Champagner und Stilettos
Roman. Deutsche Erstausgabe
Als die junge Brooke dem Musiker Julian Alter begegnet, ist es Liebe auf den ersten Blick.
Schon bald sind die beiden ein Paar, heiraten, und das Leben könnte perfekt sein. Dass Brooke das Geld verdient, während Julian an seiner Karriere...
Schon bald sind die beiden ein Paar, heiraten, und das Leben könnte perfekt sein. Dass Brooke das Geld verdient, während Julian an seiner Karriere...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Champagner und Stilettos “
Als die junge Brooke dem Musiker Julian Alter begegnet, ist es Liebe auf den ersten Blick.
Schon bald sind die beiden ein Paar, heiraten, und das Leben könnte perfekt sein. Dass Brooke das Geld verdient, während Julian an seiner Karriere arbeitet, ist für beide kein Problem. Bis Julian über Nacht berühmt wird. Brooke und er müssen sich plötzlich in der Welt der Celebrities zurechtfinden, ohne im Geringsten darauf vorbereitet zu sein.
Prompt schießt sich die Klatschpresse auf Brooke ein, die den Normen der Glitzerwelt so gar nicht entspricht. Julian werden unterdessen Affären angedichtet - oder stimmen die Schlagzeilen etwa? -, und die Situation wird für Brooke allmählich unerträglich. Sie muss sich entscheiden: Will sie um Julian kämpfen oder ihre Liebe seiner Karriere opfern?
Schon bald sind die beiden ein Paar, heiraten, und das Leben könnte perfekt sein. Dass Brooke das Geld verdient, während Julian an seiner Karriere arbeitet, ist für beide kein Problem. Bis Julian über Nacht berühmt wird. Brooke und er müssen sich plötzlich in der Welt der Celebrities zurechtfinden, ohne im Geringsten darauf vorbereitet zu sein.
Prompt schießt sich die Klatschpresse auf Brooke ein, die den Normen der Glitzerwelt so gar nicht entspricht. Julian werden unterdessen Affären angedichtet - oder stimmen die Schlagzeilen etwa? -, und die Situation wird für Brooke allmählich unerträglich. Sie muss sich entscheiden: Will sie um Julian kämpfen oder ihre Liebe seiner Karriere opfern?
Klappentext zu „Champagner und Stilettos “
Als die junge Brooke dem Musiker Julian Alter begegnet, ist es Liebe auf den ersten Blick. Schon bald sind die beiden ein Paar, heiraten, und das Leben könnte perfekt sein. Dass Brooke das Geld verdient, während Julian an seiner Karriere arbeitet, ist für beide kein Problem. Bis Julian über Nacht berühmt wird. Brooke und er müssen sich plötzlich in der Welt der Celebrities zurechtfinden, ohne im Geringsten darauf vorbereitet zu sein. Prompt schießt sich die Klatschpresse auf Brooke ein, die den Normen der Glitzerwelt so gar nicht entspricht. Julian werden unterdessen Affären angedichtet - oder stimmen die Schlagzeilen etwa? -, und die Situation wird für Brooke allmählich unerträglich. Sie muss sich entscheiden: Will sie um Julian kämpfen oder ihre Liebe seiner Karriere opfern?
Lese-Probe zu „Champagner und Stilettos “
Champagner und Stilettos von Lauren Weisberger1
Piano Man
... mehr
Als die U-Bahn endlich mit kreischenden Bremsen in der Franklin Street Station hielt, war Brooke schon ganz schlecht vor Nervosität. Zum zehnten Mal in zehn Minuten sah sie auf die Uhr und versuchte sich einzureden, dass davon die Welt nicht unterging - ihre Freundin Nola würde ihr verzeihen, sie musste ihr einfach verzeihen, auch wenn Brooke fast schon verboten spät dran war. Sie quetschte sich durch den brechend vollen Wagen, hielt unwillkürlich den Atem an inmitten all des Geschiebe und Gedränges und ließ sich dann mit dem Menschenstrom zur Treppe hin treiben. Wie auf Kommando zogen alle zugleich ihre Handys aus den Taschen, stellten sich schweigend in langer Reihe an und marschierten zombiehaft die rechte Seite der Stufen hinauf, während sie gebannt auf die winzigen Bildschirme in ihren Händen starrten.
»Shit! «, hörte sie eine füllige Frau weiter oben rufen, und bald wusste sie auch, warum. Der Regen traf sie mit aller Macht und ohne Vorwarnung, sobald sie aus dem Treppenschacht kam. Der Märzabend, der vor zwanzig Minuten nur kühl, ansonsten aber ganz annehmbar gewesen war, hatte sich in ein eisiges, tosendes Inferno verwandelt, in dem man, von Wind und Regen gepeitscht, gründlich und gnadenlos durchnässt wurde.
»Verdammter Mist!«, schimpfte sie mit all den anderen, die sich hektisch abmühten, Regenschirme aus den Aktentaschen zu zerren oder Zeitungen über ihre Köpfe zu drapieren. Da sie sich nach der Arbeit noch schnell zu Hause in Schale geworfen hatte, konnte Brooke sich jetzt nur mit ihrem kleinen (wenn auch putzigen) Silbertäschchen vor dem Wettersturz schützen. Bye-bye, Frisur, dachte sie, während sie die drei Blocks bis zum Restaurant im Laufschritt zurücklegte. Mach's gut, Wimperntusche. War nett mit euch, ihr neuen Wildlederstiefel, für die ich einen halben Wochenlohn hinblättern durfte.
Brooke war pitschnass, bis sie das Sotto erreichte, ein kleines, gemütliches Eckrestaurant, wo sie und Nola sich zwei, drei Mal im Monat trafen. Die Pasta war nicht die beste der Stadt - wahrscheinlich nicht mal die beste in der Gegend hier -, aber das Sotto hatte andere Vorzüge: preiswerten offenen Wein, mörderisch gutes Tiramisu und einen schnuckeligen Kellner, der für Brooke und Nola immer den ruhigsten Tisch ganz hinten frei hielt.
