Das Erbe in den Highlands
Genevieve Buchanan hat unerwartet das Schloss Seakirk in Schottland geerbt. Als sie dort ankommt, stellt sie fest, dass zu der Burg auch ein Schlossgeist gehört. Aber nicht irgendeiner. Sondern der gutaussehende Ritter Kendrick aus dem 13. Jahrhundert....
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Produktinformationen zu „Das Erbe in den Highlands “
Genevieve Buchanan hat unerwartet das Schloss Seakirk in Schottland geerbt. Als sie dort ankommt, stellt sie fest, dass zu der Burg auch ein Schlossgeist gehört. Aber nicht irgendeiner. Sondern der gutaussehende Ritter Kendrick aus dem 13. Jahrhundert. Und er hat dunkle Absichten.
"Ein genialer Roman, den Sie nicht verpassen sollten."
Constance O'Day Flannery
"Ein genialer Roman, den Sie nicht verpassen sollten."
Constance O'Day Flannery
Lese-Probe zu „Das Erbe in den Highlands “
Das Erbe in den Highlands von Lynn KurlandProlog
BURG SEAKIRK, ENGLAND, 1260
Verdammt, Mann!«, brüllte Kendrick of Artane. »Wisst Ihr denn nicht, wer ich bin?«
Matildas Liebhaber sah ihn mit unbewegter Miene an. »Ich weiß sehr wohl, wer Ihr seid. Nur ist das kaum von Bedeutung, da Euer erlauchter Vater nicht hier ist, um Euch zu retten.«
»Dafür wird er Euch einen Kopf kürzer machen«, stieß Kendrick hervor. Seine blassgrünen Augen schleuderten Blitze. »Ihr erlebt das Jahresende nicht mehr, wenn er erfährt, was Ihr getan habt.« Er zerrte an den Eisenringen, mit denen seine Handgelenke und Fußknöchel an die feuchtkalte Wand gekettet waren.
Richard zuckte mit den Schultern. »Vielleicht glaubt er, Wölfe oder Straßenräuber hätten Euch überfallen. Der Möglichkeiten gibt es viele.«
»Ihr werdet den Tag noch bereuen, Richard. Dafür werde ich eigenhändig sorgen.«
Richard lächelte und legte die Armbrust an. »Für das Gold, das Ihr Matilda freundlicherweise als Mitgift überlassen habt, bin ich sehr dankbar. Ihr habt mich zu einem wohlhabenden Mann gemacht.«
»Wartet«, gebot Kendrick. »Matilda soll alles mit ansehen. Ich will ihr ins Antlitz blicken, wenn Euer Bolzen mein Herz durchbohrt.«
Richard lachte. »Natürlich. Sie ist begierig darauf, die Tat zu bezeugen.«
Mit einer Handbewegung scheuchte er seinen Knappen die Kellertreppe hinauf.
Kendrick ließ Richard nicht aus den Augen, fassungslos ob der Ereignisse der letzten Stunden.
War er denn wirklich erst am Abend zuvor frohen Mutes durch die Tore von Seakirk geritten, voller Freude, dass ihm der König Seakirk zum Lehen und dessen Herrin zur Braut gegeben hatte? War es erst am Vorabend gewesen, dass er Matilda erblickt hatte, von ihrer Schönheit
... mehr
verzaubert, um dann zu sehen, wie sich ihre Miene in Hass und Genugtuung verwandelte, als Richard of York mit seiner Leibgarde den Rittersaal betrat? Obwohl Kendrick viele seiner Angreifer niedergestreckt hatte, waren er und seine Mannen zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen gewesen. Und so stand er nun, an die Wand gekettet, in Erwartung des sicheren Todes.
Kendricks Blick traf den Matildas, als sie die Treppe herunterschritt, und er verfluchte sich für seine Torheit. Wie hatte er nur so blind sein können? Ihr hinterhältiges Wesen hätte er wirklich erkennen müssen: wie sie verschämt die Augen niedergeschlug, wie sie gerissen ihre Worte verdrehte und ein offenes Gespräch vermied. Und dann dieses Lächeln. Ihn überlief ein Schauder. Ihr Lächeln war kälter die Mauersteine in seinem Rücken.
Kopfschüttelnd verfluchte er sich erneut. Fürwahr, er war ein Narr gewesen und verdiente vielleicht, was auf ihn zukam.
Sein Blick schwenkte zu Richard zurück. Herausfordernd sah er seinem Mörder ins Gesicht und wartete darauf, dass er den Bolzen losschnellen ließ.
