Das global vernetzte Dorf
Eine Migrationsgeschichte. Dissertationsschrift
Rusiv, ein Dorf in der historischen Region Ostgalizien, gehört heute zur Ukraine. Im 20. Jahrhundert wechselte es mehrmals die staatliche Zugehörigkeit. Über die Jahrzehnte wanderten viele Bewohner nach Kanada aus. Dichte Netzwerke zwischen den...
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Produktinformationen zu „Das global vernetzte Dorf “
Rusiv, ein Dorf in der historischen Region Ostgalizien, gehört heute zur Ukraine. Im 20. Jahrhundert wechselte es mehrmals die staatliche Zugehörigkeit. Über die Jahrzehnte wanderten viele Bewohner nach Kanada aus. Dichte Netzwerke zwischen den Ausgewanderten und den zu Hause Gebliebenen bestimmten das Leben des Dorfes - und waren sogar stark genug, den Eisernen Vorhang zu durchdringen. In der Gegenwart migrieren viele Bewohner nach Südeuropa, sodass bis heute von einem global vernetzten Dorf zu sprechen ist. Der Autor richtet den Blick auf eine Menschengruppe, die meist außen vor bleibt, die Dorfbewohner, und eröffnet so eine neue Sichtweise auf die Geschichte Osteuropas.
Klappentext zu „Das global vernetzte Dorf “
Rusiv, ein Dorf in der historischen Region Ostgalizien, gehört heute zur Ukraine. Im 20. Jahrhundert wechselte es mehrmals die staatliche Zugehörigkeit. Über die Jahrzehnte wanderten viele Bewohner nach Kanada aus. Dichte Netzwerke zwischen den Ausgewanderten und den zu Hause Gebliebenen bestimmten das Leben des Dorfes - und waren sogar stark genug, den Eisernen Vorhang zu durchdringen. In der Gegenwart migrieren viele Bewohner nach Südeuropa, sodass bis heute von einem global vernetzten Dorf zu sprechen ist. Der Autor richtet den Blick auf eine Menschengruppe, die meist außen vor bleibt, die Dorfbewohner, und eröffnet so eine neue Sichtweise auf die Geschichte Osteuropas.
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
Lese-Probe zu „Das global vernetzte Dorf “
Vorwort Das vorliegende Buch beruht auf meiner Dissertation, die im Herbst 2015 am Doktoratskolleg (DK) Galizien der Universität Wien angenommen wurde. Als ich im Früjahr 2013 mit meinen Recherchen begann, konnte ich nicht ahnen, wie sehr die Ukraine, für die sich bis dahin außer einigen wenigen Spezialisten kaum jemand interessiert hatte, bald im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit stehen - und auch wieder aus den Nachrichten verschwinden - würde. Der Beginn der Majdan-Proteste Ende November 2013 überraschte mich während eines Forschungsaufenthaltes in Kiew. Jeden Abend wurde ich Zeuge der Demonstrationen auf dem "Majdan Nezaleznosti", auf Deutsch "Platz der Unabhängigkeit", der voller junger Menschen war, spazierte durch die besetzten Gebäude und genoss die Musik, die verschiedenste Gruppen aufführten. Die Stimmung war gelöst und optimistisch, wie auf einem Rock-Festival. Was einige Monate später geschah - das Massaker an Protestierenden auf dem Majdan, die Annexion der Krim durch Russland und der Krieg in der Ostukraine gegen die von Russland unterstützten Separatisten -, war noch kurz zuvor unvorstellbar gewesen. Obwohl die Dörfer im westukrainischen Bezirk Snjatyn, die ich als Fallbeispiele für diese Migrationsstudie ausgewählt hatte, hunderte Kilometer vom Kriegsschauplatz entfernt waren, waren deren Bewohner unmittelbar von diesen Ereignissen betroffen. Bei einer meiner Recherchereisen im Frühjahr 2015 sammelten die Dorfbewohner gerade Geld für einen jungen Mann, genauso alt wie ich, der zur Armee eingezogen worden war und bald an die Front geschickt werden sollte. Ich wusste, dass die ukrainische Armee ihren Soldaten nicht die notwendige Ausrüstung wie schusssichere Westen zur Verfügung stellen konnte, doch in diesem Fall ging es um etwas anderes: Dem Rekruten, der aus einer der ärmsten Familien im Dorf stammte, fehlten Unterwäsche und Socken. Dies war kein Zufall - die sozial Schwächsten hatten weder die Energie, sich vor der Rekrutierung zu drücken, noch
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das Geld, um jemanden zu bestechen. Ein anderer Dorfbewohner, ein Jahr jünger als ich und zweifacher Vater, erlitt bei Kämpfen im Donbas lebensgefährliche Kopfverletzungen. Er hatte das Glück, in Hamburg behandelt zu werden. Nun ist der ehemalige Bauarbeiter wieder zu Hause und mit nicht einmal dreißig ein Pflegefall. Die Mittel für die teuren Spezialmedikamente, die er benötigt, muss seine Frau selbst aufbringen. Die existentielle Not und das menschliche Leid, mit denen ich konfrontiert wurde, erschütterten mich tief. Ich tat, was ich konnte, um wenigstens einigen wenigen etwas unter die Arme zu greifen, doch mir war bewusst, dass es ein Tropfen auf den heißen Stein war. Die