Bauzeit der I. Welle erstreckte sich von November 1940 bis Ende 1941, obwohl die Bauten eigentlich bis Sommer 1941 hätten fertiggestellt sein sollen. Im Zuge der I. Welle entstanden 839 Bunker mit 400 000 Schutzplätzen.12 Auch wenn man Unsicherheiten bei der Berechnung berücksichtigt,13 wurden die ursprünglichen Ziele also nicht annähernd erreicht.
An die I. schloß ab dem Sommer 1941 die II. Welle an, die anfangs 56 Städte umfaßte, dann aber auf 31 Städte reduziert wurde.14 Diese hatten ungefähr 15 Millionen Einwohner. Mittlerweile schätzte man die Grenzen des Machbaren realistischer ein. Die Planungen für die II. Welle sahen deshalb nur noch Schutzplätze für etwa 500 000 Menschen dieser 31 Städte vor, somit also nur für 3,3 Prozent der dortigen Bevölkerung.15 Mit verstärkten Abschlußdecken und Außenwänden reagierte man bei den Bauten der II. Welle auf die wachsende Durchschlagskraft der Bomben.
Bis zum 29. Januar 1942 waren 1215 Bunker der I. und II. Welle im Rohbau fertiggestellt, 513 weitere befanden sich im Bau. Die Zahl der Bunker stieg bis zum Mai 1943 auf fast 3 000.16 Bis Ende 1941 wurden zwischen 4,2 und 4,8 Millionen Kubikmeter Beton verbaut, das Bauvolumen stieg bis Mai 1943 dann nur noch auf etwa 6 Millionen Kubikmeter Beton für bombensichere Bunker des Selbstschutzes. Hier machte sich der Übergang zu einem Notausbauprogramm ab 1942 bemerkbar.
Ab Anfang 1943 hat die amerikanische Luftwaffe die Nachtangriffe der Royal Air Force mit eigenen Tagangriffen ergänzt. Diese Intensivierung des Bombenkrieges machte im Mai 1943 ein Ausweitungsprogramm haupt - sächlich für Luftschutzorte II. Ordnung nötig, obwohl noch nicht alle Bauten der II. Welle vollendet waren. Das Ausweitungsprogramm sah vor allem die Anlage von Luftschutzstollen vor, die angesichts der kritischen Baustoff- und Arbeitskräftelage am ehesten zu realisieren waren. Bunkerbauten nach der II. Welle erhielten die Be - zeich nung »Zusatzprogramm«, in einigen Städten auch III. Welle genannt. Noch am 16. März 1945 wurde die Aufnahme weiterer Luftschutzorte im Zuge des erweiterten »Führer-Sofortprogramms« diskutiert, doch das waren schon Geistergespräche.
Die im Zuge der III. Welle erstellten Luftschutzstollen kommen zu den bis Mai 1943 errichteten Bunkern hinzu, so daß die Zahl der insgesamt bis Kriegsende fertiggestellten Bunker für den Selbstschutz bei über 3 000 liegen dürfte. Zählt man die Bunker den Programmen für Krankenhausbunker, Bunker der Reichsbahn, Industrie und Wehrmacht hinzu, so läßt sich die Zahl der insgesamt erstellten Bunker grob auf 6 000 schätzen.17
Genehmigte Lizenzausgabe für
Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Bibliographische Angaben
- Autor: Michael Foedrowitz
- 221 Seiten, durchgehend Schwarz-Weiß-Abbildungen, Maße: 21,7 x 26,7 cm, Gebunden
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3828909272
- ISBN-13: 9783828909274
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