Was Richard tat.
1
SAN FRANCISCO, JULI 1995
Wie schön, wieder zu Hause zu sein. Genevieve stellte ihren Koffer am Bordstein ab, lehnte die Aktenmappe an ihr Bein und betrachtete ihr Büro mit einem zufriedenen Seufzer. Das Geschäftsschild war hervorragend gelungen, die Pflanzen in den Fenstern standen in voller Blüte, und die angelehnte Tür lud Kunden zum Eintreten ein. Ja, hierher würde ein Hausbesitzer mit Fotos seines verfallenen Hauses kommen, in der Hoffnung, es ließe sich durch ein Wunder in seinen ehemals prächtigen Zustand zurückversetzen. Und noch jeder Hausbesitzer war zufriedengestellt von dannen gezogen. Genevieve beherrschte ihr Metier und hatte andere angestellt, die davon ebenso viel verstanden. Nie wurden ihre Kunden enttäuscht.
Genevieve schleppte ihr Gepäck durch die Eingangstür und strahlte bei dem Anblick, der ihr sich bot. »Willkommen zu Hause, Gen« stand auf einem großen Spruchband, das über der Tür ihres Büros hing. Sie stellte ihre Sachen ab und trat ein. Blumen standen auf ihrem Schreibtisch, an der Decke hingen Bündel von Luftballons.
»Überraschung!«
Ihre kleine Belegschaft drängte sich um sie. Ein Teller mit Kuchen wurde ihr in eine Hand gedrückt, ein Glas mit Punsch in die andere, während man sie zu ihrem Bürostuhl schob. Fragen prasselten von allen Seiten auf sie ein.
»Und, hast du irgendwelche Filmstars gesehen?«
»Wie hat ihnen das Angebot gefallen?«
»Hast du uns was mitgebracht?«
Genevieve blickte sich lachend um. Wie schön, wieder unter Freunden zu sein. Rechts neben ihr stand Kate, die schon am längsten bei ihr war und sich vor allem dafür interessierte, welche Berühmtheiten in alten Häusern wohnten. Dann war da Peter, ein hervorragender Zimmermann, der sich um die Feinheiten jedes Auftrags kümmerte. Angela, die im Büro die Stellung hielt, war zwanzig, verwandelte sich aber in eine Zehnjährige, wenn es um Geschenke ging. Sie stand links von Genevieve und konnte es vor Vorfreude kaum erwarten. Genevieve lächelte.
»Also, Filmstars hab ich keine gesehen, nicht mal Sternchen, nur den Großen Wagen am Himmel. Unsere Pläne sind bestens angekommen, und dein Geschenk, Angela, ist in meinem Koffer.« Sie biss von ihrem Kuchen ab und sah die drei an, die sich um ihren Schreibtisch drängten. »Genügt euch das?«
»Ich hätte gerne einen ausführlicheren Bericht«, sagte Peter, »aber da werde ich wohl noch warten müssen. Angela, das Telefon. Gen, ich bin heute Nachmittag bei den Murphys. Iss nicht zu viel Kuchen. Von Schokolade wird dir schlecht.«
»Jawohl, Dad«, erwiderte sie mit militärischem Gruß.
»Ich bin dann auch weg«, verkündete Kate auf dem Weg zur Tür. »Ich muss noch einiges für deine Fahrt heute Nachmittag nach Carmel zusammenstellen. Die hast du doch nicht vergessen, oder?«
»Nein, nein.« Genevieve salutierte erneut. »Danke, dass du mich daran erinnerst.«
»Dafür bin ich ja schließlich da«, erwiderte Kate lächelnd. »Schön, dass du wieder da bist. Lass uns morgen zu einem ausgiebigen Lunch gehen, dann kannst du mir alles genau erzählen.«
Genevieve nickte und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Das Leben war zu schön, um wahr zu sein. Nach acht Jahren harter Arbeit florierte ihr Geschäft. Was wollte sie mehr?
Sie ließ den Blick durch ihr Büro wandern und seufzte.
Ein Ritter in strahlender Rüstung wäre nicht schlecht. Vielleicht könnte der sie von dem Durcheinander erlösen, das sie umgab.