Menschen, mit denen ich während meiner Recherchen zu tun hatte, waren nun auf Jahre dazu verdammt, in einem politisch instabilen Staat in desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen zu leben. Die soziale Misere, die schon bei meinen ersten Besuchen im Sommer 2013 offensichtlich gewesen war, hatte sich durch den Krieg stark verschlimmert. Viele der historischen Migrationsprozesse, die ich in diesem Buch analysiere, traten für meine Gesprächspartner in den Dörfern vor dieser dramatischen Situation in der Gegenwart in den Hintergrund. Umso höher ist zu schätzen, dass die meisten Dorfbewohner dennoch bereit waren, mit einem wildfremden Ausländer ihre Familien- und Lebensgeschichte zu teilen und mir Einblick in ihre Privatarchive zu gewähren. In diesem Zusammenhang sind besonders Vasyl' und Motrja Stefanyk in Lemberg zu nennen, die mir den gesamten Briefwechsel ihrer Familie zur Verfügung stellten und mich bei meinen Besuchen herzlich aufnahmen. Zu ganz besonderem Dank bin ich Marija Kosmenko, der Direktorin des Stefanyk-Museums, verpflichtet, die mich bei meinen vier Aufenthalten in Rusiv organisatorisch stets kräftig unterstützte und obendrein köstlich bewirtete. Tagelang war sie mit großer Geduld bemüht, meine nicht enden wollenden Fragen zu beantworten. Großer Dank gebührt auch Myroslav Onys?uk aus
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Inhaltsverzeichnis zu „Das global vernetzte Dorf “
Inhalt Vorwort7 1. Einleitung10 1.1. Problemstellung: Ostgalizische Dörfer im 20. Jahrhundert10 1.2. Methodischer Zugang und Zielsetzung: Mikrogeschichte des global vernetzten Dorfes17 1.3 Das Fallbeispiel: Ein ukrainisches Dorf vom späten 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart24 1.4. Quellenlage26 1.5. Forschungsstand und Sekundärliteratur43 1.6. Sprachen, Übersetzung und Transliteration53 2. Die Dörfer im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert57 2.1. Geografische Lage, Konfessionen und Sprachen57 2.2. Herkunftslegenden, Familienverbände und dörfliche Identitäten63 2.3. Grundbesitz67 2.4. Materielle Kultur: Eine Durchschnittsfamilie um 190073 2.5. Lohnarbeit und regionale Migrationspatterns77 2.6. Soziale und politische Mobilisierung81 3. Der Beginn der Massenmigration: "Kolonien" in Kanada91 3.1. "Migrationsenthusiasten": Visionäre und Agenten91 3.2. Gehen oder bleiben? Innerfamiliäre Diskussionen98 3.3. Ökonomische "Push-Faktoren" und dörfliche "Kettenmigration"102 4. Die jüdische Bevölkerung und ihre Netzwerke110 4.1. Komplementäre Wirtschaftsstruktur und Konfliktlinien110 4.2. Alternative Netzwerke: Juden in New York City116 5. Das global vernetzte Dorf von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg122 5.1. Migrationspatterns im Wandel122 5.2. Dörfliche Netzwerke in Kanada150 5.3. Global vernetzte Familien und Familienökonomien vor dem Zweiten Weltkrieg185 5.4. Politische Mobilisierung und Radikalisierung225 6. Migration in die junge Sowjetunion244 6.1. Eine Alternative zu Kanada244 6.2. Exkurs: Eine Kommune im Gebiet Odessa248 7. Nationalsozialismus und Stalinismus274 7.1. Die erste Sowjetherrschaft274 7.2. Die nationalsozialistische Herrschaft283 7.3. Weltkrieg, Terror und Partisanenkampf309 7.4. Die Repressierten und ihre Netzwerke340 7.5. Schwieriges Gedenken369 8. Innersowjetische Migrationsprozesse378 8.1. Das sowjetische Dorf378 8.2. Bildungsmigration und Urbanisierung385 8.3. Sowjetische "frontier labourers"394 9. Das global vernetzte Dorf in der
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Sowjetzeit403 9.1. Tourismus und "Kulturaustausch"403 9.2. Kontakte im Zeichen des Kalten Krieges450 9.3. Global vernetzte Familien und Familienökonomien nach dem Zweiten Weltkrieg490 10. Ausblick: Das global vernetzte postsowjetische Dorf545 11. Conclusio554 Quellen- und Literaturverzeichnis564 Abkürzungen594 Kurzbiografien der wichtigsten Personen596 Karten599
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Autoren-Porträt von Matthias Kaltenbrunner
Matthias Kaltenbrunner, Dr. phil., ist Assistent am Institut für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien.
Bibliographische Angaben
- Autor: Matthias Kaltenbrunner
- 2017, 601 Seiten, Maße: 13,9 x 21,3 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: CAMPUS VERLAG
- ISBN-10: 359350779X
- ISBN-13: 9783593507798
- Erscheinungsdatum: 11.08.2017
Pressezitat
»Matthias Kaltenbrunner hat eine beeindruckende Studie vorgelegt, akribisch, materialreich, kundig, besonders auch der Fokus auf die Herkunftsregion der Migrierenden ist mit Gewinn zu lesen.« Gunther Hirschfelder, Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2020
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