»Hey, Luca«, begrüßte Brooke den Besitzer, während sie mit spitzen Fingern ihren triefenden Wollmantel auszog. »Ist sie schon da?«
Luca hielt die Sprechmuschel des Telefons zu und deutete mit dem Bleistift über seine Schulter. »Wie üblich. Warum das sexy Kleidchen heute, cara mia? Möchten Sie sich vielleicht erst mal abtrocknen?«
Sie strich ihr eng anliegendes, kurzärmliges schwarzes Jerseykleid glatt und hoffte sehr, dass es stimmte und ihr Outfit wirklich so sexy aussah, wie Luca sagte. Dieses Kleid war quasi ihre Gig-Uniform; je nach Wetter kombiniert mit Pumps, Sandalen oder Stiefeln trug sie es bei praktisch jedem von Julians Auftritten.
»Ich bin fürchterlich spät dran ... Hat sie schon sehr genölt?«, fragte Brooke und knautschte ihr Haar zusammen, um es vor der drohenden Kräuselattacke zu schützen.
»Sie hat eine halbe Karaffe intus und ihr Handy noch kein einziges Mal weggelegt. Machen Sie lieber, dass Sie hinkommen.«
Es folgte der dreifache Wangenkuss - gegen den dritten hatte Brooke anfangs protestiert, aber Luca ließ nicht mit sich handeln -, dann atmete sie tief durch und ging nach hinten an ihren Tisch. Nola saß bequem zurückgelehnt auf der Polsterbank. Ihre Kostümjacke hatte sie lässig über die Rückenlehne gelegt. Das dunkelblaue, ärmellose Kaschmirtop brachte ihre durchtrainierten Oberarme und ihren olivfarbenen Teint perfekt zur Geltung. Ihr schulterlanger Stufenschnitt war cool und sexy, ihre blonden Strähnchen schimmerten in der sanften Beleuchtung des Lokals, und ihr Make-up wirkte taufrisch. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sie eine Zwölfstundenschicht im Hexenkessel des Parketthandels an der Börse hinter sich hatte.
Brooke und Nola hatten sich erst in ihrem letzten Semester an der Cornell University kennengelernt, obwohl Brooke - wie alle übrigen Studentinnen - Nola vom Sehen kannte und ebenso fasziniert wie eingeschüchtert von ihr war. Im Unterschied zu ihren Kapuzenshirt und Ugg Boots tragenden Kommilitoninnen sah man die superschlanke Nola ausnahmslos in hochhackigen Stiefeln und Blazer und niemals, absolut niemals mit Pferdeschwanz. Sie war auf teure Privatschulen in New York, London, Hongkong und Dubai gegangen, wo ihr Vater als Investmentbanker arbeitete, und hatte als einziges Kind schwer beschäftigter Eltern sämtliche Freiheiten genossen.
Wieso sie an der Cornell gelandet war anstatt in Cambridge, an der Georgetown oder der Sorbonne, wusste keiner so genau, aber man sah ihr an, dass sie nicht besonders beeindruckt von ihrer Umgebung war. Während die anderen auf sämtliche Studentenverbindungspartys gingen, mittags im Ivy Room aßen und sich abends in den diversen Kneipen des Universitätsstädtchens betranken, hielt Nola sich abseits. Gelegentlich gab es Einblicke in ihr Privatleben - ihre Affäre mit einem Archäologie-Professor, das gelegentliche Auftauchen attraktiver, geheimnisvoller Männer, die schnell wieder verschwanden -, ansonsten aber besuchte Nola brav ihre Seminare, erzielte stets Bestnoten und schwirrte jeden Freitagnachmittag eiligst nach Manhattan ab. Als die beiden Mädchen in einem Creative-Writing-Kurs zum gegenseitigen Lektorieren ihrer Texte zusammengespannt wurden, war Brooke so verunsichert, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. Wie gewöhnlich wirkte Nola weder sonderlich erbaut noch genervt, doch als Brooke eine Woche später ihren Text - über eine Friedensaktivistin im Kongo, die mit ihren Aufgaben hadert - von ihr zurückbekam, war er garniert mit nachdenklichen, einfühlsamen Anmerkungen und Vorschlägen. Und dann, als P.S. ihres langen und ernsthaften Kommentars: »Wie wär's mit 'ner Sexszene im Kongo?« Brooke hatte einen solchen Kicheranfall bekommen, dass sie fluchtartig den Raum verlassen musste, um sich wieder einzukriegen.
Nach dem Seminar nahm Nola Brooke mit in eine kleine Cafeteria im Untergeschoss eines der Unigebäude, wo Brookes Freundinnen nie hingingen, und kurze Zeit später war sie auch schon auf einem von Nolas Wochenendtrips nach New York mit dabei. Doch selbst jetzt, nach all den Jahren, erschien ihr Nola immer noch als ein höheres Wesen, und es war gut zu wissen, dass ihre Freundin heulen musste, wenn im Fern sehen Bilder von heimkehrenden Soldaten gezeigt wurden; dass sie heimlich von einem Häuschen mit Garten am Stadtrand träumte, obwohl sie nach außen hin für ein solches Spießer-dasein nur Spott übrig hatte, und dass sie eine Heidenangst vor kleinen Kläffern hatte (Walter, Brookes Hund, natürlich ausgenommen).
»Wunderbar, wunderbar. Nein, an der Bar sitzen ist völlig okay«, säuselte Nola in ihr Handy und verdrehte die Augen in Brookes Richtung. »Nein, keine Reservierung, wir überlegen uns lieber spontan, was wir machen wollen. Okay, klingt gut, bis dann.« Sie klappte ihr Handy zu, langte nach der Weinkaraffe und schenkte sich nach, bevor sie sich an Brooke erinnerte und ihr auch etwas abgab.
»Bist du jetzt stinkesauer auf mich?«, fragte Brooke, während sie ihren Mantel über den Stuhl neben sich hängte und das nasse Handtäschchen aufs Polster warf. Sie nahm einen ordentlichen Schluck Wein.
»Wieso? Bloß weil ich seit einer halben Stunde allein hier rumhocke?«
»Ich weiß, ich weiß, tut mir echt leid. Bei der Arbeit war der Teufel los. Zwei Kolleginnen von mir haben sich krankgemeldet - was irgendwie verdächtig klingt, wenn du mich fragst -, und wir anderen mussten ihre Patienten übernehmen. Tja, wenn wir uns zur Abwechslung mal bei mir in der Gegend treffen würden, dann könnte ich vielleicht pünktlicher sein ... «
Nola hob die Hand. »Schon gut. Ich weiß es zu schätzen, dass du den weiten Weg nach Tribeca auf dich nimmst. Aber in Midtown West zu Abend essen ist halt nicht so mein Fall.«
»Mit wem hast du da gerade telefoniert? Daniel?«
»Welcher Daniel?« Nola wirkte ehrlich verblüfft. Sie blickte zur Decke und schien sich das Hirn zu zermartern. »Daniel, Daniel ... ach so, der! Nee, mit dem bin ich fertig. Letzte Woche hab ich ihn zu einem Umtrunk mit Kollegen geschleppt, und da war er total komisch. So was von verklemmt. Nein, jetzt eben hab ich ein Parship-Date für morgen ausgemacht. Schon das zweite diese Woche. Mein Gott, wie konnte ich nur so tief sinken?« Sie seufzte.