Sie schloss sie die Augen, um das Chaos auszublenden. Traumrestaurierungen war trotz seines Charmes nur ein winziger Laden, eingezwängt zwischen zwei ebenso kleine Geschäfte in einem der malerischen Viertel von San Francisco. In Anbetracht der Quadratmeter, für die sie Miete zahlen musste, war winzig zwar wunderbar, doch es wurde zum Problem für all die Utensilien, die sie zu verstauen hatte. Ihr Schreibtisch war übersät mit Stoffmustern, Farbkarten und Kopien ihrer Steuererklärung von 1991. Auf dem Boden lag alles Mögliche herum, von halb abgelaugten Zierleisten bis hin zu Büchern über die Architektur des Mittelalters. Und im Augenblick türmten sich obendrauf noch Blumen und Luftballons. Die Schreibtische der anderen waren viel ordentlicher. Am besten brachte dieser Ritter auch gleich noch einen Terminplaner und ein paar Aktenordner mit.
»Ein Anruf für dich auf Leitung zwei, Gen. Irgendein Rechtsanwalt mit starkem britischen Akzent.« Angela war ganz atemlos. »Meinst du, das ist ein Angehöriger der Royals?«
Die Kavallerie war also schon da. Genevieve musste über ihre absurden Gedanken von vorhin lachen. »Ich sag dir Bescheid.«
»Egal, nimm den Job auf jeden Fall an. Ich wette, im Buckingham Palace gibt es tolle Andenken.«
Genevieve nahm den Hörer ab. »Genevieve Buchanan.«
Ein Mann räusperte sich. »Ähm, Miss Buchanan, mein Name ist Bryan McShane. Ich arbeite für das Büro Maledica, Smythe und deLipkau, mit Sitz in London. Ich bin diese Woche in San Francisco und wüsste gerne, wann es Ihnen passen würde, mich zu empfangen. Ich hätte eine juristische Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen.«
»Eine juristische Angelegenheit?«, wiederholte sie. Wer um alles in der Welt würde sie verklagen wollen? Und weswegen? Weil die Bodendielen in der Küche nicht ganz plan lagen oder wegen Schablonen, die nicht den allerhöchsten Ansprüchen genügten? Natürlich war sie auch nur ein Mensch, doch sie hielt sich für weitaus gründlicher als die meisten. Ihre Restaurierungsarbeit nahm sie äußerst ernst.
»Wegen einer Erbschaft«, erwiderte der Mann. Er senkte die Stimme, als befürchte er, das Gespräch könne belauscht werden. »Diese Angelegenheit kann nur unter vier Augen besprochen werden, Miss Buchanan. Hätten Sie heute Nachmittag Zeit?«
»Ich glaube, da liegt leider eine Verwechslung vor, Mr McShane«, erwiderte sie gedehnt. »Ich bin Einzelkind, und meine Eltern waren es ebenfalls. Sie sind beide verstorben, und ich habe keine weiteren Verwandten.«
»Ich versichere Ihnen, Miss Buchanan, dass Ihnen eine Erbschaft zusteht und zwar in beträchtlicher Höhe. Sie sind der letzte direkte Nachkomme von Matilda of Seakirk. Rodney, der letzte Earl of Seakirk, ist kürzlich verstorben, und ich wurde beauftragt, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, was Sie erwartet.«
»Wer? Sind Sie da sicher?«
»Der Earl of Seakirk. Und ja, ich bin mir ganz sicher. Meine diesbezüglichen Nachforschungen waren äußerst gründlich. Wann würde es Ihnen passen, die Angelegenheit bei einem Gespräch zu erörtern?«
Genevieve schüttelte den Kopf. »Aber der Earl of Seakirk muss doch Tausende von Nachfahren haben ... «
»Bedauerlicherweise sind sie alle bereits verschieden oder aus anderen Gründen nicht in der Lage, die Erbschaft anzutreten.«
»Aus anderen Gründen?«
Nach längerem Schweigen erwiderte Mr McShane: »In dieser Familie scheint der Wahnsinn zu grassieren, Miss Buchanan.«
Obwohl Genevieve es sich nach dieser letzten Information lieber gründlich überlegen wollte, ob sie überhaupt etwas mit ihren Vorfahren zu tun haben wollte, war sie ernsthaft versucht, es doch noch einmal zu überdenken. Leider hatte das wirkliche Leben an diesem Nachmittag jedoch andere Pläne mit ihr, denn sie hatte den Campbells zugesagt, ihr Anwesen in Carmel in Augenschein zu nehmen. Sie klemmte den Hörer zwischen Schulter und Ohr, während sie sich an einem wirren Stapel von Unterlagen zu schaffen machte.
»Tut mir leid, Mr McShane«, teilte sie ihm mit, »aber heute Nachmittag ist es nicht möglich. Haben Sie nicht irgendwelche Dokumente, die Sie mir schicken können, damit ich sie mir ansehen kann?«
»Bedauerlicherweise erhielt ich die ausdrückliche Anweisung, nur mit Ihnen persönlich zu sprechen. Vielleicht noch in dieser Woche?«
Der Mann war hartnäckig, das musste man ihm lassen. Und Genevieve war trotz ihrer Vorbehalte neugierig geworden. Der Gedanke, von einem blaublütigen Vorfahren irgendwelchen Krimskrams zu erben, ließ ihr Gehirn auf Hochtouren arbeiten. Was mochte es sein? Und welche Geschichte steckte dahinter? Wenn es nun ein antiker Schatz war?
»Vielleicht ein gemeinsames Dinner?«, schlug Mr McShane vor.
»Dinner wäre gut«, hörte sie sich antworten. Ja, bis zu einem späten Dinner konnte sie zurück sein. Sie gab Mr McShane den Namen und die Adresse eines Restaurants in der Innenstadt und legte auf.
Vielleicht ging es um einen protzigen Ring. Der dürftige Inhalt ihres Banksafes konnte etwas Gesellschaft gut gebrauchen. Sie würde die Schriftstücke unterzeichnen, ihren Gewinn einstreichen, und das wäre es dann.
...
Übersetzung: Susanne Aeckerle
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2012 by Verlagsgruppe Weltbild
GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Kendricks Blick traf den Matildas, als sie die Treppe herunterschritt, und er verfluchte sich für seine Torheit. Wie hatte er nur so blind sein können? Ihr hinterhältiges Wesen hätte er wirklich erkennen müssen: wie sie verschämt die Augen niedergeschlug, wie sie gerissen ihre Worte verdrehte und ein offenes Gespräch vermied. Und dann dieses Lächeln. Ihn überlief ein Schauder. Ihr Lächeln war kälter die Mauersteine in seinem Rücken.
Kopfschüttelnd verfluchte er sich erneut. Fürwahr, er war ein Narr gewesen und verdiente vielleicht, was auf ihn zukam.
Sein Blick schwenkte zu Richard zurück. Herausfordernd sah er seinem Mörder ins Gesicht und wartete darauf, dass er den Bolzen losschnellen ließ.
Was Richard tat.
1
SAN FRANCISCO, JULI 1995
Wie schön, wieder zu Hause zu sein. Genevieve stellte ihren Koffer am Bordstein ab, lehnte die Aktenmappe an ihr Bein und betrachtete ihr Büro mit einem zufriedenen Seufzer. Das Geschäftsschild war hervorragend gelungen, die Pflanzen in den Fenstern standen in voller Blüte, und die angelehnte Tür lud Kunden zum Eintreten ein. Ja, hierher würde ein Hausbesitzer mit Fotos seines verfallenen Hauses kommen, in der Hoffnung, es ließe sich durch ein Wunder in seinen ehemals prächtigen Zustand zurückversetzen. Und noch jeder Hausbesitzer war zufriedengestellt von dannen gezogen. Genevieve beherrschte ihr Metier und hatte andere angestellt, die davon ebenso viel verstanden. Nie wurden ihre Kunden enttäuscht.
Genevieve schleppte ihr Gepäck durch die Eingangstür und strahlte bei dem Anblick, der ihr sich bot. »Willkommen zu Hause, Gen« stand auf einem großen Spruchband, das über der Tür ihres Büros hing. Sie stellte ihre Sachen ab und trat ein. Blumen standen auf ihrem Schreibtisch, an der Decke hingen Bündel von Luftballons.
»Überraschung!«
Ihre kleine Belegschaft drängte sich um sie. Ein Teller mit Kuchen wurde ihr in eine Hand gedrückt, ein Glas mit Punsch in die andere, während man sie zu ihrem Bürostuhl schob. Fragen prasselten von allen Seiten auf sie ein.
»Und, hast du irgendwelche Filmstars gesehen?«
»Wie hat ihnen das Angebot gefallen?«
»Hast du uns was mitgebracht?«
Genevieve blickte sich lachend um. Wie schön, wieder unter Freunden zu sein. Rechts neben ihr stand Kate, die schon am längsten bei ihr war und sich vor allem dafür interessierte, welche Berühmtheiten in alten Häusern wohnten. Dann war da Peter, ein hervorragender Zimmermann, der sich um die Feinheiten jedes Auftrags kümmerte. Angela, die im Büro die Stellung hielt, war zwanzig, verwandelte sich aber in eine Zehnjährige, wenn es um Geschenke ging. Sie stand links von Genevieve und konnte es vor Vorfreude kaum erwarten. Genevieve lächelte.