»Also hör mal, du bist doch nicht -«
»Doch. Es ist armselig, dass ich fast dreißig bin und bis auf meinen Freund damals am College keine einzige echte Beziehung hatte. Es ist armselig, dass ich bei zig Kontaktbörsen angemeldet bin und mich ständig mit wildfremden Männern treffe. Aber das Allerarmseligste, nein, absolut Unverzeihliche ist, dass ich das auch noch jedem einfach so auf die Nase binde.«
Brooke nahm noch einen Schluck. »Ich bin ja wohl kaum ›jeder‹.«
»Du weißt, wie ich das meine«, antwortete Nola. »Nein, wenn du die Einzige wärst, die von meiner Demütigung weiß, ginge es ja noch. Aber anscheinend bin ich schon derart immunisiert -«
»Gutes Wort.«
»Danke, stand heute Morgen in meinem Ein-Wort-am-TagKalender ... also, derart immunisiert gegen all diese Erniedrigungen, dass meine Antennen nicht mehr funktionieren. Gestern hab ich einem der obersten Bosse bei Goldman eine geschlagene Viertelstunde erklärt, wie sich die Typen bei den jeweiligen Kontaktbörsen unterscheiden. Ich meine, hab ich sie noch alle?«
»Und? Was ist das jetzt für ein Typ, mit dem du dich morgen triffst?«, versuchte Brooke das Thema zu wechseln. Es war schier unmöglich, bei Nolas Männern auf dem Laufenden zu bleiben. Fraglich war nicht nur, wer der Auserwählte im Moment war, sondern auch, ob sie gerade verzweifelt nach einem Mann fürs Leben suchte oder lediglich auf eine kurze Affäre aus war. Es wechselte von Tag zu Tag, und man musste ziemlich auf Zack sein, um zu wissen, ob der Mann der Woche nun »ein Supertyp« oder »der letzte Heuler« war.
Nola senkte die Wimpern auf Halbmast und wölbte die glossglänzenden Lippen zu ihrem typischen Schmollmund, der zugleich »ich bin so zart und zerbrechlich« und »mach mit mir, was du willst« signalisierte. Offenbar hatte sie vor, die Frage ausführlich zu beantworten.
»Spar dir die Tour für die Männer, meine Liebe. Auf mich wirkt das nicht«, schwindelte Brooke. Nola war zwar nicht hübsch im landläufigen Sinne, aber dafür machte sie sich so gut zurecht und strahlte ein solches Selbstbewusstsein aus, dass sie Männer wie Frauen gleichermaßen in ihren Bann zog.
»Dieser hier scheint echt vielversprechend zu sein«, sagte sie wehmütig. »Sicher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch da wieder ein kolossaler Pferdefuß zum Vorschein kommt, aber bis jetzt kommt er mir ganz fabelhaft vor.«
»Und? Was ist er denn nun für einer?«, drängte Brooke.
»Mhm, also ... er war Ski-Champion am College, deshalb hab ich ihn überhaupt angeklickt, und er hat auch mal als Skilehrer gejobbt, in Park City und in Zermatt.«
»Bisher alles perfekt.«
Nola nickte. »Er ist über eins achtzig, durchtrainiert - behauptet er zumindest -, dunkelblond, grüne Augen. Er ist erst vor ein paar Monaten nach New York gezogen, deshalb kennt er noch nicht viele Leute.«
»Was du ändern wirst.«
»Kann sein ...« Sie zog eine Schnute. »Aber ...«
»Was ist das Problem?« Brooke schenkte ihnen nach und nickte dem Kellner zu, als der fragte, ob sie das Übliche bestellen wollten.
»Na ja, die Sache mit dem Job. Als Beruf gibt er ›Künstler‹ an.« Es klang so abfällig, als hätte sie ›Pornodarsteller‹ gesagt. »Na und?«
»Na und? Was zum Teufel soll das heißen, Künstler?«
»Äh, alles Mögliche, würde ich sagen. Maler, Bildhauer, Musiker, Schauspieler, Schriftsteller -«
Nola fasste sich an die Stirn. »Bitte. Es kann doch nur eins heißen, und das wissen wir beide: ohne Job. «
»Heutzutage ist das doch jeder. Das gilt schon wieder als schick.«
»Ach, komm schon. Krisenbedingte Arbeitslosigkeit, meinetwegen. Aber Künstler? Das ist doch krass.«
»Nola! Was redest du da? Tausende von Leuten - Millionen, geradezu - bringen sich mit ihrer Kunst durch. Ich meine, sieh dir Julian an. Er ist Musiker. Hätte ich deshalb nicht mit ihm ausgehen sollen?«
Nola setzte zu einer Entgegnung an, sagte aber nichts. Plötzlich herrschte peinliches Schweigen.
»Was wolltest du gerade sagen?«, fragte Brooke.
»Nichts, gar nichts. Du hast ja recht.«
»Nein, jetzt rück schon raus damit.«
Nola drehte ihr Weinglas hin und her. Sie sah aus, als wünschte sie sich weit weg. »Ich will ja nicht behaupten, dass Julian kein Talent hat, aber ... «
»Aber was?« Brooke beugte sich so dicht zu ihr vor, dass Nola ihrem Blick nicht ausweichen konnte.
»Ich weiß nicht, ob ich ihn als ›Musiker‹ bezeichnen würde. Er war einfach nur der Assistent von irgendwem, als ihr euch kennengelernt habt. Und jetzt bestreitest du seinen Lebensunterhalt.«
»Ja, klar, er war Praktikant, als wir uns kennengelernt haben«, sagte Brooke, ohne ihre Gereiztheit zu verbergen. »Praktikant bei Sony, um das Musikgeschäft von der Pike auf kennenzulernen. Und stell dir vor, nur wegen der Beziehungen, die er da geknüpft hat, ist überhaupt jemand auf ihn aufmerksam geworden. Wenn er nicht jeden Tag da gewesen wäre und versucht hätte, sich unentbehrlich zu machen, meinst du, dann hätte sich der Chef der A&R-Abteilung zwei Stunden Zeit genommen, nur um sich seinen Auftritt anzusehen?«
»Ich weiß, aber -«
»Wie kannst du behaupten, er macht nichts? Denkst du das allen Ernstes? Ich meine, immerhin saß er jetzt gerade acht Monate in einem Aufnahmestudio und hat eine Platte aufgenommen! Und zwar nicht als Hobbymusiker auf dem Egotrip - Sony hat ihn tatsächlich als Künstler unter Vertrag genommen, mit einem saftigen Vorschuss noch dazu. Wenn das für dich kein richtiger Job ist, dann weiß ich auch nicht.«
Nola hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut, du hast ja recht.«
»Du klingst aber nicht überzeugt.« Brooke kaute an ihrem Daumennagel herum. Die Wirkung des Weins war mit einem Mal verflogen.
Nola stocherte in ihrem Salat. »Na ja, geben die nicht jedem einen Plattenvertrag, der auch nur ein Quäntchen Talent zeigt, so nach dem Motto, ein einziger Hit wird die ganzen Flops schon aufwiegen?«
Brooke wunderte sich, wie gut ihre Freundin sich auskannte. Julian hatte ihr exakt diese Theorie dargelegt, als er die Sache mit seinem Plattenvertrag herunterspielte, »damit wir uns davon nicht zu viel versprechen«, wie er sagte. Aber irgendwie klang es aus Nolas Mund viel brutaler.
»›Nur ein Quäntchen Talent‹?«, wiederholte Brooke mit zugeschnürter Kehle. »So denkst du also von ihm?«
»Ach Quatsch, natürlich nicht. Nimm's doch nicht so persönlich. Es ist einfach schwer für mich, als deine Freundin, mit anzusehen, wie du dich krummlegst, um ihn durchzufüttern, wo noch nicht mal klar ist, ob je was dabei rauskommt.«
»Also, ich weiß es zu schätzen, dass du so um mein Wohlergehen besorgt bist, aber denk dran, es war meine freie Entscheidung, den Zusatzjob an der Privatschule anzunehmen, damit wir besser über die Runden kommen. Ich tue es ja nicht aus Mitleid, sondern weil ich an ihn und sein Talent glaube und weil ich weiß, dass er eine große Karriere vor sich hat. Auch wenn ich offenbar die Einzige bin, die zu ihm hält.«
Brooke war außer sich vor Freude gewesen - womöglich noch mehr als Julian -, als er ihr vor acht Monaten von dem Angebot von Sony erzählt hatte. Zweihundertfünfzigtausend Dollar war mehr, als sie zusammen in den vergangenen fünf Jahren verdient hatten, und Julian würde damit machen dürfen, was er wollte. Wie hätte sie vorhersehen können, dass eine so massive Geldspritze sie sogar noch tiefer in die Schulden stürzen würde? Von diesem Vorschuss musste Julian die Studiomiete bezahlen, teure Produzenten und Tontechniker anheuern und die gesamten Kosten für Equipment, Reisen und die Begleitband abdecken. Nach wenigen Monaten schon war das Geld alle, bevor sie auch nur einen Dollar für die Miete, Haushaltskosten oder gar ein Festessen hätten ausgeben können. Und nachdem der ganze Zaster verbraten worden war, damit Julian sich einen Namen machen konnte, wäre es sinnlos gewesen, das Projekt nicht bis zum Ende durchzuziehen. Sie hatten schon dreißigtausend Dollar von ihrem eigenen Geld zugeschossen - ihre ganzen Ersparnisse, die als Anzahlung für eine Eigentumswohnung vorgesehen waren - und gerieten von Tag zu Tag mehr in die Miesen. Wobei das Bedrückendste an der Sache genau das war, was Nola gerade so schonungslos ausgesprochen hatte: die Chancen, dass sich das Geld und die Zeit, die Julian in das Projekt investiert hatte, irgendwann in barer Münze auszahlen würden, waren praktisch gleich null.
»Ich hoffe nur, er weiß, was für ein Glückspilz er ist, eine Frau wie dich zu haben«, meinte Nola. »Glaub mir, ich wäre bestimmt nicht so geduldig gewesen. Weshalb ich wahrscheinlich auch für immer Single bleiben werde ... «
Zu Brookes Erleichterung kam jetzt die Pasta, und das Gespräch nahm eine unverfänglichere Wendung: ob BologneseSauce dick machte, ob Nola eine Gehaltserhöhung fordern sollte, ob Brooke mehr Verständnis für ihre Schwiegereltern aufbringen müsste. Als sie dann die Rechnung verlangte, ohne das Tiramisu oder auch nur einen Kaffee zu bestellen, blickte Nola besorgt drein.
»Du bist doch nicht sauer auf mich, oder?«, fragte sie und legte ihre Kreditkarte in das Ledermäppchen.
»Ach was«, log Brooke. »Ich hatte bloß einen langen Tag.« »Wo willst du denn jetzt hin? Kein Gläschen mehr nach dem Essen?«
»Nein, Julian muss ... er hat einen Auftritt.« Brooke entschied sich für die Wahrheit. Sie hätte den Gig lieber nicht erwähnt, aber es kam ihr blöd vor, Nola dauernd etwas vorzumachen.
»Na super!« Nola trank schnell ihr Glas aus. »Soll ich mitkommen?«
Sie wussten beide, dass sie eigentlich nicht mitwollte, was völlig in Ordnung war, da Brooke sie auch gar nicht dabeihaben wollte. Ihre Freundin und ihr Mann kamen soweit miteinander aus, und das genügte. Sie wusste, dass Nola es nur gut mit ihr meinte, und dafür war sie ihr auch dankbar, aber es war nicht leicht, wenn einem die beste Freundin ständig den Ehemann miesmachte.