»Also, Filmstars hab ich keine gesehen, nicht mal Sternchen, nur den Großen Wagen am Himmel. Unsere Pläne sind bestens angekommen, und dein Geschenk, Angela, ist in meinem Koffer.« Sie biss von ihrem Kuchen ab und sah die drei an, die sich um ihren Schreibtisch drängten. »Genügt euch das?«
»Ich hätte gerne einen ausführlicheren Bericht«, sagte Peter, »aber da werde ich wohl noch warten müssen. Angela, das Telefon. Gen, ich bin heute Nachmittag bei den Murphys. Iss nicht zu viel Kuchen. Von Schokolade wird dir schlecht.«
»Jawohl, Dad«, erwiderte sie mit militärischem Gruß.
»Ich bin dann auch weg«, verkündete Kate auf dem Weg zur Tür. »Ich muss noch einiges für deine Fahrt heute Nachmittag nach Carmel zusammenstellen. Die hast du doch nicht vergessen, oder?«
»Nein, nein.« Genevieve salutierte erneut. »Danke, dass du mich daran erinnerst.«
»Dafür bin ich ja schließlich da«, erwiderte Kate lächelnd. »Schön, dass du wieder da bist. Lass uns morgen zu einem ausgiebigen Lunch gehen, dann kannst du mir alles genau erzählen.«
Genevieve nickte und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Das Leben war zu schön, um wahr zu sein. Nach acht Jahren harter Arbeit florierte ihr Geschäft. Was wollte sie mehr?
Sie ließ den Blick durch ihr Büro wandern und seufzte.
Ein Ritter in strahlender Rüstung wäre nicht schlecht. Vielleicht könnte der sie von dem Durcheinander erlösen, das sie umgab.
Sie schloss sie die Augen, um das Chaos auszublenden. Traumrestaurierungen war trotz seines Charmes nur ein winziger Laden, eingezwängt zwischen zwei ebenso kleine Geschäfte in einem der malerischen Viertel von San Francisco. In Anbetracht der Quadratmeter, für die sie Miete zahlen musste, war winzig zwar wunderbar, doch es wurde zum Problem für all die Utensilien, die sie zu verstauen hatte. Ihr Schreibtisch war übersät mit Stoffmustern, Farbkarten und Kopien ihrer Steuererklärung von 1991. Auf dem Boden lag alles Mögliche herum, von halb abgelaugten Zierleisten bis hin zu Büchern über die Architektur des Mittelalters. Und im Augenblick türmten sich obendrauf noch Blumen und Luftballons. Die Schreibtische der anderen waren viel ordentlicher. Am besten brachte dieser Ritter auch gleich noch einen Terminplaner und ein paar Aktenordner mit.
»Ein Anruf für dich auf Leitung zwei, Gen. Irgendein Rechtsanwalt mit starkem britischen Akzent.« Angela war ganz atemlos. »Meinst du, das ist ein Angehöriger der Royals?«
Die Kavallerie war also schon da. Genevieve musste über ihre absurden Gedanken von vorhin lachen. »Ich sag dir Bescheid.«
»Egal, nimm den Job auf jeden Fall an. Ich wette, im Buckingham Palace gibt es tolle Andenken.«
Genevieve nahm den Hörer ab. »Genevieve Buchanan.«
Ein Mann räusperte sich. »Ähm, Miss Buchanan, mein Name ist Bryan McShane. Ich arbeite für das Büro Maledica, Smythe und deLipkau, mit Sitz in London. Ich bin diese Woche in San Francisco und wüsste gerne, wann es Ihnen passen würde, mich zu empfangen. Ich hätte eine juristische Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen.«
»Eine juristische Angelegenheit?«, wiederholte sie. Wer um alles in der Welt würde sie verklagen wollen? Und weswegen? Weil die Bodendielen in der Küche nicht ganz plan lagen oder wegen Schablonen, die nicht den allerhöchsten Ansprüchen genügten? Natürlich war sie auch nur ein Mensch, doch sie hielt sich für weitaus gründlicher als die meisten. Ihre Restaurierungsarbeit nahm sie äußerst ernst.