»Ach, weißt du, Trent ist gerade mal wieder in der Stadt«, sagte Brooke. »Ich hab mich mit ihm in dem Club verabredet.«
»Sieh an, der gute alte Trent. Wie klappt's denn mit dem Medizinstudium?«
»Er ist fertig. Jetzt ist er Assistenzarzt. Julian sagt, er findet's toll in L.A. - komisch, kein echter New Yorker findet L.A. toll.«
Nola stand auf und schlüpfte in ihre Kostümjacke. »Hat er eine Freundin? Wenn ich mich recht erinnere, ist er zwar todlangweilig, aber ganz niedlich ... «
»Er ist sogar frisch verlobt, mit einer Kollegin namens Fern. Sie ist auch Gastroenterologin. Stell dir vor, was das für ein Bettgeflüster ergibt.«
Nola rümpfte die Nase. »Lieber nicht. Wenn man bedenkt, dass er der Deine hätte werden können ... «
»Mhm.«
»Ich will nur noch mal festhalten, dass du deinen Mann eigent lich mir zu verdanken hast. Wenn du damals nicht mit dem guten Trent ausgegangen wärst, dann wärst du immer noch nur ein namenloses Julian-Groupie von vielen.«
Brooke lachte und küsste ihre Freundin auf die Wange. Sie angelte zwei Zwanziger aus dem Geldbeutel und steckte sie Nola zu. »Ich muss los. Wenn ich nicht in dreißig Sekunden in der U-Bahn sitze, komm ich zu spät. Rufen wir uns morgen zusammen?« Sie schnappte sich Mantel und Tasche, winkte Luca im Vorbeigehen zu und war aus der Tür.
Übersetzung: Regina Rawlinson und Martina Tichy
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Als die U-Bahn endlich mit kreischenden Bremsen in der Franklin Street Station hielt, war Brooke schon ganz schlecht vor Nervosität. Zum zehnten Mal in zehn Minuten sah sie auf die Uhr und versuchte sich einzureden, dass davon die Welt nicht unterging - ihre Freundin Nola würde ihr verzeihen, sie musste ihr einfach verzeihen, auch wenn Brooke fast schon verboten spät dran war. Sie quetschte sich durch den brechend vollen Wagen, hielt unwillkürlich den Atem an inmitten all des Geschiebe und Gedränges und ließ sich dann mit dem Menschenstrom zur Treppe hin treiben. Wie auf Kommando zogen alle zugleich ihre Handys aus den Taschen, stellten sich schweigend in langer Reihe an und marschierten zombiehaft die rechte Seite der Stufen hinauf, während sie gebannt auf die winzigen Bildschirme in ihren Händen starrten.
»Shit! «, hörte sie eine füllige Frau weiter oben rufen, und bald wusste sie auch, warum. Der Regen traf sie mit aller Macht und ohne Vorwarnung, sobald sie aus dem Treppenschacht kam. Der Märzabend, der vor zwanzig Minuten nur kühl, ansonsten aber ganz annehmbar gewesen war, hatte sich in ein eisiges, tosendes Inferno verwandelt, in dem man, von Wind und Regen gepeitscht, gründlich und gnadenlos durchnässt wurde.
»Verdammter Mist!«, schimpfte sie mit all den anderen, die sich hektisch abmühten, Regenschirme aus den Aktentaschen zu zerren oder Zeitungen über ihre Köpfe zu drapieren. Da sie sich nach der Arbeit noch schnell zu Hause in Schale geworfen hatte, konnte Brooke sich jetzt nur mit ihrem kleinen (wenn auch putzigen) Silbertäschchen vor dem Wettersturz schützen. Bye-bye, Frisur, dachte sie, während sie die drei Blocks bis zum Restaurant im Laufschritt zurücklegte. Mach's gut, Wimperntusche. War nett mit euch, ihr neuen Wildlederstiefel, für die ich einen halben Wochenlohn hinblättern durfte.
Brooke war pitschnass, bis sie das Sotto erreichte, ein kleines, gemütliches Eckrestaurant, wo sie und Nola sich zwei, drei Mal im Monat trafen. Die Pasta war nicht die beste der Stadt - wahrscheinlich nicht mal die beste in der Gegend hier -, aber das Sotto hatte andere Vorzüge: preiswerten offenen Wein, mörderisch gutes Tiramisu und einen schnuckeligen Kellner, der für Brooke und Nola immer den ruhigsten Tisch ganz hinten frei hielt.
»Hey, Luca«, begrüßte Brooke den Besitzer, während sie mit spitzen Fingern ihren triefenden Wollmantel auszog. »Ist sie schon da?«
Luca hielt die Sprechmuschel des Telefons zu und deutete mit dem Bleistift über seine Schulter. »Wie üblich. Warum das sexy Kleidchen heute, cara mia? Möchten Sie sich vielleicht erst mal abtrocknen?«
Sie strich ihr eng anliegendes, kurzärmliges schwarzes Jerseykleid glatt und hoffte sehr, dass es stimmte und ihr Outfit wirklich so sexy aussah, wie Luca sagte. Dieses Kleid war quasi ihre Gig-Uniform; je nach Wetter kombiniert mit Pumps, Sandalen oder Stiefeln trug sie es bei praktisch jedem von Julians Auftritten.
»Ich bin fürchterlich spät dran ... Hat sie schon sehr genölt?«, fragte Brooke und knautschte ihr Haar zusammen, um es vor der drohenden Kräuselattacke zu schützen.
»Sie hat eine halbe Karaffe intus und ihr Handy noch kein einziges Mal weggelegt. Machen Sie lieber, dass Sie hinkommen.«
Es folgte der dreifache Wangenkuss - gegen den dritten hatte Brooke anfangs protestiert, aber Luca ließ nicht mit sich handeln -, dann atmete sie tief durch und ging nach hinten an ihren Tisch. Nola saß bequem zurückgelehnt auf der Polsterbank. Ihre Kostümjacke hatte sie lässig über die Rückenlehne gelegt. Das dunkelblaue, ärmellose Kaschmirtop brachte ihre durchtrainierten Oberarme und ihren olivfarbenen Teint perfekt zur Geltung. Ihr schulterlanger Stufenschnitt war cool und sexy, ihre blonden Strähnchen schimmerten in der sanften Beleuchtung des Lokals, und ihr Make-up wirkte taufrisch. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass sie eine Zwölfstundenschicht im Hexenkessel des Parketthandels an der Börse hinter sich hatte.
Brooke und Nola hatten sich erst in ihrem letzten Semester an der Cornell University kennengelernt, obwohl Brooke - wie alle übrigen Studentinnen - Nola vom Sehen kannte und ebenso fasziniert wie eingeschüchtert von ihr war. Im Unterschied zu ihren Kapuzenshirt und Ugg Boots tragenden Kommilitoninnen sah man die superschlanke Nola ausnahmslos in hochhackigen Stiefeln und Blazer und niemals, absolut niemals mit Pferdeschwanz. Sie war auf teure Privatschulen in New York, London, Hongkong und Dubai gegangen, wo ihr Vater als Investmentbanker arbeitete, und hatte als einziges Kind schwer beschäftigter Eltern sämtliche Freiheiten genossen.
Wieso sie an der Cornell gelandet war anstatt in Cambridge, an der Georgetown oder der Sorbonne, wusste keiner so genau, aber man sah ihr an, dass sie nicht besonders beeindruckt von ihrer Umgebung war. Während die anderen auf sämtliche Studentenverbindungspartys gingen, mittags im Ivy Room aßen und sich abends in den diversen Kneipen des Universitätsstädtchens betranken, hielt Nola sich abseits. Gelegentlich gab es Einblicke in ihr Privatleben - ihre Affäre mit einem Archäologie-Professor, das gelegentliche Auftauchen attraktiver, geheimnisvoller Männer, die schnell wieder verschwanden -, ansonsten aber besuchte Nola brav ihre Seminare, erzielte stets Bestnoten und schwirrte jeden Freitagnachmittag eiligst nach Manhattan ab. Als die beiden Mädchen in einem Creative-Writing-Kurs zum gegenseitigen Lektorieren ihrer Texte zusammengespannt wurden, war Brooke so verunsichert, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. Wie gewöhnlich wirkte Nola weder sonderlich erbaut noch genervt, doch als Brooke eine Woche später ihren Text - über eine Friedensaktivistin im Kongo, die mit ihren Aufgaben hadert - von ihr zurückbekam, war er garniert mit nachdenklichen, einfühlsamen Anmerkungen und Vorschlägen. Und dann, als P.S. ihres langen und ernsthaften Kommentars: »Wie wär's mit 'ner Sexszene im Kongo?« Brooke hatte einen solchen Kicheranfall bekommen, dass sie fluchtartig den Raum verlassen musste, um sich wieder einzukriegen.
Nach dem Seminar nahm Nola Brooke mit in eine kleine Cafeteria im Untergeschoss eines der Unigebäude, wo Brookes Freundinnen nie hingingen, und kurze Zeit später war sie auch schon auf einem von Nolas Wochenendtrips nach New York mit dabei. Doch selbst jetzt, nach all den Jahren, erschien ihr Nola immer noch als ein höheres Wesen, und es war gut zu wissen, dass ihre Freundin heulen musste, wenn im Fern sehen Bilder von heimkehrenden Soldaten gezeigt wurden; dass sie heimlich von einem Häuschen mit Garten am Stadtrand träumte, obwohl sie nach außen hin für ein solches Spießer-dasein nur Spott übrig hatte, und dass sie eine Heidenangst vor kleinen Kläffern hatte (Walter, Brookes Hund, natürlich ausgenommen).
»Wunderbar, wunderbar. Nein, an der Bar sitzen ist völlig okay«, säuselte Nola in ihr Handy und verdrehte die Augen in Brookes Richtung. »Nein, keine Reservierung, wir überlegen uns lieber spontan, was wir machen wollen. Okay, klingt gut, bis dann.« Sie klappte ihr Handy zu, langte nach der Weinkaraffe und schenkte sich nach, bevor sie sich an Brooke erinnerte und ihr auch etwas abgab.
»Bist du jetzt stinkesauer auf mich?«, fragte Brooke, während sie ihren Mantel über den Stuhl neben sich hängte und das nasse Handtäschchen aufs Polster warf. Sie nahm einen ordentlichen Schluck Wein.
»Wieso? Bloß weil ich seit einer halben Stunde allein hier rumhocke?«
»Ich weiß, ich weiß, tut mir echt leid. Bei der Arbeit war der Teufel los. Zwei Kolleginnen von mir haben sich krankgemeldet - was irgendwie verdächtig klingt, wenn du mich fragst -, und wir anderen mussten ihre Patienten übernehmen. Tja, wenn wir uns zur Abwechslung mal bei mir in der Gegend treffen würden, dann könnte ich vielleicht pünktlicher sein ... «
Nola hob die Hand. »Schon gut. Ich weiß es zu schätzen, dass du den weiten Weg nach Tribeca auf dich nimmst. Aber in Midtown West zu Abend essen ist halt nicht so mein Fall.«
»Mit wem hast du da gerade telefoniert? Daniel?«
»Welcher Daniel?« Nola wirkte ehrlich verblüfft. Sie blickte zur Decke und schien sich das Hirn zu zermartern. »Daniel, Daniel ... ach so, der! Nee, mit dem bin ich fertig. Letzte Woche hab ich ihn zu einem Umtrunk mit Kollegen geschleppt, und da war er total komisch. So was von verklemmt. Nein, jetzt eben hab ich ein Parship-Date für morgen ausgemacht. Schon das zweite diese Woche. Mein Gott, wie konnte ich nur so tief sinken?« Sie seufzte.
»Also hör mal, du bist doch nicht -«
»Doch. Es ist armselig, dass ich fast dreißig bin und bis auf meinen Freund damals am College keine einzige echte Beziehung hatte. Es ist armselig, dass ich bei zig Kontaktbörsen angemeldet bin und mich ständig mit wildfremden Männern treffe. Aber das Allerarmseligste, nein, absolut Unverzeihliche ist, dass ich das auch noch jedem einfach so auf die Nase binde.«
Brooke nahm noch einen Schluck. »Ich bin ja wohl kaum ›jeder‹.«
»Du weißt, wie ich das meine«, antwortete Nola. »Nein, wenn du die Einzige wärst, die von meiner Demütigung weiß, ginge es ja noch. Aber anscheinend bin ich schon derart immunisiert -«
»Gutes Wort.«
»Danke, stand heute Morgen in meinem Ein-Wort-am-TagKalender ... also, derart immunisiert gegen all diese Erniedrigungen, dass meine Antennen nicht mehr funktionieren. Gestern hab ich einem der obersten Bosse bei Goldman eine geschlagene Viertelstunde erklärt, wie sich die Typen bei den jeweiligen Kontaktbörsen unterscheiden. Ich meine, hab ich sie noch alle?«
»Und? Was ist das jetzt für ein Typ, mit dem du dich morgen triffst?«, versuchte Brooke das Thema zu wechseln. Es war schier unmöglich, bei Nolas Männern auf dem Laufenden zu bleiben. Fraglich war nicht nur, wer der Auserwählte im Moment war, sondern auch, ob sie gerade verzweifelt nach einem Mann fürs Leben suchte oder lediglich auf eine kurze Affäre aus war. Es wechselte von Tag zu Tag, und man musste ziemlich auf Zack sein, um zu wissen, ob der Mann der Woche nun »ein Supertyp« oder »der letzte Heuler« war.