»Wegen einer Erbschaft«, erwiderte der Mann. Er senkte die Stimme, als befürchte er, das Gespräch könne belauscht werden. »Diese Angelegenheit kann nur unter vier Augen besprochen werden, Miss Buchanan. Hätten Sie heute Nachmittag Zeit?«
»Ich glaube, da liegt leider eine Verwechslung vor, Mr McShane«, erwiderte sie gedehnt. »Ich bin Einzelkind, und meine Eltern waren es ebenfalls. Sie sind beide verstorben, und ich habe keine weiteren Verwandten.«
»Ich versichere Ihnen, Miss Buchanan, dass Ihnen eine Erbschaft zusteht und zwar in beträchtlicher Höhe. Sie sind der letzte direkte Nachkomme von Matilda of Seakirk. Rodney, der letzte Earl of Seakirk, ist kürzlich verstorben, und ich wurde beauftragt, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, was Sie erwartet.«
»Wer? Sind Sie da sicher?«
»Der Earl of Seakirk. Und ja, ich bin mir ganz sicher. Meine diesbezüglichen Nachforschungen waren äußerst gründlich. Wann würde es Ihnen passen, die Angelegenheit bei einem Gespräch zu erörtern?«
Genevieve schüttelte den Kopf. »Aber der Earl of Seakirk muss doch Tausende von Nachfahren haben ... «
»Bedauerlicherweise sind sie alle bereits verschieden oder aus anderen Gründen nicht in der Lage, die Erbschaft anzutreten.«
»Aus anderen Gründen?«
Nach längerem Schweigen erwiderte Mr McShane: »In dieser Familie scheint der Wahnsinn zu grassieren, Miss Buchanan.«
Obwohl Genevieve es sich nach dieser letzten Information lieber gründlich überlegen wollte, ob sie überhaupt etwas mit ihren Vorfahren zu tun haben wollte, war sie ernsthaft versucht, es doch noch einmal zu überdenken. Leider hatte das wirkliche Leben an diesem Nachmittag jedoch andere Pläne mit ihr, denn sie hatte den Campbells zugesagt, ihr Anwesen in Carmel in Augenschein zu nehmen. Sie klemmte den Hörer zwischen Schulter und Ohr, während sie sich an einem wirren Stapel von Unterlagen zu schaffen machte.
»Tut mir leid, Mr McShane«, teilte sie ihm mit, »aber heute Nachmittag ist es nicht möglich. Haben Sie nicht irgendwelche Dokumente, die Sie mir schicken können, damit ich sie mir ansehen kann?«
»Bedauerlicherweise erhielt ich die ausdrückliche Anweisung, nur mit Ihnen persönlich zu sprechen. Vielleicht noch in dieser Woche?«
Der Mann war hartnäckig, das musste man ihm lassen. Und Genevieve war trotz ihrer Vorbehalte neugierig geworden. Der Gedanke, von einem blaublütigen Vorfahren irgendwelchen Krimskrams zu erben, ließ ihr Gehirn auf Hochtouren arbeiten. Was mochte es sein? Und welche Geschichte steckte dahinter? Wenn es nun ein antiker Schatz war?
»Vielleicht ein gemeinsames Dinner?«, schlug Mr McShane vor.
»Dinner wäre gut«, hörte sie sich antworten. Ja, bis zu einem späten Dinner konnte sie zurück sein. Sie gab Mr McShane den Namen und die Adresse eines Restaurants in der Innenstadt und legte auf.
Vielleicht ging es um einen protzigen Ring. Der dürftige Inhalt ihres Banksafes konnte etwas Gesellschaft gut gebrauchen. Sie würde die Schriftstücke unterzeichnen, ihren Gewinn einstreichen, und das wäre es dann.
...
Übersetzung: Susanne Aeckerle
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2012 by Verlagsgruppe Weltbild
GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
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Autoren-Porträt von Lynn Kurland
Lynn Kurland verbrachte ihre Kindheit in Hawaii, wo sie bereits im Alter von fünf Jahren ihre ersten Geschichten schrieb. Nach einer Ausbildung zur klassischen Pianistin und Cellistin ist Lynn Kurland heute als freie Schriftstellerin tätig. Sie lebt mit ihrem Mann, vier Kindern und drei Katzen im Nordwesten der Vereinigten Staaten. Lynn Kurland hat mehr als ein Dutzend Romane und zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. In den USA sind ihre Bücher regelmäßig in den Bestsellerlisten zu finden.Mehr über die Autorin erfahren Sie unter www.lynnkurland.com.
Bibliographische Angaben
- Autor: Lynn Kurland
- 2012, 1, 432 Seiten, Maße: 12,5 x 18,7 cm, Taschenbuch
- Verlag: Weltbild
- ISBN-10: 3868008667
- ISBN-13: 9783868008661
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