Nola senkte die Wimpern auf Halbmast und wölbte die glossglänzenden Lippen zu ihrem typischen Schmollmund, der zugleich »ich bin so zart und zerbrechlich« und »mach mit mir, was du willst« signalisierte. Offenbar hatte sie vor, die Frage ausführlich zu beantworten.
»Spar dir die Tour für die Männer, meine Liebe. Auf mich wirkt das nicht«, schwindelte Brooke. Nola war zwar nicht hübsch im landläufigen Sinne, aber dafür machte sie sich so gut zurecht und strahlte ein solches Selbstbewusstsein aus, dass sie Männer wie Frauen gleichermaßen in ihren Bann zog.
»Dieser hier scheint echt vielversprechend zu sein«, sagte sie wehmütig. »Sicher ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch da wieder ein kolossaler Pferdefuß zum Vorschein kommt, aber bis jetzt kommt er mir ganz fabelhaft vor.«
»Und? Was ist er denn nun für einer?«, drängte Brooke.
»Mhm, also ... er war Ski-Champion am College, deshalb hab ich ihn überhaupt angeklickt, und er hat auch mal als Skilehrer gejobbt, in Park City und in Zermatt.«
»Bisher alles perfekt.«
Nola nickte. »Er ist über eins achtzig, durchtrainiert - behauptet er zumindest -, dunkelblond, grüne Augen. Er ist erst vor ein paar Monaten nach New York gezogen, deshalb kennt er noch nicht viele Leute.«
»Was du ändern wirst.«
»Kann sein ...« Sie zog eine Schnute. »Aber ...«
»Was ist das Problem?« Brooke schenkte ihnen nach und nickte dem Kellner zu, als der fragte, ob sie das Übliche bestellen wollten.
»Na ja, die Sache mit dem Job. Als Beruf gibt er ›Künstler‹ an.« Es klang so abfällig, als hätte sie ›Pornodarsteller‹ gesagt. »Na und?«
»Na und? Was zum Teufel soll das heißen, Künstler?«
»Äh, alles Mögliche, würde ich sagen. Maler, Bildhauer, Musiker, Schauspieler, Schriftsteller -«
Nola fasste sich an die Stirn. »Bitte. Es kann doch nur eins heißen, und das wissen wir beide: ohne Job. «
»Heutzutage ist das doch jeder. Das gilt schon wieder als schick.«
»Ach, komm schon. Krisenbedingte Arbeitslosigkeit, meinetwegen. Aber Künstler? Das ist doch krass.«
»Nola! Was redest du da? Tausende von Leuten - Millionen, geradezu - bringen sich mit ihrer Kunst durch. Ich meine, sieh dir Julian an. Er ist Musiker. Hätte ich deshalb nicht mit ihm ausgehen sollen?«
Nola setzte zu einer Entgegnung an, sagte aber nichts. Plötzlich herrschte peinliches Schweigen.
»Was wolltest du gerade sagen?«, fragte Brooke.
»Nichts, gar nichts. Du hast ja recht.«
»Nein, jetzt rück schon raus damit.«
Nola drehte ihr Weinglas hin und her. Sie sah aus, als wünschte sie sich weit weg. »Ich will ja nicht behaupten, dass Julian kein Talent hat, aber ... «
»Aber was?« Brooke beugte sich so dicht zu ihr vor, dass Nola ihrem Blick nicht ausweichen konnte.
»Ich weiß nicht, ob ich ihn als ›Musiker‹ bezeichnen würde. Er war einfach nur der Assistent von irgendwem, als ihr euch kennengelernt habt. Und jetzt bestreitest du seinen Lebensunterhalt.«
»Ja, klar, er war Praktikant, als wir uns kennengelernt haben«, sagte Brooke, ohne ihre Gereiztheit zu verbergen. »Praktikant bei Sony, um das Musikgeschäft von der Pike auf kennenzulernen. Und stell dir vor, nur wegen der Beziehungen, die er da geknüpft hat, ist überhaupt jemand auf ihn aufmerksam geworden. Wenn er nicht jeden Tag da gewesen wäre und versucht hätte, sich unentbehrlich zu machen, meinst du, dann hätte sich der Chef der A&R-Abteilung zwei Stunden Zeit genommen, nur um sich seinen Auftritt anzusehen?«
»Ich weiß, aber -«
»Wie kannst du behaupten, er macht nichts? Denkst du das allen Ernstes? Ich meine, immerhin saß er jetzt gerade acht Monate in einem Aufnahmestudio und hat eine Platte aufgenommen! Und zwar nicht als Hobbymusiker auf dem Egotrip - Sony hat ihn tatsächlich als Künstler unter Vertrag genommen, mit einem saftigen Vorschuss noch dazu. Wenn das für dich kein richtiger Job ist, dann weiß ich auch nicht.«
Nola hob beschwichtigend die Hände. »Schon gut, du hast ja recht.«
»Du klingst aber nicht überzeugt.« Brooke kaute an ihrem Daumennagel herum. Die Wirkung des Weins war mit einem Mal verflogen.
Nola stocherte in ihrem Salat. »Na ja, geben die nicht jedem einen Plattenvertrag, der auch nur ein Quäntchen Talent zeigt, so nach dem Motto, ein einziger Hit wird die ganzen Flops schon aufwiegen?«
Brooke wunderte sich, wie gut ihre Freundin sich auskannte. Julian hatte ihr exakt diese Theorie dargelegt, als er die Sache mit seinem Plattenvertrag herunterspielte, »damit wir uns davon nicht zu viel versprechen«, wie er sagte. Aber irgendwie klang es aus Nolas Mund viel brutaler.
»›Nur ein Quäntchen Talent‹?«, wiederholte Brooke mit zugeschnürter Kehle. »So denkst du also von ihm?«
»Ach Quatsch, natürlich nicht. Nimm's doch nicht so persönlich. Es ist einfach schwer für mich, als deine Freundin, mit anzusehen, wie du dich krummlegst, um ihn durchzufüttern, wo noch nicht mal klar ist, ob je was dabei rauskommt.«
»Also, ich weiß es zu schätzen, dass du so um mein Wohlergehen besorgt bist, aber denk dran, es war meine freie Entscheidung, den Zusatzjob an der Privatschule anzunehmen, damit wir besser über die Runden kommen. Ich tue es ja nicht aus Mitleid, sondern weil ich an ihn und sein Talent glaube und weil ich weiß, dass er eine große Karriere vor sich hat. Auch wenn ich offenbar die Einzige bin, die zu ihm hält.«
Brooke war außer sich vor Freude gewesen - womöglich noch mehr als Julian -, als er ihr vor acht Monaten von dem Angebot von Sony erzählt hatte. Zweihundertfünfzigtausend Dollar war mehr, als sie zusammen in den vergangenen fünf Jahren verdient hatten, und Julian würde damit machen dürfen, was er wollte. Wie hätte sie vorhersehen können, dass eine so massive Geldspritze sie sogar noch tiefer in die Schulden stürzen würde? Von diesem Vorschuss musste Julian die Studiomiete bezahlen, teure Produzenten und Tontechniker anheuern und die gesamten Kosten für Equipment, Reisen und die Begleitband abdecken. Nach wenigen Monaten schon war das Geld alle, bevor sie auch nur einen Dollar für die Miete, Haushaltskosten oder gar ein Festessen hätten ausgeben können. Und nachdem der ganze Zaster verbraten worden war, damit Julian sich einen Namen machen konnte, wäre es sinnlos gewesen, das Projekt nicht bis zum Ende durchzuziehen. Sie hatten schon dreißigtausend Dollar von ihrem eigenen Geld zugeschossen - ihre ganzen Ersparnisse, die als Anzahlung für eine Eigentumswohnung vorgesehen waren - und gerieten von Tag zu Tag mehr in die Miesen. Wobei das Bedrückendste an der Sache genau das war, was Nola gerade so schonungslos ausgesprochen hatte: die Chancen, dass sich das Geld und die Zeit, die Julian in das Projekt investiert hatte, irgendwann in barer Münze auszahlen würden, waren praktisch gleich null.
»Ich hoffe nur, er weiß, was für ein Glückspilz er ist, eine Frau wie dich zu haben«, meinte Nola. »Glaub mir, ich wäre bestimmt nicht so geduldig gewesen. Weshalb ich wahrscheinlich auch für immer Single bleiben werde ... «
Zu Brookes Erleichterung kam jetzt die Pasta, und das Gespräch nahm eine unverfänglichere Wendung: ob BologneseSauce dick machte, ob Nola eine Gehaltserhöhung fordern sollte, ob Brooke mehr Verständnis für ihre Schwiegereltern aufbringen müsste. Als sie dann die Rechnung verlangte, ohne das Tiramisu oder auch nur einen Kaffee zu bestellen, blickte Nola besorgt drein.
»Du bist doch nicht sauer auf mich, oder?«, fragte sie und legte ihre Kreditkarte in das Ledermäppchen.
»Ach was«, log Brooke. »Ich hatte bloß einen langen Tag.« »Wo willst du denn jetzt hin? Kein Gläschen mehr nach dem Essen?«
»Nein, Julian muss ... er hat einen Auftritt.« Brooke entschied sich für die Wahrheit. Sie hätte den Gig lieber nicht erwähnt, aber es kam ihr blöd vor, Nola dauernd etwas vorzumachen.
»Na super!« Nola trank schnell ihr Glas aus. »Soll ich mitkommen?«
Sie wussten beide, dass sie eigentlich nicht mitwollte, was völlig in Ordnung war, da Brooke sie auch gar nicht dabeihaben wollte. Ihre Freundin und ihr Mann kamen soweit miteinander aus, und das genügte. Sie wusste, dass Nola es nur gut mit ihr meinte, und dafür war sie ihr auch dankbar, aber es war nicht leicht, wenn einem die beste Freundin ständig den Ehemann miesmachte.
»Ach, weißt du, Trent ist gerade mal wieder in der Stadt«, sagte Brooke. »Ich hab mich mit ihm in dem Club verabredet.«
»Sieh an, der gute alte Trent. Wie klappt's denn mit dem Medizinstudium?«
»Er ist fertig. Jetzt ist er Assistenzarzt. Julian sagt, er findet's toll in L.A. - komisch, kein echter New Yorker findet L.A. toll.«
Nola stand auf und schlüpfte in ihre Kostümjacke. »Hat er eine Freundin? Wenn ich mich recht erinnere, ist er zwar todlangweilig, aber ganz niedlich ... «
»Er ist sogar frisch verlobt, mit einer Kollegin namens Fern. Sie ist auch Gastroenterologin. Stell dir vor, was das für ein Bettgeflüster ergibt.«
Nola rümpfte die Nase. »Lieber nicht. Wenn man bedenkt, dass er der Deine hätte werden können ... «
»Mhm.«
»Ich will nur noch mal festhalten, dass du deinen Mann eigent lich mir zu verdanken hast. Wenn du damals nicht mit dem guten Trent ausgegangen wärst, dann wärst du immer noch nur ein namenloses Julian-Groupie von vielen.«
Brooke lachte und küsste ihre Freundin auf die Wange. Sie angelte zwei Zwanziger aus dem Geldbeutel und steckte sie Nola zu. »Ich muss los. Wenn ich nicht in dreißig Sekunden in der U-Bahn sitze, komm ich zu spät. Rufen wir uns morgen zusammen?« Sie schnappte sich Mantel und Tasche, winkte Luca im Vorbeigehen zu und war aus der Tür.
Übersetzung: Regina Rawlinson und Martina Tichy
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2011
by Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Lauren Weisberger
Weisberger, LaurenLauren Weisberger arbeitete nach ihrem Studium für die Modezeitschrift Vogue. Ihre Erfahrungen als Assistentin der Herausgeberin Anna Wintour inspirierten ihren Debütroman "Der Teufel trägt Prada", ein Buch, das die junge Autorin über Nacht zum Star machte und dem viele weitere Bestseller folgten. Lauren Weisberger lebt mit ihrer Familie in New York.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lauren Weisberger
- 2011, 413 Seiten, Maße: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung: Tichy, Martina; Rawlinson, Regina
- Übersetzer: Martina Tichy, Regina Rawlinson
- Verlag: Goldmann
- ISBN-10: 3442474213
- ISBN-13: 9783442474219
- Erscheinungsdatum: 13.06.2011
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